Cooler Master MasterCase EG200 im Hands-On-Test: Macht eine externe GPU via Thunderbolt-Gehäuse Sinn?
Die lahme Office-Kiste zum Gaming-Monster machen - das wäre es! Während man Desktop-PCs relativ einfach auf die neueste GPU-Generation aufrüsten kann, gelingt dies bei Laptops baubedingt nicht, zumal deren internen GPUs von vornherein nicht die Leistung ihrer Desktop-Pendants erreichen.
Wie wäre es also mit einem externen GPU-Gehäuse, dass vollwertige Desktop-Grafikkarten aufnimmt, mit Strom versorgt und über eine schnelle Leitung mit dem Laptop verbindet, um diesem zu ungekannter Gaming-Leistung zu verhelfen? Vorhang auf für das MasterCase EG200 von Cooler Master.
OK, die Idee ist alles andere als neu. Externe GPU-Gehäuse gibt es schon seit Langem. In der Vergangenheit haben lahme USB-Ports aber lange die übertragbare Leistung einer externen Lösung limitiert. Spätestens mit Thunderbolt 3 (TB 3) ist jedoch die theoretische Datendurchsatzrate in einem Maße gestiegen, die externe Lösungen wieder attraktiv machen, auch durch die mittlerweile gute Verbreitung von TB, auch wenn leider noch nicht jede Office-Kiste über einen Thunderbolt-3-Anschluss verfügt.
Schon vor etwa vier Jahren haben wir das Razer Core getestet, dieses Jahr kamen die Mini-eGPU ROG XG Mobile und die Aorus Gaming Box hinzu. Heute wollen wir schauen, ob sich seit dem Razer Core von vor vier Jahren etwas verbessert hat und was das MasterCase EG200 anders macht oder auch nicht.
Spezifikationen
- integriertes 550-W-Netzteil der V-Gold-Serie (60 W für USB-C + 10 W HDD + 3x 4,5 W USB-A = 83,5 W; über 450 W für die GPU frei)
- Verbindung der GPU via Thunderbolt 3, JHL7440-Controller
- Hot-Swap-Festplattendock für HDDs/SSDs in 3,5 oder 2,5 Zoll
- Mac und PC kompatibel, Mac nur AMD-Karten
- Karten voller Größe bis zu 330 x 51 x 156 mm, 9,7 l
- dedizierte USB-Ports (3x USB-A 3.2 Gen1; 1x USB Micro-B 3.2 Gen 1), USB-Hub getrennt von Thunderbolt 3: maximale Thunderbolt-Bandbreite für die GPU
- Laptop-Stand/Halter
- UVP von 349,99 Euro
Verarbeitung & GPU-Einbau
Beim Auspacken fällt sofort das recht hohe Gewicht auf, was vor allem am stabilen Design aus Metall und dem 550-W-Netzteil liegen dürfte. Meine Küchenwaage, welche sonst anstandslos jeden Laptop vermisst, zeigte sich beim MasterCase inklusive eingebauter GPU überfordert ("err"). Eine weniger genaue Kofferwaage kam auf 6,25 kg (mit RTX 3070)! Ohne GPU kommt das Gehäuse alleine immer noch auf 5,2 kg, ist also wirklich eher für den stationären Gebrauch geeignet.
Als Grafikkarte verwenden wir für unseren Test eine MSI Ventus 3x Geforce RTX 3070 mit Triple-Fan-Design, sie weist also eine durchaus beachtliche Länge auf. Diese gehört natürlich nicht zum Lieferumfang.
Der Aufbau gestaltet sich nicht besonders schwierig, es ist aber doch einiges an Schraubarbeit vonnöten, hierfür benötigt man ein Kreuzschraubendreher. Zunächst wollen die Seitenteile und anschließend der Deckel abgenommen werden, sie sind jeweils durch zwei Schrauben gesichert. Bei der Abnehme des Deckels muss darauf geachtet werden, dass darin ein Lüfter verbaut ist, dessen Kabel mit der Platine verbunden ist. Somit muss zunächst der Stecker von der Platine gelöst werden, um den Deckel vollständig abnehmen zu können.
Im Inneren ist auch die Packung für das Zubehör untergebracht, darin liegen ein Strom-, ein MicroB- und ein USB-C-Kabel sowie ein Adapter (USB-A auf -C), Kabelbinder und zwei Schrauben für die GPU-Blende.Freie Kabel sind entlang des Gehäuses durch einfache Kabelbinder gesichert.
Nach dem Entfernen zweier Metallschienen liegt das Gehäuse frei für das Einsetzen der GPU. Unser MSI-Modell ist über 30 cm lang und reizt das Gehäuse noch immer nicht ganz aus, aber fast, maximal passen GPUs bis zu einer Länge von 330 mm hinein. Die GPU mit ihren 2 Slotblenden wird vorsichtig in den PCI-Schacht gedrückt, eingerastet und die Blenden durch Schrauben gesichert. Dann müssen noch die PCIe-Konnektoren verbunden werden. Obwohl an einem Kabel zwei 6+2-Konnektoren anliegen, empfiehlt der Hersteller das zweite Konnektorkabel bei Karten mit einer TDP über 250 W zu verwenden, damit der Verbrauch auf mehrere Schienen am Netzteil aufgeteilt wird. Das zusätzliche Kabel mit dem Netzteil zu verbinden ist jedoch recht frickelig, da die Anschlüsse dafür unterhalb des Netzteils liegen, dort aber nur minimaler Abstand bis zum Gehäuseboden und somit wenig Raum zum Hantieren vorhanden ist.
Nach dem Einstecken und Verbinden werden die Schienen sowie Ober- und Seitenteile wieder angeschraubt. Hierzu eine kleine Warnung: Man darf die Schrauben nur mit minimaler Kraft anziehen, am besten nur handfest. Mit ist es nämlich passiert, dass eine Schraube zu weit eingedreht wurde. Diese haben nämlich nur ein sehr kurzes Schraubgewinde, gefolgt von einem Metallstift ohne Gewinde. Die Schraube verschwand im Gehäuse bis zu dem Punkt, dass ihr Gewinde durch war und sie nur mit dem gewindelosen Metallstift im Loch saß. Dummerweise ließ sie sich daraufhin nicht mehr zurück- also herausschrauben. Das passierte dadurch, dass sich die Stabilität verprechenden Metallabstandslöcher schnell einbiegen. Also bitte die Schrauben nur wenig mehr als handfest anziehen.
Setup & Testsystem
Um den Leistungsverlust minimal zu halten, wird die GPU im MasterCase am Besten direkt an einen externen Monitor angeschlossen. Das war ganz unproblematisch, dafür hatten wir im Anschluss Probleme damit, dass die wieder aktivierte, interne GPU unseren externen Monitor nicht mehr ansteuern wollte, das war bei beiden Testlaptops der Fall. Neue Nvidia-Treiber bzw. eine temporäre Deinstallation der iGPU im Gerätemanager halfen hier.
An den Laptop wird das Case via mitgeliefertem Thunderbolt-Kabel gehängt. Dieses ist allerdings viel zu kurz! Bei 50 cm Kabellänge muss das Case zwangsläufig direkt neben dem Laptop stehen und kann nicht z.B. unten den Schreibtisch verbannt werden. Unter Umständen muss man sich also selbst um die Anschaffung eines längeren Kabels kümmern, für die ersten Versuche soll das kurze Kabel genügen.
Beim ersten Start richtet Windows das Thunderbolt-Gerät neu ein, zur Sicherheit kann auch die interne dGPU deaktiviert werden, sofern eine vorhanden ist. Die Einrichtung lief problemlos und nur wenig später wurde der Bildschirminhalt korrekt dargestellt.
Wir hatten gleich zwei Testgeräte: Einmal ein älteres und viel benutztes Dell Alienware 13 R3 mit Core i5-6300HQ und GTX 1060 (welche natürlich deaktiviert wurde). Als zweites Testgerät dient ein Aorus 15G (2020) mit Core i7-10875H und RTX 2070 Super Max-Q (ebenfalls für den Test deaktiviert).
Benchmarks
3DMark-Benchmarks
In den synthetischen Tests schlägt sich das ältere Alienware in den CPU-fokussierten Bereichen sowie Physik- und Gesamtscores erwartungsgemäß weniger gut. Seltsamerweise sind diese Ergebnisse mit angeschlossenem MasterCase nochmals niedriger als unter normalen Umständen. Umso erstaunlicher ist, dass das Alienware in den Grafikscores nicht nur am meisten vom MasterCase profitiert, sondern oftmals auch die wesentlich neueren Modelle übertrumpft, angeblich selbst das neue Aorus mit interner RTX 3070. Ausnahme bildet hier einzig und allein der Cloud-Gate-Test.
Beim Aorus 15G mit RTX 2070 sieht die Situation anders aus. Unabhängig davon ob das MasterCase mit RTX 3070 angeschlossen ist oder nicht sind die Werte in allen Bereichen nahezu auf Augenhöhe, der Laptop hat ohne das MasterCase über alle Tests etwa 4 bis 5 Prozent Vorsprung. Ausnahme hierbei ist wiederum der Grafikscore im Time-Spy-Test in WQHD-Auflösung (2.560x1.440), wo das Aorus mit MasterCase deutlich besser abschneidet als das "pure" Aorus. Man kann also konstatieren, dass hier das MasterCase mit RTX 3070 auf Augenhöhe mit einer RTX 2070 ist. Wirklich konsistent sind die Ergebnisse in den synthetischen Tests aber insgesamt nicht.
3DMark 11 | |
1280x720 Performance | |
Aorus 15G XC | |
Aorus 15G XB | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 | |
Alienware 13 R3 | |
1280x720 Performance GPU | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 | |
Aorus 15G XC | |
Aorus 15G XB | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Alienware 13 R3 | |
1280x720 Performance Physics | |
Aorus 15G XB | |
Aorus 15G XC | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Alienware 13 R3 | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 | |
1280x720 Performance Combined | |
Aorus 15G XC | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Alienware 13 R3 | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 |
Gaming-Benchmarks
Bei den praktischen Gaming-Tests sind die Ergebnisse je nach Spiel sehr verschieden. Während die internen RTX 2070 und RTX 3070 in Witcher 3 klare Vorteile gegenüber der MasterCase-Variante mit RTX 3070 haben, kann das MasterCase in DOTA 2 Reborn mit der Laptop-RTX-3070 gleichziehen, in X-Plane 11.11 überholt die eGPU sogar die iGPU.
Das alte Alienware wird in den Games auch mit MasterCase klar von den anderen Modellen abgehängt. In Doom und WItcher 3 liegt das MasterCase-Alienware klar vor dem Original-Alienware, die Unterschiede nehmen in höheren Auflösungen und Details tendenziell zu. In Dota 2 Reborn und X-Plane 11.11 ist wiederum das Alienware mit iGPU vorne, das MasterCase ordnet sich erst dahinter ein. Auch in den Gaming-Tests sind die Ergebnisse somit je nach gewähltem Spiel verschieden.
Insgesamt können alle Systeme halbwegs aktuelle Spiele in FullHD und maximalen Details flüssig darstellen. Allerdings profitiert nicht einmal das ältere Alienware mit GTX 1060 in allen Games eindeutig vom MasterCase mit RTX 3070. Tendenziell übertrifft das MasterCase mit RTX 3070 in hohen Auflösungen und Details aber die interne GTX 1060.
X-Plane 11.11 | |
1280x720 low (fps_test=1) | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 (59.7 - 150.6, n=7) | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 Laptop GPU (15.3 - 152.8, n=61) | |
Aorus 15G XC | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce GTX 1060 Mobile () | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 | |
1920x1080 med (fps_test=2) | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 (55.4 - 137.4, n=7) | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 Laptop GPU (13.7 - 144.7, n=61) | |
Aorus 15G XC | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce GTX 1060 Mobile () | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 | |
1920x1080 high (fps_test=3) | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 (53.7 - 111.3, n=7) | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Aorus 15G | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce RTX 3070 Laptop GPU (12.4 - 118.8, n=61) | |
Aorus 15G XC | |
Durchschnittliche NVIDIA GeForce GTX 1060 Mobile () | |
Cooler Master MasterCase EG200 RTX 3070 Alienware 13 R3 |
Fazit
Wir haben zwei ausgewiesene Gaming-Laptops mit dem MasterCase verglichen, was vielleicht nicht ganz fair ist. Positiv ist, dass wir mit der eGPU auf beiden Laptops halbwegs aktuelle Spiele in FullHD problemlos in maximalen Details spielen konnten. Office-Maschinen mit Thunderbolt-Anschluss dürften demnach stark vom MasterCase profitieren, je nach eingesetzter GPU. Auch Besitzer von Laptops mit veralteter GPU können ihre Non-Gaming-Systeme mit dem MasterCase zum Gamer umschulen.
Die Leistung der RTX 3070 im MasterCase EG200 ist über Thunderbolt natürlich nicht mit der Leistung in einem Desktop-PC zu vergleichen. Insgesamt sind die Vergleiche äußerst schwierig, jedes Game und jede Anwendung reagiert offensichtlich anders auf die via Thunderbolt angeschlossene eGPU. In manchen Fällen kann die so eingesetzte RTX 3070 nicht einmal eine GTX 1060 Mobile schlagen, in anderen Fällen erreicht sie sogar die Leistung einer Desktop-RTX-3070 (X-Plane). Office-Laptops oder Notebooks mit älterer GPU unterhalb der GTX-1000er-Reihe dürften aber, je nach verbauter GPU, klar vom MasterCase profitieren.
Zu guter Letzt ist das Unterfangen auch nicht ganz preiswert. Man zahlt etwa 350 Euro für das MasterCase EG200, hinzu kommt der Preis für eine ordentliche GPU. In unserem Fall kostet die verwendete RTX 3070 in der UVP 529 Euro. Für rund 880 Euro bekommt man aber je nach Anwendung eben nicht die konstante Leistung einer RTX 3070, sondern eine sehr schwankende Performance.
Das MasterCase EG200 ist praktisch, um 3D-schwache Laptops Gaming-fähig zu machen. Das Vorhaben ist jedoch angesichts der großen Leistungsschwankungen sehr teuer, das Preis-Leistungsverhältnis ist eher ungenügend. Das MasterCase versucht dies durch Extrafeatures wie Hot-Swap-HDD/SSD und mehr abzuschwächen.