Test Samsung Gear 360 Kamera
Viel Konkurrenz gibt es für die Samsung Gear 360 momentan nicht. Da wären zum einen mit der 360 CAM das direkte Konkurrenzprodukt von LG (rund 240 Euro) und zum anderen die Ricoh Theta S (rund 375 Euro). Die Gear 360 stellt mit einer UVP von 349 Euro nicht mal das teuerste Produkt im Vergleichsfeld dar.
Das Testgerät bietet zwei 180-Grad-Fisheye-Linsen, welche entweder einzeln eine 180-Grad-Aufnahme oder zusammen ein 360-Grad-Foto aufzeichnen können. Auch Videos können mit der Kamera erstellt werden. Mit dem erweiterbaren Speicher und wechselbaren Akku bietet das Samsung Produkt eine gute Basis, und auch die Kameras versprechen eine vergleichsweise hohe Auflösung und Lichtstärke.
Wie sich die Samsung Gear 360 im Alltag schlägt und ob die Technik schon ausgereift ist, lesen Sie in diesem Test.
Gehäuse
Die Samsung Gear 360 rangiert ohne Stativ in der Größenordnung zwischen Golf- und Tennisball. Sie wirkt trotz dem Kunststoffgehäuse recht robust und liegt mit ihren 145 Gramm Eigengewicht gut in der Hand. Das Gehäuse ist gemäß IP53 gegen Staub und Wasser geschützt. Regen macht der Kamera also nichts aus, wasserdicht ist sie aber nicht.
Die beiden Fisheye-Linsen werden durch eine Verglasung geschützt. Diese ist leider sehr empfindlich gegenüber Kratzern. Angesichts des Preises hätten wir uns hier eine kratzfestere Variante gewünscht. Auf der Unterseite gibt es ein Schraubgewinde, dass mit allen gängigen Wechselplatten, Sticks oder Stativen kompatibel ist.
Die Abdeckung, welche den Akku, Micro-USB und MicroSD-Slot schützt, wirkt mit seiner Gummidichtung sehr zuverlässig, sitzt fest und schließt bündig mit dem übrigen Gehäuse ab. Der Akku ist zusätzlich durch eine separate Halterung gesichert und lässt sich bei Bedarf einfach entnehmen. Die Spaltmaße sind gleichmäßig und bündig, insgesamt wirkt die Verarbeitung der 360 sehr hochwertig.
Das kleine mitgelieferte Dreibeinstativ hinterlässt ebenfalls einen guten Eindruck und sorgt auf geraden Untergründen für einen sicheren Stand. Werden die Beine zusammengeklappt, dient es darüber hinaus als Haltegriff für die Gear 360.
Ausstattung
Angetrieben wird die Samsung Gear 360 von einem DRIMe5s-Chipsatz, der von 1 GB Arbeitsspeicher unterstützt wird. Angaben zum internen Speicher macht der Hersteller nicht, denn er ist für den Nutzer nicht zugänglich. Wird das Gerät an einem Computer angeschlossen, kann es lediglich geladen werden. Erst mit einer optionalen Speicherkarte lässt sich die Kamera nutzen, dann können auch Daten mit dem Computer ausgetauscht werden. Angesichts des Preises wäre es schön gewesen, wenn Samsung zumindest eine Karte beilegt, wenn es schon keinen nutzbaren internen Speicher gibt.
Die Verbindung zum Smartphone stellt die Gear 360 mittels Bluetooth 4.2 her, der integrierte NFC-Chip erleichtert das Koppeln der Geräte. Bei der Übermittlung von Daten wird außerdem Wifi Direct unterstützt, dafür beherrscht die Kamera alle gängigen IEEE-802.11-Standards und sowohl das 2,4- als auch 5,0-GHz-Netz.
Der Micro-USB-Port dient primär zum Laden der Gear 360. Praktischerweise können daran auch externe Akkus angeschlossen werden. Denn es ist zwar schön, dass der eigene Akku wechselbar ist, bislang kann er aber nicht nachgekauft werden.
Software
Um die Kamera über das Smartphone zu steuern, gibt es die Android App Samsung Gear 360 Manager. Diese lässt sich aus dem Google Play Store heraus nur auf den Galaxy Modellen S6, S6 Edge sowie Edge+, S7 und S7 Edge installieren. Über die Samsung Webseite kann auch die APK heruntergeladen werden, welche sich zwar auch auf anderen Smartphones installieren, jedoch nicht öffnen lässt. Warum Samsung diese Begrenzung auf so wenige eigene Smartphones unternimmt, leuchtet uns nicht ein.
Innerhalb der App lassen sich Einstellungen an der Gear 360 vornehmen und Firmware Updates durchführen. So kann über das Smartphone auch die GPS-Funktionalität für das Geotagging der Videos genutzt werden und gibt unter anderem Auskunft über den Speicher und den Akkustand der Kamera. Außerdem werden sowohl die Bildbestände auf der Kamera als auch dem Smartphone angezeigt und lassen sich drahtlos zwischen den beiden Geräten verschieben. In der Regel wird dafür Wifi Direct verwendet, es kam in Test jedoch auch schon vor, dass nur Bluetooth genutzt wurde, was zu sehr langen Übertragungszeiten führte.
Das Smartphone kann auch für einen Live-View-Modus verwendet werden oder um das bestehende Material zu sichten. Bei Ersterem dauert es bis zu fünf Sekunden, damit die Bildübertragung steht. Das dürfte gerne noch etwas schneller gehen. Wie bei der Kamera-App stehen dann zahlreiche Einstellungsoptionen zur Verfügung.
Samsung spendiert außerdem jedem Käufer eine Lizenz des Cyberlink Gear 360 ActionDirector, welche Schnittarbeiten am PC ermöglicht. Die Software ähnelt einer abgespeckten Version des Cyberlink PowerDirectors. Wer diesen bereits kennt, wird sich mühelos darin zurechtfinden. Die fertig produzierten 360-Grad-Videos können sowohl lokal gespeichert als auch direkt bei Facebook oder Youtube hochgeladen werden. Es werden die Standards H.264 und H.265 unterstützt.
Kameras
Die Samsung Gear 360 besitzt zwei 15-MP-Kameras, welche beide über ein Fisheye-Objektiv verfügen, um damit entweder 180- oder 360-Grad-Aufnahmen zu erstellen. Somit stehen für ein Foto bis zu 30 Megapixel bereit. Die Linsen verfügen über eine große f/2.0-Öffnung und sollen damit auch in dunklen Umgebungen ansehnliche Aufnahmen ermöglichen. Sogar eine automatische HDR-Funktion ist mit an Bord.
Bei Tageslicht gefallen uns die entstandenen Bilder tatsächlich gut. Durch die vergleichsweise hohe Auflösung bleiben viele Details erhalten, vor allem wenn die Bilder durch eine VR-Brille betrachtet werden, sind die Resultate schon beeindruckend. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die Auflösungsqualität aber nicht mit dem Galaxy S7 oder anderen guten Smartphone-Kameras mithalten kann, denn dafür stehen einfach zu wenig Megapixel zur Verfügung.
Im Dunkel werden die Aufnahme stark aufgehellt, und die Gear 360 versucht, an Restlicht herauszuholen, was möglich ist. Dies geschieht vor allem über die Erhöhung der Lichtempfindlichkeit. Leider gibt es keinen manuellen Modus, aber über die Einstellungen lässt sich die nutzbare ISO-Leitzahl der Kameras beschränken (ISO 400, 800, 1.600, 3.200 oder 6.400). Das ist praktisch und sinnvoll, denn vor allen in den höheren ISO-Einstellungen ab ISO 1.600 verkommt die Darstellung in voller Größe zu einem Pixelklumppatsch mit Farbverfälschungen und sichtbarem Bildrauschen. Das sieht auf dem Handydisplay zwar noch gut aus und reicht für Social Media, aber mit der VR-Brille sind diese Aufnahmen nicht mehr ansehnlich. Entsprechende Testaufnahmen in voller Auflösung können Sie hier über Google Fotos anschauen.
Die erstellten Inhalte lassen sich in den großen Plattformen wie Facebook, Google+ oder Youtube mittlerweile zwar hochladen und teilen, doch die Qualität der Inhalte leidet darunter, da die Datenkompression der Plattformen zu hoch ist. So wird selbst unser nominell als Ultra-HD-Video eingestuftes Beispielvideo derart stark komprimiert, dass es eher den Eindruck von 480p erweckt.
Dabei ist die Videoqualität der Samsung Gear 360 gut, und auch die beiden Mikrofone verrichten ihre Dienste. Die Auflösung beträgt bis zu 3.840 x 1.920 Bildpunkte (30 fps), was von Samsung als 4k bezeichnet wird. Dafür ist die Auflösung aber viel zu gering. Wer seine Videos lieber mit 60 Bildern pro Sekunde aufzeichnen möchte, muss sich mit 2.560 x 1.280 Pixeln begnügen.
Ganz fehlerfrei sind die Aufnahmen leider nicht, denn dort wo die beiden Kameras ihre Bilder zusammensetzen, sind die Übergänge selten sauber und Kanten leicht versetzt. Vor allem bei Standbildern fällt dies ins Auge, bei Videos hingegen weniger. Außerdem belichten die beiden Kameras eigenständig. Das hat den Vorteil, dass auch bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen auf beiden Seiten der Gear 360 gute Aufnahmen entstehen, in der 360-Grad-Ansicht können die Übergänge dann etwas zu hart sein.
Unter kontrollierten Lichtbedingungen haben wir sowohl unser Testchart als auch den ColorChecker Passport abgelichtet, ohne die Bilder einer anschließenden Nachbearbeitung zu unterziehen. Bei der Betrachtung des ColorCheckers fällt auf, dass die Farben kräftig gesättigt werden, die Graustufen und auch Weiß werden dunkel dargestellt.
Die Schärfe der Aufnahme ist gut, selbst an den Rändern bleiben die Details gut erhalten. Auf dem Testchart wird jedoch deutlich, dass der Dynamikumfang nicht sehr groß ist, denn auf den dunklen Farbflächen verschwimmt die schwarze Schrift recht stark.
Zubehör und Garantie
Der Lieferumfang der Samsung Gear 360 fällt überraschend üppig aus: Neben der Kamera befinden sich ein kleines Dreibeinstativ, ein Aufbewahrungsbeutel, eine Tragelasche, ein Reinigungstuch sowie ein USB-Kabel. Dazu gesellen sich die üblichen Faltblättchen mit den Garantiebestimmungen und eine Kurzanleitung auf Deutsch und Englisch sowie der Lizenzschlüssel für den ActionDirector. Lediglich ein Netzteil haben wir vermisst. Spezielles Zubehör für die Gear 360 offeriert Samsung nicht.
Samsung gewährt auf die Kamera eine Garantie von 24 Monaten. Das Zubehör erhält die üblichen sechs Monate.
Bedienung
Gesteuert wird die Samsung Gear 360 im Optimalfall über ein Smartphone, denn nur darüber sind alle Funktionen verfügbar. Aber an der Kamera selber sind die Grundfunktionen und Einstellungen auch stand-alone nutzbar. So kann zwischen den verschiedenen Aufnahmemodi gewechselt, die Bluetooth-Einstellungen verwaltet und die Auflösungen und Timer eingestellt werden. Die beiden dafür nötigen Tasten befinden sich an der Seite des Gerätes, besitzen einen klaren Druckpunkt und reagieren zuverlässig auf Eingaben. Gleiches gilt auch für den Auslöser beziehungsweise Bestätigungsknopf der Gear 360. Das 0,5 Zoll kleine PMOLED-Display gibt dabei Auskunft über den Bluetooth-Status, den Akkustand sowie der verbleibenden Aufnahmedauer oder den noch möglichen Bildaufnahmen, je nachdem, in welchem Modus sich die Kamera befindet.
An sich ist die Bedienung sehr gelungen und klappt vor allem mit der App intuitiv. Zum Koppeln zwischen Smartphone und Gear 360 steht zudem NFC zur Verfügung.
Temperatur
Die Oberflächentemperaturen der Samsung Gear 360 sind überraschend hoch. So steigen sie im Leerlauf der Kamera auf bis zu 42,8 °C an. Wird ein Video in höchster Auflösung gedreht, konnten wir sogar bis zu 47,3 °C messen.
Damit erwärmt sich die Gear 360 zwar spürbar, wird aber keinesfalls unangenehm heiß. Dies zeigt jedoch, dass der Chipsatz im inneren des Gehäuses doch einiges zu leisten hat.
Da es zum Zeitpunkt des Tests streckenweise auch sehr heiß war, mussten wir feststellen, dass die Gear 360 damit nicht so recht fertig wird. Bei einer Umgebungstemperatur von 28 °C waren nicht mehr als 12 Minuten Videoaufzeichnung möglich, ohne dass sich die Kamera selbstständig abschaltete, um nicht zu überhitzen. Wenn die Lufttemperaturen sich sogar jenseits der 30-Grad-Marke bewegen, wird die Kamera sogar im Bereitschaftsmodus nach etwa 20 Minuten so heiß, dass sie den Dienst versagt. Laut Samsung soll das Gerät bei einer Umgebungstemperatur von 0 bis 35 °C nutzbar sein, was wohl nur mit Einschränkungen gültig ist.
Akkulaufzeit
Die Samsung Gear 360 wird mit einem wechselbaren Lithium-Ionen-Akku ausgeliefert, der 1.350 mAh leistet. Wer die Gear 360 gelegentlich für Fotos nutzt, sollte mit einer Akkuladung gut durch den Tag kommen. Wir haben eine Gesamtlaufzeit von bis zu zweieinhalb Stunden ununterbrochener Nutzung ermittelt. Wer jedoch lieber filmt, muss mit empfindlich kürzeren Laufzeiten rechnen. Mehr als 64 Minuten waren mit der Kamera nicht drin.
Die Akkuanzeige auf dem PMOLED besitzt drei Balken. Dies ist ein wenig irreführend, denn wenn der erste Balken fällt, ist bereits die Hälfte des Energiespeichers entladen. Die verbleibenden Balken geben Auskunft über jeweils ein Viertel der Restkapazität.
Da es bislang schwierig ist, Ersatzakkus zu erwerben, empfehlen wir auf jeden Fall, eine Powerbank mitzunehmen, wenn gefilmt werden soll. Am Netzteil des Samsung Galaxy S7 Edge war die Gear 360 binnen anderthalb Stunden wieder voll aufgeladen.
Pro
Contra
Fazit
Die Samsung Gear 360 ist sicherlich eine der besseren 360-Grad-Kameras, wenn kein vierstelliger Betrag über den Ladentisch gehen soll. Dennoch ist der Technik anzumerken, dass sie noch nicht ganz ausgereift ist, denn die Bildübergänge zwischen den beiden Kameras sind selten sauber, und auch Belichtungsunterschiede können störend ins Auge fallen.
Die beworbenen Outdoor-Fähigkeiten sind zudem mit Vorsicht zu genießen. Die Kamera ist nur gegen Spritzwasser geschützt, einen Tauchgang übersteht sie nicht. Das ist an sich verschmerzbar, aber leider zeigte sich das Schutzglas der Linsen im Test als sehr kratzanfällig. Außerdem kommt die Gear 360 nicht gut mit hohen Umgebungstemperaturen zurecht.
Für Fans von Virtual Reality und 360-Grad-Fotografie stellt die Samsung Gear 360 jedoch ein guter Einstieg dar. Obwohl es sich dabei um ein Produkt der ersten Generation handelt, kann das Testgerät weitestgehend überzeugen und erstellt gute Aufnahmen, die mit vielen Details aufwartet, professionelle Ansprüche aber nicht erfüllen können.