Suunto 9 Baro Titanium im Test: Toller Sport-Computer, schwache Smartwatch
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Details
Gehäuse und Ausstattung – Suunto mit LED-Display
Das Testgerät ist die noch neue Titanium-Version der Suunto 9 Baro. Die Titan-Lünette (Titan Grad 5) verringert das Gewicht um etwa 7 g und erhöht die Widerstandsfähigkeit der hochwertigen Sportuhr, die mehrere Tests nach dem Militärstandard MIL-STD-810G bestandenen hat. Das Silikonband des Basis-Modells ersetzt Suunto durch ein abriebfestes Textilarmband, das in zwei Längen beilegt. Der Austausch, alternativ auch durch ein 24-mm-Standardband, ist dank Schnellverschluss leicht. Ungewöhnlich sind die stabilden und im Band fixierten Bandschlaufen.
Dem LED-Display, das Suunto bei der Titanium-Version durch Saphirglas schützt, fehlen sämtliche Komfortfunktionen, die sich bei smarten Wearables mittlerweile etabliert haben. Zunächst mal aktiviert sich die Display-Beleuchtung nicht selbständig, wenn man den Arm hebt. Im Freien, beim Laufen und Radfahren, ist das kein Problem, denn im Tageslicht lässt sich die Anzeige gut ablesen.
Drinnen soll eine optionale Standby-Beleuchtung gewährleisten, dass man zumindest die Zeit ablesen kann ohne tätig zu werden. Die reichte im Test aber oft nicht aus; in diesen Fällen muss immer die zweite Hand zu Hilfe kommen und entweder den Bildschirm antippen oder eine der drei seitlichen Tasten drücken. Wenn man nicht in Bewegung bleibt, sondern beispielsweise nur seine Aktivitätsdaten analysiert, schaltet sich die Beleuchtung nach 8 Sekunden wieder ab. Eine Möglichkeit das Display-Timeout zu verlängern, fehlt.
Alternativ kann man die Beleuchtung dahingehend ändern, dass man sie durch Antippen mit zwei Fingern dauerhaft einschaltet. In diesem Fall bleibt sie dann allerdings so lange an, bis man sie auf die gleiche Weise – mit zwei Fingern – wieder ausschaltet. Mal eben umschalten kann man den Modus nicht; er befindet sich auf einer der tieferen Menüebenen, und ein Schnellzugriffsmenü, wie es viele aktuelle Wearables besitzen, kennt die Suunto 9 nicht. Anfangs verwirrend ist zudem, dass man auch im zweiten Fall immer zunächst eine Taste drücken muss, wenn sie länger als 60 Sekunden inaktiv war, damit das Display auf das Tippen reagiert.
Bei Outdoor-Aktivitäten empfiehlt sich die Suunto 9 als Navi, das die Signale aller gängigen Satellitensysteme empfangen kann. Neben den Sensoren für die Bewegungserfassung zählt ein optischer Pulssensor zur Ausstattung der Suunto 9. Der überwacht ganztägig die Herzfrequenz, protokolliert aber nicht die Blutsauerstoffsättigung (SpO2).
Einrichtung und Bedienung – Suunto 9 auch autark verwendbar
Um die Suunto 9 zu verwenden, muss man sie im Grunde nur laden, einschalten und Daten wie Alter, Größe und Gewicht eingeben, damit sie den Fitness-Level bewertet. Um etwa die Energieoptionen zu ändern, Fitness-Analysen oder Trainingsprotokolle einzusehen, benötigt man auch dann kein Smartphone, wenn man sie optional mit einem verbindet.
Aktualisieren lässt sich die Suunto 9 allerdings nur über die Anwendung Suuntolink auf einem Mac oder Windows-PC. Das empfiehlt sich vor allem dann, wenn die Firmware älter ist als Version 2.14.12, die unter anderem ein neues Energieprofil installiert und die Navigation um POIs erweitert sowie für Komoot öffnet.
Für die Zeitanzeige stehen 9 Zifferblätter in jeweils 9 Farbvarianten zur Wahl. Über Tasten oder alternativ vertikale Wischbewegungen gelangt man zu Widgets wie denen für Herzfrequenz und Aktivität, und zu den Apps, darunter Navigation, Training, Stoppuhr und Timer. Den Wecker versteckt Suunto in den Einstellungen. Der kennt allerdings nur einen individuellen Alarm sowie einen Unwetteralarm und tagesaktuelle Erinnerungen zum Auf- und Untergang der Sonne; die kann man auch etwas früher erhalten, etwa um vor Eintritt der Dunkelheit den Rückweg anzutreten.
Telefonie und Benachrichtigungen
Ankommende Gespräche kann man annehmen und dann über das Smartphone führen, oder abweisen. Enthält eine Nachricht aus den sozialen Netzwerken Emojis, ersetzt die Smartwatch sie durch wenig hilfreiche Platzhalter.
Gesundheit und Fitness – Fokus auf Sport und Navigation
Wie jeder moderne Fitness-Tracker zählt auch die Suunto 9 die Schritte, protokolliert die tägliche Aktivität und ermittelt den Kalorienverbrauch. Sie überwacht rund um die Uhr die Herzfrequenz, protokolliert jedoch nicht die Blutsauerstoffsättigung. Als die Suunto 9 auf den Markt kam, konnte das auch sonst kaum ein Wearable; inzwischen hat sich das allerdings geändert.
Das Tagebuch der Suunto-App visualisiert Schritte, Kalorienverbrauch, Schlafdauer, Aktivitätsminuten und Fitness-Niveau für die zurückliegenden Tage in Diagrammen. Eine Zusammenfassung der Daten für den jeweiligen Tag findet man, wenn man eine der drei Kategorien Schritte, Kalorien oder Schlaf öffnet und dort auf den aktuellen Tag geht.
Schlafaufzeichnung
Die Uhr selbst liefert einige Schlaf-Details, die Suunto-App erstellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber kein dediziertes Schlafprotokoll. Sie vergleicht die Schlafdauer mehrerer Nächte miteinander und bezieht Kriterien wie Herzfrequenz, Schlafqualität oder Trainingsdauer mit ein.
Training
Beim Training verbindet sich die Suunto 9 mit externen Sensoren, Parameter wie die Radgröße für den Bike-Sensor konfiguriert man direkt auf der Uhr. Die App verknüpft das Suunto-Konto auf Wunsch mit Strava, Adidas Running, Komoot, Wikiloc und mehr als 50 weiteren Anbietern. Sie bietet Sportlern einiges mehr als die Apps von Samsung, Huawei, Mi-Fit oder Huamis Zepp-App, obwohl auch die zum Teil hohen Ansprüchen gerecht werden.
Die Suunto-App entstand unter dem gleichen Dach wie der „SportsTracker for all Sports“ für Android und iOS und erschließt auch dessen Community. Die Trainingsanzeige kann man sowohl App-intern als auch für die Suunto 9 konfigurieren. Zur Wahl stehen mehr als 100 Datenfelder aus den Kategorien Dauer und Zeit, Distanz, Geschwindigkeit und Tempo, Herzfrequenz, Intervall, Leistung, Navigation, Physiologie, Temperatur, Trittfrequenz und Vertikal.
Je nach Sportart oder Terrain bietet Suunto eine Reihe spezifischer Algorithmen, für die wir hier nur ein ein Beispiel geben: Die Option FusedSpeed ist unter anderem für das Intervall-Training interessant, weil sie die Geschwindigkeit aus einer Kombination von GPS und Beschleunigungssensor am Handgelenk ermittelt.
Nach einem Lauf-Training weist Suunto sowohl die Geschwindigkeit als auch das Tempo aus. Im Modus Trailrunning schätzt der Sportcomputer unter Berücksichtigung von Steigung und Gefälle zusätzlich eine "Normalized Graded Pace", das etwaige Tempo auf ebener Strecke. Die Navigation durch das Trainingsprotokoll der App ist komplex, weshalb wir es hier nicht in seiner üblichen Form abbilden und auch zur nur einige exemplarische Screens.
Navigation
Die Routenplanung ist eine der Stärken der Suunto-App, was sich mit der App "Sports Tracker for all Sports" auch ohne die Smartwatch vorab gut testen lässt. Die Karten heben verkehrsfreie Wege hervor und visualisieren über Heat-Maps, wo andere Mitglieder der Community entlang laufen oder sich mit ihren Rädern, Boards oder auf Skiern bewegen. Beide Apps importieren GPX-Dateien.
Seit dem Firmware-Update auf Version 2.14.12 synchronisiert die Suunto-App automatisch Komoot-Touren, die man dort als "geplant" kennzeichnet und überträgt sie auf Wunsch einschließlich der Wegpunkte für die Turn-by-turn-Navigation auf die Suunto 9:
Akkulaufzeit
Die GPS-Nutzung geht allgemein stark zu Lasten der Laufzeit. Für Mehrtagestouren mit GPS hat Suunto ein Energieprofil "Tour" ergänzt, der bis zu 7 Tagen GPS-Tracking ermöglichen soll.
Das neue Profil ist nun eines von insgesamt 4 (Leistung, Ausdauer, Ultra, Tour), die man in den Trainingseinstellungen für jedes Workout individuell einstellen kann. Sie beeinflussen unter anderem die Display-Helligkeit sowie die Intervalle für die Messwerterfassung. Im Zuge der Einstellung nennt die Sportuhr dann jeweils die verbleibende Zeit anstelle der Akkukapazität.
Die normale Laufzeit gibt Suunto mit etwa 14 Tagen an, bei starker Nutzung einschließlich GPS gestützten Trainings um sieben Tage. Im Praxistest sank der Akku bei starker Nutzung und zwei halbstündigen GPS-gestützten Workouts in drei Tagen auf 50 %.
Fazit – Toller Sport-Computer mit veralteter Benutzerschnittstelle
Als Sport-Computer gehört die Suunto 9 zu den Großen und rechtfertigt in dieser Hinsicht auch ihren Preis: Personalisierbare Datenfelder, Verbindung externer Sensoren, spezielle Algorythmen, etwa für rundenbasierte Workouts oder das Training mit Höhenveränderung – der Umfang lässt sich im Rahmen des Tests gar nicht abbilden.
Ein Vergleich ist eher bei den smarten Funktionen möglich, bei Interaktionen mit der Uhr. Hier hinkt die Suunto 9 Baro nicht nur bei der Display-Beleuchtung hinterher, die anders als bei den meisten Wearables nicht auf Bewegung reagiert.
In einigen Bereichen spürt man, dass die Suunto 9 trotz Auffrischung letztlich schon fast drei Jahre auf dem Buckel hat. Hinsichtlich der Bedienung hat sich bei Wearables mittlerweile eine Art Standard entwickelt: Seitliches Wischen für das Blättern zwischen den Widgets, horizontale Gesten, um häufige oder wichtige Einstellungen zu ändern und zum Öffnen der Benachrichtigungen. Umgewöhnen muss sich freilich nur, wer bereits durch eine andere Smartwatch mit der etablierten Bedienung vertraut ist.
Emojis sind für viele nicht von Bedeutung. Wenn ein System sie aber nicht nur unterdrückt, sondern durch Auslassungspunkte und teilweise weitere Zeichen ersetzt, werden Nachrichten mit vielen Emojis länger und schlechter lesbar. Ohne SpO2-Messung und ein präzises Schlafprotokoll fehlen der Suunto 9 zudem nützliche Funktionen, die inzwischen selbst günstige Tracker bieten, und die Anwendern heute wichtig sind.
Preis und Verfügbarkeit
Während der Preis für das Basis-Modell von ursprünglich 499 inzwischen auf knapp über 270 Euro in Schwarz und unter 250 Euro in Weiß (beide Amazon) gesunken ist, bekommt man die Titanium-Version bislang noch kaum irgendwo unter der UVP des Herstellers (599 Euro).
Preisvergleich
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