Benchmarkcheck: The Secret World
»The Secret World« hat im Vorfeld zahlreiche Fragen aufgeworfen. Kann ein MMO auch ohne richtige Klassen und Charakterstufen funktionieren? Hat Entwickler Funcom aus den Fehlern des letzten Großprojekts »Age of Conan« gelernt und ein ausgereiftes und technisch sauberes Produkt auf die Beine gestellt? Wird das einzigartige Setting genügend Anhänger finden? Ein abschließendes Urteil erlauben wir uns nicht, die ersten paar Spielstunden machen jedenfalls Lust auf mehr.
Beschreibung
Bereits in den (etwas wirr erzählten) Intro-Videos wird die Historie des norwegischen Entwicklers deutlich. Vor seiner MMO-Phase programmierte Funcom unter anderem klassische Adventures, die nicht zuletzt mit skurrilen Figuren und einem interessanten Plot punkteten. Obwohl spielerisch nicht referenzwürdig, gehören das 2000 erschienene »The Longest Journey« und das 2006 veröffentlichte »Dreamfall« immer noch zu den atmosphärisch besten, spannendsten und emotionalsten Adventures.
Diesen Einfluss merkt man bei TSW an allen Ecken und Enden. Schon kurz nach Beginn wird der Spieler mit drei, aus den exzellenten Render-Trailern bekannten NPCs in die U-Bahn-Tunnel von Tokio verfrachtet, um dort eine geheimnisvolle Seuche zu bekämpfen. Die düstere und an »Hellgate: London«, respektive »Vampire: Bloodlines«, erinnernde Stimmung zieht den Spieler sofort in ihren Bann. Wenn im linken Bereich des Monitors kein Chat-Fenster prangen würde, könnte man TSW beinahe für einen Singleplayer-Titel halten. Laut anderen Testberichten soll es im späteren Verlauf sogar richtige Rätseleinlagen geben, für welche man den integrierten Webbrowser benötigt – eine nette Idee.
Die - zumindest in der englischen Fassung - hervorragend gesprochenen Dialoge (der eigene Held redet leider kein Wort), die gelungene musikalische Untermalung und das individuelle Charakter- und Monsterdesign sind weitere Stärken des MMOs. Kurzum: Der Titel ist relativ dicht inszeniert. Grafisch gewinnt »The Secret Wold« sicherlich keine Preise, wobei die Optik für ein Online-Rollenspiel mehr als ordentlich ausfällt. Beleuchtung, Schattenwurf und Texturen sind in höheren Einstellungen durchaus ansehnlich. Wie rechenintensiv die Technik genau ist, werden wir etwas weiter unten beleuchten.
Prima: Bugs, Abstürze oder sonstige Probleme traten während der Benchmarks nicht auf. Das einzige, was uns in der kurzen Anspielzeit störte, war die mäßige Zugänglichkeit. Obwohl TSW den Spieler anfangs an die Hand nimmt, muss man sich viele Elemente selbst erarbeiten. Das kleinteilige und unübersichtliche Skill-Rad macht den Einstieg nicht unbedingt leichter. Andere (Online-)Rollenspiele sind da wesentlich zugänglicher. Das triste Menü-Design dürfte auch niemanden vom Hocker hauen. Immerhin gestaltet Funcom einige Levels mit viel Liebe zum Detail.
Benchmark
Da die Bildwiederholrate in von NPCs und anderen Spielern bevölkerten Außengebieten teils deutlich niedriger als in Innenräumen ist, mussten für unseren Benchmarkcheck die Londoner Straßen herhalten. Mit dem Tools Fraps zeichneten wir einen knapp 30 sekündigen Lauf vom »Rackham«-Theater (rechts neben dem Gebäude »The Horned God«) zum Puppenspieler nahe des »Ealdwic«-Parks auf (siehe Karte und/oder Video).
Um Leistungsschwankungen zu vermeiden, war die Kamera stets mittig ausgerichtet (keine Tendenz zum Himmel beziehungsweise Boden). Je nach Umgebung läuft der Titel mitunter spürbar flüssiger; eine Verdoppelung der Framerate ist keine Seltenheit. Über 20 fps in unserer Sequenz deuten auf ein ordentliches Gesamterlebnis hin.
Settings
»The Secret World« bietet im allgemeinen Grafikmenü vier praktische Voreinstellungen, die alle Option im erweiterten Menü von 1 (Low) bis 4 (Ultra) regeln. Während die Umgebungsverdeckung SSAO ab der hohen Stufe aktiv ist, kommt Anti-Aliasing (verhindert Treppcheneffekte) erst beim maximalen Preset ins Spiel. Motion Blur (Unschärfe bei flotten Kamerabewegungen) und Tessellation (dynamische Erhöhung des Detailgrades mancher Objekte) sind standardmäßig deaktiviert.
Apropos Tessellation: Die nur im DirectX 11-Modus verfügbare Technologie wirkt sich – wie man auf unseren Screenshots erkennen kann – sichtbar auf die Qualität des Straßenbelags aus. Anstelle einer platten 2D-Textur sieht der Spieler in der direkten Umgebung eine plastische 3D-Struktur. Allerdings kostet die moderne Technik extrem viel Leistung. Mit voller Tessellation (»Ground and World«) bricht die Bildwiederholrate um rund ein Drittel ein. Ohne High-End-Notebook sollte man sich die Option lieber sparen. Hinweis: Damit Tessellation korrekt übernommen wird, muss der Menüpunkt einzeln angeschaltet werden.
Bei einer Reduzierung der Grafikstufe nimmt neben der Texturschärfe auch die Schattenqualität ab. Durch die verringerte anisotrope Filterung leidet zudem die Distanzdarstellung (schwammige Objektflächen). Fehlende Kantenglättung äußert sich derweil in einem unruhigen und unsauberen Bild. Motion Blur ist wie immer Geschmackssache.
Praktisch: Einen veralteten GPU-Treiber kündigt TSW gleich beim ersten Start an. Für unseren Test griffen wir hauptsächlich auf Nvidias Beta-Treiber 304.79 zurück. Die AMD-Karten wurden größtenteils vom Catalyst 12.4 bzw. 12.6 befeuert.
Resultate
In niedrigen Einstellungen offenbart sich der Hardware-Hunger als relativ moderat. 1024 x 768 Pixel und das Preset Low werden bereits von einer Prozessor-GPU wie der HD Graphics 4000 oder der Radeon HD 7660G akzeptabel gestemmt.
Für mittlere Details und 1366 x 768 Bildpunkte sollte es dagegen ein halbwegs potentes Allround-Notebook sein. Mit einer Grafikkarte auf Niveau der GeForce GT 630M ist eine passable Optik möglich. Eine Kombination aus hohen Details und 1600 x 900 Bildpunkten erfordert derweil ein Modell der oberen Mittelklasse (z. B. die GeForce GT 650M).
In den Genuss von 1920 x 1080 Pixeln, Kantenglättung, voller Tessellation und dem Ultra-Preset kommt man nur mit einer »richtigen« Gaming-Grafikkarte wie der GeForce GTX 675M oder besser der GeForce GTX 680M bzw. Radeon HD 7970M. Da das Rollenspiel zu Nvidias »The Way It´s Meant to be Played«-Programm gehört, liegen gleichwertige GeForce-Modelle vor der AMD-Konkurrenz.
Anmerkung: Man kann die Grafikoptionen im erweiterten Menü optional auch auf 0 stellen (wird nicht von den Presets abgedeckt). Dadurch schaltet »The Secret World« zahlreiche Effekte komplett ab, was Besitzern extrem lahmer Geräte (HD Graphics 3000) zugute kommt. Jegliche Einstellungen lassen sich direkt im Spiel ändern, ein Neustart ist nur beim Wechsel der DirectX-Stufe nötig.
Fazit
Bei »The Secret World« handelt es sich um ein vielversprechendes MMO, das technisch und spielerisch eine recht gute Figur macht. Der inhaltliche Schwerpunkt hebt sich ebenso vom gewohnten Einheitsbrei ab wie das Szenario, das Art-Design und die Geschichte. Wer auf Orks, Paladine und Jedi-Ritter keine Lust mehr hat, ist hier genau richtig. Funcom bringt endlich frischen Wind in die ausgetretenen MMO-Pfade. Ein »Überrollenspiel« oder eine Revolution des Genres darf man jedoch nicht erwarten.
Testsysteme
An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich für die Testgeräte der Firma Schenker Notebooks (mysn.de) bedanken:
- XMG P702 (Core i7-3720QM, GeForce GTX 680M & Radeon HD 7970M, 8 GB RAM)
- XMG P502 (Core i7-3610QM, GeForce GTX 675M, GTX 670M & HD Graphics 4000, 8 GB RAM)
- XMG A501 (Core i7-2630QM, GeForce GT 555M, 8 GB RAM)
- Xesia M501 (Core i7-2630QM, GeForce GT 630M & HD Graphics 3000, 8 GB RAM)
Als nächster Benchmarkcheck folgt Ghost Recon: Future Soldier.