Grafikkarten für Profis
Was sie können und wer sie braucht. Im folgenden Bericht beschäftigen wir uns mit den professionellen Grafikchips à la Quadro und FirePro (ehemals FireGL), die in mobilen Workstations integriert sind. Diese sollen in Verbindung mit professionellen Anwendungen, die auf OpenGL basieren, besonders leistungsfähig sein.
Was ist OpenGL?
OpenGL ist eine 3D-Programmierschnittstelle, die man als Konkurrenzmodell zu Microsofts DirectX sehen kann. Sie wird von der Khronos Group entwickelt, arbeitet plattformunabhängig und stellt komplexe 3D-Szenen in Echtzeit dar. Inzwischen ist OpenGL bei Version 4.5 angekommen.
AMDs aktuelles Lineup mit AMD FirePro W7170M, W5170M und W5130M unterstützt derzeit DirectX 12, OpenCL 1.2 und OpenGL 4.3.
Vorteile von OpenGL
1. Treiberentwicklung/ Treiberunterstützung
Die Treiberentwicklung für professionelle Grafikchips unterliegt laut Herstellerangaben einer besonderen Berücksichtigung von Qualität, Stabilität und Zuverlässigkeit. Zudem kann man je nach Software und Hardware bestimmte Performance-Treiber oder spezielle zertifizierte Varianten erhalten. Diese garantieren das problemlose Zusammenspiel von Hard- und Software im produktiv professionellen Einsatz und mindern dadurch Ausfall- und Wartezeiten.
2. Erweiterbarkeit
Hersteller haben die Möglichkeit, die OpenGL-Schnittstelle um Funktionen zu erweitern, die noch nicht als Standard in die Spezifikation aufgenommen wurden. Dadurch können spezielle Befehle direkt ausgeführt werden, anstatt den Umweg einer Emulation zu gehen (sehr wichtig im CAD-Bereich). Das hat teils enormen Einfluss auf Funktionsumfang, Geschwindigkeit und Stabilität.
3. Plattformunabhängigkeit
OpenGL ist plattform- und programmiersprachenunabhängig und somit für verschiedene Systeme umsetzbar. OpenGL ist zum Beispiel Bestandteil von MS Windows, Mac OS, Linux, Solaris u.a.
Aufgrund dieser Vorteile findet man OpenGL unter Windows hauptsächlich im professionellen Bereich vor. Der Gegenspieler DirectX hingegen dominiert das Computerspielesegment, in dem OpenGL nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Spielebereich kommt OpenGL im Wesentlichen bei verschiedenen Spielekonsolen (XBOX, Playstation) und bei Linux- und Mac OS-Spielesoftware zum Einsatz.
Unterschiede
Was ist der Unterschied zwischen einer professionell ausgerichteten Grafikeinheit und den sonst meist verbauten Consumer-Versionen?
Die Profichips sind prinzipiell hinsichtlich der Hardware eng verwandt mit den vergleichbaren Consumergrafikchips der Geforce- und Radeon-Serien. Unterschiedliche Taktungen oder Speichergrößen und -arten stellen meist nur kleine Abweichungen von den Massenprodukten dar. Gute Vergleichsmöglichkeiten bietet unsere umfangreiche GPU-Benchmarkliste, die auch die wichtigsten Spezifikationen auflistet. Wie gut sich die professionellen Ableger im Spielebereich schlagen, können Interessierte dagegen unserer Spielebenchmarkliste entnehmen.
Der eigentliche Unterschied liegt daher in der speziellen Ausrichtung. Durch ein modifiziertes Bios und eigene optimierte Treiber werden die Profiversionen hinsichtlich OpenGL auf Höchstleistung getrimmt. Die BIOS-Treiber-Kombination sorgt außerdem dafür, dass man die optimierten Treiber nicht auf den regulären und deutlich günstigeren Geforce- und Radeon-Chips nutzen kann. Im Gegenzug werden die Treiber eingehend auf Kompatibilität mit den gängigen OpenGL-Anwendungen hin getestet und entsprechend zertifiziert. Einen Auszug der geprüften Programme findet man am Ende des Artikels. Diese Zertifizierungen haben ihren Preis und machen einen Teil der mitunter erheblichen Aufpreise aus. Ein weiterer Teil geht auf das Konto des erweiterten Herstellersupports und auch die garantierte Teileverfügbarkeit verlangt ihren Tribut.
Leistungsfähigkeit
Die Gesamtheit der Maßnahmen sorgt bei optimierten OpenGL-Anwendungen im Vergleich zu den jeweiligen Consumer-Varianten für deutliche Leistungszuwächse und einer optimierten Stabilität und Zuverlässigkeit. Die Fähigkeiten im Zusammenspiel mit der DirectX-Schnittstelle bleiben dabei erhalten und werden heutzutage nicht mehr beschnitten, wie das vor einigen Jahren noch der Fall war.
Unter dem Strich bedeutet das, dass augenscheinlich hardwareseitig schwach ausgestattete Profichips bei optimierten OpenGL-Anwendungen leistungsstarke Spielechips mitunter deutlich übertreffen können. Im DirectX-Bereich hingegen erreichen diese lediglich die Leistungsfähigkeit vergleichbarer Consumerchips, da hier die reine Hardwareleistung zählt. Bei der folgenden Benchmarkauswahl haben wir zur Veranschaulichung auch einige Consumerchips miteingebunden.
Hinweise zu den Benchmarks: Die aufgeführten Benchmarks decken verschiedene Anwendungsbereiche ab. Je nach Testsoftware kommt OpenGL, OpenCL oder DirectX als Schnittstelle zum Einsatz, die wir thematisch etwas voneinander trennen.
Grundsätzlich sollte man bei der persönlichen Auswertung beachten, dass die hier aufgeführten Werte Testresultate/ Momentaufnahmen bestimmter Konfigurationen in Kombination mit dem jeweils verwendeten Treiber darstellen. Sie dienen nur zur ungefähren Einordnung. Einfluss auf die Ergebnisse haben abgesehen von der GPU, in der Regel CPU, Massenspeicher, RAM und Bildschirmauflösung. Zudem treten auch leichte Ergebnisschwankungen je nach Testdurchlauf auf. Im Akkubetrieb steht selten die volle Leistung zur Verfügung. Neuere Treiberversionen können einerseits für Leistungssteigerungen andererseits aber auch zugunsten der Stabilität für schlechtere Ergebnisse sorgen.
SPECviewperf 11 & 12
Für die Einstufung der Leistungsfähigkeit im professionellen 3D-Bereich nutzen wir die Benchmarks SPECviewperf. 11 und 12. Hier kommen die Bereiche CAD, 3D-Design, 3D-Visualisierung, Öl- und Gasexploration und ein medizinisches MRT zum Einsatz. (Anm. d. Red.: Beim Energy-Test des SPECviewperf 12.0 als auch beim SPECwpc 1.2 und früher kann es aufgrund fehlerhafter Viewsets zu ungewöhnlich hohen Ergebnissen kommen. Dieser Bug ist ab SPECviewperf. 12.0.2 bzw. SPECwpc 2.0 behoben. In unserer Benchmarkdarstellung haben wir diesen Umstand bereits berücksichtigt)
DirectX
Mit den bekannten Benchmarks 3D Mark und Unigine Heaven 3.0 decken wir den DirectX-Bereich ab. Hier kommt es wie gesagt auf die reine Hardwareleistung an, da Treiberoptimierungen für den OpenGL-Bereich nicht greifen. Unigine Heaven ermöglicht zudem einen Vergleich mit der ebenfalls im Benchmark nutzbaren OpenGL-Schnittstelle.
Unigine Heaven 3.0 | |
1920x1080 OpenGL, Normal Tessellation, High Shaders AA:Off AF:Off (nach Ergebnis sortieren) | |
Asus PU551JH | |
Lenovo ThinkPad W550s 20E2-000PGE | |
MSI WS60 2OJ8H11W7P | |
Bullman E-Klasse 5 | |
HP ZBook 14 | |
Dell Precision M2800 | |
HP ZBook 15 G2 | |
HP ZBook 17 G2 J8Z55ET | |
1920x1080 DX 11, Normal Tessellation, High Shaders AA:Off AF:Off (nach Ergebnis sortieren) | |
Asus PU551JH | |
Lenovo ThinkPad W550s 20E2-000PGE | |
MSI WS60 2OJ8H11W7P | |
Bullman E-Klasse 5 | |
HP ZBook 14 | |
Dell Precision M2800 | |
HP ZBook 15 G2 | |
HP ZBook 17 G2 J8Z55ET | |
SCHENKER XMG A505 | |
Alienware 15 | |
MSI GT80-2QES32SR311BW |
OpenCL
Per OpenCL können Berechnungen, die eigentlich in den CPU-Bereich fallen, durch den Grafikchip erledigt werden. Wir nutzen für diesen Vergleich und in unseren Einzeltests Luxmark 2.0 der OpenCL zum Raytracing (Berechnung aufwendiger Licht-Schattenspiele) einsetzt. Hier kommt lediglich die dedizierte GPU zum Einsatz.
Für die Kaufentscheidung
Die Leistungsfähigkeit kann je nach Sequenz höchst unterschiedlich ausfallen. Daher ist es in diesem Bereich umso wichtiger, sich vor dem Kauf zu informieren, ob die gewünschte Grafikeinheit mit dem vorgesehenen Programm gut zusammenpasst. Aber selbst wenn sich die zukünftige Software und der bevorzugte Grafikchip in der Liste wiederfinden, sollten die Ergebnisse aus weiter oben genannten Gründen lediglich als Anhaltspunkt gesehen werden.
Wer benötigt eine OpenGL-optimierte Grafikkarte oder was sollte man bei seiner Kaufentscheidung beachten?
1. Software
Mit welchen Programmen arbeitet man/ wird man arbeiten und inwiefern benötigen diese eine OpenGL-Funktionalität? (Siehe auch die Software-Übersicht am Ende des Artikels) Einige Programme, wie z.B. Autodesk Inventor (ab 2011) haben inzwischen zur DirectX-Schnittstelle gewechselt. Zudem sollte man beachten, dass manche Software besser mit AMDs FirePro zusammenarbeitet und andere wiederum Vorteile mit Nvidias Quadro-Serie bietet.
2. Häufigkeit/ Intensität
Wie intensiv wird OpenGL-basierte Software genutzt und wie hoch ist deren Anteil am täglichen Arbeitsablauf? Für die reine Darstellung von 3D-Modellen reichen selbst ältere leistungsschwache Systeme meist aus. Liegt das Hauptaugenmerk hingegen auf komplexen 3D-Berechnungen, führt kaum ein Weg an einer professionellen Lösung vorbei.
3. Tätigkeit
Welchen Anspruch hat man hinsichtlich optimaler Treiberunterstützung, Support und Stabilität? Geräte, die mit Profichips ausgestattet sind, verfügen in der Regel über eine breite Palette an Softwarezertifizierungen. Dadurch wird ein hohes Maß an Kompatibilität, Stabilität und Support geboten. Hier werden hauptsächlich professionelle Anwender angesprochen, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen und jede Stunde Zeitverlust bares Geld kostet.
4. Kostenfaktor
Der Einstieg in die Welt der mobilen professionellen Systeme mit AMD FirePro oder Nvidia Quadro beginnt derzeit bei knapp 1.000 Euro mit dem ASUSPRO PU551JH. Hier muss man zwar auf typische Businessfeatures und eine hohe Systemleistung verzichten, erhält dafür aber immerhin ein gutes IPS-FullHD-Display und eine Nvidia Quadro K1100M-Grafik. Ob sich mit der langsam steigenden Verfügbarkeit der aktuellen Modellreihen in diesem Preissegment etwas tut, bleibt noch abzuwarten. Nach oben hin scheinen auf der Preisskala hingegen kaum Grenzen gesetzt zu sein. Gerade im 17-Zoll-Bereich kommt man schnell an die 5.000-Euro-Marke heran.
5. Alternativen
Als Alternativen bieten sich in erster Linie generalüberholte oder gebrauchte Modelle der Vorgängerserien an. Aufgrund der langen Garantiezeiten von meist 3 Jahren und der langen Ersatzteilverfügbarkeit kann diese Produktkategorie eine vergleichsweise preisgünstige Alternative darstellen. Da gerade die Workstations unserer Erfahrung nach meist überdurchschnittlich robust konstruiert und qualitativ hochwertig ausgestattet und verarbeitet sind, dürfte auch der Langlebigkeit kaum etwas entgegenstehen. Mit dem HP ZBook 15 G2 haben wir zum Beispiel einen Dauertest durchgeführt, der diesbezüglich einen sehr guten Eindruck hinterlassen hat. Neben den Top-10-Workstations unseres Rankings sollte man daher auch die anderen von uns getesteten Workstations in die Auswahl mitaufnehmen. Vorjahres-, Auslauf- oder Gebrauchtmodelle können wie gesagt eine durchaus sinnvolle Alternative darstellen, wenn das Portemonnaie nicht ganz so üppig gefüllt ist.
Wer darüber hinaus auf einen mobilen Betrieb gänzlich verzichten kann, kann auch die Aufrüstung eines halbwegs aktuellen Desktopsystems ins Auge fassen. Je nach Anwendung und Anspruch sind professionelle Grafikkarten bereits ab 100 Euro erhältlich. Zu diesem Thema arbeiten wir gerade an einem separaten Artikel, der die Leistungsfähigkeit günstiger Einstiegs-Desktopkarten beleuchtet.
Softwareübersicht
Im Folgenden ist eine Übersicht der gängigen OpenGL Software zu finden. Diese ist nicht als abschließend oder vollständig zu betrachten, sondern soll nur als Anhaltspunkt dienen. Zudem gibt diese einen kleinen Einblick, in welchen Bereichen professionelle Systeme hauptsächlich zum Einsatz kommen. Da einige Softwareprodukte in verschiedenen Segmenten zuhause sind, treten in der Tabelle gewollte Mehrfachnennungen auf.
Softwareliste
Öl und Gas | Architektur | Media & Entertainment | Geospatial Applications | Produktentwicklung |
Landmark DecisionSpace | Autodesk Revit | Adobe Creative Cloud | ArcGIS | PTC Creo |
Schlumberger Petrel, Geoframe | Autodesk AutoCAD | Adobe After Effects CC | Autodesk AutoCAD Map 3D | Dassault Systèmes Catia |
Paradigm 14 | Bentley Microstation | Adobe Photoshop CC | Hexagon GeoMedia | Dassault Systèmes SolidWorks |
IHS Kingdom, Petra | Autodesk Navisworks | Autodesk 3ds Max | Autodesk Inventor | |
ffA GeoTeric | Autodesk 3ds Max Design | Autodesk Flame | Life Sciences | Autodesk AutoCAD |
Drilling Info Transform | Autodesk Showcase | Autodesk Maya | Imaging | Siemens NX |
Emerson Roxar RMS | Accelerware ITK | Autodesk Alias | ||
Headwave Core | Molecular Dynamics | Informatics | Mathimatica | Autodesk Mudbox |
AMBER | Blast | Matlab | ||
CHARMM | FastROCS | Quantum Chemistry | ||
GROMACS | GPU-HMMR | GAMESS | ||
NAMD | MUMmerGPU | NWchem | ||
SmithWaterman | Terachem |
Achtung!
In der Regel verfügt jede Software über minimale und empfohlene Voraussetzungen. Hier empfehlen wir, sich nicht am Minimum zu orientieren, da Arbeitsgeschwindigkeit, Workflow und Qualität (Darstellung) in der Regel unter zu schwacher Hardware leiden. Zudem gehören mobile Workstations zu den eher längerfristig genutzten Arbeitsgeräten, die daher entsprechende Leistungsreserven für kommende Aufgaben bereithalten sollten.
Folgende Aspekte abseits der Grafikchip-Auswahl können sich ebenfalls als bedeutend erweisen. In dem Zusammenhang wird man auch hin und wieder entscheiden müssen, welches Ausstattungsdetail man bevorzugt, da nicht jede Komponente mit anderen zusammen erhältlich oder kombinierbar ist.
- Displayeigenschaften, Größe, Auflösung (Arbeitsfläche, Detailtiefe), Outdoorfähigkeit, Farbspektrum
- Anschlussausstattung/ Verbindung (Art und Anzahl) Thunderbolt, DisplayPort, Firewire, eSATA, PCIe (NVMe), mSATA, Mobilfunk
- Hardware CPU, RAM, interner Massenspeicher (Anzahl, Geschwindigkeit), optisches Laufwerk
- Flexibilität/ Erweiterung Modulschächte zum schnellen Tausch von opt. Laufwerk, Festplatte, Akku, Leermodul, Dockingstation/ Portreplikator zum schnellen Anschluss an stationäre Peripherie
Viele dieser Optionen hängen eng mit der Mobilität zusammen. Es ist also immer ein Abwägen der Vor-und Nachteile für den jeweiligen Einsatzbereich vonnöten.
Fazit
Die Anschaffung einer professionell ausgerichteten Workstation ist grundsätzlich eine teure Angelegenheit. Der Einstieg beginnt bei knapp 1.000 Euro und kann je nach Bedarf schnell erheblich teurer werden. Umso wichtiger ist es, sich hier vorab darüber im Klaren zu sein, welche Anwendungsbereiche abgedeckt werden sollen. Die Begriffe OpenGL, DirectX und CAD stellen bei dieser Entscheidung wichtige Eckpunkte dar. Selbst wenn man hier alles berücksichtigt und richtig plant, können immer noch Treiber- und Softwareaktualisierungen oder ein Wechsel zu einem neuen Konstruktionsprogramm die Vorarbeit im Nu zunichte machen.
Keine Alternative stellen bei OpenGL optimierte Software Consumer-Grafikchips dar. Je nach Anwendung werden hier leistungsstarke Spielechips von Einsteiger-Profichips regelrecht deklassiert.
Im Getümmel der professionellen Erfordernisse sollte man keinesfalls die sonstige Notebookausstattung aus den Augen verlieren. Insbesondere falsche Entscheidungen bei Display, CPU, Eingabegeräte und Schnittstellenausstattung lassen sich nachträglich kaum beheben.