Kameratest High-End-Smartphones: DxOMark für Handys ist alles … nur nicht alltagsrelevant
Nach unserem Kameravergleichstest aus der ersten Jahreshälfte unterziehen wir nun die aktuelle Kamera-Elite aus dem Android-Ressort einem ausführlichen Test. Insbesondere der neue DxOMark-Champion, das Xiaomi Mi Note 10, möchte mit seiner hochaufgelösten Samsung-HMX-Hauptkamera neue Maßstäbe im Bereich Smartphone-Fotografie setzen - der neuste Mi-Note-Sprößling ist auch als EU-Version (neben dem Mi CC9 Pro) bei unserem Leihsteller Trading Shenzhen erhältlich.
Ob dem chinesischen Hersteller mit Sitz in Peking der große Kamera-Wurf gelungen ist und wer das beste Gesamtpaket in puncto Kameraqualität liefert, sehen wir uns anhand von verschiedenen Fotomotiven und Lichtsituationen genauer an. Doch zunächst die technischen Voraussetzungen der verbauten rückseitigen Kameramodule kurz zusammengefasst.
Das Kamera-Setup im Vergleich
Die Penta-Cam des Xiaomi Mi Note 10 besteht aus dem 108-Megapixel-Samsung-Sensor und einer f/1.69-Blende. Dazu kommen zwei Teleobjektive mit einer Auflösung von 5 MP und 12 MP für einen verlustfreien 5x-und 2x-Zoom. Darüber hinaus gibt es noch eine 2-MP-Makro-Optik und eine 20 Megapixel-Ultraweitwinkel-Kamera mit f/2.2-Offenblende.
Das OnePlus 7T Pro setzt, wie bereits sein Vorgänger, bei der Hauptkamera auf einen 48-MP-Sensor aus dem Hause Sony mit einer f/1.6-Offenblende. Neben dem Hauptobjektiv besitzt die Triple-Cam eine 16-MP-Weitwinkel-Optik sowie ein 8-MP-Teleobjektiv mit verlustfreien 3-fachen Zoom.
Die Kameramodule auf der Rückseite des Huawei Mate 30 Pro setzen sich aus vier Objektiven zusammen, wobei die 3D-Depth-Sensing-Kamera keine Fotos aufnimmt. Neben dem Ultra-Weitwinkel-Objektiv mit 40 MP ist ein 8-MP-Teleobjektiv mit verlustfreiem 3-fach-Zoom und 5x-Hybrid-Zoom verbaut. Die Hauptkamera besteht aus einem 40-MP-Sensor und einer f/1.6-Blende.
Beim Galaxy Note 10 Plus setzt Samsung, wie auch in der Galaxy-S10-Serie, auf eine 12-MP-Optik mit großen Pixeln, Dual-Pixel-Autofokus und einer variablen Blende (f/1.5 und f/2.4). Wie auch die Konkurrenz komplettiert der koreanische Hersteller sein rückseitiges Kameramodul mit einem 16-MP-Super-Weitwinkel- sowie einem Teleobjektiv mit 12 MP mit verlustfreiem 2-fach-Zoom. Zudem besitzt es einen VGA-3D-Tiefenkamerasensor.
Im Gegensatz zur Konkurrenz setzt Google beim Pixel 4 auf eine schlichte Dual-Kamera-Lösung. Das 12-MP-Hauptobjektiv mit f/1.7-Blende hat im Vergleich zum Vorgänger eine zusätzliche Teleoptik erhalten, welches einen zweifachen optischen Zoom bereithält. Das Zoomobjektiv löst mit 16 MP etwas höher auf, besitzt dafür die lichtschwächer Offenblende von f/2.4.
Xiaomi Mi Note 10 | Google Pixel 4 | OnePlus 7T Pro | Samsung Galaxy Note 10 + | Huawei Mate 30 Pro | |
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Kamera-Setup Rückseite | 108 MPix, f/1.69, Samsung HMX (Kamera 1); 12 MPix, f/2.0 (Kamera 2); 20 MPix, f/2.2 (Kamera 3); 5 MPix, f/2.0 (Kamera 4); 2 MPix, f/1.75 (Kamera 5) | 12.2 MPix, Dual-Pixel-Phasen-AF, OIS, EIS, f/1.7 (Kamera 1); 16 MPix, 1,0 μm, Phasen-AF, OIS, EIS, f/2.4 (Kamera 2) | 48 MPix Sony IMX586, 1,6 μm, f/1.6, OIS (Kamera 1), 8 MP Tele, 1 μm, OIS, f/2.4 (Kamera 2), 16 MP Ultraweitwinkel, f/2.2 (Kamera 3), Triple-Autofokus: PDAF, Laser, Kontrast | 12 MPix f/1.5-f/2.4, Phasenvergleich-AF (Dual-Pixel), OIS, (Kamera 1); 12.0 MP, f/2.1, Phasenvergleich-AF, OIS, Teleobjektiv (Kamera 2); 16.0MP, f/2.2, Weitwinkelobjektiv (Kamera 3) | 40 MPix, f/1.6, OIS (Kamera 1); 40 MPix Ultra-Weitwinkel f/1.8 (Kamera 2); 8 MPix Tele, f/2.4 (Kamera 3) |
Kameras-Setup Front | 32 MPix, f/2.0, 1.6 μm, 4-in-1 super pixel | 8 MPix,1,22 μm, f/2.0, Fixfokus | 16 MPix Sony IMX471, 1 μm, f/2.0, Fixfokus, EIS, ausfahrbar | 10 MPix f/2.2, Phasenvergleich-AF (Dual-Pixel) | 32 MPix, f/2.0, Fixfokus |
Software-Version | 11.0.11 | 190821.014 | 10.0.4 | N975FXXS1ASKB | 10.0.0.161 |
Aufnahmen mit den rückseitigen Kamera-Setups
Alle Smartphones in diesem Vergleich verwenden wir mit ihrem Pixel-Binning-Modus, sofern es der Kamerasensor erlaubt. Hierfür werden jeweils 2 x 2 nebeneinanderliegende Pixel zu einem großen Pixel zusammengefügt. Dadurch reduzieren sich die Auflösungen des Xiaomi Mi Note 10 auf 27 MP, des OnePlus 7T Pro auf 12 MP und des Huawei Mate 30 Pro auf 10 MP.
Die Aufnahmen in diesem Vergleich werden zudem unter Zuhilfenahme einer künstlichen Intelligenz getätigt. Die Kameraeinstellungen sind in dem jeweiligen Werkszustand belassen.
Aufnahmen bei Tageslicht
Selbst bei sehr guten Lichtbedingungen werden Unterschiede in der Fokussierung sowie im Farbmanagement der rückseitigen Kameramodule offensichtlich. Dem Xiaomi Mi Note 10 fehlt es im Vergleich zur Konkurrenz oft an Schärfe und auch die Belichtung ist oft nicht optimal, sodass Aufnahmen mit der 108-MP-Samsung-Cam aufgehellt wirken. Aufgrund der etwas zu warmen Farbwiedergabe und reduzierten Details sehen wir das OnePlus 7T Pro auf einem ähnlichen Kameraniveau wie das Xiaomi-Handy.
Analog zu unserem letzten Kameravergleich enttäuscht die Farbgebung und zum Teil auch die Dynamik in den Fotos beim Huawei Mate 30 Pro - insbesondere Grüntöne leuchten regelrecht unnatürlich. Gleiches gilt in abgeschwächter Form auch für das Samsung Galaxy Note 10 Plus, jedoch setzt sich das Galaxy Note 10 Plus bei fast allen Fotomotiven durch seine hohe Dynamik und besserer Farbtreue von dem Huawei-Handy ab, auch wenn das Galaxy-Handy manchmal zu warm kalibriert ist.
Am besten gefallen uns die Aufnahmen bei Tageslicht von Google. Die Aufnahmen mit dem Pixel 4 wirken natürlich und trotzdem kontrastreich. Allerdings leistet sich das Google-Handy – wie die Konkurrenz auch - manchmal Schwächen bei der Bildschärfe.
Im Porträt-Modus zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Google Pixel 4 ist sehr kontrastreich und die Unschärfeübergänge größtenteils gelungen. Aber auch der Bokeh-Effekt bei den anderen Vergleichsgeräten ist dank der zusätzlichen Optik für Tiefeninformationen ansprechend umgesetzt.
Wird für die Aufzeichnung von Zoom-Aufnahmen das Teleobjektiv genutzt, fällt die Qualität sichtbar ab. Gerade der 3x-fache Zoom-Bereich enttäuscht bei allen Smartphones im Vergleich zur Hauptkamera, am ehesten kann die verlustfreie Vergrößerung des OnePlus 7T Pro überzeugen. Ein leichter Rot-Stich ist bei den Fotos des Mate 30 Pro zu verzeichnen.
Überraschend gut fällt die Fotoqualität des Mi Note 10 bei Verwendung des 5x-Zooms aus. Die Farben sind realitätsnah und auch die Schärfe fällt im Vergleich zur Konkurrenz positiv auf. Gerade ein Blick außerhalb der Bildmitte offenbart beim OnePlus-Modell sichtbare Schwächen in der Schärfe - gleiches gilt auch für das Samsung Galaxy Note 10 Plus, aber weniger ausgeprägt. Auch das Pixel 4 lässt hier, trotz Software-Raffinessen, Punkte liegen. Die Motive werden vergleichsweise unscharf abgebildet und Details gehen verloren. Insbesondere das Pixel 4 und Galaxy Note 10 Plus haben aufgrund des nativen 2-fach "optischen" Zooms an dieser Stelle auch einen technischen Nachteil.
Da es dem Pixel 4 an einer Weitwinkel-Optik mangelt, spielt diese Foto-Disziplin in unserem Vergleich auch eine untergeordnete Rolle. Die Weitwinkeloptik des Samsung-Handys weist eine schöne Farbtreue aus. Details und Dynamik sind in den weitwinkligen Fotos des Galaxy Note 10 Plus gut getroffen, auch wenn die Schärfe am Rand deutlich nachlässt. Letzteres macht das Mi Note 10 und Huawei Mate 30 Pro sichtbar besser. Auch das OnePlus 7T Pro überzeugt mit vielen Details, Farben werden aber etwas zu warm wiedergegeben – ähnlich wie beim Huawei-Flagship.
Aufnahmen bei Nacht
Bei der Low-Light-Fotografie lässt Huawei auch mit dem Mate 30 Pro die Konkurrenz hinter sich. Allerdings ist der qualitative Abstand deutlich geschrumpft, denn auch das Mate 30 Pro leistet sich einige Schwächen bei der Fokussierung und auch Bildfehler (helle Streifen, Aufnahme 1 & 2) sind vorhanden. Letzteres ist ebenfalls beim Galaxy Note 10 Plus zu erkennen. Low-Light-Aufnahmen des Samsung-Handys wirken im Vergleich zum Huawei-Handy aber weniger klar und kontrastärmer, dafür werden die Farben besser getroffen.
Bei Dunkelheit stößt der neue Samsung-Bildsensor im Xiaomi Mi Note 10, trotz des Pixel-Binnings, an seine Grenzen. Gerade die Bildschärfe kann, selbst bei dem recht gut beleuchteten Straßenmotiv, kaum überzeugen.
Auch unter Verwendung des Nacht-Modus, bei dem die Aufnahmen über einen bestimmten Zeitintervall zu einem möglichst optimalen Bild zusammengerechnet werden, ist das Huawei Mate 30 Pro – gerade in puncto Helligkeit – noch Klassenprimus. Allerdings holt auch Google aus dem Nachtbildmodus einiges an Helligkeit und Details heraus, was dem Pixel 4 im normalen Foto-Modus noch fehlt.
Werden bei Dunkelheit die Objektive für Zoom-Aufnahmen genutzt, ergeben sich die deutlichsten Unterschiede. Gerade beim 5x-Zoom spielt das Xiaomi Mi Note 10 und Mate 30 Pro in einer anderen Liga. Die Bildschärfe ist beim Xiaomi-Handy sogar über dem des Hauwei-Smartphones anzusiedeln. Aufnahmen mit dem Pixel 4 wirken dagegen detailarm und zeigen eine deutliche Körnung in den Aufnahmen. Auch das Galaxy Note 10 Plus offenbart eine ausgeprägte Unschärfe und viele Details verschwimmen ineinander. Vor allem dunkle Bildbereiche wirken verrauscht und Oberflächenstrukturen sind kaum erkennbar.
Bei den Ultra-Weitwinkel-Aufnahmen zeigt sich die Optik des Huawei-Handys am wenigsten verrauscht, fängt vergleichsweise viel Licht und erhält die Bilddetails recht gut. Auch das Farbmanagement wirkt mit der Ultra-Weitwinkel im Mate 30 Pro stimmig. Das Mi Note 10 fängt dagegen Motive sichtbar unschärfer ein und das Rauschen in den Aufnahmen ist deutlich ausgeprägter. Auch die Ausleuchtung des Xiaomi-Handys in unseren Motiven könnte besser sein. Etwas schöner und heller werden Nachtfotos mit dem Galaxy Note 10, wobei die Fotoqualität im Vergleich zum Mate 30 Pro deutlich abfällt.
Aufnahmen mit den Frontkameras
Bereits bei viel Licht zeichnen sich mit den Frontkameras der Flagship-Smartphones deutliche Unterschiede in puncto Schärfe, Dynamik und Farbechtheit ab. Motive mit dem Samsung Galaxy Note 10 Plus werden recht weich eingefangen, Details und Belichtung können aber überzeugen. Gleiches gilt auch für das Pixel 4, wobei das Google-Phone noch einmal bessere Kontraste und eine natürlichere Farbgebung aufweist. Die Frontkamera des OnePlus 7T Pro sehen wir auf dem Niveau des Galaxy-Handys. Deutlich markanter sind qualitative Unterschiede zum Mate 30 Pro und Mi Note 10. Selfies mit den beiden Android-Smartphones wirken aufgehellt und weniger kontrastreich. Auch Details sind weniger gut herausgearbeitet.
Bei schwierigen Lichtbedingungen (Aufnahme 2) werden diese Unterschiede noch deutlicher. Eine sichtbare Weichzeichnung und Artefaktbildung wird auch beim Pixel 4 offenkundig, dennoch holt die Google-Software am meisten Dynamik und Kontraste aus der Lichtsituation heraus. Insbesondere die Aufnahmen des Mi Note 10 wirken stark überbelichtet.
Fazit - 108 MP allein reichen nicht zum Klassenprimus
Einmal mehr zeigt dieser Kameravergleich, dass der Overall-Score von DxOMark allein keine wirkliche Aussagekraft in Bezug auf die Fotoqualität bei Smartphones besitzt und eher dem Marketing der Hersteller als der Kameraqualität im Alltag zu Gute kommt. Das bis vor kurzen noch führende Xiaomi Mi Note 10 ist dank des neuen Samsung-HMX-Bildsensors ein gutes Kamera-Smartphone geworden, dennoch unterliegt es einem Pixel 4, was bei den Kollegen von DxOMark im Overall-Score merklich schlechter eingestuft wird, in einigen Disziplinen deutlich - insbesondere bei der Fotoqualität der Frontkamera, die uns im Test beim Google Pixel 4 am meisten überzeugen konnte.
Gerade bei Tageslicht kann das Pixel 4 aber auch mit seiner 12-MP-Hauptcam qualitativ aus dem Vollen schöpfen, während die Schärfe und auch die Belichtung mit der 108-MP-Samsung-Kamera im Mi Note 10 oft nicht optimal ausbalanciert ist. Aus unserer Sicht sind auch dem Galaxy Note 10 Plus aus dem Hause Samsung die bessere Dynamik und mehr Bilddetails sowie die schöneren Kontraste zu attestieren, auch wenn das Samsung-Farbmanagement die Fotoaufnahmen manchmal etwas zu warm ausgibt. Gerade in puncto Farbtreue weist Huawei mit dem Mate 30 Pro wieder Schwächen auf – wie auch beim P30 Pro kann der chinesische Hersteller bei Tageslicht seine sehr guten technischen Voraussetzungen nicht in eine hohe Fotoqualität ummünzen. Im Bereich der Software sehen wir daher den meisten Optimierungsbedarf des chinesischen Herstellers, denn die Kamera-Hardware ist zweifelsohne erstklassig.
Unter der aktuellen Xiaomi-Software bildet der Samsung-HMX-108-MP-Sensor nicht die Speerspitze des Smartphone-Kamera-Segments.
Bei Dunkelheit kann Huawei zwar immer noch Boden gut machen – insbesondere die Weitwinkel-Optik ist eine Klasse besser als die anderen Vergleichsgeräte im Test -, die Konkurrenz ist mittlerweile aber auch in der Lage bei sehr wenig Licht einige Details und eine zufriedenstellende Helligkeit zu bewahren. Die Fotoqualität des Teleobjektives bei Zoom-Aufnahmen mit hoher Vergrößerung (5-fach) hat uns beim Xiaomi Mi Note 10 aber bereits jetzt besser gefallen als beim Huawei-Flagship.