Benchmarkcheck: Dishonored
Freunde der klassischen Shooter-Unterhaltung sind bei Dishonored genauso falsch wie beinharte Rollenspiel-Fans. Die französischen Arkane Studios haben den Titel primär in Richtung Schleichabenteuer getrimmt. Wenn man die letzten Projekte des Entwicklers betrachtet, wird schnell klar, dass Arkane noch nie auf den Massenmarkt abzielte.
Da hätten wir zum einen das 2002 erschienene »Arx Fatalis«, ein düsterer First-Person-Titel, der nicht zuletzt mit einer beklemmenden Stimmung, einer hohen Interaktivität und einer interessanten Geschichte punktete (das Erlöschen der Sonne zwang die Menschheit zur Flucht unter die Erde). Kritik gab es vornehmlich für die misslungene Steuerung.
2006 legte Arkane das beliebte »Dark Messiah of Might and Magic« nach. Im Vergleich zu »Arx Fatalis« war der Titel deutlich actiongeladener. Dank der brachialen Kämpfe und der Physikspielereien kassierte Dark Messiah viel Lob. Beim nächsten Großprojekt hatte der Entwickler weniger Glück. »The Crossing« sollte Einzel- und Mehrspieler-Elemente zu einem gelungenen Ganzen verbinden. Betonung auf sollte, denn nach langjähriger Produktion wurde der vielversprechende Titel komplett eingestellt.
Unter der Führung von Harvey Smith (der Creative Director war schon an »System Shock« und »Deus Ex« beteiligt) wagt Arkane jetzt einen neuen Versuch. Dishonored hat in den letzten Monaten bereits zahlreiche Vorschusslorbeeren erhalten. Wenig verwunderlich, denn kaum ein Titel hebt sich momentan derart stark vom Action-Einerlei ab. Ob die finale Version tatsächlich begeistert?
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Details
Beschreibung
Starten wir am besten mit ein paar Hintergrundinfos zum Szenario: Dishonored spielt in der viktorianisch angehauchten Metropole »Dunwall«, die von einer bösen Epidemie heimgesucht wird. Als Spieler verkörpert man keinen einfachen Bürger, sondern den Leibwächter der Kaiserin, welche kurz nach Beginn einem professionellen Anschlag zum Opfer fällt. Nachdem Corvo fälschlicherweise eingesperrt wird und kurz vor seiner Hinrichtung aus dem Gefängnis entkommt, findet er bei einigen Kaisergetreuen Unterschlupf. Mehr von der Story wollen wir an dieser Stelle nicht verraten.
Die größte Stärke von Dishonored ist seine tolle Atmosphäre. Trotz der betagten Grafik schafft es Arkane mühelos den Spieler in den Bann zu ziehen. Die pompöse Steampunk-Welt besticht mit einer erfreulich individuellen Optik. Oftmals hatten wir das Gefühl uns in einer Mischung aus »Half Life 2« und »Bioshock« zu bewegen. Nur wenige Konkurrenz-Produkte bieten eine derart stimmigen Gesamt-Look.
Die hervorragende Klangkulisse trägt ebenfalls zur Immersion bei. Die exzellenten Sprecher, die gelungenen Umgebungsgeräusche und die packende (wenn auch etwas selten verwendete) Musik sorgen für eine ungemein dichte Stimmung. Schade jedoch, dass der Hauptcharakter keinen einzigen Ton von sich gibt und entsprechend blass bleibt. Hier verschenkt Dishonored Potenzial. Ansonsten haben uns die ersten Spielstunden ziemlich gut gefallen. Da sich der Titel angenehm flüssig und intuitiv steuert, finden sich auch Neulinge schnell zurecht.
Prima: Abseits des Hauptpfades entdeckt man immer mal wieder kleinere Rätsel, versteckte Räume oder sonstige Geheimnisse. Herumliegende Bücher und Dokumente lassen den Spieler tiefer in das Universum und dessen Geschichte eintauchen. Ein vernünftiges Speichersystem (es gibt eine Quicksave-Funktion) ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit.
Einer der wichtigsten Aspekte, das Stealth-Gerüst, ist dem Entwickler leider nicht perfekt gelungen. Zwar darf man stilecht durch Schlüssellöcher blicken und von hinten ausgeknockte Gegner in dunkle Ecken transportieren (manche Körper verschwinden nach einer Weile), im Detail offenbaren sich allerdings mehrere Schwächen.
So kann man beispielsweise keine Lampen zerstören, was in einem Stealth-Titel eigentlich zum Pflichtprogramm gehören sollte. Die Abwesenheit eines Helligkeitsindikators ist ebenfalls ärgerlich. Hier hätte sich der Entwickler bei anderen Titeln orientieren sollen. Im knapp sieben Jahre alten »Splinter Cell: Chaos Theory« erhält der Spieler deutlich mehr Feedback.
Am meisten enttäuscht waren wir jedoch von der KI. Die überall herumstreunenden Gegner reagieren - zumindest im mittleren Schwierigkeitsgrad – weder auf geöffnete Türen noch auf abwesende Kollegen. Darüber hinaus ist die Sicht der KI recht eingeschränkt. Bisweilen kann man problemlos Gegner erledigen, die eigentlich im Blickfeld ihrer Kollegen stehen. Folge: Das Gameplay wird mitunter zu simpel und anspruchslos (insbesondere mit den magischen Fähigkeiten).
An das Stealth-Niveau anderer Genre-Vertreter wie »Thief« kann Dishonored insgesamt nicht heranreichen. Das Schleichsystem liegt eher im Bereich von »Deus Ex: Human Revolution«. Was aber nicht heißt, dass das Spiel zur faden Klickmaschine verkommt – Dishonored ist definitiv kein ordinärer Action-Titel.
Benchmark
Als Benchmark dient uns der Anfang des Spiels, wo Corvo in einem kleinen Boot zur Kaiserin gebracht wird. Mit dem Tool Fraps zeichnen wir solange die Bildwiederholrate auf, bis das Schiff an seinem Zielort angekommen ist und der Landungssteg ausgefahren wird.
Durch den vorgegebenen Ablauf garantiert die rund 1,5-minütige Sequenz sehr konstante Ergebnisse und eine hohe Vergleichbarkeit. Nach unseren Erfahrungen läuft Dishonored in dieser Passage etwas langsamer als sonst üblich. Ergo: Wenn eine Grafikkarte einen grünen Wert enthält (Tabelle unter dem Artikel), sollte das Spiel in den jeweiligen Settings ordentlich dargestellt werden.
Technik
Die betagte Unreal Engine 3 merkt man Dishonored deutlich an. Gerade die Texturqualität lässt oft zu wünschen übrig: Viele Objekttapeten sind extrem matschig. Die allgemeine Polygonarmut kostet ebenfalls Sympathie. Lediglich das Wasser, die Licht- respektive Schatteneffekte und die Gesichter/Gewänder der unterschiedlichen Charaktere gehen halbwegs in Ordnung.
Andere Titel, die auf der Unreal Engine 3 basieren (z. B. »Batman Arkham City«) sehen wesentlicher hübscher aus. Das technisch ähnlich schwache »Borderlands 2« kann die grafischen Unzulänglichkeiten etwas besser kaschieren (der prägnante Comic-Look täuscht einigermaßen über die mageren Texturen hinweg). Im Gegenzug ist jedoch der Hardware-Hunger überraschend niedrig.
Generell erscheint uns die Technik recht ausgereift. Abgesehen davon, dass im Offline-Modus die Einstellungen nicht korrekt gespeichert werden (beim nächsten Spielstart ist wieder alles auf Default), konnten wir während der Benchmarks keinerlei Abstürze, Grafikfehler oder sonstige Probleme beobachten. Lob verdient das Game auch für die kurzen Ladezeiten.
Kommen wir zum Grafikmenü, das eher wenige Optionen bereithält. Neben der Helligkeit und dem Sichtfeld (englisch »FOV«) kann man unter anderem die Textur- und Charakter-Details regeln. Die Lichtstrahlen sind ebenso an- bzw. abschaltbar wie die Schatten der Ratten. Optional steht auch eine Kantenglättung zur Verfügung (MLAA bzw. FXAA). Durch den Verzicht auf hochklassiges MSAA treten jedoch auch mit aktiviertem Anti-Aliasing unsaubere Kanten auf.
Unabhängig davon warten in den Video-Einstellungen noch Regler für den Bildmodus, die vertikale Synchronisation und die Auflösung. Da Arkane eine Sperre eingebaut hat, sind nicht mehr als 130 Bilder pro Sekunde möglich.
Resultate
Wie bereits angedeutet, benötigt man für Dishonored keinen High-End-Rechner. 1.920 x 1.080 Bildpunkte und maximale Details sind schon mit einer Grafikkarte aus der oberen Mittelklasse spielbar. Nehmen wir zum Beispiel die GeForce GT 640M: Nvidias Kepler-Modell kam in unserer Sequenz auf gute 40 fps.
»Normale« Midrange-GPUs, wie die GeForce GT 630M, packen – sofern man es nicht mit der Auflösung übertreibt - ebenfalls hohe Optionen. Einsteiger-Modellen im Bereich der Intel HD Graphics 4000 sollte man dagegen nur niedrige oder mittlere Details zumuten. Besitzer einer HD Graphics 3000 müssen leider immer mit Rucklern rechnen.
Fazit
Obwohl es in einigen Kategorien Grund zur Beanstandung gibt, können wir Dishonored ruhigen Gewissens weiterempfehlen. Der Titel eignet sich nicht nur für Stealth-Liebhaber, sondern auch für Gamer, die eine neuartige Welt und eine mysteriöse Geschichte erleben wollen. Im Gegensatz zu anderen Action-Krachern bietet Dishonored eine hohe spielerische Freiheit. Der Titel lädt zum Experimentieren ein und belohnt taktisches Vorgehen. Vom superben Art-Design ganz zu schweigen.
Testsysteme
Die meisten Ergebnisse stammen von Geräten der Firma Schenker Notebooks (mysn.de):
- XMG P502 (Core i7-3610QM, GeForce GTX 660M, GTX 670M, GTX 675M, GTX 680M & Radeon HD 7970M, 8 GB RAM)
- XMG A502 (Core i5-3360M, GeForce GT 650M & HD Graphics 4000, 8 GB RAM)
- Xesia M501 (Core i7-2630QM, GeForce GT 630M & HD Graphics 3000, 8 GB RAM)
Bei den letztgenannten Notebooks wurden diese GPU-Treiber verwendet: Nvidia 306.97, AMD 12.9 Beta und Intel 8.15.10.2761.