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Touroll J1 E-Trekkingrad ausprobiert - Preis-Leistungs-Kracher mit Abzügen

Preisansage.

Trekkingräder sind Vielseitig. Noch multifunktionaler wird die Radgattung mit einem Elektromotor. Touroll will mit dem J1 ein solches Komplettpaket bieten und verlangt dennoch nur 850 Euro. Ob das gelingen kann, klären wir auf einer ausführlichen Testfahrt.
Benedikt Winkel Veröffentlicht am
E-Mobility Gadget Sports / e-Sports

Ein voll ausgestattetes Trekking-E-Bike für 850 Euro. Das möchte Touroll mit dem J1 bieten. Der Hersteller liefert das Rad in zwei Versionen. Das J1 hat keinen klassischen Trapezrahmen, aber dennoch ein hohes Oberrohr. Das J1 ST hingegen offeriert einen tiefen Einstieg - technisch sind beide Varianten identisch.

Bei der Farbe und der Größe gibt es keine Auswahl. Eine Größe soll für Fahrer zwischen 160 und 200 cm Körpergröße passen. Das J1 ist immer schwarz mit weißen Akzenten.

Lieferung und Aufbau - Touroll ist gut verpackt, aber klappert

Das Touroll J1 wird in einem großen Karton geliefert. Die Dimensionen lassen erahnen, dass nur noch wenige Montageschritte fehlen. Das Rad ist durch eine Vielzahl von Folien und Formteilen geschützt. Dennoch gibt es einzelne Macken im Lack.

Im Lieferumfang liegen alle Werkzeuge, die für die Montage benötigt werden, teilweise in Form eines Multitools, das auf Radtouren leicht mitgenommen werden kann. Teile, die montiert werden müssen, sind Lenker, Pedale, Vorderrad, vorderes Schutzblech und das Vorderlicht. Das gelingt schnell und problemlos.

Nach dem Zusammenbau und beim ersten Bewegen gibt es einen kleinen Schock. Das J1 klappert bei jeder Bewegung lautstark - siehe Video. Ein elektrisches Bauteil innerhalb des Rahmens ist lose. Der Rahmen dient als Klangkörper und verstärkt das Geräusch. Wenn die Kabel passend darum verteilt werden, ist das Geräusch kaum noch zu hören. Komplett abstellen lässt sich der Lärm mit etwas Schaumstoff, der durch die Kabelführung geschoben werden kann.

Ausstattung und Optik - Touroll J1 mit schickem Rahmen

Vor allem in Anbetracht des Preises fällt die Rahmengestaltung positiv auf. Das Oberrohr etwa ist kein simples Rohr, sondern verjüngt sich zu Sattelrohr und verändert seine Form. Das sorgt für eine hohe Steifigkeit bei geringem Gewicht. Auch der Lenkkopf sticht hervor, er ist in der Mitte verstärkt, was ebenfalls für eine verbesserte Steifigkeit sorgt. Auch die Verarbeitung des Rahmens gefällt. Die Schweißnähte sind sauber verschliffen. 

Die Ausstattung des J1 ist komplett. Das Rad kommt mit langen Metallschutzblechen, Gepäckträger mit Federklappe und Lowridern, Lichtanlage samt Bremslichtfunktion und Seitenständer. Deutlich wird der günstige Preis dann im Detail. Die Griffe sind zwar ergonomisch geformt, aber nicht verschraubt - sie verdrehen sich je nach Belastung. Die Gabel hat 80 Millimeter Federweg und kann blockiert werden, sie ist aber nicht einstellbar und arbeitet mit Stahlfedern - eine Luftunterstützung gibt es nicht. Außerdem reicht die Lackierung der Gabelbrücke bis auf die Gleitflächen.

Das Touroll J1 besitzt zwar Scheibenbremsen, diese werden aber mechanisch angesteuert. Mit 160 Millimetern sind die Scheiben für die meisten Anwendungen ausreichend dimensioniert. Die Bremsgriffe sind komplett aus Kunststoff und fallen lang aus. Gut gefällt uns die CST Trekkingbereifung, die einen Spagat aus Schlechtwegetauglichkeit und gutem Abrollverhalten schafft. Mit 27,5 Zoll setzt der Hersteller zudem auf ein modernes Format.

Ausstattung
Schaltung Kettenschaltung, Shimano Tourney TZ, 7 Gänge
Bremsen Scheibenbremsen, mechanisch, 160 / 160 mm
Akku entnehmbar, 561 Wh
Motor Heck-Nabenmotor, 250 W
Max. Drehmoment 45 Nm
Gewicht (mit Pedalen) 26,5 kg
Gewicht Akku 3070 g
Max. Zuladung 120 kg

Geschaltet wird mit einer Kettenschaltung von Shimano. Wie bei E-Bikes typisch, handelt es sich um eine Einfachschaltung. Das Touroll J1 muss mit sieben Gangstufen auskommen. Der Hersteller verbaut das Tourney TZ Schaltwerk, welches eigentlich für sechs Gänge ausgelegt ist. Am J1 kommt ein weiteres Ritzel mit kürzerer Übersetzung zum Einsatz.

Die Schaltvorgänge sind zwar nicht besonders knackig, die Schaltung funktioniert aber zuverlässig. Sie dürfte ab Werk allerdings etwas exakter eingestellt sein. Züge und Kabel verlaufen teilweise im Rahmen, was für eine aufgeräumte Optik sorgt. Um so wulstiger fallen die Kabel-Pakete allerdings in den anderen Bereichen aus. 

Display und App - Touroll J1 mit USB-Anschluss aber ohne App

Touroll verbaut am J1 eine kombinierte Display-Bedieneinheit am linken Griff. Das 1,8 Zoll große LC-Display ist monochrom und beleuchtet. Es zeigt zentral die aktuelle Geschwindigkeit an. Außerdem wird die Unterstützungsstufe als Ziffer zwischen 0 und 5 dargestellt. Zusätzlich wird die aktuell genutzte Kraft des Motors in Form eines Balkens gezeigt. Ständig wird außerdem der Akkustand in Prozent und mit fünf Balken visualisiert.

Weitere Werte des Bordcomputers können mit Hilfe eines kurzen Drucks auf die Powertaste wechselweise dargestellt werden. Das Display kann Gesamtkilometer, Tageskilometer, Fahrzeit, Durchschnittsgeschwindigkeit und Maximalgeschwindikeit anzeigen.

Neben dem Powerknopf gibt es am Display noch eine Plus- und eine Minus-Taste. Damit kann die Unterstützungsstufen gewählt werden. Langes Drücken auf Plus schaltet die Beleuchtung des Rads an bzw. aus. Langes Drücken und Halten von Minus aktiviert die Schiebehilfe.

Auf der Seite, die dem Fahrer zugewandt ist, sitzt unter einer Gummiabdeckung ein USB-Anschluss. Dieser kann etwa zum Laden des Smartphones genutzt werden. Der Hersteller empfiehlt bei Fahrten im Regen die Gummiabdeckung aufzusetzen und auf Laden zu verzichten. Das Rad ist nach IPX4 gegen das Eindringen von Wasser geschützt.

Eine App-Anbindung bietet Touroll für das J1 nicht.

Akku, Motor und Reichweite - Touroll J1 ohne Drehmomentsensor

Touroll setzt im J1 auf einen Hecknabenmotor. Der bietet eine Dauerleistung von 250 Watt, einen Wert für die Spitzenleistung gibt der Hersteller nicht an. Das maximale Drehmoment liegt bei 45 Nm, das muss bei Heckmotoren anders bewertet werden als bei Mittelmotoren, weil es keinen Kraftverlust durch die Übertragung mittels Kette gibt.

Insgesamt stehen fünf Unterstützungsstufen zur Wahl. Weil das J1 jedoch keinen Drehmomentsensor hat, haben die Stufen keinen Einfluss auf die Stärke der Unterstützung, sondern lediglich auf die Geschwindigkeit, bis zu der der Antrieb beim Pedalieren unterstützt. Mögliche Stufen sind: 12, 15, 18, 21 und 25 km/h.

Die Energie bezieht der Motor aus einem 561 Wh großen Akku, der komplett im Rahmen integriert ist. Der Akku ist über ein Schloss gesichert und wiegt drei Kilo. Er kann ein- wie ausgebaut geladen werden. Wir haben das J1 auf eine etwa 40 Kilometer lange Testrunde mitgenommen. Die fiel mit 610 Höhenmetern durchaus anspruchsvoll aus. Nach der Tour zeigt das Display noch zwei von fünf möglichen Balken beim Akku und 30 Prozent Ladung an.

Allerdings gibt das Display eher eine Reichweitenprognose als einen Akkustand an, denn die Werte steigen während der Fahrt auch wieder an. Nach den 40 Kilometern laden wir 374 Wh nach, bis der Akku wieder voll geladen ist. Das Ladegerät leistet dabei maximal 90 Watt, das ergibt in unserem Fall eine Ladezeit von etwa vier Stunden.

Touroll verspricht eine Reichweite von bis zu 100 Kilometern mit einer Akkuladung. Die erreichen wir unter Testbedingungen nicht. Mit größter Unterstützung und mit vielen Anstiegen würden wir aber dennoch 60 Kilometer weit kommen, was ein sehr ordentlicher Wert ist.

Unterwegs - Das J1 schwächelt bei den Bremsen

Unser Tester ist 185 cm groß und findet damit bequem Platz auf dem Touroll J1. Die Sitzposition ist leicht gestreckt, ohne direkt sportlich zu sein. Dabei fällt der Vorbau für heutige Verhältnisse ziemlich lang aus. Der Lenker ist leicht gekröpft, die Flossengriffe liegen gut in der Hand. Insgesamt überzeugt die Ergonomie des J1.

Außerdem ist das Rad wunderbar stabil. Auch bei Geschwindigkeiten von 50 km/h vermittelt das Rad viel Sicherheit. Mutwillige Unruhe durch ruckartige Lenkbewegungen verklingt augenblicklich. Auch in Kurven gefällt das J1 und seine Bereifung. Es hält den eingeschlagenen Radius und zeigt selbst beim Bremsen keine Aufstellneigung.

Die Bremsperformance ist dagegen nur mäßig. Auch nach dem Einbremsen bleiben die Bremsanlage zahnlos und die Bremswege lang. Außerdem fallen die Handkräfte hoch aus. Von der vom Hersteller versprochenen E-Bremse ist nichts zu spüren. Zwar kann das Rad mit der gebotenen Bremsleistung sicher zum Stehen gebracht werden, mit Beladung oder bei höheren Geschwindigkeiten kommt das System jedoch an seine Grenzen.

Beladen funktioniert hingegen wunderbar einfach. Packtaschen nimmt das J1 klaglos auf, Dank der Federklappe können zudem lose Gegenstände unkompliziert gesichert werden. Dank einer Zuladung von 25 kg darf das Gepäck auch etwas größer ausfallen. Zudem stören die Taschen nicht beim Pedalieren.

Der Motor im J1 packt kräftig zu. Wir sind im Test stets mit der höchsten Unterstützungsstufe unterwegs. Die Geräusche des Antriebs halten sich in Grenzen, dennoch schiebt der Motor ordentlich an. Leichtere Anstiege schafft das J1 mit Höchstgeschwindigkeit, ohne dass der Fahrer ins Schwitzen gerät.

Obwohl das J1 keinen Drehmomentsensor hat, gelingt die Verteilung zwischen Muskel- und Motorkraft meist harmonisch. Die Übersetzung ist gelungen, ein oder zwei Gänge mehr würden dem J1 allerdings gut zu Gesicht stehen und den Tourencharakter unterstreichen. Mit der gelieferten Übersetzung sind Geschwindigkeiten bis 30 km/h möglich, danach wird die Trittfrequenz zu hoch.

Der Rollwiderstand des Rades geht in Ordnung, Passagen ohne Motorunterstützung sind gut machbar. 

Fazit - Touroll bietet viel E-Bike fürs Geld

Im Test: Touroll J1. Testgerät zur Verfügung gestellt von Geekbuying
Im Test: Touroll J1. Testgerät zur Verfügung gestellt von Geekbuying

Das Touroll J1 liefert solide ab. In manchen Bereichen überrascht es sogar positiv. Der Rahmen ist nicht nur schön anzusehen, er ist auch wunderbar stabil. Das J1 überzeugt in allen Fahrsituationen mit ruhigem Fahrverhalten und großer Gelassenheit. Auch schwerere Fahrer und Gepäck bewegt das E-Bike ohne Probleme.

Ebenso problemlos präsentiert sich der Antrieb. Der Heck-Nabenmotor arbeitet akustisch zurückhaltend und ist dennoch kräftig. Leider muss das System ohne Drehmomentsensor auskommen. Daher gibt es keine Leistungsstufen, sondern immer die volle Power. Das lässt sich mit der gut nutzbaren Schaltung aber recht gut kompensieren. Zudem ist der 561 Wh große Akku nicht nur gut dimensioniert, sondern auch schön integriert. Die USB-Ladebuchse am Display ist ein schönes Gimmick. 

Punkten kann das Touroll J1 außerdem mit seiner umfangreichen Alltags-Ausstattung: Gepäckträger mit Federklappe, lange Metallschutzbleche, Seitenständer und Lichtanlage bringt das Pedelec mit. Sogar eine Bremslichtfunktion bietet das J1.

Der größte Kritikpunkte am Touroll E-Bike sind die Bremsen. Sie benötigen viel Handkraft, die Wirkung ist dennoch nur lasch. Selbst mit großer Anstrengung lässt sich das Hinterrad kaum zum Blockieren bringen. Bei höheren Geschwindigkeiten oder bei der Mitnahme von Gepäck wünschen wir uns mehr Reserven.

Dabei geht es nicht darum, dass die Bremse keinen klaren Druckpunkt hat, sondern ganz grundsätzlich um die Bremskraft. Das J1 hat einen langen Bremsweg, von der versprochenen E-Bremse ist nichts zu spüren. Das ist besonders schade, weil das J1 durchaus Qualitäten für häufige und lange Ausfahrten hat.

Insgesamt überzeugt das Touroll J1 als vielseitiges E-Bike, das sowohl im Alltag als auch auf längeren Touren überzeugen kann - vor allem mit Blick auf den Preis. Einige Euros sollten jedoch gleich in eine bessere Bremsanlage investiert werden. 

Der günstige Preis wird auch bei manchen Anbauteilen deutlich, etwa bei den Griffen, die sich leicht verdrehen oder der Gabel, die nicht einstellbar ist. Die Griffe lassen sich jedoch leicht und günstig tauschen, die Gabel arbeitet vernünftig. Das Klappern am Testrad nach dem Aufbauen ist nervig, lässt sich aber schnell beheben.

Preis und Verfügbarkeit

Touroll bietet das J1 im eigenen Onlineshop an. Das Rad wird aber auch bei anderen Händlern gelistet, etwa bei unserem Leihsteller Geekbuying oder bei Amazon. Die UVP liegt bei 850 Euro.

Transparenz

Die Auswahl der zu testenden Geräte erfolgt innerhalb der Redaktion. Das vorliegende Testmuster wurde dem Autor vom Hersteller unentgeltlich zu Testzwecken überlassen. Eine Einflussnahme auf den Testbericht gab es nicht, der Hersteller erhielt keine Version des Reviews vor der Veröffentlichung. Es bestand keine Verpflichtung zur Publikation. Unsere Reviews erfolgen stets ohne Gegenleistung oder Kompensationen. Als eigenständiges, unabhängiges Unternehmen unterliegt Notebookcheck keiner Diktion von Herstellern, Shops und Verlagen.

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Pro Jahr werden von Notebookcheck hunderte Laptops und Smartphones unabhängig in von uns standardisierten technischen Verfahren getestet, um eine Vergleichbarkeit aller Testergebnisse zu gewährleisten. Seit rund 20 Jahren entwickeln wir diese Testmethoden kontinuierlich weiter und setzen damit Branchenstandards. In unseren Testlaboren kommt ausschließlich hochwertiges Messequipment in die Hände erfahrener Techniker und Redakteure. Die Tests unterliegen einer mehrstufigen Kontrolle. Unsere komplexe Gesamtbewertung basiert auf hunderten fundierten Messergebnissen und Benchmarks, womit Ihnen Objektivität garantiert ist. Weitere Informationen zu unseren Testmethoden gibt es hier.

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Autor: Benedikt Winkel, 28.07.2024 (Update: 15.08.2024)