Test Wiko Highway Smartphone
Wiko sagt Ihnen nichts? Dabei sind die Franzosen auf dem Smartphone-Markt im Moment richtig aktiv und haben sich ein beachtliches Portfolio an Geräten aufgebaut. Neben Swarovski Smartphones für die Damen gibt es Android Phones der Einstiegs- und Mittelklasse.
Nun will der Hersteller mit dem Wiko Highway auf dem Markt für Furore sorgen. Tatsächlich lassen die Spezifikationen aufhorchen: Achtkern-Prozessor mit 2 GHz, 16-Megapixel-Kamera an der Rückseite, Full-HD-Display und Dual-SIM-Support. Das alles gibt es für einen relativ günstigen Preis von 350 Euro.
In der Preisklasse ist das Feld schon dicht besetzt: Exzellente Angebote wie das Google Nexus 5 oder das Motorola Moto X treffen auf die Neueinsteiger Acer Liquid S1 und Alcatel One Touch Idol X. LG Optimus L9 II und ZTE Grand Memo LTE sind ebenfalls interessante Geräte mit speziellem Mehrwert. Schauen wir mal, wie sich der französische Neuankömmling Wiko Highway hier schlagen kann.
Von französischem Design erwartet man eine gewisse Eleganz, und die kann das Wiko Highway definitiv bieten: Aluminium und Hartglas sind die bestimmenden Materialien, die Wiko beim Gehäusedesign eingesetzt hat. Die sehr schmale Silhouette ist gerade einmal 7,7 Millimeter dünn und wird im Vergleichsfeld nur vom Alcatel One Touch Idol X unterboten. Der Rahmen aus Aluminium mit abgeflachten Kanten ist sehr elegant, die Rückseite aus Hartglas zwar hübsch, aber sehr anfällig für Fingerabdrücke.
Die Stabilität des Gehäuses lässt kaum Wünsche offen: Starker Druck von vorne schlägt sich nur sehr begrenzt auf dem Bildschirm nieder, und Druck von hinten macht dem Gerät gar nichts aus. Auch die Verwindungssteifigkeit ist sehr gut, Geräusche beim Verwinden sind allenfalls sehr leise zu vernehmen.
Auf den ersten Blick gibt es zu den Anschlüssen nicht viel zu sagen. Bei genauerem Hinsehen stolpert man allerdings schnell über zwei SIM-Slots, das Wiko Highway unterstützt nämlich auch zwei micro-SIM-Karten. Dafür muss man allerdings auf einen SD-Slot verzichten, was bei 16 GByte Speicher keine Katastrophe ist, aber dennoch die Nutzung für MP3-Liebhaber und App-Sammler einschränkt.
Interessant ist noch USB On-the-go, wodurch das Wiko Highway als Host für andere USB-Geräte fungieren kann. So kann man beispielsweise Daten von externen Festplatten direkt auf das Gerät spielen, ohne dass man einen Computer als Host bräuchte.
Software
Das Betriebssystem besteht aus einem unveränderten Android 4.2.2. Es gibt mittlerweile schon die Version 4.4.2, so dass hier eine neuere Version möglich wäre. Im alltäglichen Gebrauch läuft das System aber zuverlässig und stabil. Bei Android Updates ist Wiko recht zurückhaltend, bisher ist auch zum Highway nichts angekündigt.
Die Fotografie-App wurde um einige Funktionen erweitert, so lassen sich bestimmte Bereiche des Fotos animieren oder 360-Grad-Panoramen erstellen. Das alles ist etwas zeitaufwändig und nicht so wahnsinnig alltagstauglich, aber ganz nett.
Kommunikation & GPS
Das WLAN-Modul funkt nicht nach dem neuesten und sehr schnellen Standard 802.11 ac, allerdings wird der aktuell gängige Standard 802.11 n unterstützt. Die Empfangsqualität ist in Ordnung: Sie beträgt in zehn Metern Entfernung zum Router und durch drei Wände immerhin noch 3/4. Bringt man noch eine Wand zwischen sich und den Router, sinkt der Empfang auf 1/2.
Auf das GPS-Modul kann man sich allerdings nur begrenzt verlassen: Bei unserem Test mit dem Mountainbike ist die gemessene Wegstrecke am Ende 500 Meter kürzer als beim Garmin Edge 500, das wir als Referenz mitnehmen. Bei der Brückendurchfahrt weichen die georteten Daten deutlich von der tatsächlich gefahrenen Strecke ab. Nahe Gebäuden ist der Empfang meist für eine Ortung zu gering. In Gebäuden ist eine Lokalisierung entsprechend nicht möglich.
Telefonfunktionen und Sprachqualität
An der Standard-Telefon-App von Google hat Wiko nicht herumgeschraubt, hier bietet das Smartphone die bekannte Android-App für Telefonie, die aber intuitiv zu bedienen ist.
Die Sprachqualität ist ebenfalls gut: Sowohl der Angerufene als auch der Anrufer sind klar und deutlich hörbar. Entschließt man sich dazu, den Lautsprecher als Freisprecheinrichtung zu benutzen, kann es zu leichtem Scheppern bei hohen Lautstärken kommen, ansonsten wird das Gegenüber aber klar und in ausreichender Lautstärke wiedergegeben.
Kameras & Multimedia
16 Megapixel (4.992 x 3.328 Pixel) bietet die rückwärtige Kamera. Das klingt erst mal beeindruckend, allerdings weiß man ja seit einigen Jahren, dass viele Pixel nicht alles sind. Die Hauptkamera des Wiko Highway kann aber durchaus begeistern: Detailzeichnung selbst in hellen Flächen, generell sehr hoher Detailreichtum und glatte Kanten der Bilder ohne Farbtreppen. Auch bei schwachem Licht werden die Bilder ordentlich. Die Farbwiedergabe ist zwar ab und an etwas kühl, und in dunklen Flächen ist die Zeichung nicht ganz so gut. Insgesamt allerdings gefallen uns die Bilder sehr gut.
Die Frontkamera löst mit 8 Megapixel (3.456 x 2.304 Pixel) ebenfalls sehr hoch auf und erzeugt tatsächlich auch richtig schöne Selfies mit vielen Details selbst bei schwächeren Lichtverhältnissen.
Zubehör
Wiko liefert neben dem Standard-Zubehör, also Netzteil, USB-Kabel und Kurzanleitung, auch ein Headset und eine Schutzhülle aus dünnem Kunststoff mit. Damit geht die Schönheit der Glasrückseite zwar etwas verloren, andererseits werden auch Fingerabdrücke deutlich reduziert. Eine Flipcover-Schutzhülle mit Fenster und eine spezielle Display-Schuztfolie gibt es zusätzlich zu kaufen.
Garantie
24 Monate Garantie bietet Wiko für seine Smartphones, auf das Zubehör sind es 6 Monate. Danach bietet Wiko an, Reparaturen zum Selbstkostenpreis durchzuführen. So soll ein Akkuaustausch nur 45 Euro kosten; ist das Display kaputt, muss man 109 Euro zahlen. Ein faires Angebot, das Leuten entgegenkommt, die nicht jedes Jahr ein neues Smartphone wollen.
Eingabegeräte & Bedienung
Bei der Tastatur verlässt sich Wiko auf TouchPal, die mehr Optionen bietet als Googles Standardtastatur und recht übersichtlich ist. Die Tasten sind auf dem 5-Zoll-Bildschirm auch im Hochkantmodus groß und leicht zu treffen. Durch die Doppelbelegung der Tasten mit Buchstaben und Symbolen geht auch der Zugriff auf Komma, Punkt und Co. flott vonstatten.
Zusätzlich kann man die Worterkennung schnell aktivieren, auf eine klassische SMS-Tastatur umschalten oder mit "T+" eine etwas ungewöhnliche Tastatur aus 14 Tasten auswählen. Die Tasten sind jeweils mit zwei Buchstaben belegt, die man durch drücken und dann streichen in die jeweilige Richtung auswählt. Das funktioniert überraschend gut und könnte durchaus eine Alternative sein.
Der kapazitive Touchscreen mit einer gleitfreudigen Oberfläche aus Corning Gorilla Glass ist zuverlässig bis in die Ecken. Mit Handschuhen lässt sich der Screen allerdings nicht bedienen.
Ein 5-Zoll-Bildschirm mit Full-HD-Auflösung verbaut Wiko im Highway. Damit liegt das Smartphone in Sachen Auflösung vorne, wenn man es mit dem Motorola Moto X, dem Acer Liquid S1 oder dem LG Optimus L9 II vergleicht. Das Alcatel One Touch Idol X und Googles Nexus 5 bieten ebenfalls Full-HD.
Bei der Helligkeit landet das Wiko Highway dann allerdings nur im hinteren Mittelfeld: Mit 376,1 cd/m² im Durchschnitt leuchtet der Bildschirm wesentlich weniger stark als bei den meisten Vergleichsgeräten.
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Ausleuchtung: 88 %
Helligkeit Akku: 376 cd/m²
Kontrast: 800:1 (Schwarzwert: 0.47 cd/m²)
ΔE Color 6.07 | 0.5-29.43 Ø4.92
ΔE Greyscale 3.6 | 0.5-98 Ø5.2
Gamma: 2.35
Beim Schwarzwert schneidet das Smartphone wiederum ordentlich ab: 0,41 cd/m² erlauben dunkle, tiefe Flächen auf dem Bildschirm. Der Kontrast liegt mit 800:1 im Mittelfeld. Insgesamt sind die Messwerte zwar nur mittelmäßig, im Alltag ist das Disaply aber durchaus brauchbar: Farben wirken einigermaßen kräftig, und durch die hohe Auflösung ist die Schärfe der Darstellung sehr hoch.
Natürlich haben wir uns die Farbanzeige noch einmal genauer angesehen: Die Software CalMan und das Kolorimeter helfen dabei. Die Farbabweichung bei Graustufen fällt positiv auf, weil sie relativ gering ist. Bei Farben sind besonders Blautöne verfälscht, während gelbe Töne relativ nah am Referenzfarbraum dargestellt werden. Für professionelle Einsatzzwecke ist das Display also nur begrenzt geeignet, alle anderen sollten aber keine Einschränkungen dadurch spüren.
Durch die spiegelnde Oberfläche des Displays ist es bei hellem Sonnenlicht schwierig, den Bildschirminhalt zu erkennen. An bewölkten Tagen und wenn man nicht direkt in der Sonne steht, reicht die Helligkeit aber aus.
Durch die IPS-Technologie des Displays sind die Blickwinkel makellos nach allen vier Seiten: Selbst aus sehr flachen Winkeln sieht man auf dem Bildschirm noch die richtigen Farben und das Bild in hoher Helligkeit.
Bei PCs sind Octa-Cores noch gar nicht richtig angekommen, da macht in Europa schon eines der ersten Smartphones mit acht Rechenkernen von sich reden: Das Wiko Highway enthält das SoC Mediatek MT6592, das tatsächlich acht vollwertige Prozessorkerne beinhaltet und mit 2,0 GHz taktet. Klingt aufregend, nämlich nach Leistungsrekorden. Diese Einschätzung bestätigt sich auch zunächst in der Praxis: Schnelle und absolut flüssige Navigation durch das Menü, kurze Ladezeiten und gefühlt hohe Leistung in Anwendungen machen uns neugierig auf die Benchmark-Ergebnisse.
Hier allerdings zeigt sich, dass die acht Kerne des SoCs nicht gerade die höchste Leistung pro MHz bringen, und auch die meisten Apps noch nicht mit acht Kernen arbeiten können. Der Geschwindigkeitsvorsprung ist zwar in den Benchmarks gegenüber einem Google Nexus 5 mit Quad-Core-SoC vorhanden, im Multi-Core-Modus von Linpack aber mit 1 % sehr gering. Das iPhone 5s mit Apple-A7-SoC kann mit deutlich geringerem Takt und nur zwei Kernen noch einmal deutlich mehr Leistung bieten. Dennoch spielt die Leistung des Wiko Highway in der Preisklasse ganz oben mit. Auch bei der Geschwindigkeit des Speicherzugriffs liegt das Wiko Highway im Vergleichsfeld recht weit vorne.
Bei Spielen kommt die ARM Mali-450 MP4 zum Einsatz, eine Quad-Core-GPU mit 700 MHz Taktung. Sie ist für alle getesteten Games im App Store völlig ausreichend: von "Angry Birds: Star Wars 2" bis hin zu "Iron Man 3" oder "Fifa 14".
3DMark - 1280x720 Ice Storm Standard Score (nach Ergebnis sortieren) | |
Wiko Highway | |
Alcatel One Touch Idol X | |
LG D605 Optimus L9 II | |
Acer Liquid S1 | |
Samsung Galaxy Note 3 Neo N7505 |
Octane V2 - Total Score (nach Ergebnis sortieren) | |
Wiko Highway | |
Motorola Moto X 1. Gen 2013 | |
Google Nexus 5 | |
Google Nexus 5 | |
ZTE Grand Memo LTE | |
Samsung Galaxy Note 3 Neo N7505 |
Temperatur
Da Wiko für sein Octa-Core-SoC die maximale Taktung von 2,0 GHz wählt, steigen die Temperaturen im Volllast-Betrieb auch an der Gehäuseaußenseite an: Bis zu 42,3 Grad Celsius messen wir am unteren Bereich der Vorderseite. Das ist zwar durchaus eine spürbare Erwärmung, die aber noch im Rahmen des Erträglichen bleibt.
Im Idle-Betrieb ist die maximale Erwärmung dagegen mit 31,4 Grad Celsius kaum spürbar. Insgesamt ist die Erwärmung zwar höher als bei den Vergleichsgeräten, schränkt aber die Alltagstauglichkeit des Smartphones nicht ein.
(±) Die maximale Temperatur auf der Oberseite ist 42.3 °C. Im Vergleich liegt der Klassendurchschnitt bei 35.1 °C (von 21.9 bis 63.2 °C für die Klasse Smartphone).
(±) Auf der Unterseite messen wir eine maximalen Wert von 40.9 °C (im Vergleich zum Durchschnitt von 33.9 °C).
(+) Ohne Last messen wir eine durchschnittliche Temperatur von 30.6 °C auf der Oberseite. Der Klassendurchschnitt erreicht 32.8 °C.
Lautsprecher
Klanglich macht der an der unteren Kante gelegene Lautsprecher was her: Selbst bei maximaler Lautstärke, die übrigens ziemlich hoch ist, verzerrt der Klang nicht. Außerdem sind Höhen und Mitten gut ausgewogen, lediglich bei den Tiefen fehlt es an Druck.
Energieaufnahme
Klar, dass ein leistungsfähiger Prozessor und ein großer Screen auch Energie benötigen. Davon gönnt sich das Wiko Highway unter Volllast maximal 5,2 Watt. Das ist zwar viel, aber verglichen mit 8,4 Watt, die es beim Google Nexus 5 werden, fast schon wieder moderat.
Beim durchschnittlichen Idle-Verbrauch allerdings liegt das Google Nexus 5 mit nur 0,8 Watt wiederum deutlich vor unserem Testgerät mit 1,7 Watt. Insgesamt ist das SoC des Wiko Highway nicht gerade stromsparend, was sich vermutlich auch auf die Akkulaufzeiten auswirkt.
Aus / Standby | 0.1 / 0.2 Watt |
Idle | 1.2 / 1.8 / 2.7 Watt |
Last |
3.8 / 5.2 Watt |
Legende:
min: ,
med: ,
max: Voltcraft VC 940 |
Akkulaufzeit
Tatsächlich sind die Laufzeiten, die sich aus dem Lithium-Ionen-Akku des Wiko Highway mit 8,69 Wattstunden herausholen lassen, nur mittelmäßig: 6:42 Stunden hält das Handy durch, wenn Sie ununterbrochen im WLAN surfen. Beim Nexus 5 mit etwa gleich leistungsfähigem Akku sind es über 12 Stunden ...
Einen Tag wird das Wiko Highway also durchhalten, besonders wenn Sie nicht ununterbrochen surfen. Geht man auf eine längere Reise, sollte man das Ladegerät aber sicherheitshalber immer griffbereit haben.
"Magnifique!", möchte man Wiko zurufen, denn die (noch) recht unbekannten Franzosen bringen mit dem Highway ein mehr als solides Mittelklasse-Smartphone auf den Markt, das sogar dem Vergleich mit Googles Nexus 5 standhält. Die hochauflösende und mit einem vernünftigen Sensor ausgestattete Kamera, das wertige Gehäuse mit schlanker Silhouette und schickem Design sowie der hochauflösende Bildschirm überzeugen. Sogar zwei SIM-Karten lassen sich in das Gerät einlegen. Da Wiko sich auch verpflichtet, nach der Garantiezeit Geräte zum Selbstkostenpreis zu reparieren, schnellen und freundlichen Service (sichtbar auf Facebook) bietet und extra Zubehör beilegt, schlagen wir in der Wertung 2 % auf.
Im Kleinen kann man Dinge finden, an denen man sich reiben kann: Die Rückseite ist sehr anfällig für Fingerabdrücke und nicht wahnsinnig griffig, der Prozessor ist zwar flott, aber die acht Kerne sind eher Blendwerk. Eine aktuellere Android Version brächte Vorteile bei Kompatibilität und Funktionen, und der Speicher lässt sich leider nicht erweitern. Auch LTE wäre mehr als ein nettes Gimmick.
Alles in allem ist also noch etwas Luft nach oben für einen Nachfolger, andererseits sehen manche etablierte Hersteller mit ihren gleichpreisigen Geräten jetzt schon alt aus gegen den französischen Neuankömmling. Wer auf LTE verzichten kann und mit dem Nexus nicht warm wird, für den liefert Wiko jedenfalls eine tolle Alternative.