Test Amazfit Bip 3 Pro: Günstige Smartwatch offenbart große Schwäche
Nachdem wir kürzlich die Amazfit GTS 4 Mini (ca. 90 Euro bei Amazon) im Test hatten, greifen wir nun noch eine Etage tiefer ins Portfolio des bekannten Smartwatch-Herstellers. Die Amazfit Bip 3 Pro ist mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von rund 70 Euro noch einmal ein Stück weit günstiger.
Dafür bietet sie aber auch nur eine abgespeckte Ausstattung, zu der unter anderem Herzfrequenz- und Blutsauerstoffmessung sowie GPS zählen. Ob sich der Kauf der Amazfit Bip 3 Pro lohnt, haben wir uns im Rahmen dieses Testberichts genauer angeschaut.
Gehäuse und Ausstattung: Kunststoff und Silikon in drei Farben
Wie man es in dieser Preisklasse wohl auch nicht anders erwarten kann, basiert die Amazfit Bip 3 Pro auf einem Gehäuse aus Kunststoff. Dieses ist in den drei Farben Schwarz, Creme und Rosa erhältlich. Auf der rechten Seite ragt eine kleine Taste aus der bis 5 ATM wasserdichten Uhr, die nebst Touchscreen für die Steuerung zuständig ist. Lautsprecher und Mikrofon verbaut der Hersteller nicht.
Am Handgelenk gehalten wird die mit gut 30 g leichtgewichtige Smartwatch von einem farblich passenden und wechselbaren Armband aus Silikon mit 20 mm Breite. Es kann mit der klassischen Dornschließe auf einen Armumfang von ca. 15 bis 22 cm angepasst werden.
Einrichtung und Bedienung: Einfach zu bedienende Smartwatch
Die Einrichtung erfolgt über die Zepp App (verfügbar ab Android 7.0 sowie iOS 12.0 und höher) von Amazfit. Nach dem Download und der Anmeldung muss unter dem Menüpunkt "Profil" und den Eintrag "+ Hinzufügen" nur der nach dem Einschalten auf dem Smartwatch-Display eingeblendete QR-Code mit der Smartphone-Kamera gescannt werden. Anschließend führt die App in deutscher Sprache durch die einfache und schnell erledigte Einrichtung. Kurzum: Problemlos.
Nach der Verbindung mit der App stehen in dieser diverse Optionen zur Wahl. Neben verschiedenen Einstellungen zum Gesundheitstracking können auch weitere kostenlose oder kostenpflichtige Zifferblätter installiert werden, um die Auswahl von anfangs nur zwei Stück zu erweitern.
Von Hause aus installiert sind Wecker, Menstruationszyklus, Aufgabenliste, Wetter, Musik- und Kamerasteuerung, Stoppuhr und weitere Funktionen. Einen Store zum Download von Apps, bei den höherwertigen Modellen vorhanden, gibt es für die mit Zepp OS laufende Amazfit Bip 3 Pro nicht.
Die Bedienung erfolgt primär über den berührungsempfindlichen Bildschirm. Per Wischer nach oben werden die Benachrichtigungen, nach unten einige Schnelleinstellungen aufgerufen. Die gewohnten Wischer nach links und rechts führen durch eine Reihe von Widgets. Das Menü wird über die Taste am rechten Geräterand aufgerufen und auch wieder geschlossen.
Telefonie und Benachrichtigungen
Eine Telefonfunktion bietet diese günstige Smartwatch wenig überraschend nicht. Sie informiert aber zumindest über eingehende Anrufe. Benachrichtigungen vom Smartphone können auf Wunsch in Echtzeit übertragen werden. Welche Apps sich melden dürfen, lässt sich in der App mit groben Bereichsfiltern einstellen.
Sprach-Assistent
Einen Sprachassistenten, wie z. B. Alexa auf der Amazfit GPS 4 Mini, bietet die Amazfit Bip 3 Pro nicht.
Gesundheit und Fitness: Solide, aber teils enttäuschend
Die rudimentären Gesundheitsfunktionen hat die preiswerte Smartwatch an Bord. Mit ihrem Biometriesensor BioTracker 2 PPG auf der Geräteunterseite kann sie die Herzfrequenz sowie den Blutsauerstoffgehalt (SpO2) messen. Während der Puls per Einstellung auch kontinuierlich alle paar Minuten überwacht werden kann, muss die SpO2-Messung stets per Hand aktiviert werden. Die Messwerte lassen sich grob auf der Smartwatch einsehen. Nähere Informationen liefert die Zepp App.
Eine Übertragung der Werte an Google Fit und Apple Health ist auf Wunsch möglich.
Aktivitätsziele
Aktivitätsziele zählen selbst bei günstigen Wearables zum absoluten Standard, fehlen somit auch auf der Amazfit Bip 3 Pro nicht.
Sowohl mit in der App teils anpassbaren Zielwerten für Schritte, Aufstehen und Aktivitätsminuten, jeweils dargestellt als sich füllendes Drittel eines Kreises, als auch mit der Funktion PAI, für die Bewertung des Gesundheitszustandes und die Motivation zum Sammeln von Punkten, möchte sie zu einem aktiveren Leben verleiten.
Herzfrequenz, Herzrhythmus und Blutsauerstoffsättigung
Die Basisfunktion einer jeden Smartwatch ist die Herzfrequenzmessung. Dies beherrscht natürlich auch die Bip 3 Pro von Amazfit. Allerdings macht sie ihre Sache alles andere als gut.
Bei unseren Testmessungen konnte sie im "Duell" mit einem Polar H10 Brustgurt zwar beim Ruhepuls noch "mithalten". Beim Leistungspuls, sprich bei sportlichen Einheiten, verfehlte sie die realen Ergebnisse allerdings deutlich und lag viel zu hoch. Auch der Verlauf der Messkurve passt überhaupt nicht zu der des Referenzgerätes. Bei einer Abweichung von rund 36 Prozent können wir der Pulsmessung nur die Note "mangelhaft" geben.
Während der Puls von der Uhr regelmäßig gemessen werden kann, ist die SpO2-Bestimmung nur per manuellem Start möglich. Hier lagen die Werte im Vergleich zum Referenzgerät in der Regel etwas zu niedrig. Die Abweichung ist aber noch im Rahmen und viel geringer als beim Puls.
Schlaf-Tracking
Auf Wunsch kann das Wearable neben dem Stressniveau auch den Schlaf tracken. Neben der Dauer überwacht es hierbei auch die verschiedenen Schlafphase und wertet die Schlafqualität aus. Rudimentäre Infos der letzten Nacht gibt es direkt auf der Uhr, eine ausführliche Auswertung per App. Ein smarter Wecker, der zu einem von der Schlafphase her günstigen Zeitpunkt innerhalb eines Zeitfensters weckt, ist nicht an Bord.
Trainingsaufzeichnung
Mit gut 60 Sportmodi bietet die Bip 3 Pro eine rund halb so große Auswahl wie die höherpreisigen Modelle. Die gängigen Sportarten wie Outdoor-Laufen und Laufband, Gehen, Radfahren, Schwimmen, Rudern und Co sind gegeben. Von daher dürfte die Auswahl für die allermeisten Nutzer langen. Nur Fans exotischer Sportarten suchen eventuell vergeblich. Wobei die Amazfit Bip 3 Pro aufgrund der geschilderten Puls-Ungenauigkeiten ohnehin nicht als Sportuhr zu empfehlen ist.
Beim Sport trackt die Uhr je nach Betätigung verschiedene Kennzahlen wie die Geschwindigkeit und Distanz, den Streckenverlauf via GNSS und die laut Schätzung verbrannten Kalorien.
GPS und Navigation
Für Ortung unterstützt die Smartwatch die vier GNSS-Standards GPS, Globass, Galileo und BeiDou. Im Test war die Messgenauigkeit zufriedenstellend. Die Durchschnittswerte sind, abgesehen von größeren Ungenauigkeiten bei den überwundenen Höhenmetern, ziemlich genau übereinstimmend mit einer Garmin Venu 2 als Referenzgerät. Der initiale Verbindungsaufbau dauert in der Regel einige Sekunden, ist aber im Rahmen.
Display: Viereckig und nicht sonderlich hell
Statt eines hochwertigen AMOLEDs verbaut Amazfit in der Bip 3 Pro nur einen rechteckigen TFT-Touchscreen. Dieser sitzt unter gehärtetem 2.5D-Glas mit einer Anti-Fingerabdruck-Beschichtung. Die Auflösung des 1,69 Zoll großen Displays liegt bei 240 x 280 Pixeln, was zu einer soliden Pixeldichte von 218 PPI führt.
Die Helligkeit des verbauten Panels liegt bei 384 cd/m². Das ist ein ordentlicher, aber wahrlich kein guter Wert. Bei direkter Sonneneinstrahlung ist es schwierig, die Uhrzeit oder andere Informationen vom Display abzulesen. Und auch im Schatten stören Spiegelungen auf dem Display. Zudem haben wir PWM-Flackern fesststellen müssen.
Amazfit Bip 3 Pro | Amazfit GTS 4 mini | Amazfit Band 7 | Amazfit GTS 4 | |
---|---|---|---|---|
Response Times | ||||
PWM Frequency | 324 | 360 11% | 119.6 -63% | 120 -63% |
Bildschirm | 46% | -2% | 23% | |
Helligkeit Bildmitte | 384 | 559 46% | 378 -2% | 471 23% |
Schwarzwert * | 0.52 | |||
Kontrast | 738 | |||
Durchschnitt gesamt (Programm / Settings) | 29% /
29% | -33% /
-33% | -20% /
-20% |
* ... kleinere Werte sind besser
Bildschirm-Flackern / PWM (Pulse-Width Modulation)
Flackern / PWM festgestellt | 324 Hz | ||
Das Display flackert mit 324 Hz (im schlimmsten Fall, eventuell durch Pulsweitenmodulation PWM) . Die Frequenz von 324 Hz ist relativ hoch und sollte daher auch bei den meisten Personen zu keinen Problemen führen. Empfindliche User sollen laut Berichten aber sogar noch bei 500 Hz und darüber ein Flackern wahrnehmen. Im Vergleich: 53 % aller getesteten Geräte nutzten kein PWM um die Helligkeit zu reduzieren. Wenn PWM eingesetzt wurde, dann bei einer Frequenz von durchschnittlich 8705 (Minimum 5, Maximum 343500) Hz. |
Performance und Laufzeit: Hier keine Beanstandungen im Smartwatch-Test
Informationen über den verbauten Chip gibt Amazfit leider nicht. Seine Performance reicht aus, um eine flüssige Bedienung der günstigen Smartwatch zu ermöglichen. Nur in seltenen Fällen hat sie mal nicht so schnell oder gar nicht auf Touchscreen-Eingaben reagiert.
Akkulaufzeit
Der Hersteller gibt eine Akkulaufzeit von bis zu 14 Tagen bei normaler und 7 Tagen bei intensiver Nutzung an. Diese Werte decken sich auch weitestgehend mit unseren Erfahrungen. Wer die Uhr durchschnittlich nutzt, dürfte sie rund alle ein bis eineinhalb Wochen auf das magnetische, aber mit 45 cm recht kurze Ladekabel legen müssen.
Ein Ladegerät liegt nicht bei, dürfte dank der Verwendung von USB-A aber wohl auch in den allermeisten Haushalten vorhanden sein. Die Ladedauer liegt bei rund zwei Stunden.
Pro
Contra
Fazit: Amazfit Bip 3 Pro im Test insgesamt solide, aber mit Schwäche
Bis auf die Pulsmessung beim Sport hat die Amazfit Bip 3 Pro bei uns im Test einen recht soliden Eindruck hinterlassen. Sie hat zwar eine abgespeckte, aber für einfachere Ansprüche an eine Smartwatch bzw. einen Fitness-Tracker ausreichende Ausstattung. Die wichtigsten Funktionen wie Puls, SpO2 und GPS sind an Bord. Dazu kommen viele weitere Funktionen wie das Sport-, Schlaf- und Stresstracking.
Eine Empfehlung für die Bip 3 Pro können wir aufgrund der Ungenauigkeiten bei der Pulsmessung nur denjenigen geben, die die Smartwatch nicht zum Sport nutzen wollen. Wer hingegen eine smarte Uhr sucht, die auch sportliche Aktivitäten zuverlässig trackt, sollte nach unseren Testerfahrungen einen Bogen um dieses Modell machen.
Dieses Problem hat sich letztendlich wie ein roter Faden durch diverse Tests von Amazfit-Modellen gezogen. Auch bei der Amazfit GTS 4 Mini war die Messung teils etwas ungenau, aber nicht so krass abweichend wie bei diesem Testkandidaten hier. Bei der Amazfit GTS 4 (ca. 200 Euro bei Amazon) lagen die Werte hingegen deutlich zu tief.
Von daher würden wir, wenn es eine neue Smartwatch von Amazfit werden soll, eher zur GTS 4 Mini (ca. 90 Euro bei Amazon) als der Bip 3 Pro raten. Sie ist laut UVP nur 30 Euro teurer, bietet aber neben genauerer Pulsmessung auch noch einige weitere Upgrades. Namhafte Alternativen in der Preisklasse bis 100 Euro gibt es ansonsten unter anderem mit der Redmi Watch 2 Lite (ca. 60 Euro bei Amazon) von Xiaomi oder dem Huawei Band 7 (ab ca. 45 Euro bei Amazon).
Preis und Verfügbarkeit
Die unverbindliche Preisempfehlung für die Amazfit Bip 3 Pro liegt bei 69,99 Euro. Im Handel ist sie bereits für etwas weniger erhältlich, kostet z. B. bei Amazon aktuell rund 60 Euro.
Transparenz
Die Auswahl der zu testenden Geräte erfolgt innerhalb der Redaktion. Das vorliegende Testmuster wurde dem Autor vom Hersteller oder einem Shop zu Testzwecken leihweise zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Leihstellers auf den Testbericht gab es nicht, der Hersteller erhielt keine Version des Reviews vor der Veröffentlichung. Es bestand keine Verpflichtung zur Publikation. Unsere Reviews erfolgen stets ohne Gegenleistung oder Kompensationen. Als eigenständiges, unabhängiges Unternehmen unterliegt Notebookcheck keiner Diktion von Herstellern, Shops und Verlagen.
So testet Notebookcheck
Pro Jahr werden von Notebookcheck hunderte Laptops und Smartphones unabhängig in von uns standardisierten technischen Verfahren getestet, um eine Vergleichbarkeit aller Testergebnisse zu gewährleisten. Seit rund 20 Jahren entwickeln wir diese Testmethoden kontinuierlich weiter und setzen damit Branchenstandards. In unseren Testlaboren kommt ausschließlich hochwertiges Messequipment in die Hände erfahrener Techniker und Redakteure. Die Tests unterliegen einer mehrstufigen Kontrolle. Unsere komplexe Gesamtbewertung basiert auf hunderten fundierten Messergebnissen und Benchmarks, womit Ihnen Objektivität garantiert ist. Weitere Informationen zu unseren Testmethoden gibt es hier.