Test Lenovo IdeaPad K1 Tablet/MID
Das Apple iPad hat der Konkurrenz vieles über Tablets gelehrt. Regiert es den Tablet-Markt tatsächlich absolut? Jedenfalls ist es definitiv schwierig, sich auf diesem Markt zu positionieren.
Betrachtet man die Konkurrenten, etwa HP, die mit einer radikalen Kursänderung nach nur sieben Wochen und dem Verkauf des Flaggschiff-Tablets zu Ausverkaufspreisen für reichlich Wirbel gesorgt haben, wird es verständlich, warum Hersteller beim Versuch dem iPad Marktanteile wegzunehmen, vorsichtig agieren.
Lenovo kann also zumindest Kühnheit zugestanden werden: Das vorliegende Tablet ist nominell günstiger und leistungsfähiger als das iPad. Wird es dort erfolgreich sein, wo andere Hersteller gescheitert sind?
Hinweis: Dem nachfolgenden Test liegt ein US-Modell des Ideapad K1 zugrunde.
Im Gegensatz zu vielen preisgünstigen Konkurrenten bietet das K1 Tablet mehr als ein bloßes Plastikgehäuse. Unser Testgerät hat Aluminium-Seitenkanten und ein weißes Backcover. Andere Konfigurationen mit verschiedenen Farben und Materialien werden auch angeboten. Beispielsweise erhält man für 519 US-Dollar Leder- anstatt PlastikOberflächen. Die Bauhöhe von 13.3 mm unterscheidet sich nicht wesentlich vom iPad 1.
Dank der schlanken Bauweise, den leicht bombierten Seiten und dem Display-Deckel aus Kunststoff erweist sich das Tablet als sehr handlich. Neben den in Android 3.1 verfügbaren Softkeys bietet das K1 auch eine physikalische "Home"-Taste, welche je nach Orientierung des Tablets und Bewegungsrichtung auch als "Back"- und "Menu"-Button fungiert. Die Taste erkannte unsere Bewegungen nicht immer problemlos. Doch mit der Zeit kamen wir mit der Handhabung gut zurecht.
Die Verarbeitung des K1 könnte besser sein. An einigen Stellen des Bildschirms beobachteten wir minimale Krümmungen. Abgesehen davon, dass der Rückenteil aus Kunststoff gefertigt und der Bildschirm für Fingerabdrücke empfänglich ist, entdeckten wir auch einen Versatz an einem Teil des Aluminiumrahmens: In der Nähe des Bildschirms war der Spalt beinahe so breit wie ein Fingernagel zwischen der einen und der anderen Seite des Rahmens.
Die zusätzliche Entriegelung des microSD-Kartenlesers mit einer separaten Büroklammer fand bei uns keinen Zuspruch. Drückt man mit der mitgelieferten Klammer in das Loch neben den microSD-Slot, klappt die Schutzabdeckung nach außen, und eine neue Karte kann eingeschoben werden.
Aufgrund des winzigen Slots ist es schwierig, eine Karte wieder aus dem Slot zu entfernen. Oftmals mussten wir trotz Lösen der Sperre mit den Fingern die Karte aus dem Slot angeln. Zugegebenermaßen sind das Kleinigkeiten, jedoch sind in einem derart hart umkämpften Markt auch Kleinigkeiten nicht zu vernachlässigen.
Wie die meisten Android-Tablets leidet auch das K1 nicht an einem Mangel an Schnittstellen.
Neben einem micro-HDMI-Ausgang befinden sich an der Rückseite des Tablets ein Kopfhöreranschluss und ein proprietärer Anschluss zum Aufladen und für Datenübertragungen. Wir denken, dass der Kopfhöreranschluss praktischerweise auf der anderen Seite des Tablet angeordnet sein sollte. Viele der Anwendungen unterstützen eine Drehung des Bildschirms nicht. Daher zeigt der Kopfhöreranschluss meist zum Nutzer und bei Benutzung auf der Schoss kann sich dies als störend erweisen.
Dennoch sind die Schnittstellen insgesamt gut und gefällig verteilt. Der Zwischenraum zwischen den einzelnen Ports ist groß genug, sodass ein Kabel-Wirrwarr vermieden werden kann.
Über die Wahl einer herstellerabhängigen Ladeschnittstelle darf man diskutieren. Dass das Kabelende ohne Verriegelung auskommt, gefällt uns jedoch. So löst sich das Kabel, ähnlich wie Apples MagSafe Stromanschluss, wenn jemand darüber stolpern sollte, anstatt das Tablet mit zu reißen.
Der Datentransfer verlief im Test nicht problemlos. Unser primäres Arbeitsgerät ist ein Apple MacBook Pro. Als wir versuchten, es das erste Mal an das K1 anzuschließen, passierte gar nichts. Es stellte sich heraus, dass Geräte, die unter Android 3.0 und neuer laufen, eine eigene Anwendung zum Transfer von Daten auf OS-X Computer benötigen. Berücksichtigt man, dass Windows Systeme ohne zusätzliche Software auskommen, scheint dies ein unnötiges Ärgernis für MacOS-User zu sein.
Kommunikation
Das K1 bietet die Standard-Netzwerkanschlüsse, Bluetooth 2.1 und 802.11 b/g/n Wi-Fi inklusive. Zudem verspricht Lenovo, dass Tablets, die nach August erzeugt wurden, 3G-Verbindungen unterstützen werden. Ein Standard-GPS ist auch mit an Bord, genauso wie Google Maps als App für Routenführung. Im Test konnten wir keine auffälligen WiFi-Probleme wie Leistungsverlust oder Probleme mit dem Verbindungsbereich feststellen.
Zubehör
Mit dem K1 wird die übliche Basisausstattung mitgeliefert. In der Schachtel befindet sich unter anderem ein USB-Kabel, ein Stromkabel und Dokumentation. Zusätzlich erhältlich sind etwa Bildschirm-Schutzhüllen und ein Tastatur-Dock.
Garantie
Die Basisgarantie beträgt 1 Jahr und beinhaltet Telefonsupport und eine vollständige Abdeckung von Reparaturen. Um 79.99 US-Dollar kann man die Garantie auf zwei Jahre erweitern.
Tastatur
Neben der üblichen Android-Tastatur bietet Lenovo eine weitere wählbare Bildschirmtastatur. Bei dieser wurden einige Tasten verändert und verschoben. Unabhängig von der gewählten Einstellung kann man auch mit dieser Tastatur im Großen und Ganzen gut arbeiten.
Auch die Bildschirmgröße vereinfacht natürlich Tippen und Arbeiten. Aufgrund der Extra-Größe betätigt man seltener andere als die gewünschte Taste versehentlich mit. Zudem gehört Androids Spracherkennung zu den besten im Bereich mobiler Rechner. Während unseres Tests sprachen wir Sätze unterschiedlicher Länge. Dabei kam es, unabhängig von Umgebungslärm und Sprechgeschwindigkeit, zu praktisch keinen Fehlerkennungen.
Sensoren
Die Leistung des Bewegungs- und des Umgebungslichtsensors beeindruckte uns weniger. Nach Veränderung der Ausrichtung des Tablets dauerte es fast zwei Sekunden, bis das K1 die Rotation erkannte. Bereits das Apple iPad 1 hingegen schafft dies durchwegs in weniger als einer Sekunde. Ähnlich der Lichtsensor: Bei "automatischer Helligkeitsanpassung" springt die Helligkeit oftmals plötzlich von einer Helligkeitsstufe zur nächsten.
Vergleicht man diese Einstellung mit denen der meisten neueren Laptops, welche die Helligkeit ebenso automatisch verändern, ist dieser Effekt besonders störend. Während wir Computerspiele spielten, mussten wir etwa den Umgebungslichtsensor präventiv deaktivieren, sodass uns die plötzlichen Helligkeitsschübe nicht ablenken konnten.
Kamera
Das K1 liefert die erwarteten Front- und Heck-Kameras, die mit maximal 2 Megapixel beziehungsweise 5 Megapixel Auflösung arbeiten. Erstere befindet sich gerade dort, wo die Webcam bei Laptops üblicherweise platziert wird. Damit eignet sie sich gut für Videokonferenzen. Aufgrund ihrer eher durchschnittlichen Bildqualität werden die beiden Kameras eher für nicht intensive Anwendungen eingesetzt werden. Die Fotos unten zeigen, dass Farbdarstellung und Helligkeit bestenfalls durchschnittlich sind.
Der 10.1-Zoll-IPS-Bildschirm mit seiner 1280 x 800 Auflösung macht in Innenräumen meist ein gutes Bild. Der glänzende Bildschirm verleiht dem K1 subjektiv knackige Farben, ist aber empfindlich auf Fingerabdrücke - wie allerdings alle anderen Tablet-Kollegen auch. Das Display mit seiner hohen Auflösung hinterlässt subjektiv einen soliden Eindruck. Bezüglich Helligkeit ist es dabei im wesentlichen mit dem Apple iPad 1 gleichauf.
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Ausleuchtung: 87 %
Helligkeit Akku: 289 cd/m²
Kontrast: 1327:1 (Schwarzwert: 0.22 cd/m²)
Im Freien arbeitet das K1 allerdings nicht so zuverlässig. Aufgrund der glänzenden Oberfläche wird die Umgebung heftig gespiegelt. Im Schatten relativiert sich das etwas, doch gehört das K1 unter direkter Sonneneinstrahlung sicherlich nicht zu den Besten seiner Art, wenngleich im Grunde alle aktuellen Tablet-PCs mit diesem Problem zu kämpfen haben.
Bei den Blickwinkeln entdeckten wir weit weniger Probleme. Bei typischen Blickwinkeln treten kaum sichtbare Veränderungen auf. Jedenfalls liefert das hochauflösende IPS-Display des K1 ein jederzeit extrem scharfes Bild mit präziser Farbwiedergabe.
Wie bei den meisten höherwertigen Android-Tablets sind die Spezifikationen des K1 beeindruckend: 1GB DDR2 600Mhz Hauptspeicher und ein 1 GHz NVIDIA Tegra 2 Prozessor. In der Praxis liefert das Tablet bei den Benchmarks durchweg die erwartete Leistung. Der Linpack Score von 62.124 MFLOPS ist der höchste, der bislang von Android-Tablets bei uns erreicht wurde, und übertrifft beispielsweise das ähnlich ausgestattete Samsung Galaxy Tab v10.1.
Der Score von 89.873 im Browsermark liegt knapp unter anderen von uns getesteten Tablets wie dem Motorola Xoom und dem LG Optimus V900, die beide mehr als 90.000 erreichen. In Google V8, Quadrant, Smartbench und den anderen Benchmarks lagen die Werte des K1 mit anderen Tegra-2 basierten Tablets gleichauf. Abgesehen von den weiter oben erwähnten Problemen mit den Sensoren war die empfundene Arbeitsgeschwindigkeit des Tablets im Allgemeinen durchwegs schnell.
Android
Das K1 basiert zwar auf Android 3.1, doch Lenovo hat einige Veränderungen vorgenommen, die die Benutzerfreundlichkeit erhöhen sollen.
Die wichtigste: Der "Layers"-Button bekam eine Task-Killing-Funktion, womit dafür keine eigene Anwendung eines Dritt-Herstellers notwendig ist. Außerdem können mittels "App Wheel" und "Lenovo Launcher" Mail-, Lese- und Multimedia-Anwendungen einfach gestartet werden.
Herstellerspezifische Anwendungen sind üblicherweise mit Vorbehalt zu genießen, doch das K1 hat solche in Hülle und Fülle. Beispielsweise integriert die "Social Touch"-Anwendung den Kalender, den Posteingang und soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. Wir fanden "Social Touch" nicht besonders nützlich, doch hängt das wohl davon ab, wie intensiv jeder soziale Medien nutzt.
Wir fanden auch keine besonderen Schätze in Lenovos App Shop. Ähnlich den App Stores von Toshiba und Amazon handelt es sich beim App Shop um einen eigenen Markt für Android-Anwendungen. Zu den Anwendungen gehört auch AppVerse, der soziale Medienbereich von App Shop. Dort erfährt man, welche Anwendungen andere Benutzer empfehlen.
Gegenüber dem Android-Markt des Honeycomb App Supports gibt es sicherlich einen Spielraum für Verbesserungen. Anders als andere Drittanbieter, sind in Lenovos App Store allerdings auch wichtige bzw. bekannte Anwendungen wie Angry Birds und solche von Twitter und Facebook erhältlich.
Gleichzeitig leidet der Store unter einer limitierten Auswahl an Anwendungen. Beispielsweise werden in der Spiele-Sektion aktuell nur 32 verschiedene Anwendungen angeboten.
Jedenfalls gefällt uns, dass Lenovo eine Reihe gängiger Anwendungen vorinstalliert hat. Dazu gehören Zinio, eBuddy und Amazon Kindle. Insgesamt eine gute Mischung an Apps, die allgemein für typische Benutzer interessant sind, und vorwiegend keine Bloatware.
Nichtsdestotrotz leidet Android 3.1 bzw. einzelne Apps noch unter Kinderkrankheiten. Während unserer Tests stürzten einige Anwendungen gelegentlich ab. Erst nach einem Neustart funktionierten sie wieder entsprechend. Manchmal schwankte auch die Leistung der Anwendungen. Einmal versuchten wir etwa, ein 305 Seiten langes PDF mit PDF To Go und Adobe Acrobat Reader zu öffnen. Nach einigen Minuten gab es in PDF To Go immer noch Anzeigefehler, während im Adobe Reader gar nichts angezeigt wurde.
Spiele-Fazit
Hier sind Spiele, die eigens für Android-Tablets entwickelt wurden, von solchen zu unterscheiden, die skaliert werden müssen, um auf solchen zu laufen. Einige Anwendungen, die nicht in HD-Auflösung arbeiten, beispielsweise Angry Birds Seasons, werden trotz kleinerer Artifakte am K1 überraschend gut skaliert. Jedoch laden Spiele wie Backbreaker überhaupt nicht. Spiele, die für Tablet Auflösungen programmiert wurden, schneiden natürlich viel besser ab. Titel wie Need For Speed HD und Dungeon Defenders HD lassen sich am K1 flüssig spielen und sehen auch gut aus.
Grundsätzlich war es nicht besonders einfach, Tablet freundliche Spiele zu finden, mit denen wir das K1 testen konnten. Eigentlich fanden wir nur Dungeon Defenders HD mit Hilfe NVIDIAs Tegra Zone Application. Fairerweise müssen wir hinzufügen, dass die Kinderkrankheiten am Android-Markt nicht K1 spezifisch sind. Da es sich um eine noch relativ junge Plattform handelt, ist über einige versionsabhängige Bedienbarkeitsprobleme hinweg zu sehen.
Geräuschemissionen
Da das K1 keine beweglichen Komponenten nutzt, arbeitet es absolut lautlos.
Temperatur
Trotz dem ziemlich großen Plastikkorpus kann das K1 überraschend gut Wärme ableiten. Wie bei unseren Laptop-Tests messen wir die Temperatur an der Ober- und Unterseite des Tablets bei verschiedenen Lastzuständen
Nachdem auf unserem Tablet eine Stunde lang Stabilitätstests, die gleichzeitig CPU und GPU bei niedrigen Details belasten, durchführt hatten, ermittelten wir die Maximal-Temperatur. Wie die Grafik zeigt, erwärmt sich das Tablet vorwiegend im vorderen rechten Bereich. Dabei wurde das K1 insgesamt aber nie übermäßig warm.
(+) Die maximale Temperatur auf der Oberseite ist 36 °C. Im Vergleich liegt der Klassendurchschnitt bei 33.8 °C (von 20.7 bis 53.2 °C für die Klasse Tablet).
(+) Auf der Unterseite messen wir eine maximalen Wert von 34.8 °C (im Vergleich zum Durchschnitt von 33.3 °C).
(+) Ohne Last messen wir eine durchschnittliche Temperatur von 29.1 °C auf der Oberseite. Der Klassendurchschnitt erreicht 30 °C.
Lautsprecher
An der Rückseite des K1 gibt es zwei Lautsprecher. Ob man Tanzmusik wie LCD Soundsystems "Jump Into The Fire" oder Rocklieder wie tUnE-YarDs "Gangsta" abspielt, der Sound ist höhenlastig und Bass praktisch nicht vorhanden. Die Lautsprecher sind für gelegentliche Verwendung laut genug. Doch Musik-Liebhaber werden rasch zu Kopfhörern greifen.
Der Zwei-Zellen-Akku des K1 verspricht bis zu 10 Stunden Akkulaufzeit. Die Akkulaufzeit fiel während unserer Tests jedoch ganz unterschiedlich aus.
Zuerst testeten wir die maximale Akkulaufzeit des K1 im Idle-Betrieb, wobei die Helligkeit auf Minimum gedämmt und alle Funkmodule abgeschaltet wurden. Dabei hielt der Akku 12 Stunden und 11 Minuten durch.
Danach ließen wir lokal abgespeicherte Videos bei maximaler Helligkeit und abgeschalteten WiFi-Modulen in einer Schleife abspielen. Das Tablet schaltete sich dabei nach 6 Stunden und 40 Minuten aufgrund des leeren Akkus aus.
Zudem testeten wir das Tablet mit typischen Web-Anwendungen und unter Last. In ersterem Szenario konnten wir 5 Stunden und 50 Minuten lang Webseiten mit Video- und Textelementen besuchen.
Als Last-Test führten wir den Android-Stabilitätstest aus und ließen dessen CPU und GPU Rendering Test bei niedrigen Details in einer Schleife ablaufen. Dabei wurde der Akku deutlich schneller, nämlich nach 5 Stunden und 31 Minuten, leer.
Mit dem IdeaPad K1 bietet Lenovo dem zukünftigen Tablet-Besitzer ein attraktives Paket. Die soliden Spezifikationen des K1 und der erschwingliche Preis bringen das Tablet sicher in die Oberliga aktueller Android-Tablets.
Aufgrund Gingerbreads Kinderkrankheiten hat es jedoch gegenüber Tablets wie dem iPad durchaus noch Nachholbedarf. Dennoch wird preisbewussten Endverbrauchern, die sich auf Tablet Computing stürzen wollen, vieles am IdeaPad gefallen.