Test Nokia Lumia 920 Smartphone
Nokia war das wohl wichtigste Unternehmen zur Zeit der einfachen Mobiltelefone. Den Sprung in das Zeitalter der Smartphones hat es aber verschlafen und weiter am Symbian Betriebssystem festgehalten. Mit der Vorstellung von Apples iOS im Januar 2007 und dem herstellerunabhängigen Android Betriebssystem von Google im Jahr 2008 hätte man von Nokia den nächsten Schritt erwartet. Dieser kam aber nie. Mit der Vorstellung von Windows Phone 8 gehen Microsoft und Nokia eine Kooperation ein. Verstärkte Werbung soll potentielle Kunden von iOS und Android weglocken. Andere Hersteller wie Samsung oder HTC bieten auch Smartphones mit Windows Phone 8 an, haben gleichzeitig aber auch Geräte mit Google Android im Portfolio.
Zum Launch der aktuellen Portfolios hat Nokia drei Modelle verschiedener Preisklassen vorgestellt. Den Anfang macht das kürzlich vorgestellte Lumia 620 als Einsteiger-Variante. Danach folgt das Mittelklassemodell Lumia 820. Wir testen das Flaggschiff namens Nokia Lumia 920, das für 649 Euro (UVP) über die Ladentheke gehen soll. Wichtige Eckpunkte sind die hochwertige 8,7-Megapixel-Kamera mit einem optischen Bildstabilisator, eigene Anwendungen für Windows Phone 8, ein Peta-Band-LTE-Chip für schnellen Internetzugriff, 32 GByte interner Speicher und ein feinauflösendes 4,5-Zoll-Display mit 332 DPI. Wir werfen einen detaillierten Blick auf das Nokia Lumia 920. Meistert Nokia die vermutlich letzte Chance?
Ein gelbes Knallbonbon! Zumindest in unserem Fall. Nokia bietet das Lumia 920 auch in Rot, Schwarz und Weiß an. Es unterscheiden sich aber nicht nur die Farben. Das schwarze Modell besitzt zum Beispiel ein mattes Gehäuse-Finish, wohingegen die gelbe Version aus hochglänzendem Polycarbonat gefertigt ist. Die glatte Oberfläche hat Vor- und Nachteile. Positiv zu bewerten ist der gute Halt in der Hand. Es ist nicht rutschig. Auf der anderen Seite ist das Gehäuse sehr anfällig für kleine Kratzer, die sich nicht vermeiden lassen. Optisch gefällt uns das Lumia sehr gut. Die Mischung zwischen runden Flanken und dem geradlinigen Abschluss oben und unten lässt es sehr solide wirken. Im Vergleich zum Apple iPhone 5 oder dem HTC Windows Phone 8X wirkt es aber sehr klobig.
Die Stabilität vermittelt einen guten Eindruck: Das Gerät lässt sich bei stärkerer Krafteinwirkung nur sehr minimal verwinden. Ungewöhnliche Geräusche konnten wir nicht festhalten. Sie sollten nicht beunruhigt sein, wenn Sie beim Schütteln des Smartphones ein Klacken hören. Dies ist der optische Bildstabilisator der Kamera. Der Klang ist allerdings sehr leise. Im Alltag bewegt man das Gerät in der Regel nicht so stark, dass man diese Bewegung wahrnimmt. In puncto Wartung hält Nokia keine Überraschung bereit. Der Akku ist integriert und kann nicht ausgetauscht werden (Monoblock-Bauform). Im WP8-Umfeld sicherlich ein Punkt für das Samsung ATIV S Smartphone.
Im letzten Abschnitt vergleichen wir noch die harten Fakten: Das Nokia Lumia 920 misst 130 x 71 x 10,7 Millimeter (B x T x H) und bringt 185 Gramm auf die Waage. Damit es ist deutlich dicker und schwerer als vergleichbare Smartphones. Das Apple iPhone 5 ist nur 7,6 Millimeter hoch (29 Prozent weniger) und wiegt 112 Gramm (40 Prozent weniger). Diese Differenz ist im direkten Vergleich deutlich spürbar. Das Samsung Galaxy S3 hat das größere Display, ist aber auch nur 8,6 Millimeter (minus 20 Prozent) dünn bei einem Gesamtgewicht von 133 Gramm (minus 28 Prozent). Das HTC Windows Phone 8X bewegt sich bei gleicher Bildschirmdiagonale ebenfalls deutlich leichter (130 Gramm). Gewolltes Design mit üppigeren Maßen oder zeigt sich hier der Entwicklungs- und Erfahrungsvorsprung der etablierten Smartphone-Hersteller?
Nokia macht es einfach und bietet das Lumia 920 nur mit 32 GByte Speicherkapazität an. Die Erweiterung mittels Speicherkarte ist aufgrund des fehlenden Readers nicht möglich. Als kleines Trostpflaster erhält man sieben GByte Kapazität bei Microsofts SkyDrive (Cloud-Speicher). Die gebotenen Anschlüsse unterscheiden sich dagegen kaum von den Konkurrenten. Das beiliegende Headset kann mittels 3,5-mm-Stereo-Klinke angesteuert und Daten über den Micro-USB-Anschluss ausgetauscht werden. Über diesen Port wird das Smartphone auch geladen. Mit passender Peripherie kann das Lumia zudem kabellos aufgeladen werden (Wireless Charging). Zum Launch hat das Unternehmen zusammen mit Fatboy ein Ladekissen vorgestellt, dass in unterschiedlichen Farben für rund 60 Euro angeboten wird.
Software
Als Betriebssystem kommt Microsoft Windows Phone 8 zum Einsatz, das wir im Testbericht des HTC Windows Phone 8X schon ausführlicher behandelt haben. Die Handhabung unterscheidet sich nicht: Das OS ist intuitiv zu bedienen und besitzt eine schicke Benutzeroberfläche. Das Alleinstellungsmerkmal bei gleichem Mobil-Betriebssystem sind die vorinstallierten Anwendungen. Nokia hält in diesem Bereich nette Schmankerl bereit.
Neben der üblichen Bloatware (HRS, Kicker, klickTel, n-tv und Co.) sind Anwendungen wie beispielsweise der Nokia-City-Kompass, Nokia Drive+ Beta (kostenlose Navigation mit Kartenmaterial von Navteq) oder Nokia Karten nette Features. Im Praxistest hinterließen die drei genannten Apps einen positiven Eindruck. Abseits von Google Maps muss eine gute Navigations-Software bei Android oder iOS häufig teuer erworben werden.
Kommunikation & GPS
Das Lumia 920 ist die eierlegende Wollmilchsau, wenn es um die integrierten Kommunikationsmöglichkeiten geht. Neben der schnellen WLAN-Übertragung nach 802.11a/b/g/n mit 2,4 oder 5 GHz (Dual-Band) unterstützt das Smartphone die Kurzstreckenfunktechnologien Bluetooth 3.0 und NFC (Near Field Communication). Die aktuelle Bluetooth-Revision 4.0 ist leider nicht an Bord. Diese ermöglicht eine schnelle Datenübertragung. Passende Peripherie wie ein Bluetooth-Keyboard verbraucht zudem weniger Strom.
Dank der Unterstützung der vier Haupt-GSM-Frequenzen (850, 900, 1800 & 1900 MHz) ist das Nokia Smartphone mit den meisten Netzen dieser Welt kompatibel. Für den mobilen Internetzugriff ist ein moderner Peta-Band-LTE-Chip integriert. Mit einem entsprechenden Mobilfunkvertrag sind bis zu 100 MBit/s im Download und 50 MBit/s bei einem Upload möglich. Im Vergleich zum Apple iPhone 5 beschränkt sich die Nutzung von Long Term Evolution (LTE) nicht nur auf das Netz der Deutschen Telekom. Ein großer Pluspunkt für Personen, die auf eine flinke Verbindung angewiesen sind. Natürlich ist der Chip abwärtskompatibel gestaltet. Neben LTE wird unter anderem HSPA+ (3G) mit einem maximalen Download von 42,2 MBit/s unterstützt. Der Tray für die SIM-Karte ist für den Micro-SIM-Standard ausgelegt. Die größere Mini-SIM passt nicht in das Gerät. Für die kleinere Nano-SIM gibt es günstige Adapter bei den Mobilfunkanbietern.
Die Verbindung zu Ortungssatelliten ist dank A-GPS und Glonass schnell erledigt. Im Freien ist die Verbindung sehr stabil. In den meisten Räumen lässt der Empfang nur minimal nach. Probleme können bei dicken Wänden mit Armierungsstahl, im Untergeschoss von Gebäuden oder im Autobahntunnel auftreten. Insgesamt aber eine solide Vorstellung des Testgerätes.
Telefonfunktionen
Ab Werk befindet sich die passende Kachel oben links auf dem Homescreen. Diese kann beliebig vergrößert, verkleinert, verschoben oder auch gelöscht werden. Danach findet sich die Funktion im Menü wieder, das mit einer Wischbewegung nach links anzeigt wird. Die Funktionalität unterscheidet sich nur optisch von anderen Betriebssystemen. Neben dem Ziffernblock werden die eigenen Kontakte, eine Suchfunktion und ein Button zur Mailbox angezeigt. Im System können Anrufe auch aus dem Browser oder aus einer E-Mail begonnen werden.
Kameras
Das wohl wichtigste Alleinstellungsmerkmal des Nokia Lumia 920 ist die integrierte Hauptkamera, die das Unternehmen unter dem Namen „PureView“ vermarktet. Das Modul bietet einen BSI-Sensor mit 8,7 Megapixel, ein Tessar-Objektiv von Carl Zeiss und eine optische Bildstabilisierung. Die Kamera kann Bilder mit 3.552 x 2.448 Pixel und Videos in 1080p mit 30 Bildern pro Sekunde aufzeichnen, wobei mit dem sogenannten Pixel Oversampling gearbeitet wird. Auf kleinerer Fläche sind dadurch deutlich mehr Pixel vorhanden. Der Bildstabilisator sitzt auf einer mechanischen Federkonstruktion, wodurch Videos und Bilder bei schlechten Lichtverhältnissen ohne größere Wackler aufgenommen werden können. In dieser Situation greift das automatische LED-Hilftslicht ein, mit dessen Hilfe die Optik schneller fokussieren kann. Weitere Details zu PureView hat Nokia in einem Whitepaper zusammengefasst.
Für die Kamerafunktion steht am rechten Rand des Smartphones ein dedizierter Button bereit. Durch das Halten dieser Taste wird die Anwendung auch aus dem Standby gestartet. Die von uns aufgenommen Testbilder sind in Ordnung. Tagsüber entstehen allerdings recht weichgezeichnete Aufnahmen. Die ersten Versuche bei ungünstigen Lichtverhältnissen konnten hingegen überzeugen. Durch das integrierte Post Processing wird dem Bildrauschen direkt im Smartphone entgegen gewirkt, wobei man keine Bilder auf dem Niveau einer DSLR erwarten sollte. Dies gilt zum Beispiel auch für die Auslösezeit. Mit einer geringeren Verzögerung muss man auch bei unserem Testgerät rechnen.
Die Kameraanwendung von Windows Phone 8 wird der Linse des Nokia Lumia 920 aus unserer Sicht nicht gerecht. Die Einstellungsmöglichkeiten sind überschaubar. Neben vier Icons (Blitzeinstellungen, Wechsel der Kameramodule, Videofunktion und Foto-Apps) finden sich hinter den drei Punkten an der rechten Seite weitere Einstellungen. Dort können die wichtigsten Detailjustierungen vorgenommen werden. Die Bildqualität der Fotoaufnahmen ist beispielsweise nicht beeinflussbar. Die Aufnahmen haben eine Auflösung von 1.278 x 720 Pixel, wobei die Pixeldichte durch Pixel Oversampling nach oben geht. Insgesamt keine Offenbarung für ambitionierte Hobbyfotografen. Für Schnappschüsse ohne großen Anspruch sind die Einstellungen ausreichend.
Die optische Bildstabilisierung des Hauptkamera (OIS) haben wir zu Fuß, auf dem Fahrrad und im Stand angetestet. Insgesamt liefert das Smartphone gute Aufnahmen in hochauflösendem 1080p-Standard (1.920 x 1.080 Pixel, Full-HD) mit 30 Bildern pro Sekunde. Dank fortlaufendem Autofokus muss man sich bei der Aufnahme keine großen Gedanken machen. Mit der Qualität einer hochwertigen DSLR oder Action-Cam wie der neuen GoPro Hero 3 mit 4K-Support kann die Leistung selbstverständlich nicht mithalten.
Die Frontkamera des Lumia 920 löst mit 1,3 Megapixel auf. Im Praxistest zeigt sich eine durchschnittliche Abbildungsleistung. Das Bild bleibt auch nach mehreren Versuchen relativ unscharf und weichgezeichnet. Im Gegensatz dazu ist kaum Bildrauschen zu erkennen. Das Modul ermöglicht neben Foto- auch Videoaufnahmen im 720p-Standard (30 fps). Die Qualität ist in Ordnung. Die Linse des Apple iPhone 5 (1,2 Megapixel) ermöglicht deutlich schärfere Aufnahmen mit sichtbarem Rauschen. Die Linse an der Vorderseite ist für Videochats gedacht. Bei entsprechender Beleuchtung ist sie dafür auch gut geeignet, allerdings handelt es sich nicht um eine Weitwinkellinse. Das HTC Windows Phone 8X bietet eine solche Frontkamera.
Zubehör
In der Verpackung findet sich das notwendige Zubehör für den direkten Einsatz. Neben dem Smartphone sind dies ein kompaktes USB-Netzteil mit dem entsprechenden Verbindungskabel, ein sehr extravagantes Headset vom Typ WH-208, gedruckte Dokumentationen und ein kleines Tool zum Öffnen des SIM-Schachts. Die Kurzanleitung ist gut strukturiert und auf jeden Fall einen Blick wert. Auf der Produktseite des Lumia 920 präsentiert das Unternehmen auch einige Zubehörteile. Darunter die Produkte zum kabellosen Aufladen, verschiedene Speaker sowie Kopfhörer.
Garantie
Nokia bietet eine Garantielaufzeit von 24 Monaten auf das Smartphone. Auf den Akku und das Zubehör wie erwartet nur 12 Monate. Interessanterweise zählt das Ladegerät nicht zum Zubehör und ist nur sechs Monate über die Garantie geschützt. Eine Garantieverlängerung wird auf der Internetseite von Nokia derzeit nicht angeboten.
Spiele
Die integrierte Qualcomm Adreno 225 GPU ist bei Spielen gefragt. Im Store von Windows Phone 8 finden sich bekannte Klassiker wie Angry Birds oder Cut the Rope. Anspruchsvolle 3D-Games (Beispiele: ShadowGun oder Need for Speed), die man von Android und iOS kennt, stehen nicht zum Download bereit. Im Praxistest haben wir uns daher für das gefräßige Monster von Cut the Rope und das sehr einfache Logos Quiz entschieden. Beide Games können ohne Probleme und größere Ladezeiten dargestellt werden. Das volle Potential der Grafikeinheit konnten wir aufgrund der bis dato beschränkten Angebots nicht testen.
Eingabegeräte & Bedienung
Die Eingabe von Texten erfolgt über eine virtuelle QWERTZ-Tastatur, die je nach Anwendung automatisch eingeblendet wird. Die Tasten haben eine rechteckige Form, wobei jede einzelne Taste recht hoch ist. Die Tasten des Apple iPhone 5 wirken dagegen fast quadratisch. Durch die geringen Tastenabstände erscheint das Layout zudem sehr gedrängt. Umso überraschender, dass im Alltag kaum Tippfehler produziert werden und ein positiver Eindruck bleibt. Der kapazitive Multi-Touch-Bildschirm erkennt Finger punktgenau. Bei Berührung werden die Tasten in der gewählten Systemfarbe hinterlegt. In unserem Fall in einem hellen Gelbton.
In der Vertikalen verspielt Microsoft beziehungsweise Nokia den Vorteil. Rechts und links bleiben deutliche Ränder frei, wodurch das Layout nicht entzerrt wird. Insgesamt bleiben zirka 1,8 Zentimeter der gebotenen Fläche ungenutzt. Ansonsten unterscheidet sich das Layout in dieser Position nicht. Ein Nachteil ist die Tatsache, dass die virtuelle Tastatur in diesem Szenario mehr als die Hälfte des Bildschirms ausfüllt. Ein positives Feature zeigt sich im Internet Explorer: Die Adressleiste befindet sich direkt oberhalb der Tastatur und nicht am oberen Rand des Bildschirms wie es bei anderen Betriebssystemen der Fall ist. Dadurch kann man da Gerät ohne lästiges Umgreifen mit einer Hand bedienen.
Das Nokia Lumia 920 bietet ein 4,5 Zoll großes Display mit einer Auflösung von 768 x 1.280 Pixel, das durch eine Scheibe aus Corning Gorilla Glass 2 geschützt ist. Ein großer Vorteil sind die abgerundeten Kanten. Auch ohne die Einfassung durch das Gehäuse entsteht eine angenehme Haptik. Die Ränder sind klar zu ertasten. Andererseits entstehen durch die zusätzliche Schicht aus Gorilla Glass starke Spiegelungen, aber dazu gleich mehr. Mit dem Namen „PureMotion HD+-Touchscreen“ umschreibt Nokia die verwendete Technologie. Der Bildschirm basiert auf der IPS-Technologie in Verbindung mit LEDs für die Beleuchtung. Dank einer hohen Pixeldichte von 332 DPI sind die einzelnen Bildpunkte nicht mehr zu erkennen. Das Apple iPhone 5 oder das neue Google Nexus 4 bewegen sich mit 326 respektive 320 DPI auf Augenhöhe.
Im ersten Schritt der Vermessung nehmen wir uns der gebotenen Luminanz der LED-Anzeige an. Im Durchschnitt erreicht das Panel einen Wert von rund 322 cd/m² und liegt damit im guten Mittelfeld. Das iPhone 5 kann sich mit einem Durchschnittswert von über 450 cd/m² absetzen. Das Google Nexus 4 ist mit maximal 283 cd/m² unterlegen. Insgesamt aber keine schlechte Vorstellung des Lumia. Die Ausleuchtung der gebotenen Fläche ist ein wichtiger Punkt in diesem Kontext. Durch geringe Schwankungen erreicht das Testgerät sehr gute 89 Prozent, wobei das Gerät aus Cupertino wieder einen Schritt weiter vorne liegt.
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Ausleuchtung: 89 %
Helligkeit Akku: 349 cd/m²
Kontrast: 851:1 (Schwarzwert: 0.41 cd/m²)
Die weiteren Messwerte können überzeugen. Schwarz wird durch einen geringen Wert von nur 0,41 cd/m² satt dargestellt. In Kombination mit der guten Helligkeit des Bildschirms errechnet sich zudem ein gutes Kontrastverhältnis von 851:1. Subjektiv lassen die Farbwiedergabe und Bildschärfe keine Wünsche offen. Die Anzeige könnte allerdings ein wenig heller sein, wodurch auch der Kontrast steigen würde. Insgesamt ist dies aber Meckern auf hohem Niveau. Zur Farbechtheit oder Abdeckung der sRGB-Referenz macht Nokia keine Angaben.
Im Außengebrauch hat das Lumia mit einer Helligkeit von über 300 cd/m² grundsätzlich kein Problem. Angesichts der spiegelnden Oberfläche könnte die LED-Beleuchtung aber ein wenig stärker sein. Bei bedecktem Himmel ist der Content durchweg gut zu erkennen. Bei starkem Sonnenlicht könnte das Smartphone allerdings Probleme bekommen, da die gebotene Helligkeit wahrscheinlich nicht gegen das stark glänzende Gorilla Glass 2 ankommt. Das Verhalten im Außeneinsatz ist mit dem Google Nexus 10 Tablet vergleichbar.
Eine ausführliche Grafik zur Blickwinkelstabilität ist bei diesem Gerät nicht notwendig. Die von Nokia genutzte IPS-Technologie (In-Plane Switching) ist blickwinkelunabhängig. Selbst bei der Betrachtung von der Seite verändern sich die Farben nicht und das Referenzbild blendet nicht auf. Das gemeinsame Anschauen von Filmen ist auf dem Smartphone eher unrealistisch, aber grundsätzlich kein Problem.
Für eine gute Leistung soll ein System-on-a-Chip (SoC) von Qualcomm sorgen. Der verwendete Snapdragon S4 MSM8960 ist ein High-End-Baustein, der eine Rechenleistung von 1,5 GHz bietet, in 28 Nanometer Strukturbreite gefertigt wird und auf der modernen Krait-Architektur basiert. Im Vergleich ist diese deutlich fortschrittlicher als vergleichbare Cortex-A9 von Mitbewerbern. Im groben Vergleich bewegt sich der SoC von Qualcomm auf dem Niveau der Cortex-A15-Bausteine. Beide Kerne verfügen über jeweils 32 KB L1-Cache sowie eine gemeinsame L2-Cache mit einer Kapazität von 1 MByte. Ein weiterer Bestandteil ist die zuvor erwähnte Adreno 225 Grafikeinheit. Im Gegensatz zur Adreno 220 arbeitet die aktuelle Version mit 400 anstatt 266 MHz. Ein kleines, aber wichtiges Feature sind die dedizierten Decoder für die Wiedergabe von Full-HD-Material mit bis zu 30 fps.
Zur weiteren Ausstattung des Nokia Lumia zählen 1 GByte Arbeitsspeicher und 32 GByte Speicherkapazität, die nicht erweitert werden kann. Das Mittel der Wahl ist Speicher in der Cloud. Ab Werk ergibt sich eine Nettokapazität von 26,67 GByte, die zur freien Verfügung stehen (83 Prozent). Mit Blick auf das bereits getestete HTC Windows Phone 8X ist die Hardwareausstattung nahezu identisch.
Den Anfang in unserem Benchmarkparcours machen verschiedene Browser-Tests. In der aktuellen Revision des bewährten Google V8 erreicht das Nokia Lumia ein Wertung von 785 Punkten und liegt gleichauf mit dem Konkurrenzprodukt von HTC. Sowohl das Apple iPhone 5 als auch das Google Nexus 4 können sich deutlich absetzen. Die Differenz beträgt 76 respektive 86 Prozent. Ein ähnliches Ergebnis attestiert der Browsermark 2.0, wobei wir dort nur einen Vergleichswert haben. Im Java-Script-Benchmark Sunspider 0.9.1 gewinnt der kleinste Wert, und damit das HTC Windows Phone 8X mit gerade mal 896 Millisekunden. Unser Testgerät und das iPhone 5 liegen nur knapp dahinter, wohingegen das Google Nexus 4 deutlich schlechter abschneidet. Der Unterschied liegt bei über 100 Prozent.
Fazit: Bei diesen Tests zeigt sich die Leistung des vorinstallierten Browsers. Der von Microsoft verwendete Internet Explorer 10 kann nur im Java-Script-Benchmark punkten. Der mobile Safari von Apple schneidet hingegen in allen Bereichen gut ab. Google Chrome auf dem Nexus 4 zeigt eine starke Leistung im Google V8. Allerdings kommen Benchmark und Browser vom selben Unternehmen.
Google V8 Ver. 7 - Google V8 Ver. 7 Score (nach Ergebnis sortieren) | |
Nokia Lumia 920 | |
HTC Windows Phone 8X | |
Google Nexus 4 | |
Apple iPhone 5 |
Browsermark - --- (nach Ergebnis sortieren) | |
Nokia Lumia 920 | |
Google Nexus 4 | |
Apple iPhone 5 |
Sunspider | |
1.0 Total Score (nach Ergebnis sortieren) | |
Nokia Lumia 920 | |
Google Nexus 4 | |
Apple iPhone 5 | |
0.9.1 Total Score (nach Ergebnis sortieren) | |
Nokia Lumia 920 | |
HTC Windows Phone 8X | |
Google Nexus 4 | |
Apple iPhone 5 |
* ... kleinere Werte sind besser
Abschließend haben wir den Multi-Plattform-Benchmark AnTuTu (V2) ausgeführt. Trotz mehrerer Versuche wurden die GPU-Tests abrupt abgebrochen und die Anwendung geschlossen, wodurch es auch keine vergleichbare Endbewertung gibt. Der Arbeitsspeicher ist flink, wobei das Google Nexus 4 mit 2 GByte RAM klar die Nase vorne hat. In den weiteren Test sichert sich das Nokia Lumia 920 gute Ergebnisse. Vor allem der SoC von Qualcomm kann sich sehen lassen.
Natürlich kann man mit dem Nokia Lumia 920 auch telefonieren, wenngleich man das neben den zahlreichen Möglichkeiten auch manchmal vergisst. Nach mehreren Telefonaten zeigen sich keine Schwächen. Die Sprachqualität kann durchweg überzeugen, die maximale Lautstärke des Ohrhörers ist auch in der vollen Bahn ausreichend und die Freisprechfunktion tut, was sie soll.
Das beiliegende Headset vom Typ WH-208 ist sehr einfach gehalten. Der Klang ist für Gespräche ausreichend, aber Hörspaß bei der Wiedergabe von Musik will nicht aufkommen. Dank verschiedener In-Ear-Aufsätze sollten die meisten Nutzer mit dem Headset zurechtkommen. Seine Verarbeitung ist in Ordnung, wobei wir insgesamt ein hochwertigeres Zubehörprodukt im Lieferumfang erwartet hätten.
Temperatur
Die Temperaturwerte sind gerade bei Smartphones und Tablets ein wichtiger Punkt, da die entstehende Wärme der Komponenten ausschließlich passiv über das Gehäuse abgeführt wird. Im Leerlauf wird das Nokia Lumia 920 mit maximal 34,1 Grad Celsius handwarm. Insgesamt liegen die Werte in diesem Szenario im Rahmen und sind mit anderen Geräten vergleichbar.
Unter Last steigen die Werte (wie erwartet) an. Nach einer Stunde in unserem Stresstest konnten wir teils deutlich erhöhte Temperaturen messen. Der Spitzenwert von über 50 Grad Celsius wird im unteren Bereich der Rückseite erreicht. Insgesamt wird das Gerät in diesem Test spürbar warm bis heiß, je nach subjektiver Einschätzung. Das HTC Windows Phone 8X mit nahezu identischer Hardware schneidet besser ab.
(-) Die maximale Temperatur auf der Oberseite ist 46.1 °C. Im Vergleich liegt der Klassendurchschnitt bei 35.1 °C (von 21.9 bis 63.7 °C für die Klasse Smartphone).
(-) Auf der Unterseite messen wir eine maximalen Wert von 53.3 °C (im Vergleich zum Durchschnitt von 33.9 °C).
(+) Ohne Last messen wir eine durchschnittliche Temperatur von 31.7 °C auf der Oberseite. Der Klassendurchschnitt erreicht 32.8 °C.
Lautsprecher
An der Unterseite des Smartphones befinden sich zwei Lautsprecher, die rechts und links vom Micro-USB-Port platziert wurden. Ähnlich dem Apple iPad Mini ist damit theoretisch Stereo-Klang möglich, wobei man diesen nur wahrnimmt, wenn man mit der Nase zwischen die Lautsprecher geht - relativ unwahrscheinlich. Das Klangbild beschränkt sich zum Großteil auf die Wiedergabe von hohen Tönen. Bässe oder Tiefen sind kaum präsent, wodurch kein runder Gesamteindruck bleibt. Die maximale Lautstärke kann hingegen überzeugen, da der Klang nicht verzerrt. Die Abstufung ist zudem sehr fein. Hochwertigere Speaker oder Kopfhörer können über die genormte 3,5-mm-Stereo-Klinke angeschlossen werden.
Energieaufnahme
Neben dem integrierten SoC von Qualcomm ist der 4,5-Zoll-Bildschirm der größte Stromverbraucher des Geräts. Im Office-Betrieb benötigt das Nokia Lumia 920 zwischen 2,1 und 3,9 Watt. Das änhlich ausgestattete HTC Windows Phone 8X verbraucht am oberen Ende mit nur 2,6 Watt deutlich weniger Strom. Aus der Differenz von 1,3 Watt ergibt sich ein prozentualer Wert von 33 Prozent. Der König bei dieser Messung ist das Apple iPhone 5. Im Leerlauf verbraucht das Smartphone maximal 1,4 Watt (Differenz: 64 Prozent).
Unter Last liegen das Nokia Lumia und das HTC Smartphone auf Augenhöhe. Der integrierte Lithium-Polymer-Akku wird mit maximal 5,4 Watt belastet. Insgesamt ein guter Wert für diese Geräteklasse, wobei das iPhone 5 mit dem neuen Apple-A6-Chip deutlich sparsamer unterwegs ist. Mit einem Spitzenwert von 2,6 Watt sichert sich das Gerät einen Vorsprung von 52 Prozent.
Dem Verbrauch steht im Fall unseres Testgeräts ein fest integrierter Akku mit einer Kapazität von 7,4 Wattstunden gegenüber. Der Austausch durch den Endverbraucher ist von Nokia nicht vorgesehen.
Aus / Standby | 0 / 1.1 Watt |
Idle | 2.1 / 3.2 / 3.9 Watt |
Last |
4.6 / 5.4 Watt |
Legende:
min: ,
med: ,
max: Voltcraft VC-940 |
Akkulaufzeit
Ergänzend zu den Herstellerangaben von 460 Stunden im Standby und rund 11 Stunden Gesprächszeit mit aktivierter 3G-Verbindung haben wir unsere Messungen durchgeführt. Den Anfang macht die maximale Akkulaufzeit bei minimaler Helligkeit (WP8: niedrig) und aktivierter Stromsparfunktion des Windows Phone 8. Über ein internetbasiertes Skript haben wir das Lesen eines Textdokuments simuliert. Die weiteren Mobiltechnologien sind dabei deaktiviert. Das Resultat ist eine überzeugende Laufzeit von über 22 Stunden. Das iPhone 5 schneidet trotz kleinerem Akku nur minimal schlechter ab. Das HTC Windows Phone 8X kann mit einer Laufzeit von 15 Stunden nicht mithalten.
Das andere Extrem bildet die Messung unter Last bei maximaler Helligkeit (WP8: hoch) und aktiven Funkverbindungen. Wir haben die Komponenten mit einem Test der Anwendung „WP Bench“ ausgelastet. Nach nur 2 Stunden muss das Nokia Lumia an die Steckdose. Im Blick auf die Konkurrenten ist dies aber nicht außergewöhnlich. Last but not least haben wir das Surfen im Internet über ein Skript simuliert. Bei mittlerer Bildschirmhelligkeit (174 cd/m²) wird alle 40 Sekunden eine neue Internetseite angesteuert. Nach genau 14 Stunden ist die Kapazität des Lithium-Polymer-Akkus aufgebraucht. Auch in diesem Test hat das HTC-Smartphone das Nachsehen.
Das Nokia Lumia 920 ist das neue Flaggschiff der Finnen, das in vielen Punkten überzeugen kann. Dazu gehören das solide Gehäuse, die gute Performance, eine hochwertige Kamera mit optischem Bildstabilisator und die gebotenen Features. NFC und LTE gehören neben Dual-Band-WLAN zum guten Ton. Andererseits ist das Smartphone relativ schwer und wuchtig, bietet keinen Kartenleser und wird unter Last zum Teil sehr warm. Das von Nokia verwendete 4,5-Zoll-Display bietet bei 768 x 1.280 Pixel eine sehr hohe Pixeldichte und gute Werte. Im Außengebrauch könnte die Beleuchtung kraftvoller sein.
Insgesamt ein gelungenes Smartphone mit vielen Plus-, aber auch einigen Minuspunkten. Aus unserer Sicht hat Nokia die vermutlich letzte Chance in Form von Windows Phone 8 genutzt, wenn auch Raum für Verbesserungen bleibt. Das betrifft neben Nokia aber auch Microsoft. Die horizontale QWERTZ-Tastatur nutzt beispielsweise nicht die volle Breite, und dem Store fehlt noch die bekannte Anwendungsvielfalt von Android und iOS. Für rund 650 Euro ist das Nokia Lumia 920 sicherlich kein Schnäppchen. Im Angebot der Finnen finden sich aber auch zwei günstigere Modelle für den kleineren Geldbeutel.