Fitbit Sense im Test: Gesundheitsvorsorge per Smartwatch
Gehäuse und Ausstattung
Mit den Smartwatches Fitbit Sense, Versa 3 und deren Vorgänger, der weiterhin erhältlichen Versa 2, hat Fitbit drei Wearables mit nahezu identischem Formfaktor im Programm. Anstelle der mechanischen Taste der Versa 2 ist im Aluminiumgehäuse von Sense und Versa 3 eine Sensortaste integriert, wie wir sie bereits vom Charge 4 kennen. Der Versa 3 hat Fitbit gegenüber dem Vorgänger GPS spendiert. Zudem werden nur Sense und Versa 3 bis Jahresende den Google-Assistant erhalten, die Versa 2 nicht.
Alle drei Wearables messen die Herzfrequenz und die Blutsauerstoffsättigung (SpO2). Nur die Sense besitzt zusätzliche Sensoren, mit denen sie ein EKG erfassen und elektrodermale Aktivitäten (EDA) festellen kann, und außerdem einen Sensor zur Messung der Hauttemperatur.
Sprachassistent, Fitbit Pay
Zur weiteren Hardware zählen unter anderem Lautsprecher und Mikrofon für einen Sprachassistenten und NFC für mobiles Bezahlen. Fitbit Pay unterstützen in Deutschland im Testzeitraum 10 Banken, darunter die BW-Bank und die Commerzbank. Alternativ bietet Fitbit eine eigene Fitbit Visa Card an.
Als Sprachassistent ist derzeit noch Amazon Alexa aktiv. Vor etwa einem Jahr hat Google Fitbit übernommen und inzwischen angekündigt, dass für die Fitbit Sense und Versa 3 bis Jahresende der Google Assistent verfügbar sein wird. Ob man zwischen beiden wird wählen können, oder ob Google Alexa mittelfristig rauswerfen wird, ist unbekannt.
Der Sprachassistent funktioniert nur, wenn das Smartphone in der Nähe ist. Die App muss nicht geöffnet sein, braucht aber die Berechtigung, im Hintergrund zu laufen. Anders als die Versa 2 haben Versa 3 und Sense nun auch einen Lautsprecher. Alexa präsentiert ihre Antworten nach wie vor über das Display; der Google Assistent wird sie dann vermutlich per Sprache ausgeben.
Einrichtung und Bedienung
Sobald die Sense geladen ist, ist sie auch schon funktionstüchtig, zählt die Schritte, trackt ein Workout und führt einen EDA-Scan durch, zu dem wir später noch kommen. Die Sprache ist zu diesem Zeitpunkt noch Englisch und ändert sich erst beim Koppeln über die Fitbit App aus dem App Store oder Googles Play Store.
Über die Fitbit-App kann man die Sense mit zusätzlichen Apps bestücken, beispielsweise Strava und Uber, und zusätzlichen Zifferblättern. Einige von ihnen bringen ein eigenes Design für den Always-On-Bildschirm mit, andere nicht. In diesem Fall wählt man für den Standby-Bildschirm zwischen einem analogen oder einem digitalen Standard-Zifferblatt.
Die Sensortaste, die Fitbit seit dem Charge 4 anstelle einer mechanischen verwendet, ist gewöhnungsbedürftig. Sie sitzt in einer Kuhle auf der Unterseite des Displayrands, wo der Finger sie schwerer ertasten kann als eine normale. Je nachdem, ob man sie einmal, zweimal oder länger drückt, übernimmt sie die „Zurück“-Funktion, startet eine zugewiesene App wie den Musik-Player oder öffnet eine Auswahl mit vier Favoriten-Apps.
Benachrichtigungen, Widgets und Schnelleinstellungen wie den Nicht-Stören-Modus erreicht man über Gesten. Ebenso die weiteren Apps, die man nach Belieben sortieren kann.
Telefonie und Benachrichtigungen
Eingehende Telefonate werden durch die Sense signalisiert und man kann sie ablehnen oder annehmen. Für das Gespräch selbst muss man zum Smartphone greifen.
Benachrichtigungen bleiben stehen, bis man sie löscht oder als gelesen markiert. Auf WhatsApp-Nachrichten kann man mit einem Emoji, einer vorgefertigten Antwort oder per Sprachdiktat antworten. Das klappte im Test gut, setzt aber voraus, dass das Smartphone in der Nähe ist und die Fitbit-App Hintergrundrechte hat.
Accounts bei Spotify oder Deezer lassen sich mit Fitbit verbinden, setzen allerdings ein Abo voraus. Während die Sense bei Spotify nur den Player auf dem Smartphone steuert, lädt sie Deezer-Playlisten auf die Smartwatch und gibt sie von dort über ein Headset oder einen anderen Bluetooth-Empfänger offline wieder.
Die Geschwindigkeit der Sense lässt gelegentlich zu wünschen übrig. Öffnet man beispielsweise das Heute-Dashboard mit den täglichen Schlaf- und Aktivitätsdaten, blickt man gut 5 Sekunden auf ein regungsloses Display.
Gesundheit und Fitness
Im Frühjahr führte Fitbit mit dem Charge 4 Aktivzonenminuten ein, denen eine neue Bewertung aller täglichen Aktivitäten zugrunde liegt: Intensive Aktivitäten in der Kardio- oder Höchstleistungszone zählen stärker als weniger intensive (Fettverbrennungszone), letztlich zählt jedoch jede Aktivität. Einen flotten Spaziergang erkennt und wertet die Sense, ohne dass man eine Trainingsaufzeichnung startet. Die automatische Aufzeichnung erhöht das Konto der täglichen Aktivzonenminuten schneller und kurbelt die Motivation an, sich zu bewegen.
Gesundheitsüberwachung
Die Sense überwacht die Herzfrequenz 24/7 und gibt laut Fitbit Warnungen aus, wenn Grenzen unter- oder überschritten werden. Die Präzision der Herzfrequenzmessung haben wir mit einem Brustgurt von Polar überprüft und konnten keine größeren Abweichungen feststellen. Auch bei einem Anstieg der Herzfrequenz, den wir im Leistungsmodus simulierten, blieb die Sense im Test mit 1-3 Schlägen Abstand nah an der Messung durch einen Brustgurt. Das sah also zumindest im Test gut aus.
Die Sense protokolliert Veränderungen der Hauttemperatur und ist außerdem in der Lage, ein EKG (Elektrokardiogramm) aufzuzeichnen. Für das Verfahren erhielt Fitbit im September die für medizinische Geräte wichtige CE-Kennzeichnung (Conformité Européenne) der Europäischen Union. Zur Messung legt man Zeigefinger und Daumen 30 Sekunden lang an den Edelstahlring, der das Display einfasst. Erkennt die Sense einen unregelmäßigen Herzrythmus, deutet das auf ein Vorhofflimmern hin; das wiederum verbinden Mediziner mit einem erhöhten Risiko für einen Schlaganfall.
Ein weiteres Verfahren erfasst elektrodermale Aktivitäten der Haut (EDA-Scan). Registriert die Sense während eines etwa zweiminütigen Scans eine veränderte elektrische Leitfähigkeit der Haut, kann dies ein Hinweis auf emotionalen Stress sein. Der Test wird in Ruhe durchgeführt und wirkt allein dadurch mitunter senkend auf die Herzfrequenz. Diesen Effekt kann man mit Entspannungsübungen auf der Sense und in der Fitbit-App unterstützen.
Schlafprotokoll
Für die Sauerstoffversorgung des Körpers spielt das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen eine wichtige Rolle. Die Blutsauerstoffsättigung (SpO2) gibt an, zu wieviel Prozent das Hämoglobin in der Lunge mit Sauerstoff gefüllt wurde. Der Wert liegt im Normalfall zwischen 90 und 100 Prozent.
Fitbit misst die Sättigung nicht manuell auf Knopfdruck, wie etwa die Huawei Watch Fit oder Honor Watch ES, sondern nur nachts während des Schlafs.
Die Kurve zur Sauerstoffsättigung im Schlafprotokoll zeigt nicht den Verlauf der prozentualen Sättigung, sondern die Abweichung vom körpereigenen Durchschnitt. Hohe Abweichungen können ein Indikator für eine Schlafapnoe sein. Im kostenpflichtigen Abo Fitbit Premium liefet Fitbit zusätzlich den Verlauf der Herzfrequenz. Die tatsächliche prozentuale Sättigung nennt weder die App noch das Heute-Dashboard der Sense. Lediglich das Zifferblatt »SpO2 Signature« verrät zumindest einen Durchschnitt. Er bezieht sich auf die Messung der letzten Nacht und verändert sich tagsüber nicht.
Zum Preis von monatlich 8,99 Euro Fitbit bietet Premiumfunktionen an. Das Schlafprotokoll ergänzt Fitbit um ein Diagramm zur Herzfrequenz. Die folgenden beiden Screens zeigen ein Schlafprotokoll ohne Abo. Die vier Screens darunter zeigen das gleiche Schlafprotokoll im Premium-Status. Mit Ausnahme der geschätzten Sauerstoffabweichung kann man auf dem Smartphone alle Diagramme auf Bildschirmgröße aufziehen.
Das Premium-Abo erhalten Käufer einer Fitbit Sense sechs Monate lang gratis. Neben den zusätzlichen Diagrammen im Schlafprotokoll ergänzt es Gesundheitsmetriken zur Entwicklung der nächtlichen Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz, Herzfrequenzvariabilität und Hauttemperatur. Das Abo ermöglicht außerdem die Teilnahme an virtuellen Wettkämpfen und Pläne für verschiedene gesundheitliche und sportliche Ziele.
Nach etwa einem Monat können Premium-Abonnenten einen Gesundheitsbericht im PDF-Format anfordern, ausdrucken und bei Bedarf mit ihrem Arzt besprechen. Er spiegelt den Dashboard-Verlauf von Ruhefrequenz, Schlafzeiten und Gewicht, den Verlauf der täglichen Schritte, aktiven Minuten und inaktiven Minuten („im Sitzen“) sowie der erzielten Aktivzonenminuten. Frauen sehen zusätzlich ihre Aufzeichnung zum Menstruationszyklus, sofern sie ihn in der App manuell erfasst haben.
Meldet man sich auf fitbit.com mit seinen Account-Daten an, kann man seine Daten auch ohne Premium-Status als Excel- oder CSV-Datei herunterladen, wenn auch wenig anschaulich.
Die nachfolgenden Screens zeigen links das Tages-Dashboard. Die Gesundheitsmetriken sehen nur Abonnenten.
Sport
Auf der Sense gibt es eine App »Coach« mit geführten Cardio- und Körper-Workouts. Kurze Video-Clips leiten die Übungen an. Zu Testbeginn standen drei Workouts zwischen 7 und 15 Minuten Länge zur Verfügung. Im Premium-Abo erweitert Fitbit das Angebot.
Die normale Trainings-App listet 20 Trainingsmodi, darunter neben Laufen, Radfahren und Crosstrainer auch Kickboxen, Golf und ein Intervalltraining.
Vor dem Training kann man den Trainingsbildschirm individualisieren und Parameter einstellen, wie die Bahnlänge für das Schwimmtraining oder die Zahl der Wiederholungen, zeitliche Belastung, Pausenlänge und Gesamtdauer eines Intervalltrainings. Möchte man in einer bestimmten Herzfrequenzzone laufen, vibriert die Sense unterschiedlich oft bei Erreichen der Fettverbrennungs-, Kardio- oder Höchstleistungszone. Im Always-on-Modus reduziert sie die Aktualisierungsfrequenz, zeigt aber weiterhin den Trainingsbildschirm.
Über die Sensortaste pausiert man das Workout und setzt es fort, zum Beenden drückt man einen Softkey auf dem Display. Das funktionierte im Test auch mit verschwitzten Fingern, aber die Sensortaste ist schlechter zu ertasten als die mechanische der Versa 2. Eine Zusammenfassung wie nachfolgend abgebildet zeigt die Sense nur unmittelbar nach dem Workout. Danach bleibt das Trainingsprotokoll nur noch in der App einsehbar.
Laufzeit
Die Laufzeit gibt Fitbit mit bis zu 6 Tagen an, wenn man das Always-on-Display abschaltet. Aktiviert man das Always-on-Display, reduziert sich die Laufzeit deutlich, im Test auf etwa dreieinhalb Tage.
Zum Laden braucht die Fitbit Sense dank Schnellladefunktion nur etwa eineinviertel Stunden.
Pro
Contra
Wenn man eine Smartwatch mit EKG-Funktion sucht, ist die Fitbit Sense eine von derzeit nur wenigen Optionen. Eine weitere ist die Apple Watch. Samsung kündigt zwar schon seit 2019 ebenfalls ein EKG an, verschiebt dessen Freischaltung aber immer wieder – für die Galaxy Watch 3 in Deutschland aktuell auf März 2021.
Die Gesundheitsüberwachung durch eine Smartwatch hebt Fitbit mit der Sense auf ein hohes Niveau.
Bei der Betrachtung der Analysen bleiben aber Wünsche offen. Was beispielsweise fehlt, sind konkrete Zahlen zu Hauttemperatur und Blutsauerstoffsättigung. Fitbit arbeitet mit dem Verlauf und mit Abweichungen als Indikatoren für gesundheitliche Störungen. Das mag ausreichen und versetzt empfindliche Gemüter nicht in Aufregung über vereinzelte schwächere Werte oder den Vergleich zur Körpertemperatur, lässt sich aber nicht validieren und ist schlicht schade. Ebenso wie die Tatsache, dass man die Sauerstoffsättigung nicht auch tagsüber messen kann, zumindest manuell.
Nach einem Workout vermissen wir die Möglichkeit, auf der Smartwatch zumindest das letzte Training noch einmal abrufen zu können. Zudem liefert die Sense keine Angaben zu VO2max und analysiert demzufolge weder den Trainingseffekt, noch gibt sie eine Empfehlung für die Erholung bis zum nächsten Training. Letzteres hätten wir von der Gesundheitsuhr eigentlich erwartet. Positiv sind die möglichen Anpassungen für die verschiedenen Sportarten, einschließlich der Trainingsbildschirme, und die zuverlässige Messung der Herzfrequenz.
EKG, EDA-Scan und Temperaturschwankungen bleiben der Sense vorbehalten. Die Einteilung der täglichen Aktivitäten in Aktivzonenminuten, das informative Dashboard und das normale Schlafprotokoll liefern auch die 100 Euro günstigere Versa 3 und der Charge 4. Fitbit Premium kann man auch mit anderen Wearables des Herstellers kostenlos testen, den Testzeitraum hat Fitbit zuletzt auf 90 Tage gestreckt.
Preisvergleich
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