Wir fordern kleinere Handys!
Ich habe ein Geständnis zu machen.
Hier bei Notebookcheck genieße ich das Privileg, mit einigen der engagiertesten Nachrichtenredakteure in der Welt der Mobiltechnologie zusammenzuarbeiten. Sie gehören zu der Art von Leuten, die spontan die neuesten, angesagtesten und innovativsten Geräte kaufen, nur um damit Benchmarks durchzuführen und uns die interessantesten und banalsten Funktionen moderner Smartphones und Laptops zu präsentieren. Dennoch trage ich jeden Tag, wenn ich mein Haus verlasse, ein Telefon in der Tasche, das vor vollen drei Jahren auf den Markt kam.
Ich war nicht immer so. Ein paar Monate nach der Veröffentlichung des Motorola Moto Z3 stürzte ich mich auf das damals hoch moderne Gerät und spielte voller Begeisterung die neusten Mobile Games sowie eine große Handvoll Vintage-Klassiker via Emulation. Ich hatte mich voll und ganz in der Großbildschirm-, Großbatterie- und Großleistungsschiene eingefahren, die noch heute die Szene regiert. Dann, eines schicksalhaften Abends, als ich eine Untergrund-Wein- und Jazzbar in London betrat, sah ein scheinbar freundlicher Gast, dass mein schickes Mobiltelefon mindestens einen Zentimeter aus meiner Tasche herausragte.
Natürlich merkte ich nicht einmal ansatzweise, wie der flinke Fremde das Gerät aus meiner Tasche zog. Mein schickes und gigantisches Telefon wurde gestohlen.
Ich ging zum lokalen Handy-Shop und kaufte das billigste Telefon im Laden, welches zufälligerweise auch unglaublich klein war. Ich meine, es war ein Alcatel U3, und es war so erstaunlich leistungsschwach, dass es im Grunde nichts anderes tun konnte, als SMS zu senden, und selbst das nur mit viel Geduld. Ich habe daraufhin mehrere Tage damit verbracht, nach Handys zu suchen, mit Zahlen zu jonglieren und meine Taschen und die verschiedenen Fächer in meiner Kuriertasche auszumessen. Diese Recherche führte schließlich zum Kauf eines Sony Xperia XZ1 Compact.
Das Sony XZ1C, wie es manchmal genannt wird, verwendet den Snapdragon-835-Chipsatz zusammen mit 4 GB RAM, einem 720p-Display mit einem Seitenverhältnis von 16:9 und 32 GB internem Speicher sowie einem microSD-Kartensteckplatz. Um dem "kompakten" Teil seines Namens gerecht zu werden, ist es 129 mm hoch, 65 mm breit und nur knapp 9,3 mm dick. Wisst ihr, was es noch hat? Einen Kopfhöreranschluss! Es unterstützt Android 9, und bis zum heutigen Tag hat es nie mehr als einen Sekundenbruchteil gebraucht, eine Aufgabe zu erfüllen, um die ich es gebeten habe. Vor einem Jahr dann habe ich es in die Gosse geworfen und bin draufgetreten (aus Versehen!), und weil mir das Teil so gut gefallen hatte, habe ich mir am nächsten Tag direkt ein neues gekauft, für umgerechnet etwa 167 Euro.
Ich erzähle diese Geschichte nicht (nur), um von den guten, alten Zeiten zu faseln oder um mit meinem winzigen Smartphone zu prahlen. Das Problem ist - und ich weiß, dass es zumindest einigen von euch genauso geht - dass es heute ganz einfach keine Smartphones wie dieses mehr gibt. Würde mir etwas mehr interner Speicher gefallen oder vielleicht eine Kamera, die tatsächlich über dem Durchschnitt liegt? Na klar! Aber was nützt mir etwas, das weder in meine Hosentaschen, noch in das Reißverschlussfach meiner Kuriertasche passt, die ich überall mit hinnehme?
Ich verstehe, dass modernste und anspruchsvollste Technik auch ihren Platz einnimmt und dazugehörige Akkus und Kühlung dafür sogar noch mehr. Es gibt jedoch nichts auf dem Markt, das von der Größe her auch nur annähernd an mein drei Jahre altes Xperia heranreicht. Warum nicht? Nehme ich die falschen Pillen? Wo sind all die Kompakttelefone?
Der Stand der Kleingerättechnik
Hersteller scheinen der Überzeugung, dass sie diese Seite des Marktes abgedeckt haben. Natürlich muss ich zugeben, dass zum Beispiel das 2020 iPhone SE nicht riesig ist (138 mm x 67 mm x 7,3 mm), und es bietet ein anständiges Preis-Leistungs-Verhältnis - also in den USA. Die Kosten steigen beträchtlich, wenn man in der EU lebt, sowohl wegen des höheren Etikettenpreises als auch wegen der anfallenden Mehrwertsteuer. Wie viele Android-Benutzer, bin auch ich nicht bereit, auf iOS umzusteigen. Darüber hinaus setzt Apples berüchtigte Weigerung, microSD-Karten zu erlauben, ihre Produkte für mich und viele andere auf die schwarze Liste. Man darf nicht vergessen, dass nicht jeder Teil der Welt über unbegrenzte Datenmengen bei hoher Übertragungsgeschwindigkeit verfügt, und wer einen breit gefächerten Musikgeschmack besitzt, wird zustimmen, dass für 320 Kb/s-Aufnahmen selbst 128GB recht schnell zu wenig sind.
Was ist mit dem Sony Xperia XZ2 Compact, werdet Ihr euch vielleicht fragen. Um ganz ehrlich zu sein, das XZ2C qualifiziert sich kaum als Update des XZ1C, wobei es zum einen wesentlich dicker als sein hochleistungsfähiger Vorgänger ist und zudem keinen Kopfhöreranschluss mehr hat! Es misst 135 mm x 65 mm x 12,1 mm, und obwohl Höhe und Breite akzeptabel sind, ist die um 25 % größere Tiefe im Vergleich zum XZ1C praktisch schon ein Dealbreaker an sich. Ich habe zwar noch nie eins besessen, aber ich befürchte, dass seine gerundeten Kanten um einiges anfälliger für Beschädigungen sind. Das XZ1C, egal wie oft ich es auch fallen ließ, hatte noch nie einen Bildschirmbruch, bis ich tatsächlich in einem Patzer epischen Maßes mit meinem vollen Gewicht draufgetreten bin. Da das Xperia XZ2C nur um ein Haar leistungsstärker (und größer) ist als das erste Modell, wirkt es auf mich nicht wie eine große Verbesserung.
Womit wir zum letzten Markentelefon kommen, das von sich behauptet kompakt zu sein: Das Google Pixel 4a. Es handelt sich tatsächlich um ein anständiges Gerät. Mit 144 mm Höhe und 69 mm Breite ist es merklich größer als seine Konkurrenten in diesem Bereich, wobei seine flachen 8,2 Millimeter Tiefe definitiv unser Siegel der Zustimmung verdient. Was viele, mich eingeschlossen, irritiert, ist Googles anhaltende Weigerung, einen microSD-Steckplatz einzubauen. Die Rechtfertigung des Unternehmens ist eine vage Behauptung, dass Apps nicht dafür konzipiert sind, auf einer unter Umständen ausgebremsten TF-Karte zu laufen.
Liebes Google, ich bringe frohe Kunde: Praktisch niemand, der erweiterbaren Speicher verlangt, plant die Verwendung eines microSD-Kartensteckplatzes zur Aufzeichnung von hoch-bandbreitigen Zeitlupenvideos oder zur Ausführung ressourcenintensiver Spiele. Es würde sogar ein wenig Sinn machen, wenn Google irgendwie seine Budget-Telefone beschränken würde, um uns Speicher-Junkies zum Kauf der High-End-Modelle zu bringen... aber Googles fortschrittlichste Smartphones, die als Vorreiter des Android-Betriebssystems vermarktet werden, kommen in allen Regionen der Welt ohne microSD-Kartensteckplätze. Logisch ist diese Designentscheidung nicht.
Die Zukunft der kompakten Kommunikatoren
Vor einigen Jahren gab es einen lustigen Film namens Zoolander. In dieser populären Produktion wurde einmal das Handy des Protagonisten gezeigt, ein inzwischen urzeitliches Flip-Phone, welches wahrscheinlich bald in archäologischen Aufzeichnungen der westlichen Kultur auftaucht. Das Telefon von Derek Zoolander war, in geschlossenem Zustand, etwa einen Zentimeter groß. Leider gingen Marke und Modell dieses Geräts der Geschichtsschreibung verloren, und manchmal scheint es, als würden wir nie wieder ein Mobiltelefon sehen, das bequem und quetschfrei ohne hervorstehende Wölbungen zu bilden in eine enge Jeans passt.
Wir plädieren für etwas, dass sich mit einer Hand bedienen lässt! Welches Gerät sonst, kann ich wie mein geliebtes Sony XZ1C lässig aus der Tasche ziehen, meinen Kollegen eine WhatsApp-Nachricht schicken, eine Instagram-Story für meine fanatischen Anhänger posten, die Bae auf meinem Wireless-Noise-Cancelling-Headset anrufen und das Ding wieder zurück in meine Tasche schieben ohne auch nur einen Schritt innezuhalten? Ist nicht einer der größten Pluspunkte technischen Fortschritts der geringere Platzbedarf?
Mit Mikrochip-Herstellungsverfahren, die bis in den einstelligen Nanometerbereich reichen, fragen sich viele von uns, warum Handys scheinbar immer größer und größer werden. Noch mehr von uns beklagen den Verlust ehemals üblicher Funktionen wie der microSD-Erweiterung und des klassischen Kopfhöreranschlusses (davon fange ich besser gar nicht erst an). Man würde annehmen, dass das Fehlen von angebotenen Geräten das Fehlen eines Marktes bedeutet, aber ich spüre, dass ich mit meinem Wunsch nach einem normal großen Smartphone nicht der einzige bin.
Kameraden, wenn ihr da draußen seid und euch ebenso ein fortschrittliches Smartphone wünscht, dass sich nicht als Fernseherersatz versucht, dann meldet euch bitte in den Kommentaren! Gemeinsam werden wir solidarisch voranschreiten und einen Weg fort vom Phablet und hin zum Zoolander-Miniatur-Spezial fordern. Eines Tages werden wir wieder kleine Handys sehen! Wir werden sie mit einer Hand bedienen! Sie werden in unsere Hosentaschen passen! Dies wird nicht das letzte Mal sein, dass die großen Herrsteller von uns hören, die wir von einer Welt träumen, in der Smartphones kleiner sind als Tablet-Computer! Danke, dass ihr zu meinem TED-Talk erschienen seid.