Polar Vantage V2 im Test: Tolle Sportuhr mit sinnvollen Smartwatch-Funktionen
Gehäuse und Ausstattung – Nach Militärstandard geprüft
Die Polar Vantage V2 folgt auf die im Herbst 2018 vorgestellte Vantage V. Zur Hardware lagen uns bis Testende nur wenige Angaben vor. Sollten wir die angefragten Daten noch bekommen, ergänzen wir die Spezifikationen entsprechend. Funktional bringt die Vantage V2 gegenüber ihrem Vorgänger unter anderem eine Remote-Control für die Musik-App auf dem Smartphone mit, sowie Leistungstests für Läufer und Radfahrer und einen Bein-Erholungstest, die wir im Bereich Gesundheit und Fitness kurz erläutern.
Der Die Sportuhr ist nach Militärstandard MIL-STD-810G unempfindlich gegen extreme Temperaturen, Feuchtigkeit und Stöße. Die Beständigkeit in tiefem Wasser hat Polar gegenüber dem Vorgänger von 50 m auf 100 m erhöht. Laut Hersteller ist sie nach ISO 22810 für den regelmäßigen Gebrauch im Wasser qualifiziert, aber nicht zum Tauchen mit Geräten.
Das leichte Gehäuse aus einer Aluminiumlegierung wiegt ohne Band nur 34 g, mit sind es 52 g. Beim Testgerät fällt eine limettengelbe Innenseite des Silikonbands auf, die ebenso wie die mittlere der 5 griffigen Tasten, die auch bei den beiden anderen Farbvarianten einen roten Akzent setzt. Für das 22-mm-Band mit Schnellverschluss bietet Polar Alternativen; der ergonomisch geformte Bandanschluss ist jedoch nicht mit 22-mm-Standardbändern kompatibel.
Das 1,2-Zoll-Display schützt Polar durch laminiertes Gorillaglas mit einer Anti‐Fingerprint‐Beschichtung. Das transflektive LCD kann man draußen und in hellen Innenräumen auch ohne Hintergrundlicht gut ablesen. Die Helligkeit der aktiven Beleuchtung reguliert sich über einen Lichtsensor selbständig. Während des Trainings bleibt sie auf Wunsch dauerhaft an, ansonsten aktiviert sie sich, außer im Nicht-Stören-Modus, wenn man den Arm hebt.
Die Vantage V2 verbindet sich mit je zwei der vier Navigationssatellitensysteme GPS, GLONASS, Galileo und QZSS und besitzt einen barometrischen Sensor, mit dem sie unter anderem bei der Tempoberechnung Steigungen und Gefälle berücksichtigen kann. Zudem kann man sie mit Lauf- und Radsensoren koppeln sowie mit einem Brustgurt.
Einrichtung und Bedienung – Touchscreen-Bedienung möglich
Nach dem Laden muss man die Polar Vantage V2 nicht zwingend mit einem Smartphone der Computer verbinden, sondern kann sie auch autark verwenden. In diesem Fall speichert sie für ihre Analysen lokal einige persönliche Daten und fragt nach der Trainings-Intensität sowie der gewöhnlichen nächtlichen Ruhezeit.
Updates, zusätzliche Sportprogramme und detaillierte Analysen erhält man allerdings nur, wenn man sie über ein Android- oder iOS-Smartphone und die App Polar Flow einrichtet oder alternativ über den Mac oder einen Windows PC und die Anwendung FlowSync.
Für die Bedienung stehen der Touchscreen und fünf Tasten zur Verfügung, die je nach Drucklänge unterschiedlich reagieren. So aktiviert die obere Taste die Display-Beleuchtung und sperrt nach einem langen Druck sowohl den Touch-Screen als auch die Tasten gegen versehentliche Berührungen. Die untere linke Taste startet die Synchronisation mit dem Smartphone, öffnet das Funktionsmenü oder führt einen Schritt zurück. Ein langer Druck auf die mittlere rechte Taste öffnet die Trainings-App im zuletzt verwendeten Trainingsmodus. Ansonsten dienen die rechten Tasten dem Blättern und Auswählen in den Übersichten und Listen.
Ähnlich den Widgets, wie man sie von anderen Wearables kennt, füllt Polar das Zifferblatt mit unterschiedlichen Informationen, zwischen denen man umschalten kann. Zur Wahl stehen Polar-eigene Analysen wie FitSpark, Cardio-Load-Status oder Nightly Recharge – Näheres im Bereich Gesundheit und Fitness –, oder auch Infos zu Wetter und Herzfrequenz. Man kann einzelne Widgets deaktivieren, ihre Reihenfolge aber nicht ändern.
Öffnet man die zugehörige Detailseite, liefert beispielsweise das Wetter-Widget eine Vorschau über die nächsten Stunden, und, in zunehmenden Intervallen, die nächsten beiden Tage. Die Screens hierunter zeigen nur einen Auszug.
Abseits der Funktionen für Gesundheit und Fitness zählen zu den wenigen Tools eine Remote-Steuerung für die gerade aktive Musik-App auf dem Smartphone, Timer und Stoppuhr sowie ein Wecker mit nur einem konfigurierbaren Alarm.
Für die Zeitanzeige selbst stehen nur einige digitale und analoge Varianten zur Wahl, für die man zusätzlich zwischen einer von 7 Farben wählt. Daher verändert sich das Aussehen der Smartwatch vor allem im Zusammenspiel mit den Widget-Informationen.
Telefonie und Benachrichtigungen
Bei einem eingehenden Anruf kann man die Smartwatch stummschalten, aber nicht das Smartphone. Abweisen kann man das Gespräch allerdings, und auch annehmen, um anschließend über das Smartphone zu telefonieren.
Aus der Benachrichtigung über einen entgangenen Anruf kann man den Rückruf einleiten oder eine Nachricht senden. Die Option bietet sich auch als Reaktion auf eine Telegram- oder WhatsApp-Nachricht an, öffnet aber lediglich die Nachrichten-App auf dem Smartphone.
Während die Musiksteuerung das Symbol der Musik-App auf dem Smartphone übernimmt, verrät das schlichte Nachrichtensymbol nicht, ob die Nachricht etwa von Telegram oder WhatsApp stammt. Emojis zeigt sie größtenteils an, allerdings nur monochrom.
Gesundheit und Fitness – Polar analysiert die nächtliche Erholung
Auf dem iPhone verbindet sich Polar Flow mit Apple Health. Unter Android verbindet sich nur die App Polar Beat mit Google Fit, die App Polar Flow nicht. Auf beiden Plattformen kann man sein Polar-Konto mit Strava, Komoot, TrainingPeaks, MyFitnessPal und Nike+ verbinden und auf dem iPhone zusätzlich den Kalender mit der Trainings-Planung.
Aktivitäts- und Gesundheits-Monitoring
Während andere Fitness-Tracker präzise ein Stehziel sowie die angestrebten Schritte und aktiven Minuten vergleichen, bestimmt Polar etwas abstrakter ein Niveau, das man mit ausreichender Bewegung erreichen oder halten sollte. Am Tagesende weist Polar schließlich präzise aus, wieviele Minuten man aktiv, mit moderaten Aktivitäten, überwiegend passiv oder ruhend verbracht hat. Rechnerisch erklommene Etagen, als zusätzliche Kennzahl für die körperliche Bewegung im Tagesverlauf, ermittelt Polar nicht und zeichnet auch kein dediziertes Stressdiagramm, wie es andere Hersteller auf Basis der Herzfrequenzvariabilität erstellen.
Schlafaufzeichnung und Nächtliche Erholung
Öffnet man auf der Vantage V2 die Details zur nächtlichen Erholung, unterscheidet Polar zwischen ANS- und Schlafstatus.
Der ANS-Status drückt aus, wie gut das autonome Nervensystem (ANS) über Nacht zur Ruhe gekommen ist, worauf Faktoren wie Stress, Sport am späten Abend, Krankheit oder Alkoholkonsum Einfluss haben können. Die Analyse legt die Herz- und Atemfrequenz sowie die Herzfrequenzvariabilität der ersten Stunden nach dem Einschlafen zugrunde und vergleicht sie jeweils mit den vorangegangenen Nächten.
Unter der Bezeichnung Sleep Plus Stages protokolliert Polar die Dauer und Tiefe des Schlafes. In die Bewertung der Schlafqualität fließen die bislang erfassten persönlichen Aufzeichnungen sowie ein allgemeiner Vergleich mit ein.
Herzfrequenz, Herzrhythmus und Blutsauerstoffsättigung
Die Sauerstoffsättigung, deren Messung sich zunehmend selbst bei günstigen Wearables etabliert, misst die Polar Vantage V2 nicht.
Den optischen PPG-Sensor vergleichen wir in einem Intervalltraining mit der Aufzeichnung durch einen Polar Brustgurt mit Herzfrequenz-Sensor. Um das Mitziehen bei steigendem Puls beobachten zu können, folgen zwischen Warm-up und Cool-down in 3 Durchläufen auf 1 intensive Minute jeweils 2 Minuten mit leichten Core-Übungen.
Nachdem die Vantage V2 anfangs mit bis zu 30 Schlägen Abstand aus dem Ruder läuft, gleicht sie sich zunehmend besser an. In den Spitze bleibt sie jeweils zwischen 3 und 7 Schlägen unter der Frequenz, die der Brustgurt in Herznähe misst. Dass die Vantage V2 letztlich einen vergleichsweise guten Job macht, zeigt sich, wenn man dazu das Diagramm der Polar Vantage M2 betrachtet.
Training
Polar unterscheidet etwa 130 Sportmodi, darunter auch die Programme des Streaming-Anbieters Les Mills. Die Les Mills-Angebote für Kinder sind nicht dabei. Maximal 20 Workout-Modi kann man auf die Vantage V2 übertragen und die Trainingsanzeige personlalisieren, wie nachfolgend dargestellt.
Dazu kommen selbst erstellte Trainings-Favoriten, die man zuvor über Polar Flow einrichtet, wahlweise in der App oder über das Web-Portal. Hierbei setzt man sich entweder eine Dauer, Distanz oder den angestrebten Kalorienverbrauch als Schnellziel oder definiert ein Intervall-Training.
In den Einstellungen der Uhr lässt sich ebenfalls ein einfacher Intervall-Timer setzen, sowie eine Race-Pace, indem man zur Streckenlänge die angestrebte Zielzeit eingibt. Wer ein Strava Summit-Konto hat, kann außerdem Strava Live-Segmente auf die Vantage V2 übertragen, um sich auf ausgewählten Streckenabschnitten mit anderen Strava-Nutzern zu messen.
Beim Laufen und Radfahren im Freien trennt die Funktion Hill-Splitter automatisch zwischen ebenen Strecken und Abschnitten mit Gefälle oder Steigung. Das hierunter eingebundene Laufprotokoll zeigt einmal die nach Distanz ermittelten Rundenzeiten und einmal das für die ebenen, ansteigenden und abfallenden Strecken ermittelte Tempo (letzter Screen).
Aktive Sportler sollten sich mit ihrem Konto auch auf flow.polar.com anmelden. Dort finden sie neben einem ausführlichen Dashboard mit Diagrammen unter anderem bessere Möglichkeiten für die Konfiguration der Trainingsseiten und für das Erstellen personalisierter Trainingsprogramme.
Mit der Vantage V2 ergänzt Polar seine Cardio-Load-Analyse und das Trainingsprogramm FitSpark um 3 Leistungstests und eine erweiterte Analyse Training-Load-Pro. Nachfolgend beschreiben wir kurz, worum es dabei geht.
Cardio Load, Training Load Pro
Der Cardio Load-Status bewertet nach jedem Training dessen Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System. Er ist bei vielen Polar-Uhren präsent und auch als Widget aktivierbar. Es signalisiert mit Bezug auf das letzte Training, ob der Cardio-Load-Status unterfordernd, erhaltend, aufbauend oder überfordernd ist.
Die Funktion Training Load Pro verknüpft die muskuläre Belastung während des Trainings mit der persönlich empfundenen Belastung, die man dem jedem Workout angeben kann, und der Belastung des Trainings für das Herz-Kreislauf-System (Cardio Load).
FitSpark
Über das FitSpark-Widget gelangt man zu personalisierten Trainingsvorschlägen, darunter unterstützende Übungen und angeleitete Workouts aus den Bereichen Kraft und Cardio. Die Vorschläge basieren auf dem analysierten Fitnessniveau.
Bein-Erholungstest
Der Bein-Erholungstest analysiert in wenigen Minuten anhand dreier Counter-Movement-Jumps mit kurzen Pausen dazwischen die Belastbarkeit der Beinmuskeln. Er empfiehlt sich, wenn man nach einem oder mehreren harten Trainingseinheiten unsicher ist, ob man seinen Beinen bereits wieder ein weiteres Training zumuten kann.
Lauf-Leistungstest
Der Lauf-Leistungstest ermittelt in etwa 40 Minuten das jeweilige Maximum der aeroben Leistung und aeroben Geschwindigkeit, die maximale Herzfrequenz und die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max). Er soll Läufern helfen, die Veränderungen ihrer Lauf-Performance im Blick zu behalten, um ihr Training sinnvoll zu planen.
Rad-Leistungstest
Für den Rad-Leistungstest, einen funktionellen Schwellenleistungstest (FTP-Test), muss man die Vantage V2 mit einem Rad-Leistungsmesser verbinden. Auch der Rad-Leistungstest dient dazu, Veränderungen der eigenen Leistung zu erkennen, um seine Trainingsplanung darauf auszurichten.
GPS und Navigation
Zum Navigieren verbindet sich der Tracker jeweils paarweise mit GPS und GLONASS, GPS und Galileo oder GPS und QZSS. Unser Praxistest mit einem Fahrrad bescheinigt der Vantage V2 nahezu die gleiche Präzision, die die Suunto 9 Baro Titanium auszeichnet. Die Spuren liegen im Gesamtverlauf weitgehend übereinander. Bei den wenigen Abweichungen stimmte die Suunto 9 Baro jeweils noch etwas besser mit der tatsächlich gefahrenen Spur überein.
Wenn man sein Polar-Konto mit Komoot verbindet, kann Polar ausgewählte Routen auf dieSmartwatch übertragen. Sie stehen dann anschließend in Verbindung mit einer GPS-gestützten Aktivität zur Verfügung.
Um den Akku zu schonen, lässt sich das Intervall für die GPS-Aufzeichnung von sekündlich auf alle 1 oder 2 Minuten verlängern oder deaktivieren.
Akkulaufzeit
Für den normalen Betrieb nennt der Hersteller eine Laufzeit von etwa 7 Tagen. In unserem Praxistest mit Schlaf-Tracking sank die Akkukapazität pro Tag je nach Nutzung um 15-20 %, was auf eine Laufzeit von 5-6 Tagen hinausläuft. Wer häufiger Sport treibt und hierbei das GPS aktiviert, wird sie öfter laden müssen; die Mischkalkulation ist allerdings schwierig, denn kaum ein Sensor belastet den Akku einer Smartwatch stärker als GPS.
Im dauerhaften GPS-Modus hält der 346 mAh-Akku laut Polar bis zu 40 Stunden, bei einer teilweisen Reduzierung der weiteren Verbraucher bis zu 100 Stunden.
Beim Laden erreicht der Akku nach einer halben Stunde ca. 50 % seiner Kapazität. Die vollständige Ladung dauerte beim Testgerät 75 Minuten.
Pro
Contra
Fazit
Die Sensorik der Polar-Uhr konnte im Test überzeugen. Das gilt nicht nur für GPS und das Barometer, das Polar für das aufschlussreiche Tempo-Splitting nutzt; auch bei der Pulsmessung hat sich der optische Sensor gegenüber der naturgemäß präziseren herznahen Messung letztlich behauptet.
Dass Polar dem SpO2-Wert keine Beachtung schenkt, ist allerdings nicht nachvollziehbar. Wann immer jemand Zweifel an seiner Gesundheit hat, hilft die Sättigung schnell und unkompliziert als Indikator.
Schnelleinstellungen oder typische Smartwatch-Funktionen wie mobiles Bezahlen und einen Store für alternative Zifferblätter findet man bei Polar ebenfalls nicht; die sind Sportlern aber oft weniger wichtig als griffige Tasten und ein Display, das man im Freien problemlos ablesen kann – beides bietet die Vantage V2.
Die Polar-Software ist ein wichtiger Teil des Gesamtpakets.
Knapp 500 Euro sind auch für eine Sportuhr viel Geld. Die Ausgabe lohnt sich dann, wenn man nicht nur viel Sport treibt, sondern auch eine Verbesserung anstrebt und dafür die Leistungsanalysen und Planungsfunktionen nutzen kann. Einen Teil davon findet man auch bei der günstigeren Polar Vantage M2. Wer dagegen einen hochwertigen Tracker sucht, mit dem er unterwegs auch ohne Smartphone Musik hören kann, findet in der Garmin Forerunner 745 eine Alternative. Spezifische Funktionen für das Training im Gelände bietet dagegen die Garmin Enduro.
Preis und Verfügbarkeit
Die Polar Vantage V2 gibt es in den drei Farbkombinationen (Gehäuse-/Band) Schwarz/Schwarz, Schwarz/Grün und Silber/Grau-Limette. Die UVP liegt einheitlich bei 499,95 Euro. Im Handel bekommt man sie etwas günstiger, beispielsweise auf Amazon für 475 Euro.
Preisvergleich
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