Benchmarkcheck: Medal of Honor Warfighter
Der 2010 erschienene Vorgänger stieß bei der Presse nicht gerade auf Wohlwollen. Nimmt man metacritic.com als Grundlage, beträgt die weltweite Durchschnittswertung lediglich 72 %. Die User vergaben sogar nur 6,4 von 10 Punkten. Nach Meinung der Kritiker ging EAs Plan, ein anständiges Call-of-Duty-Pendant zu kreieren, gründlich daneben. Das im Oktober 2012 veröffentlichte Warfighter soll nun endlich zur Activision-Konkurrenz aufschließen. Mit einem frischen Grafikgerüst im Gepäck sind die Voraussetzungen ideal...
Beschreibung
Aus technischer Sicht macht der Ego-Shooter fast alles richtig. Die moderne Frostbite-2-Engine lässt nicht nur in Battlefield 3, sondern auch in Medal of Honor: Warfighter ihre Muskeln spielen. Wie man es von der Engine gewohnt ist, sind die meisten Texturen knackscharf und überzeugen mit einem hohen Detailreichtum. Dank der potenten Zerstörungsphysik können viele Levelelemente in ihre Einzelteile zerlegt werden.
Die überdurchschnittlich guten Effekte (Beleuchtung, Spiegelungen, Explosionen etc.) verdienen ebenfalls Lob. Danger Close bedient sich dabei häufig der gelungenen Regen- und Wasserdarstellung. Allerdings sollte man erwähnen, dass manche Effekte einen etwas übertriebenen und somit unrealistischen Eindruck hinterlassen. Nichtsdestotrotz liegt die Grafik weit über dem Niveau der meisten Konkurrenten. Action-Vertreter, die auf älteren Grafikgerüsten wie der Unreal Engine 3 oder der Source Engine basieren (siehe Borderlands 2 oder Counter-Strike: GO) haben gegen Warfighter nicht den Hauch einer Chance.
Wie es sich für einen anständigen Ego-Shooter gehört, punktet Medal of Honor auch in den Kategorien Bedienung und Sound. Mit Ausnahme der etwas unglücklichen Menüführung steuert sich der Titel angenehm präzise und flüssig. Wer die Call-of-Duty- oder Battlefield-Reihe kennt, wird sich schnell zurechtfinden. In Kombination mit dem eindeutigen Treffer-Feedback und den tollen Animationen ergibt sich ein intensives Spielerlebnis.
Das packende Mittendrin-Gefühl kommt auch durch die wuchtige Soundkulisse zustande. Mit einer guten (Surround-)Anlage oder einem hochwertigen Headset darf man sich über tolle Explosions- und Schussgeräusche freuen. Die treibende Musik und die professionellen (englischen) Synchronsprecher tragen ihr übriges zur Atmosphäre bei.
Spielerisch liefert Medal of Honor eine ordentliche Vorstellung ab. Zwar ist das Gameplay keineswegs übel, richtig begeistern kann der Singleplayer aber auch nicht. Beginnen wir einmal mit den positiven Aspekten. Wenn man die einzelnen Missionen betrachtet, bemüht sich Danger Close sichtlich um Abwechslung – sowohl optisch als auch inhaltlich.
Im Verlauf der Einzelspieler-Kampagne wird der Gamer unter anderem mit einer halsbrecherischen Autoverfolgungsjagd durch eine belebte Stadt und einer Motorboot-Evakuierung in den überfluteten Philippinen konfrontiert. Zwischen die spektakulären und adrenalingetriebenen Action-Einlagen mischen sich – ganz im Geiste von Call of Duty - auch ruhigere Momente, welche zum leisen Vorgehen animieren (wobei diese Passagen aufgesetzt und konstruiert wirken).
Spielerische Freiheit wird in Warfighter nicht sonderlich groß geschrieben. Im Gegensatz zu manchen Battlefield-3-Levels entpuppen sich die Schlachtfelder von Medal of Honor als eng und schlauchartig (die Engine kann eigentlich deutlich mehr). Erwartungsgemäß scheucht einen der Titel durch ziemlich lineare Levels, die mit jeder Menge Scripts durchzogen sind. Oder anders formuliert: Der Action-pro-Sekunde-Anteil ist ungemein hoch.
Dass Granaten auf wundersame Weise immer direkt vor den Beinen des Hauptcharakters landen, erinnert ebenfalls an Call of Duty. Gleiches gilt für die KI, die sich auf dem üblichen Standard-Niveau bewegt. Will heißen: Die Gegner verschanzen sich manchmal geschickt hinter Deckungen, preschen in anderen Situationen dagegen dümmlich nach vorne. Trotz der hohen Linearität ist zudem nicht immer klar, wo man was als Nächstes tun soll.
Erzählerisch leistet sich der Action-Titel einige Patzer. Danger Close versucht die Geschichte mit zahlreichen Rückblenden und Perspektivwechseln zu vermitteln, scheitert in der Praxis jedoch kläglich. Durch die ständigen Sprünge fällt es äußerst schwer, der Handlung zu folgen oder überhaupt einen roten Faden zu erkennen.
Ergo: Die wirre Storyline ist mithin die größte Schwäche von Warfighter. Umso ärgerlicher, dass die Zwischensequenzen handwerklich gut gemacht sind. Allgemein sollten sich die Entwickler von Kriegs-Shootern endlich mal an neue Gefilde wagen. Eine uninspirierte Anti-Terror-Geschichte gab es in der Vergangenheit schon zur Genüge.
Kritik müssen wir auch am fragwürdigen Unterton des Spiels üben. Medal of Honor wirkt stellenweise recht patriotisch und Militär-glorifizierend. Was für die meisten US-Amerikaner in Ordnung geht, ist für den Durchschnitts-Europäer etwas befremdlich. Gerade auch deshalb, weil man die Politik der US-Regierung nicht unbedingt als moralisch bezeichnen kann (Stichwort Terror-Paragraphen, Folterlager und Drohnen-Einsätze). Warfighter ist hier allerdings nicht allein: Die Call-of-Duty-Reihe kämpft seit jeher mit demselben »Problem«.
Insgesamt erschien uns der neue Medal-of-Honor-Ableger ziemlich durchwachsen. Während der Ego-Shooter technisch auf der Höhe der Zeit liegt, fühlen sich Gamedesign und Szenario relativ antiquiert an. Die extrem niedrigen Wertungen anderer Portale sind allerdings etwas ungerechtfertigt. Subjektiv schneidet der Einzelspieler-Modus nicht merklich schlechter als die direkten Kontrahenten, also Modern Warfare 3 und Battlfield 3, ab. Das banale »ich schieße mich mit fortschrittlichem Kriegsgerät durch mäßig intelligente Gegnermassen« Prinzip ist inzwischen halt reichlich ausgelutscht. Wer auf diese Art von Gameplay steht, kann jedoch durchaus Spaß haben.
Benchmark
Mit dem Tool Fraps messen wir eine rund 30-sekündige Passage im Singleplayer-Level »Unintended Consequences«. Der Benchmark beginnt, sobald man nach dem stimmungsvollen Intro-Video die Kontrolle über den Charakter erhält. Kurz darauf soll der Spieler eine Bombe an einem LKW anbringen. Sobald die scharfe Ladung platziert wurde, beenden wir die Aufzeichnung mit Fraps wieder. In den unteren Tabellen ist jeweils die mittlere Framerate eingetragen.
Da es sich um einen flotten Ego-Shooter handelt, sollten es im Schnitt mindestens 30 fps sein. Der Anspruch der Benchmark-Sequenz ist weder extrem hoch noch besonders niedrig. Sprich: Im Spielverlauf gibt es Passagen, welche die eigene Hardware mehr bzw. weniger belasten. Die Performance des Multiplayer-Modus haben wir aus Zeitgründen (noch) nicht überprüft.
Grafikoptionen
Wie bei Battlefield 3 lassen sich alle Grafikoptionen direkt im Spiel regeln. Im Video-Menü kann man nicht nur die Helligkeit und die Auflösung anpassen, sondern auch den Bild- respektive Farbmodus und die vertikale Synchronisation (de-)aktivieren. Im Grafik-Menü warten gleich 13 Optionen, wobei die »Graphics Quality« vier ausgewogene Presets bereithält. Für unsere Benchmarks nutzen wir natürlich die praktischen Voreinstellungen.
Während die anisotrope Filterung schon bei »Low« im zweifachen Modus arbeitet, kommt die Postprocessing-Kantenglättung FXAA erst ab der mittleren Stufe dazu. Hochwertiges MSAA wird standardmäßig nur auf »Ultra« aktiviert. Anders als bei Call of Duty halten sich die Unterschiede der Voreinstellungen in Grenzen. Selbst mit niedriger Grafik-Qualität sieht Medal of Honor immer noch gut aus. Im Gegenzug sind allerdings die Hardware-Anforderungen relativ hoch.
Technische Probleme konnten wir nicht feststellen, bis auf AMDs derzeitiges Topmodell (mit der Radeon HD 7970M blieb das Bild nach dem Start oft schwarz) funktionierten alle getesteten Grafikkarten problemlos. Abstürze traten ebenso wenig auf wie Grafikfehler. Hinweis: Der Titel setzt ein DirectX-10.1- oder DirectX-11-fähiges System voraus (betrifft Windows und die GPU).
Resultate
Einsteiger-Grafikkarten kommen bereits mit minimalen Settings ins Schwitzen. Der beliebte Prozessor-Chip HD Graphics 4000 erreicht in unserer Benchmark-Sequenz nur knapp über 30 fps – und das beim Einsatz von 1.024 x 768 Bildpunkten. Noch schlechter ergeht es dem Vorgänger: Die alte HD Graphics 3000 bringt nicht einmal niedrige Einstellungen flüssig auf den Monitor (17 fps @ Core i7-2630QM).
Für normale Details und 1.366 x 768 Bildpunkte sollte es zumindest ein Midrange-Vertreter wie die GeForce GT 640M sein. Hohe Details werden dagegen erst von einer GeForce GT 650M adäquat geschultert. Wer die hohe Stufe in 1.600 x 900 oder 1.920 x 1.080 genießen möchte, braucht derweil ein waschechtes High-End-Modell. Die rechenintensive Ultra-Stufe ist den aktuellen Spitzenreitern vorbehalten. Dank des brandneuen Catalyst-11.2-Treibers macht es sich die Radeon HD 7970M vor der sonst ebenbürtigen GeForce GTX 680M bequem (46 vs. 41 fps @ Full-HD).
Fazit
Im Vergleich zu Modern Warfare 3 sehnt sich Warfighter nach deutlich mehr Rechenpower. Ohne eine potente Mittelklasse- oder Luxus-GPU muss der Spieler mit niedrigen oder normalen Qualitätseinstellungen vorliebnehmen. Das ist allerdings kein Beinbruch, da die Optik weniger stark nach unten skaliert als bei anderen Games.
Schade jedoch, dass der Titel inhaltlich hinter den Möglichkeiten zurückbleibt. Das kürzlich getestete Dishonored beweist eindrucksvoll, dass Spiele auch abseits der Gewaltdarstellung erwachsen und sogar künstlerisch wertvoll sein können. Trotz der brachialen Action wirkt Medal of Honor stellenweise kindisch. Von einer »authentischen Militär-Erfahrung«, wie sie Publisher EA gerne hätte, ist das Produkt weit entfernt. Der Käufer bekommt nur eine übliche Hollywood-Schießbude mit 08/15-Plot.
Testsysteme
Für die folgenden Testgeräte bedanken wir uns ganz herzlich bei Schenker Notebooks (mysn.de):
- XMG P502 (Core i7-3610QM, GeForce GTX 660M, GTX 670M, GTX 675M, GTX 680M & Radeon HD 7970M, 8 GB RAM)
- XMG A502 (Core i5-3360M, GeForce GT 650M & HD Graphics 4000, 8 GB RAM)
- Xesia M501 (Core i7-2630QM, GeForce GT 630M & HD Graphics 3000, 8 GB RAM)
GPU-Treiber der drei Plattformen: Nvidia 306.97, AMD 12.11 Beta und Intel 9.17.10.2867.