Test Amazon Kindle Fire 7" Tablet
Als Amazon.com 1995 gegründet wurde, verkaufte der Online-Händler Romane, Hardcovers und Bücher. Jetzt, 15 Jahre später, ist die Webseite einer der größten Händler der Welt und bietet mehr Waren und Artikel an, als irgendein reales Geschäft jemals auf Lager halten könnte.
Die Vorstellung der Kindle eReader Familie 2007 könnte als eine Art Tribut an den eigenen Firmenstart gesehen werden. Das Kindle Fire setzt diese Tradition fort, allerdings sind Fokus und Zielmarkt bei weitem größer als die seiner Kindle Geschwister. Das Kindle Fire beschränkt sich nicht mehr auf die Funktion eines reinen eReaders, sondern entwickelte sich zu einem Universalisten für Online-Surfen, Cloud Computing und Video Streaming, um nur einige mögliche Einsatzgebiete zu nennen. So gesehen positioniert Amazon das Fire als direkten Konkurrenten zu Apple und Google am Tablet Markt.
Vergleiche sind unvermeidlich, doch nachdem wir einige Zeit mit dem Amazon Tablet verbracht haben, steht fest, dass das Kindle Fire nicht mit Geräten auf iOS oder sogar Android-Basis vergleichbar ist. Fire ist vor allem ein Amazon-zentrisches Gerät mit sehr spezialisierter Software und Shortcuts für die einfache Verbindung zu Amazon-Diensten. In diesem Test betrachten wir die Leistung des Amazon Tablets im Detail, was es bietet und was es letztendlich nicht bietet.
Anmerkung: Wir testen Version 6.2.1., die aktuellste offizielle Firmware von Amazon zur Zeit des Schreibens.
Gehäuse
Es ist kein Geheimnis, dass das Kindle Fire für nur US-$199 ohne Lieferung, Bearbeitung oder sogar Steuern von den meisten US-Kunden erworben werden kann. In der Tat lag es am niedrigen Preis, dass Bekanntheit und Mundpropaganda die Schallmauer durchbrachen. Litt die Verarbeitung an dem Preis unter US-$200?
Erfreulicherweise behauptet sich Kindle Fire recht gut. Sichtlich wurde hier nicht gespart und das Tablet fühlt sich beim Halten recht beständig an. Die gesamte Front ist, wie heutzutage standardmäßig bei modernen Smartphones und Tablets, mit Cornings Gorilla Glass bedeckt. Ansonsten finden sich an der Frontseite weder Tasten noch Aufkleber, sondern nur der kaum sichtbare (und nicht sehr nützliche) Umgebungslichtsensor an oberer, linker Position.
Die vier Seiten und Kanten sind zwar aus Plastik, doch strapazierfähig und druckbeständig. Ebenso fühlt sich die Rückseite fest an, wurde jedoch mit geschmeidigem Gummi, der sich leicht fassen und halten lässt, verstärkt. Die Verwindungsresistenz ist sehr gut. Das Tablet gibt selbst unter mittelmäßigen Verwindungskräften nur minimal und ohne Knarren nach. Das Tablet selbst wiegt nur 0.41kg (7-Zoll BlackBerry PlayBook: 0.43kg, HTC Flyer: 0.42kg) und fühlt sich nicht nach einem Billiggerät an. Einhändiges Lesen oder Filmschauen ist jedoch aufgrund des Gewichts ermüdend, sodass wir wünschten, es wäre leichter. Daher werden Benutzer es während längerer Sitzungen gerne ablegen. Aufgrund der Lage des Stromschalters, kann es passieren, dass das Tablet manchmal versehentlich ausgeschalten wird.
Insgesamt beeindruckt das Äußere des Kindle Fire in Anbetracht des Preises. Es wirkt sogar solider gebaut als das 10.1-Zoll Lenovo K1 Tablet. Da jegliche Schnittstellen oder herausragende Features fehlen, sieht das Fire jedoch ziemlich langweilig aus. Zu berücksichtigen ist weiters, dass das Gerät kein Aluminium-Gehäuse besitzt, womit das teurere iPad 2 diesbezüglich noch immer die Nase vorne hat.
Ausstattung
Wenn Amazon schon nicht bei der Gehäusequalität gespart hat, so vielleicht bei den Anschlussoptionen. Die Anschluss- und Kommunikationsfeatures des Kindle Fire könnten nicht geringer ausfallen. Es bietet (ausschließlich) WLAN-n, einen microUSB-Port und eine 3.5mm Audio-Buchse. Übliche Schnittstellen, Funkverbindungen, herstellerabhängige Docks, Bluetooth, Mikrofon, haptisches Feedback, GPS, WWAN, TTS und Kameras sind (zum Zeitpunkt des Schreibens) nicht angeplant. Das Tablet muss sogar ohne physikalische Lautstärkeregel auskommen. Glücklicherweise hat Amazon nicht auf den Beschleunigungsmesser verzichtet, sodass der Benutzer schnell zwischen Hoch- und Querformat-Modus wechseln kann.
Nichtsdestotrotz sollte die Kernklientel damit zufrieden sein, dass das Fire zumindest über eingebautes WLAN und einen microUSB-Port verfügt. So ist es einfach und mühelos Verbindungen mit WiFi-Hotspots und anderen Computern zwecks Datentransfer einzurichten. Zudem wird der microUSB-Port zum Aufladen des Akkus benutzt. Das Tablet kann dabei jedoch nur dann gleichzeitig benutzt werden, wenn es über die Steckdose aufgeladen wird.
Sicherheit
Die Sicherheitsfeatures des Tablets sind minimal. Slide-to-Unlock (Entsperren durch Ziehen) ist die Default-Einstellung. Der Benutzer kann sich jedoch auch den bekannten Character-Code-Unlock (Entsperren durch Passworteingabe) einrichten. Letzterer erfordert zusätzlich "Slide-to-Unlock" bevor man Zugriff auf das Tablet erhält, was etwas redundant ist. Insbesondere fehlt der übliche Pattern-Unlock, welchen die meisten Android Smartphones unterstützen.
Am Fire können Geräteadministratoren und Sicherheitsdaten definiert werden, die das Verhalten bestimmter Anwendungen (z.B. Mail und Kalender-Synchronisation) in bestimmten Accounts, VPNs und bei bestimmten WiFi-Verbindungen steuern.
Zubehör
Zwar bietet Amazon für den Kindle Fire nichts Außergewöhnliches, aber immerhin eine kleine Auswahl an Zubehör. Abgesehen von den üblichen Reißverschluss-Hüllen können Hüllen und Schützer gewählt werden, die auch als Gestell fungieren, farbenfrohe Außenhäute zur Zierde und Ladeadapter fürs Auto. Einerseits aufgrund des Anwendungsbereiches des Tablets und andererseits weil ein Spezial-Docking-Port fehlt, erwarten wir uns nicht, dass in naher Zukunft Mäuse und Tastaturen zum offiziellen Zubehör zählen werden, wollen dies jedoch auch nicht ausschließen.
Abgesehen vom Stromadapter finden wir in der Verpackung kein Zubhör. Alle Benutzerhandbücher sind bereits als eBooks am Fire vorhanden.
Garantie
Ähnlich anderen Kindle eReaders hat das Kindle Fire eine beschränkte 1-Jahres-Garantie und Service, die Fehler in Material und Verarbeitung bei normaler Benutzung abdecken. Die optionale erweiterbare 2-Jahres Garantie für US-$44.99 schützt auch bei versehentlicher Zerstörung ohne Selbstbehalt. Allerdings wird dieses Service derzeit nur US-Kunden angeboten.
Software
Wichtig ist bei jedem Tablet, im speziellen auch beim Kindle Fire, die Software. Diesbezüglich unterscheidet sich unser Testgerät wesentlich von iOS-, Android- und anderen Geräten, da Amazon dieses Tablet speziell auf Amazon-Dienste ausgerichtet hat. Zwar handelt es sich beim Betriebssystem um Android Gingerbread, doch hat der Händler die Funktionen so stark verändert, dass sich die Benutzerschittstelle nahezu völlig anders darstellt.
Beginnen wir beim Home-Bildschirm. Die Benutzerschnittstelle des Kindles ist ein virtuelles Bücherregal, wobei das obereste Regal am häufigsten verwendeten Apps und Items in einer Form ähnlich dem Cards-Feature in WebOS enthält. Dieses “Karussel”-Feature funktioniert ziemlich gut, aber die Zugriffs-Animation ist etwas zu empfindlich und bei einer ziemlich langen Liste kann es zu Verzögerungen kommen. Erfreulicherweise darf der Benutzer die Apps direkt im Karussel als Favorit auswählen, entfernen und sogar deinstallieren. Lieblings-Apps und Bücher befinden sich im Regal direkt darunter und können schnell geöffnet werden.
Die Such-Funktion oberhalb des Karussells ist zudem ziemlich praktisch, wenn sich schlussendlich mehr Apps und Bücher am Tablet befinden als der Benutzer im Auge behalten kann. Erwähnenswerte Widgets oder Konfigurations-Optionen fehlen, doch das Vorhandene funktioniert einfach und intuitiv.
Amazon Märkte
Der Grund warum Kindle Fire für weniger als US-$200 zu haben ist, ist, dass Amazon hofft, den meisten Profit durch den Verkauf von Zeitschriften, Musik, Video, eBooks und App Downloads zu machen. Das Gerät kann daher einfach bei einem Amazon-Konto registriert werden und auf beliebige der oben erwähnten Produkte kann dann direkt zugegriffen werden. Wird z.B. “Books” angetippt, werden bereits heruntergeladene Bücher angezeigt und der Benutzer kann auf den Amazon Buchhandel zugreifen. Durch die Auswahl kann auch mit Hilfe eines PCs geblättert und das digitale Produkt direkt an den angeschlossenen Kindle Fire gesendet werden. Die “Music”, “Newsstand”, “Video” und “Apps” Bildschirme funktionieren ähnlich und haben ihre eigenen zugehörigen Geschäfte. Allerdings gibt es keine eingebaute Universal-Suche, mit der alle Geschäfte gleichzeitig abgefragt werden könnten.
Erwähnenswert ist zudem, dass nicht direkt auf den Android Markt zugegriffen werden kann. Zum Zeitpunkt der Berichtserstellung bietet Amazon nicht annährend eine so große Anzahl von Apps wie Android. Sogar im WebOS App Markt können unserem Gefühl nach mehr wertvolle Apps heruntergeladen werden. Beispielsweise fehlen im Amazon App Store weiterhin sehr nützliche Apps wie DropBox und MoboPlayer. Netflix und bestimmte Text-Apps sind zur Zeit aber verfügbar. Nichtsdestotrotz können am Kindle Fire die meisten Android APK Dateien installiert werden, beispielsweise auch solche, die außerhalb des Amazon App Marktes angeboten werden. Vorsicht! Apps, die nur unter Android 3.0+ laufen, funktionieren nicht und eine generelle Kompatibilität ist nicht garantiert. Dies gilt umso mehr als dem Fire auch Kamera, Mikrofone, GPS und andere Features fehlen.
Videos und Musik
Die dürftige Speicherkapazität von nur 8GB könnte den potentiellen Käufer überraschen. Davon sind nur 1.17GB und 5GB für Apps und andere Downloads verfügbar. Zum Glück dürfen Benutzer beliebige und von Amazon gekaufte Daten in Amazons Cloud speichern. Unter der Annahme, dass dem Benutzer eine WiFi Verbindung zur Verfügung steht, kann er theoretisch eine unlimitierte Menge an Videos, Musik und Büchern von Amanzon speichern und direkt vom Kindle Fire darauf zugreifen. Für Daten, die nicht von Amazon stammen, ist der Speicherplatz im Amazon Could jedoch auf 5GB beschränkt. Hier würde eine dafür abgestellte Amazon Cloud Anwendung dazu betragen, Fileübertragungen und -zugriffe zu rationalisieren. Natürlich können Daten auch lokal abgespeichert werden, jedoch sind viele Videos nur als Streams von Amazon verfügbar.
Der eingebaute Video-Player funktioniert ohne Verzögerungen und Probleme ausgezeichnet. Besondere Features weist er jedoch nicht auf. Die Benutzer haben nur Pause, Play, Suche und Lautstärkeregelung zur Verfügung. Beim Streaming von Amazon stellt der Video-Player automatisch auf Querformat und kann nicht im Hochformat benutzt werden. Nichtsdestotrotz ist Video-Streaming schnell und mühelos und die Qualität insgesamt gut. Amazon Prime User können sich hier glücklich schätzen, denn sie können viele Videos, für die man sonst bezahlen müsste, gratis streamen.
Das Kindle Fire unterstützt selbst MP4 Video-Dateien. Um AVI, MKV oder WMV Formate ordnungsgemäß abzuspielen, könnte der Benutzer einigen Aufwand treiben müssen. Wir luden 480p und 720p MP4 Dateien auf das Tablet und hatten keine Schwierigkeiten beim Abspielen.
Der Musik-Player bietet etwas mehr grundlegende Funktionen als der Video-Player, unter anderem voreingestellte Equalizer Einstellungen und eine Album Art Anzeige. Zwar handelt es sich dabei um nichts Beeindruckendes, doch der Benutzer kann bei Bedarf zumindest eigene MP3s oder WAVs ohne Probleme auf das Fire laden. WMA Wiedergabe wird vom Player selbst allerdings nicht unterstützt.
eReader
In der eReader Software des Kindle Fires finden sich viele Features des e-ink-basierten Kindles wieder. Schriftgröße, Zeilenabstand, Ränder und sogar Schriftart können aus vordefinierten Stufen oder vordefinierter Auswahl angepasst werden. Zudem bietet das Fire Optionen für Bildausrichtung und Seitenfarbe. Letztere kann weiß, hellbraun oder schwarz mit weißer Schrift sein. Je nach benutzer-spezifischen Bedürfnissen, können diese Optionen so gewählt werden, dass das Lesen vom LCD Bildschirm angenehm für die Augen ist.
Veränderungen der Settings sind dabei global. Dies bedeutet: Ändert man eine der oben erwähnten Option für ein eBook, so sind auch alle anderen eBooks, auf die man mit dem Kindle Fire zugreift davon betroffen. Ein Option, mit der man die globale Veränderung der Einstellungen ein- und ausschalten könnte, wäre fein gewesen.
Abgesehen von Textveränderungen und Größenveränderungen, kann man am Fire auch leicht Lesezeichen setzen, Zeilen mit Notizen hervorheben und schnell Definitionen von Wörtern nachschlagen (eine aktive WiFi-Verbindung vorausgesetzt). Umblättern kann man entweder durch Wischen oder einfach durch Antippen an den Kanten des Bildschirms. Schließt man ein eBook, so merkt sich das Tablet die letzte Seite und schlägt dort beim nächsten Öffnen wieder auf.
Da man die Schriftgröße und die Randeinstellungen ändern kann, sind Seitennummern etwas veraltet. Die meisten (wenn nicht alle) Kindle eBooks verwenden daher statt Seitennummern Ortsangaben (Locations). Diese sind unabhängig von der Schriftgröße und laut Amazon spezifisch für jede "Textzeile". Das Nummerierungsschema ist dennoch verwirrend und nicht besonders intuitiv. Es wäre schön, wenn wir auf die ursprüngliche Seitennummer aller heruntergeladenen Bücher zugreifen könnten und zwar nicht nur wegen der Kontinuität, sondern auch fürs Zitieren von Quellen.
Eingabegeräte
Anders als viele seiner Geschwister bietet das Fire keinerlei physikalische Tasten und ist gänzlich auf die Bildschirm-Tastatur angewiesen.
Die eingebaute Tastatur bietet nur Basisfunktionalität, kann jedoch mit gutem Ansprechverhalten aufwarten und arbeitet mäßig schnell. Zwar gibt es eine kleine Verzögerung zwischen dem Drücken einer Taste und der Registrierung, doch wirkt sich dies nicht auf die Benutzbarkeit aus. Die Tastatur kam, dessen ungeachtet, mit unseren Eingaben mit. Obwohl die Tastatur, anders als beim iPad, nicht unmittelbar reagiert, fanden wir Nachteile bei der Eingabe-Software. Während der Eingabe, schlägt die Software zudem, ähnlicher der Android App Swiftkey, oberhalb der QWERTY-Tasten Wörter vor. Automatische Großschreibung und Autokorrektur, sowie Tipp-Geräusche (kein haptisches Feedback!) können im Options-Menü an- und ausgeschaltet werden.
Im Haupt-QWERTY Bildschirm fehlen jedoch übliche Satzzeichen und Symbole, wie das at-Zeichen (@) und Frage- und Rufezeichen. Sollten diese nicht gerade zum richtigen Zeitpunkt in der Leiste der vorgeschlagenen Wörter auftauchen, muss dafür auf den zweiten Satz an Bildchirm-Tasten zugegriffen werden.
Lästig ist zudem, dass eigene Tasten für Home und Back fehlen. In Android 4.0 sind physikalische Home-, Back- und Search-Tasten nicht mehr nötig, denn die ICS Software stellt diese drei Tasten (mehr oder weniger) immer am Bildschirm dar, damit sie der Benutzer bei Bedarf zur Verfügung hat. Beim Fire dagegen sind Home und Back abhängig von der Anwendung nahezu immer versteckt. Die Benutzer müssen zuerst die Schnellzugriffsoption vom oberen Bildschirmbereich nach unten wischen, bevor Home und Back am unteren Rand angezeigt werden. Wofür man eigentlich mit einer einzigen Berührung auskommen sollte, bedarf nun unnötigerweise zwei Bewegungen.
Display
Das Kindle Fire ist das erste Gerät der Kindle Familie mit einem 7-Zoll Multi-Touch IPS-Bildschirm. Zumindest subjektiv arbeitet der Bildschirm gut und sieht sehr gut aus. Text und Webseiten sind hell, kontrastreich und leicht lesbar. Das Fire kann, ebenso wie das RIM PlayBook und der HTC Flyer, die beide zu deren Einführungszeitpunkt etwa zum doppelten Preis im Einzelhandel verkauft wurden, 16 Millionen Farben bei einer Auflösung von 1024x600 Pixel (WSVGA) auf seinem 169 ppi-Bildschirm darstellen.
Mit dem Mavo-Monitor wurde eine hohe maximale Helligkeit von 371 cd/m² im Zentrum des Bildschirms gemessen. Auch ohne Ladegerät behielt der Bildschirm die maximale Helligkeit bei. Damit ist unser Testgerät bezüglich Bildschirmhelligkeit mit dem Flyer gleich auf, aber nicht so hell wie das PlayBook. Die Kontrastwerte aller drei Tablets sind gleichermaßen beeindruckend.
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Ausleuchtung: 85 %
Helligkeit Akku: 371 cd/m²
Kontrast: 863:1 (Schwarzwert: 0.43 cd/m²)
Aufgrund unvermeidlicher Reflexionen an der spiegelnden Oberfläche ist es im Außeneinsatz schwierig irgendetwas zu erkennen. Da der Bildschirm hell ist, ist das Tablet an einem schattigen Ort gut benutzbar, wenn eine hohe oder eine Helligkeit nahe dem Maximum eingestellt ist. Trotzdem hätte das Kindle Fire sehr von einem matten Anti-Reflexions-Bildschirm profitiert, im Besonderen, weil das Gerät stärker als seine Konkurrenten als e-Reader vermarktet wird. Die Lesbarkeit unter Sonnenlicht von e-ink und backlit IPS-Bildschirmen ist nicht gerade gut, Kindle und Nook sind diesbezüglich deutlich besser als Fire.
Typisch IPS Bildschirm sind die Blickwinkel des Fire Tablets von fast allen Winkeln sehr gut. Dass Amazon in dieser Preisklasse sogar einen IPS-Bildschirm eingebaut hat, ist außergewöhnlich. Viele bekannte und teurere Tablets, wie das iPad 2, das Motorola Xoom, das Sony S1, das Rim PlayBook und das Galaxy Tab 10.1 verfügen auch über beträchtliche Blickwinkel. Die Bildschirme dieser Tablets schlagen viele Laptops mit TN-Bildschirmen haushoch. Beim gemeinsamen Betrachten von Videos und Bildern am Kindle Fire sollten daher keine großen Problem bezüglich Farbinversion oder Helligkeit auftreten.
Leistung
Im Kindle Fire arbeitet ein 1GHz TI OMAP4430 Zweikern-Prozessor. Die gleiche CPU ist auch im RIM PlayBook verbaut. Des weiteren nutzen beide Tablets auch die gleiche PowerVR SGX540 GPU mit DirectX 10.1 und Shader 4.1 Support. Damit enden die Ähnlichkeiten bezüglich Hardware, da das Amazon Tablet mit 512MB nur halb so viel Hauptspeicher und mit 8GB ohne Erweiterungsoptionen zumindest nur die halbe Massenspeicherkapazität bietet.
Im Vergleich mit Geräten auf Tegra 2-Basis erscheinen die reinen CPU und GPU Werte durchwachsen. Im Linpack Pro wird das Fire mit 36.882 MFLOPS bewertet, das Motorola Xoom erreicht 34.514 MFLOPS, das ThinkPad Tablet 39.451 MFLOPS, das Galaxy Tab 10.1v (53.376 MFLOPS) und das Toshiba AT100 54.8333 MFLOPS. In Quadrant erzielt das Fire 1681 Punkte. Das ist gerade einmal etwas mehr als das jetzt schon alte Froyo Nexus One Smartphone.
Der Produktivitäts- und Spiele-Index des SmartBench 2011 ist mit 3494 und 2161 Punkten durchschnittlich. Der Produktivitätswert ist jedoch viel höher als beim ThinkPad Tablet, Toshiba A100 und Motorola Xoom. Dagegen ist der Spiele-Index im Vergleich zu diesen Honeycomb Tegra 2 Tablets niedriger.
Subjektiv ist das Antwortverhalten bei der Navigation zwischen Home-Bildschirm und den verschiedenen Optionen des Fire im Allgemeinen gut, aber keinesfalls so schnell und flüssig wie beim iPad 2. Das Drop-Down-Menü für Lautstärke, Helligkeit und WiFi Steuerung öffnet sich besonders langsam. Dies sollte jedoch schnell erfolgen, denn es ist manchmal die einzige Möglichkeit auf die Home- und Back-Tasten zuzugreifen.
Browser Leistung
Der Standard Web Browser des Kindle Fire ist insofern einzigartig, als er als "Split"-Browser konzipiert wurde. Ein Teil des Webpage Processing wird auf die Amazon Cloud abgeladen und die Daten ans Fire zurückgesendet. Dort steht sie dann zum Entpacken und Anzeigen bereit. Mit dieser “Silk” genannten Technik werden die Seiten, besonders jene mit vielen HTML Elementen, für den Endnutzer wahrscheinlich schneller geladen. In der Praxis konnten wir allerdings keine klare Geschwindigkeitssteigerung beobachten - zumindest keine dramatischen.
Ebenso sind Bildlauf und Pinch-to-Zoom nichts Beeindruckendes und nicht vollständig flüssig. Wenigstens funktionieren sie wie vorgesehen.
Im Browsermark und Google V8 Version 6 erreichte das Fire 78664 und 613 Punkte. Das Browsermark Ergebnis ist besonders ansehnlich, da es bei weitem besser ist als jenes des RIM PlayBook (47337 Punkte), allerdings immer noch deutlich geringer als jenes vom Sony S1 (89600 Punkte) und Motorola Xoom (92331 Punkte). Beide Benchmarks testen die JavaScript und HTML Fähigkeiten der Hardware.
Zum Thema Flash Support: Das Fire beherrscht Flash-basierte Web-Inhalte passabel gut. Gleichzeitig sollte man sich aber kein flüssiges Multi-Tasking erwarten. Der Film, The Daily Show, lief ansehnlich, obwohl unserem Eindruck nach der Ton nicht immer mit dem Bild synchron war. Wenn eine andere Aktion am Tablet gestartet wird, pausiert das aktive Flash Video und das Ansprechverhalten des Tablets verschlechtert sich. Dennoch, laufen Flash Inhalte großteils ohne Probleme ab (mit Ausnahme von Hulu natürlich). Sogar omgpop.com, eine ziemlich komplizierte Multi-Player-Spiele-Seite, die vollständig auf Flash basiert, lädt großteils korrekt.
Emissionen
Geräuschemissionen
Im Kindle Fire gibt es, falls überhaupt, keine bedeutenden bewegten Teile. Da keine nennenswerten Lüfter oder Festplatten vorhanden sind, arbeitet das Tablet leise.
Temperatur
Ohne Last ist das Fire so kühl wie wir es uns erwarten. Unter Last (heftiges Web-Surfen mit Flash), erwärmt sich das Tablet deutlich, wird aber nicht unangenehm heiß. Die Gummirückseite erwärmt sich dabei durchschnittlich um einige Grad mehr als die Vorderseite. Ebenso trifft dies auf die am nächsten zum Stromschalter gelegene Seite im Vergleich zur gegenüberliegenden Seite zu. Insgesamt bleiben die Systemtemperaturen dennoch im Vergleich zu anderen Geräten, speziell zum Sony S1, ziemlich niedrig.
(+) Die maximale Temperatur auf der Oberseite ist 31.6 °C. Im Vergleich liegt der Klassendurchschnitt bei 33.8 °C (von 20.7 bis 53.2 °C für die Klasse Tablet).
(+) Auf der Unterseite messen wir eine maximalen Wert von 32 °C (im Vergleich zum Durchschnitt von 33.3 °C).
(+) Ohne Last messen wir eine durchschnittliche Temperatur von 22.1 °C auf der Oberseite. Der Klassendurchschnitt erreicht 30 °C.
Lautsprecher
Die Stereo Lautsprecher des Fire befinden sich an der der Audiobuchse und dem Stromschalter gegenüberliegenden Kante. Die Lautsprecher sind, vielleicht überraschenderweise, in Anbetracht der Größe ziemlich gut und laut. Natürlich werden sie bass-lastiger Musik nicht gerecht. Für ausgedehnten Musik- und Videogenuss sind aber eigene Kopfhörer immer empfehlenswert.
Wenn man Videos im Querformat anschaut, wirkt der Klang aufgrund der Anordnung der Stereo Lautsprecher an nur einer Seite des Tablets eigenartig. Statt einer gleichmäßigen Verteilung breitet sich der Klang von nur einer Seite des Tablets aus. Abhängig davon wie das Tablet gehalten wird, können die Hände des Benutzers die Ausgabe dämpfen. Dagegen sind beim RIM PlayBook und beim Sony S1 die Lautsprecher an der linken und rechten Seite angeordnet, womit eine gleichmäßigere Klangverteilung erreicht wird.
Akkulaufzeit
Laut Battery Monitor wird das Kindle Fire durch einen 1200mAh Li-ion Akku mit Strom versorgt. Amazon behauptet, dass damit bis zu 8 Stunden ununterbrochenes Lesen und bis zu 7.5 Stunden Video-Wiedergabe möglich sind.
In unserem Akku-Test ließen wir zuerst das Kindle Fire ohne Last eine eBook Seite bei niedrigster Helligkeit, keinem Bildschirm-Timeout und deaktiviertem WiFi anzeigen. Dabei hielt das Tablet 9 Stunden und 44 Minuten durch. Der gleiche Test wurde mit maximaler Helligkeit wiederholt. Die Akku-Laufzeit fiel dabei auf deutlich niedrigere 5 Stunden und 32 Minuten. Mit aktiviertem WiFi verringert sich die Akkulaufzeit nur um ungefähr 10 Minuten.
Beim Video-Test wurden ununterbrochen Filme vom Amazon Markt bei maximaler Helligkeit gestreamt. Mit diesen Einstellungen hielt das Fire ungefähr 4 Stunden und 54 Minuten durch. Bei 60 Prozent Helligkeit, aktivem Web-Surfen mit gelegentlichen Videos erreichte das Tablet mit knapp über 6 Stunden eine etwas längere Laufzeit. Vollständiges Laden via mitgeliefertem Stromadapter benötigte zirka 2 Stunden und 30 Minuten.
Im Vergleich zu anderen Tablets, auch größeren, bietet das Fire weniger Akkulaufzeit. Das 10.1-inch Galaxy Tab 10.1v, das ThinkPad Tablet, Toshibas AT100 und Motorolas Xoom erreichten zwischen 10 oder sogar 15 Stunden im Idle Betrieb und bei niedrigster Bildschirmhelligkeit. Die Akkulaufzeit ist insgesamt mit dem 7-Zoll HTC Flyer vergleichbar. Das 7-Zoll RIM PlayBook halt deutlich länger als die beiden anderen durch.
Das soll keineswegs heißen, dass die Akkulaufzeit des Fires enttäuschend ist. Die angegebenen 8 Stunden durchgängigen Lesens sind nahezu sicher erreichbar. Im Standby hält das Fire tagelang durch, ohne dass man sich über das Aufladen Sorgen machen müsste. Die Helligkeitseinstellungen können allerdings einen großen Einfluss auf die Gesamtlaufzeit haben. Daher ist ein Außeneinsatz fordernder.
Fazit
Wer auf Android total mit iOS-ähnlicher Leistung aus ist, bekommt mit den Kindle Fire nichts von beiden. Das Amazon Tablet bietet weniger Spiele, weniger Apps, weniger Features, weniger Bildschirm, weniger kundenspezifische Anpassung und weniger Hardware als die Konkurrenz.
Stattdessen erhält man ein solide gebautes, schnörkelloses, auf Amazon Benutzer ausgerichtetes Gerät. In diesem Sinne fungiert das Fire als Verknüpfung mit Amazon-Diensten. Wenn Sie, warum auch immer, keine Amazon-zugehörigen Dienste nutzen wollen und kein Interesse haben, dies in Zukunft zu tun, verliert das Fire viel von seinem Reiz.
Zum Zeitpunkt des Schreibens ist der Vorteil des Fires aber kaum zu übersehen: Günstiger Preis, großartiger (wenngleich kleiner) Bildschirm, akzeptable Akkulaufzeit, guter Web Browser und überdurchschnittliche Lautsprecher. Antwortverhalten und Leistung könnten besser sein. Da das Fire aber nur halb so viel kostet als andere namhafte Geräte, kann es aber als ausgezeichneter Einstieg gesehen werden. Sicherlich! Es gibt viel Verbessserungswürdiges. Nichtsdestotrotz erreicht das Kindle Fire, wenn man weiß, was genau es bietet, spielend das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.