Kommentar | Apple erzwingt mit dem iPhone 14 in den USA das Ende der SIM-Karte: Fluch oder Segen?
Neben spannenden und zum Teil sogar überraschenden Neuerungen wie der sogenannten "Dynamic Island" hat Apple im Zuge der offiziellen Vorstellung seines iPhone 14 beiläufig auch eine weitere signifikante Änderung verkündet, die in vielen Berichterstattungen eher untergegangen ist. In den USA werden alle iPhone-14-Modelle nämlich ohne einen physischen SIM-Kartenslot ausgeliefert.
Für deutsche und europäische Käufer des iPhone 14 ändert sich vorerst zwar nichts, allerdings ist es nur eine Frage der Zeit, bis Apple auch hierzulande das Ende der traditionellen SIM-Karte einläutet. Als Ersatz wird die angeblich praktischere aber in jedem Fall auch umweltfreundlichere eSIM dienen, die bereits von allen Apple-Smartphones seit dem 2018 erschienenen iPhone XS und iPhone XR unterstützt wird.
Trotzdem finden sich in diversen Foren jede Menge kritische Reaktionen von potenziellen Kunden, die auf die offensichtlichen Nachteile des exklusiv auf eSim setzenden Apple iPhone 14 eingehen. In den fast 700 Kommentaren bei MacRumors wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass es für reisende Amerikaner bald deutlich schwerer wird, ihr iPhone 14 mit einer lokale SIM-Karte für ihren Urlaubsort zu betreiben.
Für Vielreisende könnte das US-Modell des iPhone 14 keine gute Wahl sein
Dabei könnte der eSIM-Wechsel in Smartphones wie dem iPhone 14 (ab 999 Euro bei Amazon) theoretisch deutlich komfortabler ablaufen als mit einer traditionellen SIM-Karte. In der Realität sieht dies bisher aber leider anders aus. Gerade kleinere Mobilfunkanbieter, die mit ihren Prepaid-Tarifen in so manchen Urlaubsländern das mit Abstand beste Preis-Leistungsverhältnis bieten, haben die eSIM bisher garnicht im Programm, oder haben diese Technologie eher schlecht als recht implementiert.
Hinzu kommen die geographischen Restriktionen, die Apple in seinem App Store streng durchsetzt. Bei vielen Anbietern erfolgt die Registrierung und Installation einer eSIM über eine entsprechende iOS-App, die oftmals aber nur im App Store des jeweiligen Landes zu finden ist. Ohne eine lokale Apple ID ist hier also bereits Ende Gelände. Alternativ kann die Registrierung in manchen Fällen über eine Webseite und die darauffolgende Aktivierung der eSIM per zugesandtem QR-Code durchgeführt werden, was sich oftmals aber nicht als sonderlich intuitiv erweisen dürfte. Als letzte Alternative steht ansonsten noch das vielerorts sündhaft teure Datenroaming zur Debatte, was vor allem die profitgierigen Mobilfunkanbieter in den USA freuen dürfte.
eSIM-Exklusivität des iPhone 14 gibt Mobilfunkanbietern mehr Kontrolle beim Gerätewechsel
Aber auch in der Heimat könnten angehende Besitzer eines iPhone 14 in den USA einen eher unangenehmen Trend befeuern. Anders als eine physische SIM-Karte kann eine eSIM beim Smartphone-Upgrade nämlich nicht einfach in das neue Mobilgerät geschoben werden. Manchmal muss hierfür beim Anbieter ein neuer Aktivierungscode angefordert werden, der für den Aufwand beispielsweise eine einmalige Gebühr verlangen kann. Unter iOS 16 soll allerdings auch ein vereinfachter eSIM-Transfer möglich sein, sofern der Anbieter dies denn gestattet.
Im schlimmsten Fall könnten Betreiber die Aktivierung einer eSIM auf einem fremden Gerät aber auch schlicht und ergreifend verweigern. In den Vereinigten Staaten kaufen die meisten Kunden ihr neues Smartphone nach wie vor direkt über den Mobilfunkanbieter, um sündhaft teure Geräte wie das bis zu 1.599 US-Dollar teure iPhone 14 Pro Max in Raten abzustottern. Wer sein neues iPhone stattdessen lieber zum Vollpreis direkt bei Apple erwirbt, dem dürfte die potentielle eSIM-Gängelei mancher Anbieter zumindest im Hinterkopf herumschwirren.
Fortschritt um des Fortschritts Willen?
Letztendlich finden sich also mehrere nachvollziehbare Argumente, warum der Wegfall des physischen SIM-Karten-Slots im iPhone 14 etwas überstürzt ist. Hierbei können durchaus Parallelen zur damals scharf kritisierten Abschaffung des 3,5mm-Klinkenanschlusses gezogen werden, die sich aufgrund der Popularität von kabellosen Kopfhörern auch sechs Jahre nach dem Release des iPhone 7 allerdings als wegweisend erwiesen hat.
Fraglich ist außerdem, warum das Ende des SIM-Slots aktuell nur in den USA forciert wird. Mit der etwas fortgeschritteneren eSIM-Adoption und einem monströsen Marktanteil von 50 Prozent kann es sich Apple dort aber schlicht und ergreifend leisten, eine relativ kleine Gruppe von potentiellen Käufern mit dem iPhone 14 vor den Kopf zu stoßen, die den eSIM-Zwang zum aktuellen Zeitpunkt vielleicht noch als Fluch empfinden.
Langfristig besteht allerdings wenig Zweifel daran, dass sich die eSIM früher oder später flächendeckend durchsetzen wird. Wer sich diesem Fortschritt aktuell noch nicht beugen möchte, dem stünde selbst in den USA der Kauf des nach wie vor exzellenten iPhone 13 oder des iPhone 12 offen, und auch das erschwinglichere iPhone SE 2022 kann weiterhin mit einer physischen SIM als auch einer neuen eSIM betrieben werden, und bietet damit momentan noch das Beste beider SIM-Welten.
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