Test Asus NovaGo Windows Laptop mit Snapdragon 835: Wiederholung des Netbook-Dilemmas?
Bislang war es bei den mobilen Windows-Devices seitens Performance recht langweilig. Gefühlt 95 % der verfügbaren Geräte basierten auf Intel-Prozessoren, deren Weiterentwicklung in den letzten Jahren eher vorhersehbar in kleinen Schritten ablief. AMD spielte bisher eine untergeordnete Rolle und hatte fast ausschließlich im günstigen Einstiegsbereich Geräte am Start. Allerdings meldete sich AMD jetzt mit den ersten Notebooks basierend auf Ryzen mobile (hier unser Test) zurück und gab ein kräftiges Lebenszeichen von sich.
Nun hat sich ein weiterer Player bei den Windows-Devices angekündigt: Qualcomm. Der bisher auf Smartphones spezialisierte Chiphersteller will kommenden Jahres seine High-End-SoCs in verschiedenen, auf Windows basierenden Notebooks anbieten (wir berichteten). Damit wird es erstmals möglich, mobile Smartphone-Chips und etablierte PC-Prozessoren auf einer Ebene zu vergleichen. Wie gut sind die Flagship-Chips aus den Smartphones im direkten Vergleich mit aktueller PC-Technik? Haben Intel und AMD hier mit echter Konkurrenz zu rechnen oder haben wir es hier eher mit einer neuen Netbook-Plattform zu tun, dessen ursprünglicher "Erfolg" ja eher von kurzer Dauer geprägt war...
Folgend werden wir erste publizierte Benchmarks auf Basis eines Vorseriengerätes des Asus NovaGo TP3700QL analysieren. Durchgeführt wurden diese von den Kollegen von Ultrabookreviews.com, deren vollständigen Bericht sie hier finden. Wir weisen darauf hin, dass wir keine Möglichkeit hatten, diese Werte zu verifizieren. Zudem ist aufgrund des frühen Status des Testsystems sowie der notwendigen Emulation der Windows-Benchmarks bis zu den finalen Snapdragon-Notebooks im kommenden Jahr noch mit Veränderungen zu rechnen.
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Details
Das Testsystem: Asus NovaGo TP370QL
Neben dem HP Envy x2 wird das Asus NovaGo eines der ersten Windows-Notebooks bzw. Convertibles auf Basis der Snapdragon 835 CPU sein. Bei dem Gerät handelt es sich um ein 13,3 Zoll großes Convertible mit einem 360°-Scharnier. Mit 1,4 kg Gewicht und einer Dicke von 14 Millimetern gehört es allerdings weder zu den leichtesten noch zu den dünnsten seiner Klasse. Hier eine Übersicht der vorerst bekannten Spezifikationen:
- CPU: Snapdragon 835 @2.6 GHz (2.45 GHz Standard-Taktung)
- GPU: Qualcomm Adreno 540
- RAM: 4/8 GB LPDDR4x (soldered)
- Storage: 64-256 GB Flash Memory UFS 2.0
- Display: 13,3" FHD Touch, 360° Hinges
- Connectivity: Dual-Band-WLAN bis 802.11ac (2×2), Bluetooth 4.2, LTE (Nano SIM, eSIM support)
- Ports: 2x USB-A 3.0, HDMI, Headphone-Combo, MicroSD Cardreader
- Battery: 52 Wh, up to 22h battery runtime (video playback)
- OS: Windows 10 S 32-bit
- Weight: 1.38 kg
- Size: 316 mm x 221 mm x 14.9 mm
- Price/Availability: Q1 2018, starting at 600 USD (4/64 GB) up to 800 Euro (8/256 GB)
Benchmarks
CPU und GPU Benchmarks
Beginnen wir mit dem 3DMark 11, einem in der Windows-Welt sehr weit verbreiteten Benchmark mit Fokus auf die Grafik- und CPU-Leistung eines Laptops bzw. Convertibles. In unserer Datenbank greifen wir hier auf rund 2.500 Einträge zurück. Ultrabookreview publiziert hier einen Score von 826 Punkten (Performance) für den Gesamtscore sowie 786 Punkte im GPU-Score und 1.493 Punkte im CPU-lastigen Physics-Score.
Im Physics-Score platziert sich das NovaGo damit relativ weit hinten im Vergleichsfeld. Intels Core m3-6Y30 (2 Cores, 4,5 W TDP), eingesetzt etwa im Surface Pro 4 oder im Aspire Switch 12S, kann hier je nach getestetem Gerät rund 65 bis 105 % besser abschneiden. Auch die Intel Atom x7-Z8700 (Cherry Trail) CPU im Surface 3 bleibt mit +26 % deutlich vornan. Intels Celeron N2920, eingesetzt im Acer Aspire E1, ordnet sich hier in etwa auf demselben Level ein. Hierbei handelt es sich allerdings um ein mittlerweile mehr als 3 Jahre altes Einsteiger-Gerät im damaligen Preisbereich von deutlich unter 400 Euro...
Besser sieht es im GPU-Score von 3DMark 11 aus. Mit 786 Punkten kann sich die Adreno 540 Grafikeinheit hier in etwa auf ein Level mit Intels HD Graphics 505/515 platzieren. Die aktuelle HD Graphics 615 der Y-Serie-Prozessoren, eingesetzt etwa im Eve V, kann rund 60 % drauflegen. Immerhin, im Vergleich mit der N2920-Bay-Trail-Plattform, deren CPU-Performance sich in diesem Test in etwa auf demselben Niveau platziert, kann die Adreno 540 das GPU-Ergebnis fast verdreifachen.
Wie oben bereits angesprochen, muss hier und bei allen folgenden Benchmarks der frühe Status des Vorserien-Modells und die notwendige Emulation festgehalten werden. Zudem lässt Qualcomm die Snapdragon 835 im NovaGo mit 2,6 GHz anstatt 2,45 GHz Standardtakt laufen. Das entspricht einem Vorteil von ca. 5 % gegenüber dem Standardchip.
Für einen genaueren Blick stehen auch bereits Benchmarks aus dem aktuellsten 3DMark-Benchmarktest bereit. Im Sky Diver Graphics Score kann das Asus NovaGo hier in etwa das Level von Geräten mit Intel HD Graphics 505 bzw. 515 erreichen, auch der Fire-Strike-Benchmark stützt diese Beobachtung. Im Gesamtscore kann sich das NovaGo aufgrund des guten GPU-Wertes hier auf Höhe der letzten Generation günstiger Windows-Convertibles einordnen, etwa wie HP x360 11 G1. Leider steht in diesem Benchmark kein ausschließlich CPU-basierter Wert zur Verfügung.
Geekbench läuft bereits auf Smartphones und PCs und ermöglichte schon einen ersten Vergleichsansatz. Sofort fällt hier der enorme Unterschied unserer Benchmarks aktueller Flagship-Smartphones im Vergleich zu den von Ultrabookreview geposteten Ergebnissen mit dem NovaGo von Asus auf. So setzt etwa das aktuelle OnePlus 5 ebenso auf die Snapdragon 835, kann in diesem Test das Ergebnis des Windows-Convertibles aber mehr als verdoppeln. Dies könnte mit einer notwendigen Emulation zu tun haben, da anzunehmen ist, dass Geekbench auf der ARM-Windows-Plattform noch nicht nativ ausgeführt werden kann.
Cinebench eignet sich gut, um die reine CPU-Performance zu beurteilen. Dabei wird sowohl die Abarbeitung von Tasks unter Verwendung von nur einem Kern als auch die maximale Performance bei Nutzung aller verfügbarer Kerne/Threads bewertet. Im Single-Core-Test platziert sich die Snapdragon 835 CPU auf einem Niveau mit der Celeron N3450 bzw. der Atom x7-Z8750 CPU. Zum Vergleich: Intels m3-6Y30 liefert rund 75 % mehr Leistung.
Im Multi-Thread-Test sieht es sehr ähnlich aus, allerdings fällt die Snapdragon 835 CPU hier geringfügig hinter den Braswell-Chip zurück. Die m3-6Y30 liegt ca. 20 % vornan, eine i7-7Y75 mehr als 60 %.
Cinebench R11.5 | |
CPU Single 32Bit | |
Intel Core i5-8250U, NVIDIA GeForce MX150 | |
Intel Core i7-7Y75, Intel HD Graphics 615 | |
Intel Core m3-6Y30, Intel HD Graphics 515 | |
Intel Core i7-3520M, Intel HD Graphics 4000 | |
Intel Pentium N4200, Intel HD Graphics 505 | |
Intel Celeron N3450, Intel HD Graphics 500 | |
Qualcomm Snapdragon 835 (8998), Qualcomm Adreno 540 | |
Intel Atom x7-Z8750, Intel HD Graphics 405 (Braswell) | |
Intel Celeron N3350, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Core 2 Duo SU7300, NVIDIA GeForce G210M | |
CPU Multi 32Bit | |
Intel Core i5-8250U, NVIDIA GeForce MX150 | |
Intel Core i7-7Y75, Intel HD Graphics 615 | |
Intel Pentium N4200, Intel HD Graphics 505 | |
Intel Core m3-6Y30, Intel HD Graphics 515 | |
Intel Atom x7-Z8750, Intel HD Graphics 405 (Braswell) | |
Intel Core i7-3520M, Intel HD Graphics 4000 | |
Qualcomm Snapdragon 835 (8998), Qualcomm Adreno 540 | |
Intel Celeron N3450, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Celeron N3350, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Core 2 Duo SU7300, NVIDIA GeForce G210M |
Browser-Benchmarks
Publik sind auch bereits eine Hand voll Browser-Benchmarks des Asus NovaGo. Hier scheinen sich die Werte gut mit jenen von anderen Geräten, ebenso basierend auf der Snapdragon 835, zu decken. Eine Emulation ist hier nicht notwendig, allerdings lassen diese Benchmarks kaum aussagekräftige Schlüsse auf die Netto-CPU- und GPU-Leistung zu. Mit Ausnahme des Sunspider-Tests zeigt sich auch hier eine klare Dominanz intelbasierter Windows-Geräte.
* ... kleinere Werte sind besser
Fazit
Man kann es nicht oft genug sagen, deshalb auch hier zur abschließenden Zusammenfassung ein weiteres, letztes Mal: Die von Ultrabookreview.com kommunizierten Benchmarkergebnisse basieren auf einem sehr frühen Vorseriengerät des Asus NovaGo Laptop/Convertibles. Für die Durchführung von klassischen x86-Applikationen ist eine Emulation notwendig, die sowohl bei Benchmarks als auch bei durch den User ausgeführten Programmen zu Leistungseinbußen führen kann.
Was wir anhand der bisher vorliegenden Ergebnisse beobachten können: Die reine CPU-Performance der Qualcomm Snapdragon 835 SoC/CPU scheint doch deutlich hinter den aktuellen Chips der Intel Core Y-Serie (4,5 W TDP) zu bleiben. Besser sieht es hingegen bei der Grafikleistung des integrierten Adreno 540 Grafikbeschleunigers aus.
Geht man davon aus, dass sich die bisher beobachteten Ergebnisse bis zu den finalen Produkten nicht maßgeblich verbessern, könnte man hier durchaus von der Gefahr einer möglichen Wiederholung des Netbook-Dilemmas sprechen.
Kunden kaufen ein Windows-Gerät mit der Annahme eine vollwertige produktive Maschine zu erhalten, stoßen dabei aber sehr schnell an deren Grenzen. Insbesondere stark CPU-abhängige Tasks könnten die Snapdragon-Plattform überfordern und zu Einschränkungen bei der erlebten Geschwindigkeit führen. Und: Nein, hier geht es nicht um aufwendige Berechnungen durch Spezialsoftware, hier könnten bereits alltägliche Aufgaben wie intensives Webbrowsing auf vielen Tabs, Hintergrundprozesse wie Updates, Virenscanner oder sonstige Tools, oder schlicht der häufige Start von Applikationen und das Laden von Dateien reichen. Genau diese Fälle können bereits bei Einsteiger-Prozessoren von Intel zu spürbaren Verzögerungen führen, und der CPU-Part der Qualcomm 835 CPU scheint hier nicht über dieses Niveau hinauszukommen.
Zudem stellt sich die Frage, wie groß der Vorteil von "Always Connected" ist, gewährt durch das im SoC integrierte LTE-Modem. Praktisch jedes aktuelle Smartphone kann binnen Sekunden Internetzugang für sein klassisches Notebook bereitstellen, und in Gegenden schlechter Netzabdeckung hilft auch das integrierte LTE-Modem recht wenig. Waren konventionelle Notebooks mit integriertem Modem vor einigen Jahren durchaus noch ein Thema, vor allem im Business-Bereich, ist dieses Feature mittlerweile nur mehr selten anzutreffen. Auch kann eine zusätzliche SIM weitere Kosten für den User verursachen.
Bleibt als gewichtigstes Argument die Akkulaufzeit. Erste Herstellerangaben sprechen von über 22 Stunden Akkulaufzeit bei Videowiedergabe (bei reduzierter Helligkeit). Das würde bedeuten, das NovaGo würde sich mit weniger als 2,5 Watt zufriedengeben. Ein großes Fragezeichen bleibt allerdings die Laufzeit unter Last bzw. in wichtigen praxisnahen Szenarios, etwa beim Websurfen.
Letzter Punkt ist der Ziel-Preisbereich von 600 bis 800 Euro, je nach Ausstattungsvariante. Die Basisversion mit 64 GB Speicher wird für einen durchschnittlichen Windows-User definitiv nicht lange reichen. Angesichts der anhand der bisher bekannten Benchmarks gebotenen Leistung klingt ein Preis von rund 800 Euro für die Variante mit 256 GB Speicher nicht gerade nach einem Schnäppchen, zumal es sich hier nicht um 256 GB SSD-Speicher handelt, sondern um einen günstigeren UFS 2.0 Flash-Speicher.