Meinung: Es ist an der Zeit, über Throttling zu sprechen
Das unübersehbare, übergangene Problem
Es wird Zeit, über ein unübersehbares, jedoch oft übergangenes Problem zu sprechen: Throttling. Für viele hat dieser Leitartikel lange auf sich warten lassen. Für diese Enthusiasten ist jeder Laptop, der seinen Basistakt unter Last nicht aufrechterhalten kann, ein Stück Schrott. Allerdings könnten viele, die lediglich ein vernünftig arbeitendes Gerät suchen und niedrigere Ansprüche an mobiles Computing stellen, sagen, dass es verrückt sei, sich solch hohe Leistung in einem schlanken Laptop zu erwarten. Worauf ich hinweisen möchte, sind nicht allgemeine, von Notebooks zu erwartende Leistungsstandards, sondern dass Tester (uns eingeschlossen) Sorgfalt walten lassen sollten, damit Verbraucher nicht in die Irre geführt werden. Wir (Tester) müssen diese Geräte ausreichend genau überprüfen und die Ergebnisse den Verbrauchern präsentieren, sodass diese angemessene Informationen über ihre Käufe erhalten.
Definition von "Throttling"
Bevor wir Throttling definieren, müssen wir eines feststellen: Alle Intel CPUs, sei es für Desktop oder Laptop, sind darauf ausgelegt, ihren maximalen Turbo-Boost-Takt zu erreichen, sobald der Prozessor ausreichend belastet wird (obwohl dies in der Praxis von thermischen Beschränkungen abhängt). Der tatsächliche Turbo-Boost-Multiplier hängt üblicherweise von der Art der Last am Prozessor ab. Beispielsweise hat die i7-6700HQ einen Basistakt von 2,6 GHz und einen Nenn-Boost-Takt von 3,5 GHz. Doch diese 3,5 GHz gelten nur für Single-Core-Last und sind daher für viele Lastszenarios vollkommen unnütz. Werden zwei oder drei CPU-Kerne belastet, fällt der Turbo-Boost auf 3,3 GHz. Werden vier Kerne belastet, fällt der Turbo-Boost auf 3,1 GHz. Da etwa viele Spiele vier Kerne nutzen (und jeder DirectX-11-Titel auf einer Nvidia GPU erzwingt CPU-Last auf vier Kernen mit unterschiedlicher Effizienz), bedeutet dies, dass der durchschnittliche Turbo-Boost in vielen Langzeit-Last-Szenarios 3,1 GHz beträgt — obwohl leichtere Aufgaben oft die höheren Frequenzen von Single-Core-Last sicherstellen. Leider ist ein großes Problem, dass Spezifikation und Werbung für einen Laptop oftmals die maximalen Turbo-Boost-Taktraten bewerben, obwohl diese nicht dazu gemacht sind, in der Praxis aufrecht erhalten (oder manchmal erreicht) zu werden.
Eine CPU sollte ihren Turbo-Boost unter Last beibehalten können bzw. nicht unter ihren Basistakt zurück fallen. Andernfalls kann dies als Throttling erachtet werden. Doch was ist Throttling überhaupt? Wie Sie vielleicht erraten haben, handelt es sich um eine beabsichtigte Verringerung der Taktrate eines Prozessors aufgrund einiger beschränkender Faktoren im System (allgemeines Leistungslimit, Stromversorgung oder am häufigsten thermische Beschränkungen). Beachten Sie, dass eine CPU im Idle-Betrieb ihre Taktrate verringert, doch das System — und ich — erachten dies nicht als Throttling: Während die Taktraten tatsächlich im Idle-Betrieb fallen, sendet die CPU in diesem Zustand kein Throttling-Flag (das können Sie mit Intels eigener XTU oder einen der vielen anderen CPU-Monitoring-Utilities überprüfen). Im Allgemeinen handelt es sich beim Throttling unter Dauerlast um thermisches Throttling, doch einige Laptops, beispielsweise Dells XPS 15 9560 und sein Business-Workstation-Äquivalent, das Precision 5520, sind für Throttling aufgrund von Leistungsgrenzen bekannt — wahrscheinlich aufgrund von unzureichender Kühlung ihrer Spannungsregler-Module (Voltage-Regulator-Modules; VRMs).
Fallstudien
Schon seit geraumer Zeit spiele ich mich mit dem Gedanken, einen Leitartikel wie diesen hier zu verfassen, doch unser aktueller Testbericht zum Surface Pro und der darauf folgende News-Artikel haben mich schließlich dazu bewegt. Es geht nicht um das Surface Pro selbst. Im Laufe der Jahre gab es viele, viele Laptops, die unter deutlichem Throttling litten, welches viele Tester zu erwähnen versäumt haben. Die meisten Tester führen keinen Dauerlast-Test aus, und noch weniger testen gemischte Langzeitlast an CPU und GPU. Daher verwundert es nicht, dass dieses Problem von Medien nicht oft berührt wird. Dieser Abschnitt stellt nur wenige aktuelle Beispiele vor, die meinen Standpunkt untermauern, dass wir diese Laptops härter testen müssen — jetzt mehr denn je.
Wie viele Tester nutzen wir Cinebench (R15) CPU Multi 64-Bit als Benchmark. Allerdings lassen wir den Benchmark seit vorigem Jahr in einer Schleife ablaufen, um auf Throttling-Probleme zu testen. Wenn in unseren Tests Throttling entdeckt wird, wird das Leistungs-Subrating und damit die Gesamtbewertung entsprechend verringert. Jedes Ergebnis des Benchmarks wird in einer Graphik über dem Zeitverlauf dargestellt. Entsprechende Charts sehen Sie unten.
Bitte beachten Sie folgendes: Obwohl ich einige Testberichte direkt verlinkt habe, geht es mir hier nicht darum, einzelne Geräte besonders zu benennen oder zu beschämen. Ich will nur hervorheben, dass weitere Tests notwendig geworden sind. Sogar bei Notebookcheck schafften es in der Vergangenheit einige Notebooks mit Throttling-Problemen ohne entsprechende Anmerkung durch die Tests. Ich werde häufig auf unseren in einer Schleife ausgeführten Cinebench Test verweisen. Allerdings ist das sicherlich nicht der einzige Testtyp, der für Dauerlast in einer Schleife ausgeführt werden kann.
Microsoft Surface Pro
Beginnen wir mit dem Surface Pro. The Verge lobte das neue Surface Pro für "full PC performance in a thin and light design". TechRadar verlieh dem Surface Pro die Auszeichnung "Recommended" mit 4,5 von 5 Sternen und lieferte sogar eine gute Anzahl an Benchmark-Ergebnissen, darunter Cinebench. Digital Trends bewertete das Surface Pro mit 9,0 von 10 und nannte es "excellent notebook performance in a tablet format". Keine dieser Stellen erwähnt einen Leistungsverlust, weil sie nicht darauf getestet haben.
Im ersten Diagramm sehen Sie einen deutlichen Leistungsverlust von zirka 340 auf 225 — ein Leistungsverlust von 40 Prozent beim passiv gekühlten i5-Modell (Man beachte, dass sich das auf die U-Serie bezieht und nicht auf die 4,5-W-Y-Serie).
Das teurere Core i7-7660U Modell nutzt aktive Kühlung und erleidet daher nur einen kleineren Leistungsverlust von 410 auf 335 (zirka 20 Prozent). Damit entspricht das letzte Ergebnis des i7 der Anfangsleistung des Core-i5-Modells — eine Leistung, die das i5 Modell wegen des Fehlens eines Lüfters nicht aufrechterhalten kann.
Damit wir uns recht verstehen: Wie gaben dem Surface Pro trotz dieses Throttlings eine extrem hohe Gesamtwertung von 90 Prozent. Doch wir haben das Problem im Testbericht sowie in einem folgenden News-Artikel hervorgehoben. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass Verbraucher zumindest auf den deutlichen Leistungsverlust im Falle einer Dauerbelastung eines jeden Modells aufmerksam gemacht werden. Es obliegt letztendlich ihrer Entscheidung, ob das Gerät ihren Anforderungen gerecht wird oder nicht. Diese Entscheidung ist anhand der Spezifikationen immer schwieriger zu treffen, da verwirrende Bezeichnungsschemata für Komponenten und passive Kühlung vorliegen.
MSI GS73VR 7RF
Das GS73VR 7RF erhielt unterschiedliche Bewertungen, doch vorwiegend wegen seiner Verarbeitung. PC Mag tadelte das GS73VR wegen seiner Materialien und seines Preises und gab ihm 2 von 5 Sternen. Dennoch lieferte es gewinnende Ergebnisse bei ihren Handbrake-, Cinebench- und Photoshop-Benchmarks. PC Gamer schließt wegen seiner starken Gaming-Benchmark-Leistung mit einer Empfehlung für das GS73VR 6RF, während CNET ihm eine lauwarme Bewertung von 7,5 von 10 gab, mit welcher es vorwiegend seinen Preis und die Verarbeitung abstrafte.
In puncto Leistung schaute es für unser GS73VR Testmodell zirka 20 Minuten lang gut aus, doch dann fiel sein Ergebnis von 720 auf 504 — ein Leistungsverlust von 36 Prozent. Das ist eine Größenordnung, die ein Gaming-Fan, der einen 17,3-Zoll-Gaming-Laptop kauft, wahrscheinlich bemerken wird.
MSI GS63VR 7RF
Das GS63VR erhielt von den meisten Seiten einschließlich Overclock3d, PCWorld, UltrabookReview (eine der wenigen, die - wie ich stolz anmerken darf - heiße Temperaturen erwähnt haben) und TheTechy positive Bewertungen.
In der Tat handelt es sich für die meisten Kunden um einen guten Laptop. Allerdings zeigen unsere Tests einen nahezu unmittelbaren Leistungsverlust von zirka 12,5 Prozent. Das Notebook erreicht sein bestes Ergebnis von 740 nur im ersten Lauf. Nach zwei weiteren Läufen bleibt das Ergebnis bei knapp unter 660 festgenagelt.
In Anbetracht der Zielgruppe eines derart schlanken und leichten, leistungsorientierten Gerätes behaupte ich (erneut), dass es besonders in einem solchen Test angemessen wäre, Probleme, die Taktraten unter Last aufrechtzuerhalten, zu erwähnen.
Dell Precision 5520
Das Precision 5520 ist der Business-Workstation-Zwilling des XPS 9560, eine mobile Workstation für Profis. Es wurde von Digital Trends für seine "strong performance thanks to a Xeon quad-core CPU and Nvidia Quadro GPU" von Laptop Mag für seine "fast performance", und Windows Central für "top for this class"-Performance gelobt. Dauer-Last-Tests wurden jedoch anscheinend von keinen der Testberichte geführt.
Da das M5520 das gleiche Chassis und Mainboard wie das XPS 15 (das 9550, genau gesagt) nutzt, kann man sich die gleichen Design inhärenten Schwierigkeiten erwarten — nämlich VRM-Throttling. Diese Serie tendiert zu Throttling unter starker oder gemischter Last bei Core i7 und stärkeren CPUs, wenn das VRM (Voltage-Regulator-Modul) zu heiß wird, um der CPU ausreichend Leistung zu liefern (Verlust von Effizienz bei hoher Temperatur). Scheinbar hat dies auf viele Core-i3- oder -i5-Modelle keinen Einfluss, doch es scheint definitiv unser Precision 5520 mit seinem Highend-E3-1505-Xeon zu beeinträchtigen. Mit seiner 3,0-4,0-GHz-Xeon-CPU startete unser Precision 5520 mit einem starken Ergebnis von 710, doch schon bald konnten wir beobachten, dass das Ergebnis zwischen 650 und 460 pendelt.
Das entspricht einem 42,5-prozentigen Leistungsverlust gegenüber seiner Spitzenleistung, den der potentielle Käufer einer solchen Workstation wahrscheinlich beim täglichen Arbeitsablauf antreffen würde.
HP EliteBook 725 G4
Nur damit klar ist, dass wir hier nicht auf Intel herumreiten: Das von AMDs Bristol Ridge PRO A12-9800B APU angetriebene HP EliteBook 725 G4 ist auch ein Beispiel für einen Laptop, das unter langanhaltender Last an Leistung verliert. Unsere Cinebench Schleife zeigt wiederum 10 Prozent Leistungsverlust in nur wenigen Durchläufen. In diesem Fall war dieses spezielle Modell des Notebooks bei Testern nicht allzu beliebt, und ich konnte keine Testberichte von Dritten finden.
[Leistung] wird allein aufgrund der Spezifikation wegen verwirrender Bezeichnungsschemata und unzureichender Kühlung immer weniger vorhersehbar.
Beachten Sie, dass es sich hier nur um eine Handvoll von Beispielen aus unserer Testbericht-Datenbank handelt. Es sind wenige Beispiele von unlängst durchgeführten Testberichten, doch nur ein kleiner Anteil der Gesamtzahl an Laptops mit deutlichem Leistungsverlust unter Last. Da Laptops immer dünner, leichter und leiser gemacht werden, tritt dieses Problem immer häufiger auf.
Die Lösung
Ich will nicht sagen, dass jeder unsere Testmethoden nachahmen oder Cinebench in einer Schleife laufen lassen sollte, doch dieses Problem sollte irgendwie durch Benchmarks behandelt werden. Fast jeder anspruchsvolle Benchmark oder jedes fordernde Game, das CPU und GPU belastet, wird nach einer Weile genügend Daten liefern. Zudem ist es nicht besonders schwer: Man braucht nur einfach HWiNFO mit CPU- und GPU-Sensoren im Hintergrund auszuführen und sollte alle Informationen erhalten, die zum Feststellen von Throttling notwendig ist. Und sollte es auftreten, ist es unsere Pflicht als Medien, dies zu erwähnen. So überlassen wir die Entscheidung dem Verbraucher, ob er ein Produkt so wie es ist kaufen will oder nicht.
Die Folgen
Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn wir uns alle einig wären, neue Laptops unter genaueren Umständen zu testen? Ja, wir brauchen etwas mehr Zeit. Ja, vielleicht verlieren OEMs Einnahmen, die auf einer Täuschung von Verbrauchern durch Verbauen von Komponenten, die in ihren Produkten nicht wie beworben laufen können, beruhen. Doch ich bin mir auch sicher, dass es weniger Rückläufe und zornige Kunden gibt, die ihrer Meinung nach nicht das bekommen haben, wofür geworben wurde. Vielleicht fangen Hersteller an, ihre Computer mit entsprechend gebauten Kühllösungen, die für die verbaute Hardware angemessen sind, auszustatten. Schließlich öffnet der Test auf CPU-Throttling für die Tester auch die Tür zum Testen auf GPU-Throttling. Jedenfalls denke ich, dass mehr Information nicht schlecht ist — unabhängig davon, ob Verbraucher sie nun nutzen oder nicht.