Until Dawn: 70 Euro für einen Absturz? Game-Breaking-Bug trübt neuen Survival Horror
Mit Until Dawn kehrt ein Gaming-Klassiker zurück, jedoch wird der Spielspaß des interaktiven Horror-Erlebnisses durch einen schwerwiegenden Bug getrübt. Bei einem Premiumpreis von rund 70 Euro sollte man erwarten können, dass man das Game zumindest durchspielen kann, aber weit gefehlt. Doch dazu später mehr, zunächst ein genereller Blick auf den Survival Horror.
Entwickelt wurde das Remake für PS5 und PC (über Steam erhältlich) von Ballistic Moon bzw. Supermassive Games, den Machern des Originals von 2015. Diese sind selbst große Horrorfilm-Fans und wollten mit dem Spiel eine Hommage an Kult-Horrorfilme wie The Cabin in The Woods über Scream, Saw, Freitag der 13., The Evil Dead, A Nightmare on Elm Street, The Shining und viele mehr schaffen.
Das Spiel ist im Grunde ein interaktiver Horrorfilm mit einem ausgeklügelten Choice-and-Consequence-System. Acht Teenager mit hochgedrehter Libido verbringen ihre Freizeit an gruseligen Orten wie einer einsamen Hütte in einem abgelegenen Skigebiet der Rocky Mountains, wo sie um ihr Leben bangen müssen. Die Handlung konzentriert sich vor allem auf die Umgebung der Hütte, den Wald und die umliegenden Berge.
Grafik und Sound
Mit der Umstellung auf die Unreal Engine 5 musste das Spiel komplett neu programmiert werden. So gibt es beeindruckende HDR-Lichteffekte, realistischere Umgebungen und eine insgesamt lebendigere Bildqualität. Kerzenlicht, reflektierende Sonnenstrahlen oder der Vollmond erzeugen so eine noch atmosphärischere Stimmung.
Das Remake bietet zudem Raytracing, eine Rendering-Technik, die die Ausbreitung des Lichts simuliert und so realistischere Reflexionen, Schatten und Lichteffekte erzeugt. Und natürlich bietet die Widescreen-Unterstützung ein größeres Sichtfeld, was das immersive Erlebnis verstärkt. Insgesamt ist das Spiel durch die verbesserte Technik schöner gestaltet und verschiedene Räume wie die Küche in der Hütte wurden komplett neu gestaltet, auch im Hinblick auf viele Details.
Natürlich gehen die grafischen Verbesserungen auf Kosten der Framerate, aber auch von Abstürzen ist oft die Rede. Ich selber habe als Testsystem das Lenovo Legion Go mit der integrierten Grafik AMD Radeon 780M verwendet und zumindest bei mir lief das Spiel ohne Abstürze (vom erwähnten Game-Breaking-Bug einmal abgesehen). Gespielt habe ich in nativer QHD+ Auflösung mit mittleren bis hohen Details, Temporal Anti Aliasing, aktiviertem Bloom, Motion Blur und AMD FSR 3 Upscaling im Performance-Modus. Raytracing hatte ich ebenfalls komplett aktiviert. Damit erreiche ich zwar keine 30 FPS, sondern bleibe bei etwa 20, jedoch nehme ich das bei einem hübschen Cinematic-Spiel gerne in Kauf, um die schöne Grafik besser genießen zu können.
Zu den technischen Details und der Frage danach, ob die Grafik noch zeitgemäß ist, haben wir bereits unser ausführliches Technik-Review Until Dawn im Benchmark-Test: Die GPU-Anforderungen veröffentlicht. Beim Sound gibt es im Vergleich zum Original ebenfalls Verbesserungen. Auffallend ist zum Beispiel das realistische Knistern des Schnees, wenn man hindurch stapft.
Jede Entscheidung hat Auswirkungen auf Leben und Tod
Das robuste Choice-and-Consequence-System ist etwa mit vielen Quick-Time-Events, deren Wahl zu Leben oder Tod führen kann, recht gut durchdacht. So führt jede einzelne Entscheidung wie bei einem Schmetterlingseffekt zu einem völlig anderen Spielverlauf und Ende. Auch die Charaktere ändern sich grundlegend je nach Spielweise.
Ein Element, das die Story beeinflusst, sind die immer wiederkehrenden Therapiesitzungen, die man beim Psychiater Dr. Hill (gespielt von Peter Stormare) absolvieren muss. In den Sitzungen wird zum Beispiel getestet, wovor man am meisten Angst hat und je nachdem, ob man sich etwa für einen Zombie, einen Clown oder eine Vogelscheuche entscheidet, kann man im Verlauf mit personalisiertem Horror rechnen.
Da Until Dawn mit Horrorfilm-Klischees spielt, kommen auch Jump Scares zum Einsatz, die aber nicht nur dazu dienen, den Spieler zu erschrecken, sondern auch die Spannung zu erhöhen und die Konsequenzen von Entscheidungen zu verdeutlichen. Im Gegensatz zu einigen anderen Horrorspielen, die mit einer Überdosis an Schreckmomenten arbeiten, setzt Until Dawn diese gezielter und effektiver ein.
Das Spiel bietet eine breite Palette an Jump Scares, die von plötzlichen Erscheinungen bis hin zu unerwarteten Ereignissen reichen. Dadurch wird verhindert, dass die Spieler Routine entwickeln und die Schockmomente ihre Wirkung verlieren.
Abzüge gibt es für die etwas schwerfällige Steuerung und die fehlende Möglichkeit zu beschleunigen, außer bei Verfolgungsjagden, bei denen die Beschleunigung automatisch erfolgt. Bei der Kameraperspektive handelt es sich in der neuen Version um eine Third-Person-Perspektive über die Schulter (im Gegensatz zur festen Kameraperspektive des Originals).
Durch die neue Perspektive kann man Details in der Umgebung besser erkennen, allerdings kann man darüber streiten, ob dadurch der filmische Blick auf das Geschehen verloren geht. Eine weitere Veränderung zum Original sind die Nahaufnahmen bei den Verfolgungsjagden.
Die Token sind eine Art mystische Werkzeuge, um Prophezeiungen zu erhalten, die bei der Entscheidungsfindung helfen können und bereits aus dem Originalspiel bekannt sind. In der Neuauflage müssen sie jedoch etwas umständlich eingesammelt werden und erst hin- und herbewegt werden, bevor sie uns einen Blick in die Zukunft gewähren.
Es kann manchmal mühsam und langwierig sein, bis man den Token in exakt der Stellung hält, dass sich endlich eine Vision offenbart. Sicherlich ist diese Funktion für manche Spieler aber auch eine interessante Herausforderung.
Geschichte und Charaktere
Auch wenn oft angemerkt wird, dass es sich bei der Neuauflage eher um ein Remaster als um ein Remake handelt, kann die Testerin dem nicht zustimmen. Ein Kritikpunkt, den man manchmal liest ist, dass es sich bei dem Spiel im Wesentlichen um dasselbe wie bei der Version von 2015 handelt, nur mit grafischen Aufbesserungen.
Bei der aktuellen Version handelt es sich jedoch nicht nur um eine oberflächliche Politur, sondern es wurden auch neue Geschichten und ein neues Ende hinzugefügt. Schon allein die ergänzten und veränderten Aspekte der Story machen es zu einem Remake und nicht zu einem lediglich aufgehübschten Remaster. Darüber hinaus wurde, wie bereits oben erwähnt, die Gestaltung ganzer Räume (Mobiliar, Gegenstände etc.) komplett verändert und nicht nur realistischer dargestellt.
Schauspieler wie Hayden Panettiere in der Rolle von Sam, Peter Stormare als Dr. Hill (auch bekannt aus Fargo und The Big Lebowski) und Rami Malek als Josh Washington (bekannt aus Bohemian Rhapsody) verleihen dem Spiel eine besondere Dramatik. Sie gehörten bereits zum Cast der originalen Version und begleiten uns im Remake weiter.
Referenzen zu Horrorfilmen
Wer Horrorfilme liebt wird an Until Dawn seinen Spaß haben. Das Spiel ist durchzogen von Anspielungen auf Horrorfilm-Klischees, von Horrorelementen im brutalen Slasher-Stil bis hin zu Referenzen, die auch dazu dienen, die Spannung aufzulockern und für humorvolle Momente zu sorgen. Man merkt deutlich, dass die Macher absolute Fans des Horrors sind, denn die Film-Klischees sind überall liebevoll eingestreut. Wer also Lust hat, all diese Anspielungen zu entdecken, hat definitiv viel zu tun. Ähnlich wie bei Scream sind auch bei Until Dawn viele der Figuren sehr Film-intressiert und diskutieren über Horrorfilme.
Die Darsteller machen sich über Horrorfilm-Klischees lustig und versuchen, die Regeln des Genres zu durchschauen. Doch der Mörder scheint sich der Tropen des Horrorfilms bewusst zu sein und spielt mit den Erwartungen der Opfer, sodass Until Dawn genau dieses Thema auf die Schippe nimmt und man sich auf einer Art Metaebene wiederfindet.
Ähnlich wie in The Cabin in the Woods, dessen Hauptschauplatz eine einsame Berghütte ist, nimmt die Handlung unerwartete Wendungen, die die Erwartungen des Spielers untergraben, und es gibt Hinweise darauf, dass im Hintergrund etwas Größeres vor sich geht. Aber auch der schleichende Wahnsinn einiger Charaktere fällt auf und erinnert z.B. an Jack Torrance in The Shining. Je genauer man hinschaut und je länger man spielt, desto mehr Anspielungen auf Kultfilme fallen einem auf.
Technisches Problem: Game-Breaking-Bug
Obwohl das Spiel bei vielen einwandfrei läuft, haben zahlreiche Gamer (darunter auch die Test-Autorin) mit einem üblen Bug zu kämpfen. Dieser Bug führt dazu, dass man während des Spielens aus der Karte fällt und nicht mehr ins Game zurückkehren kann. Warum dieser Bug bei manchen Spielern auftritt und bei anderen nicht, ist bisher nicht bekannt.
Eventuell hat er sich mit einem Update eingeschlichen, aber das ist bisher nur Spekulation. Da es im Spiel keine automatischen Speicherstände gibt, landet man immer wieder an der gleichen Stelle (plattformübergreifend). Bei einem Kaufpreis von rund 70 Euro ist das schon ziemlich ärgerlich, auch wenn man wohl hoffen kann, dass der Fehler mit dem nächsten Update behoben werden wird.
Fazit
Wer Spiele wie Beyond: Two Souls, Heavy Rain oder The Dark Pictures Anthology mochte, könnte auch an Until Dawn Gefallen finden. Wenn der Bug nicht wäre, würde hier eine ganz dicke Kaufempfehlung stehen. Es ist ein Fun Game und gerade zu Halloween für Horrorfans ein Genuss. Aber angesichts des Game Breaking Bugs ist man vielleicht etwas sicherer, wenn man mit dem Kauf noch etwas wartet, zumindest bis zum nächsten Update. Abgesehen davon gibt es leider kein Update für die PS4-Version des alten Spiels, weshalb auch Konsolenspieler in den sauren Apfel beißen und das Spiel zum Premium-Preis kaufen oder warten müssen, bis es irgendwann günstiger wird. Für eingefleischte Horrorfans lohnt sich aber das Warten.
Quelle(n)
Eigene | Reddit