Klappräder sind praktisch, weil man sie - ja weil man sie eben zusammenklappen kann, sie dann wenig Platz einnehmen und dann beispielsweise im Autokofferraum verstaut oder in der Bahn mitgenommen werden können. So war es zumindest bevor die E-Bikeversionen der einst kleinreifigen Bummelräder aufkamen.
Durch die Akkus wurden die E-Klappräder deutlich schwerer als ihre Originale. Manche Modelle, wie beispielsweise das Ado Air mit Riemenantrieb und ohne Gangschaltung, versuchen noch sich den umkomplizierten Klappspaß anzunähern. Andere, wie unser PVY Z20 Max, machen sich gar nicht erst die Mühe so zu tun, als ginge es um leichte Kleinsträder. Das Z20 Max dreht den Spieß einfach um, packt gleich zwei schwere Akkus in das Rad und behauptet man würde bis zu 200 km damit kommen. Ist das Z20 Max also das neue E-Bike für Touring-Freunde?
Lieferung und Aufbau - Internationale Version
Die Spedition liefert das Z20 Max in einem großen Pappkarton, innen ist das zusammengeklappte Rad jedoch durch eine Vielzahl an Plastik- und Styrodurelemente gepolstert.
Die Scheibenbremsen sind bei Lieferung recht gut eingestellt, die Gänge weniger optimal. Montiert werden müssen die Lenkerstange, das Display, die Pedale sowie die separaten Bedienknöpfe für das Non-Touch-Display. Dazu will der zweite Akku eingesetzt werden. Für das recht große Display ist links und rechts wenig Platz, weshalb wir uns gezwungen sahen es direkt über der Lenkerschraube anzubringen. Den Shifter setzten wir links daneben.
Dummerweise fehlten in unserem Paket die Schlüssel für den Zweitakku. Wir mussten sie durch Senden der Akku-Seriennummer an den Hersteller nachbestellen, ohne Schlüssel sitzt der Akku nicht fest im Rahmen. Der Hauptakku ist zudem etwas fummelig zu entfernen. Leider hält das knappe "Handbuch" hier mit nützlichen Informationen hinterm Berg.
Es gab ein weiteres Hindernis: Das Modell wurde scheinbar standardmäßig als internationale Verison versendet und hatte einen in Deutschland illegalen "Gasgriff" montiert (Antrieb ohne Treten). Im Paket mit den Extras, wo wir auch alles notwendige Werkzeug gefunden haben, ist ein normaler Griff zum Austausch vorhanden. Also mussten wir den Gashebel von der Elektrik abklemmen und abmontieren und stattdessen den normalen Griff aufsetzen. Mit dem beiliegenden Sechskant-Schlüssel ging dies jedoch recht schnell.
Ganz so neu schien unser Testmuster nicht zu sein, wir hatten diverse Kratzer auf dem Display, der Sattelstange
Ausstattung und Optik - 7-Gang, 80 Nm
Optisch macht das PVY Z20 Max einiges her: Die dunkelgraue, beinahe matt-schwarze Grundoptik wird durch die hellbraunen, lederimitierenden Bezüge der Griffe und des Sattels wundervoll kontrastiert, dadurch wirkt die Farbgestaltung sehr gelungen.
Der Rahmen macht hingegen einen weniger eleganten Eindruck, denn selbst für ein Klapprad ist dieser sehr massiv, zumindest die "Hauptstange", welche hier statt rund quaderförmig daherkommt. Kein Wunder, denn im Rahmen sitzt der per separatem Schlüssel gesicherte Hauptakku, welcher sich herausziehen lässt. Die übrigen Rahmenverbindungen sind wiederum weniger massiv. In zentraler Position verbindet eine kleine Querstrebe die dicke Hauptrahmenstrebe mit dem Sattelrohr, hier lässt sich das Rad gut greifen und tragen.
Das Rad ist vorne und hinten gefedert, sodass unebene Wege selten ein Problem darstellen.
Statt der üblichen Speichen sind die 20-Zoll-Räder mit jeweils sechs Streben verstärkt, was gut zum allgemeinen Look passt. Beide Räder verfügen über hydraulische Scheibenbremsen. Über dem Hinterrad gibt es einen stabilen Gepäckträger, jedoch ohne die oft übliche Klemmvorrichtung, sodass Lasten (bis zu 50 kg) anderweitig darauf festgezurrt werden müssen. Lenker- und Sattelhöhe lassen sich bequem per Schnellspanner anpassen.
Ansonsten ist die Ausstattung komplett: Es gibt ein in die Elektronik eingebundenes Vorder- und Rücklicht, Schutzbleche, einen Seitenständer sowie eine 7-Gang-Schaltung.
Ausstattung | |
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Schaltung | Kettenschaltung, Shimano, 7 Gänge |
Bremsen | Scheibenbremsen, hydraulisch |
Akku | Dual-Akku (540 + 381,6 Wh), entnehmbar, 921,6 Wh / 25,6 Ah |
Motor | Heck-Nabenmotor, 250 W (750 W max.) |
Sensor | Torque |
Kurbelgarnitur | 170MM |
Max. Drehmoment | 80 Nm |
Reifengröße | 20*2,3 Zoll |
Gewicht (mit Pedalen) | 27 kg |
Max. Zuladung | 150 kg |
Display und App - HD-Display, keine App
Um es kurz zu machen: Ein Display gibt es, eine App nicht. Das Z20 Max beherrscht auch kein Bluetooth. Normalerweise sind Apps sowieso ein zweischneidiges Schwert, für minimal mehr Infos weiß man nie welche Daten dafür alle gesammelt werden.
Im Falle des Z20 Max zeigt das angenehm geräumige Display die wichtigsten Daten wie Geschwindigkeit, Unterstützungsmodus (1 - 3), Kilometer- und Akkustand an. Bei Letzterem fehlt uns jedoch eine Prozentzahl, lediglich 5 Balken zeigen die Restlaufzeit an. Per Modusschalter am Shifter lässt sich zwischen Gesamt- und Tripkilometer umherschalten.
Akku, Motor und Reichweite
PVY verbaut einen Hecknabenmotor mit einer Dauerleistung von 250 W, die Spitzenleistung soll 750 W betragen. Das maximale Drehmoment liegt auf dem Papier bei 80 Nm, beispielsweise hat das Touroll J1 E-Trekkingrad 45 Nm, das Hitway BK6S E-Klapprad kommt auf nur 32 Nm. Außerdem verfügt das PVY, anders als seine Konkurrenten, über einen Drehmomentsensor.
Standardmäßig sind drei Unterstützungsmodi voreingestellt, es sollen aber auch 5 Stufen möglich sein, eine Anleitung zum Umstellen gibt es jedoch nicht, das Menü im Display ist hier kryptisch.
Die Energie bezieht das Z20 Max aus gleich zwei Akkus: Der etwas größere Hauptakku sitzt im Rahmen, der geringfügig kleinere Zweitakku ist als "Trinkflasche" konzipiert und sitzt in einer Halterung auf dem Rahmen. Zusammen beträgt die Kapazität 25,6 Ah, oder 921,6 Wh, was laut Hersteller für 200 km reichen soll.
Das Herausnehmen des Hauptakkus ist fitzelig, denn das Schloß sitzt unterhalb des Rahmens, es führen mehrere starre Kabel darüber und der Schlüssel muss eingedrückt und gedreht werden, auch dazu gibt es keine Informationen im Handbuch. Beide Akkus lassen sich theoretisch aber auch direkt am Rad laden.
Unterwegs - Etwas träges Fahrgefühl, hohe Stufennutzung
Teststrecke
Um die angeblichen 200 km wenigstens annähernd auszuloten, waren mehrere Testtage nötig.
Unsere erste Strecke führte quer durch Berlin, vom Nordwesten Nähe Gesundbrunnen bis in den Südosten nach Adlershof. Für die Hintour sind wir sehr direkt mit im Schnitt über 20 km/h auf Stufe 3 gefahren. Die Rücktour haben wir langsamer gestaltet, ein paar Abstecher genommen und uns an einer "gesunderen Mischung" aus Stufe 2 und 3 versucht. Die Gesamtstrecke lag bei ca. 42 km.
Für die zweite Strecke kam uns die IFA 2024 gelegen. Statt mit der Bahn sind wir mit dem Rad zur Messe gefahren, dazu haben wir durch den anderen Rückweg insgesamt einen Rundkurs von 32 km Länge daraus gemacht. Hier haben wir bewusst auf die Stufe 2 gesetzt, nur bei Anstiegen wurde auf Stufe 3 geschaltet. Beide Strecken sind weitestgehend flach, an beiden Tagen war es mit rund 30 °C sehr warm.
Fahrerfahrung
Wer versucht das PVY Z20 Max Kellertreppen hochzutragen wird wenig Lust verspüren dies täglich zu tun - es ist mit rund 27 Kilogramm einfach sehr schwer! Auch wenn man sich auf das Rad schwingt, spürt man die Trägheit des Doppelakku-Klapprads. In den Unterstützungsstufen 1 und 2 muss man schon deutlich mitarbeiten und kommt nur wenig elanvoll aus dem Stand vom Fleck. Erst auf Stufe 3 wird das Fahrverhalten spritziger.
Sofern man 20 km/h oder schneller fahren möchte, fallen unserer Erfahrung nach die ersten beiden Stufen nahezu raus, gleiches gilt für Brücken und generelle Anstiege. Hier machen Stufe 1 und 2 wenig Spaß. Stufe 1 eignet sich unserer Erfahrung nach eher für leichtes Dahinrollen bis 10 km/h. Stufe 2 haben wir anfangs bis etwa 18 km/h genutzt, später haben wir uns des Akkutests wegen eher überwinden müssen Stufe 2 auch bei höheren Geschwindigkeiten zu nutzen.
Die Bremsen verrichten ihren Dienst zuverlässig und bringen das Rad bei mehr Druck auf die aluminiumlegierten Bremshebel zügig zum Stehen. Die Gangschaltung war leider nicht optimal voreingestellt und klapperte in vielen Gängen.
Reichweite
Wie oben erwähnt fehlt im Display eine Prozentangabe für die verbleibende Akkureichweite, man muss sich an den 5 Balken orientieren. Zudem stellt die Anzeige nur eine Reichweitenprognose, welche sich leider auch schnell wieder ändert, je nach Fahrstil. Schon ein Anhalten lässt die Prognose teils wieder einen Balken dazugewinnen. Das macht eine genaue Einschätzung für uns Tester, aber auch für den fahrenden Kunden natürlich schwer.
Nach den ersten etwa 30 Kilometern zeigte uns das Display im Stand einen fehlenden Balken an. Nach rund 80 km, also nach unseren beiden auf zwei Testtagen verteilte Touren, zeigte das Display nur noch einen Balken während der Fahrt (Stufe 2), aber zwei Balken im Stehen an.
Nach weiteren 2 km ging das Display und damit die Unterstützung ohne vorherige Warnung (z.B. rot blinkender letzter Balken o.Ä.) einfach aus. Wir kamen insgesamt also nur ca. 82 km weit. Übrigens gibt es im Display auch keinerlei Anzeige ob beide Akkus auch wirklich eingebunden sind. So könnte es theoretisch auch passieren, dass beispielsweise der Zweitakku schon leer ist oder nicht richtig sitzt, ohne dass man dies erfährt. Ob man nun tatsächlich mit beiden Akkus oder eben nur mit einem fährt, kann man nur raten.
Wer einen Mix aus Stufe 2 und 3 verwendet, kommt also nur ca. 80 - 100 km und damit weniger als die Hälfte so weit wie vom Hersteller versprochen. Fährt man komplett auf Stufe 2, so dürfte sich die Laufzeit auf geschätzte 130 - 150 km verlängern. Auf 200 km dürfte man höchstens kommen, wenn man verstärkt oder gar ausschließlich auf Stufe 1 setzt, was im Alltag kaum praktikabel und daher unrealistisch erscheint. Schon das ausschließliche Nutzen von Stufe 2 kann bei Anstiegen oder Geschwindigkeiten ab 20 km/h zur Herausforderung werden und für Schwitzen sorgen.
Der Drehmomentsonsor verrichtet jedoch eine gute Arbeit und lässt den Motor stets harmonisch in Abhängigkeit von der Tretkraft unterstützen. Die Motorgeräusche sind dabei sehr moderat.
Sattel- und Lenkerstange lassen sich in der Höhe verstellen, dennoch eignet sich die Sitzposition eines Klapprades unserer Meinung nach nicht unbedingt für ausufernde Touren.
Die Vollfederung verrichtet ihre Arbeit hingegen sehr gut, selbst niedriges Kopfsteinpflaster ist mit dem Rad nicht unangenehm, alles wird gut gedämpft. Allerdings neigt die Vordergabel beim Anheben nach dem Einfedern zum Ausschlagen.
Pro
Contra
Fazit - Schweres Klapprad als Tourer
Am PVY Z20 Max gefällt vor allem, dass ein recht niedriger Preis für das Gebotene verlangt wird. Für annähernd 1.000 Euro bekommt man hier, anders als bei vielen Konkurrenten, einen Drehmomentsensor, 80 Nm (die man jedoch nur auf maximaler Stufe spürt), ein gelungenes Design und einen Doppelakku für theoretisch mehr Reichweite.
Allerdings wirkt das Klapprad träge und schwer (obwohl Konkurrenten selten wesentlich leichter sind), die drei Unterstützungsmodi machen eigentlich nur auf der höchsten Stufe wirklich Spaß, dann aber hält der Akku nicht einmal für die Hälfte der versprochenen Reichweite. Für längere Touren ist das Z20 Max damit nur bedingt geeignet, als flottes Stadtrad ob des hohen Gewichtes aber ebensowenig. Unglücklich ist auch, dass es keine Anzeige gibt, die den Zustand für beide Akkus getrennt auflistet, so kann man sich nie sicher sein, ob beide Akkus auch wirklich eingebunden sind.
Das PVY Z20 Max versucht ein Mix aus Stadtrad und Tourer zu sein, durch das recht hohe Gewicht geht ihm aber Spritzigkeit in der Stadt und durch seine gleichzeitig aufrechte Klappprad-Sitzposition die Eignung für lange Touren etwas ab, zumal durch Ersteres auch die Reichweite praktisch deutlich geringer ist.
Alternativ gibt es übrigens auch das Libon-Modell aus eigenem Hause wahlweise mit Single oder Dual-Akku, mit Letzterem soll die Reichweite sogar bis zu 260 km betragen. Durch den wartungsarmen Riemenantrieb entfällt aber die Gangschaltung, weshalb auch hier die Eignung als Tourer fraglich ist.
Preis und Verfügbarkeit
Auf der Webseite von PVY lässt sich das Z20 Max aktuell für 1.049 Euro bestellen, die Lieferzeit wird mit Ende September angegeben.
Transparenz
Die Auswahl der zu testenden Geräte erfolgt innerhalb der Redaktion. Das vorliegende Testmuster wurde dem Autor vom Hersteller unentgeltlich zu Testzwecken überlassen. Eine Einflussnahme auf den Testbericht gab es nicht, der Hersteller erhielt keine Version des Reviews vor der Veröffentlichung. Es bestand keine Verpflichtung zur Publikation. Unsere Reviews erfolgen stets ohne Gegenleistung oder Kompensationen. Als eigenständiges, unabhängiges Unternehmen unterliegt Notebookcheck keiner Diktion von Herstellern, Shops und Verlagen.
So testet Notebookcheck
Pro Jahr werden von Notebookcheck hunderte Laptops und Smartphones unabhängig in von uns standardisierten technischen Verfahren getestet, um eine Vergleichbarkeit aller Testergebnisse zu gewährleisten. Seit rund 20 Jahren entwickeln wir diese Testmethoden kontinuierlich weiter und setzen damit Branchenstandards. In unseren Testlaboren kommt ausschließlich hochwertiges Messequipment in die Hände erfahrener Techniker und Redakteure. Die Tests unterliegen einer mehrstufigen Kontrolle. Unsere komplexe Gesamtbewertung basiert auf hunderten fundierten Messergebnissen und Benchmarks, womit Ihnen Objektivität garantiert ist. Weitere Informationen zu unseren Testmethoden gibt es hier.