User-Tracking: News-Seiten tracken mehr als Porno-Seiten
Mit sogenannten Trackern überwachen Firmen unser alltägliches Verhalten, unsere Vorlieben, was wir nicht mögen und sogar wann wir das letzte Mal Sex hatten. Einteilen lässt sich die Überwachungsarmee grob in Cookies von Webseiten, Ortungsdiensten über das Handy und den individuellen Geräte-"Fingerabdrücken" unserer Compunter und Smartphones. Wir Nutzer merken von der Datensammelwut meist nichts. Die Datensammler spionieren uns im Verborgenen aus.
Selbstversuch: An einem Tag von 128 Trackern überwacht
Stiftung Warentest hat einen Selbstversuch gemacht. Ein Redakteur der Zeitschrift test hat ermittelt, welche Daten im Verlauf eines durchschnittlichen Tages gesammelt werden. Nach dem Aufrufen von 21 Apps und 29 Webseiten auf seinem Smartphone haben den Testredakteur 128 Tracker überwacht und sein Verhalten getrackt. Die Tracker hatten 191-mal Daten an Firmen geschickt, mit denen er gar nicht in Kontakt treten wollte. Schon nach diesem einen Tag ließen sich Rückschlüsse auf Vorlieben, Verhaltensmuster, Wohnort, politische Einstellung, Familienstand, sexuelle Orientierung und Alter ziehen.
News-Seiten tracken mehr als Porno-Seiten
Tracker arbeiten still im Hintergrund, es sind Programme von Werbenetzwerken und Analyse-Firmen, die viele Seiten- und App-Betreiber in ihre Portale einbauen, um die Onlineaktivitäten ihrer Nutzer zu verfolgen. Die Seiten mit den meisten Tracken im Test waren Nachrichtenseiten, der Sender CNN allein sendete Daten an 33 Fremdadressaten. Die durchschnittliche Tracker-Anzahl lag bei 5,8 pro Internetseite und 1,1 pro App. News-Seiten wie die Süddeutsche Zeitung, CNN und die New York Times binden laut Warentest deutlich mehr Tracker ein als alle Porno-Seiten, die überprüft wurden.
Wohin gehen alle unsere Daten?
Unter den Empfängern befanden sich Konzerne wie Google, Facebook, Microsoft und Amazon. Allein das Tracking-Tool Google-Analytics fand sich auf 11 von 29 besuchten Seiten. Google setzt aber noch weitere Tracker ein. Derzeit verwenden Unternehmen die gesammelten Daten vor allem für Werbezwecke.
Der test-Redakteur Martin Gobbin zu seinem Selbstversuch:
"Unsere Daten wären aber auch für Scoring nutzbar. Dabei sind die Daten maßgeblich für Entscheidungen, ob wir Kredite bekommen, für Hotelzimmer mehr zahlen müssen als andere oder beruflich befördert werden."
Das sei beispielsweise in Teilen Chinas bereits Realität. Die Datensammelwut habe aber auch positive Seiten. Tracking führe zum Beispiel dazu, dass Seiten technisch und inhaltlich verbessert werden können und viele Dienste im Netz für Nutzer kostenlos angeboten würden. "Bezahlt" wird dann allerdings mit den eigenen Daten.