Test: Apple AirPods Pro – teure Ohrstöpsel oder Hi-Fi-Deal?
Für einen Preis von immerhin 279 Euro (erhältlich auf Amazon) wünschen sich Kunden zu Recht Soundqualität, die weit über das hinausgeht, was die verkabelten EarPods bieten können, die jedem iPhone beigelegt werden. Ein Blick auf die umfangreiche Feature-Liste lässt aber befürchten, dass Apple den Fokus auf den Funktionsumfang statt den Klang gesetzt hat. Im Test wird sich zeigen, ob dem so ist oder ob der Konzern aus Cupertino die richtige Balance finden konnte.
Effektive Geräuschunterdrückung
Eines der Highlights der neuen AirPods Pro ist die Geräuschunterdrückung, die Außenlärm möglichst komplett ausblenden soll. In der Praxis funktioniert das gut: Wie man es auch von anderen Kopfhörern kennt werden etwa die Motorgeräusche von Bussen oder das Fahrtgeräusch von Zügen fast unhörbar, wodurch in solchen Situationen auch in niedrigen Lautstärken angenehm Musik gehört werden kann.
Ebenfalls wie bei der Konkurrenz klappt das aber deutlich weniger gut, wenn die Geräusche eine höhere, unregelmäßigere Tonlage haben. So lässt sich eine Gruppe laut sprechender Menschen zwar etwas leiser gestalten, aber nicht komplett ausblenden. Dank der Ohrstücke bietet das Pro-Modell aber in jedem Fall etwas Isolation von der Außenwelt, die bauartbedingt beim günstigeren Modell fehlt.
Der Transparenzmodus kann wahlweise über das Control Center oder durch den Button an beiden Ohrstücken aktiviert werden. Stimmen werden dadurch zwar verständlich, klingen aber etwas gewöhnungsbedürftig. Für Unterhaltungen empfiehlt es sich aber ohnehin, zumindest einen AirPod aus dem Ohr zu nehmen – der Höflichkeit halber – wodurch praktischerweise die Musikwiedergabe pausiert wird. Zum Überqueren von Straßen und ähnlichen Vorhaben eignet sich dieser Modus aber deutlich besser.
Der dritte Modus deaktiviert die Geräuschunterdrückung komplett. Das spart etwas Akku – Apple gibt an, dass die AirPods Pro ohne das Feature fünf Stunden halten, eine halbe Stunde länger also. Abgesehen davon gibt es aber keinen Grund, den "Aus"-Modus zu wählen, da die Soundqualität durch die anderen beiden Modi nicht beeinträchtigt wird.
Design-Evolution, Komfort-Revolution
Die Ladehülle sieht bis auf die etwas länglichere Form und das breitere, matte Metallscharnier fast genauso aus wie die der normalen AirPods. Die In-Ears selbst wirken durch den kürzeren "Stiel" und die zusätzlichen Elemente in Form der Ohrstücke und der Mikrofonöffnungen aber etwas ausgefeilter. Die Verarbeitung hat sich nicht geändert und ist damit immer noch auf einem sehr hohen Standard, auch wenn Apple hier fast komplett auf Plastik setzt. Das Testexemplar hat nach nur wenigen Tagen in der Hosentasche bereits viele kleinere Kratzer – da ist das neue Modell auf jeden Fall mindestens genauso anfällig wie sein Vorgänger.
Interessant ist der Tragekomfort. Die AirPods Pro bieten einen Druckausgleich zwischen dem Gehörgang und der Außenwelt – ein Feature, das die meisten Konkurrenzprodukte nicht aufweisen können. Und es funktioniert wunderbar: Schon beim ersten ausprobieren fühlen sich die In-Ears deutlich angenehmer an als man erwarten würde, nach einigen Minuten könnte man direkt vergessen, dass man sie trägt. Damit eignen sich die AirPods Pro auch für Menschen, die dieser Bauart bisher aus dem Weg gegangen sind, um das Druckgefühl im Ohr zu vermeiden.
Auch abgesehen davon wurden die Gummi-Aufsätze, die in drei unterschiedlichen Größen mitgeliefert werden, gut gewählt. Über die Bluetooth-Einstellungen am iPhone lässt sich sogar testen, ob die richtige Größe verwendet wird, um einen optimalen Sitz zu gewährleisten – ebenfalls ein Feature, das sehr gut funktioniert.
Statt wie beim Vorgänger zweimal auf die Außenseite zu tippen versteckt sich nun ein berührungsempfindlicher Button im "Stiel", mit dem die Wiedergabe pausiert, Titel übersprungen oder der Transparenzmodus aktiviert werden kann. Das klappt im Test auch sehr zuverlässig.
Reparaturen im Falle eines Defekts sind übrigens praktisch ausgeschlossen, wie der Teardown von iFixit nur allzu deutlich zeigt. Daher ist man hier auf die offiziellen Service-Optionen angewiesen. Demnach kostet die Reparatur pro AirPod 99 Euro, der Batterieservice bei AirPod oder Ladehülle je 55 Euro.
Soundqualität: Pro = Hi-Fi?
Während Apples iPad Pro und MacBook Pro in unseren Tests sehr gute Lautsprecher bescheinigt wurden, waren gerade audiophile Nutzer von der Qualität von Apples bisherigen Kopfhörern, inklusive der AirPods, weniger begeistert. Sind die AirPods Pro weiterhin nur "gut genug für die tägliche Busfahrt zur Arbeit" oder eignen sie sich endlich auch für den Musikgenuss Zuhause?
Um das herauszufinden habe ich die AirPods Pro umfangreich mit unterschiedlichster Musik getestet und auch mit den normalen AirPods, verkabelten In-Ears in Form der Bowers & Wilkins C5 Series 2 (ca. 95 Euro auf Amazon) und größeren Over-Ears in Form von Bowers & Wilkins P7 Wireless (dem Vorgängermodell der B&W PX für 299 Euro auf Amazon) getestet. Als Quellen kamen ein iPhone X mit Musik aus dem iTunes Store (256 kbit/s AAC) sowie ein Bluesound Powernode 2i Streamer (899 Euro auf Amazon) mit verlustfreier Musik von Tidal Hi-Fi und Qobuz zum Einastz.
Bei Our Last Nights "Demons" wird schnell klar, dass in Sachen Dynamik deutlich mehr geboten wird als bei den alten AirPods. Die Stimmen von Matt und Trevor Wentworth klingen voluminöser, während sie sich besser vom massiven Klangteppich der E-Gitarre abheben. Weiter geht's mit "The Quiet & the Storm" von den Young Chinese Dogs. Im Vergleich fällt hier besonders die bessere räumliche Abbildung auf.
Alles gut also? Für viele Nutzer dürfte die Antwort darauf ein klares "Ja" sein. Wer mit der Soundqualität der EarPods oder der Standard-AirPods zufrieden war, bekommt hier in allen Bereichen etwas mehr geboten. Der Vergleich zu den beiden Kopfhörern von Bowers & Wilkins zeigt aber die Schwächen der AirPods Pro auf.
Die Stimme von Birte Hanusrichter kann gerade bei den großen P7 für Gänsehaut sorgen, die bei Apples In-Ears nicht so recht aufkommen möchte. Nach langem Vergleich vieler Titel ist klar, woran das liegt: Während die AirPods Pro sauber spielen, kommen sie weder hoch noch tief genug, um das meiste aus Titeln wie The Quiet & the Storm zu holen.
Im Vergleich zu den günstigeren, dafür aber verkabelten B&W C5 Series 2 bestätigt sich schließlich der erste Eindruck: Die AirPods Pro klingen deutlich heller als gewohnt, vor allem im Vergleich zu den recht warm klingenden C5 fällt der Unterschied enorm auf. So klingt Norah Jones exzellent aufgezeichneter Song "It Was You" mit den AirPods Pro zwar detailliert und sauber, die Stimme kommt aber etwas zu schrill, dem dezenten Schlagzeug fehlt die nötige Wucht.
Neben dem direkten Vergleich wurden die AirPods Pro für viele Stunden mit unterschiedlichster Musik getestet, von Liam Gallaghers epochaler Stimme über Fahrenhaidts gewaltige Aufnahmen bis hin zu alternativeren Alben wie Windmills "Epcot Starfileds". Der beim Vergleich entstandene Eindruck hat sich dabei wieder und wieder bestätigt.
Um audiophile Kunden zufrieden zu stellen fehlt den In-Ears sowohl etwas Auflösung in den Höhen als auch etwas Volumen im Bass. Darüber hinaus klingen sie recht hell – eine Charakteristik, die den Musikgenuss für einige Nutzer einschränken dürfte. Verglichen mit den alten AirPods stellen sie aber ein ordentliches Upgrade dar, insgesamt ist der Klang als "gut" zu bewerten.
Fazit
Mit den AirPods Pro bietet Apple ein interessantes Gesamtpaket an: Die In-Ears sehen hübsch aus, sind extrem angenehm zu tragen, und die Geräuschunterdrückung funktioniert einwandfrei. Dazu sind sie klein genug, um sie immer in der Hosentasche dabei zu haben – perfekt also für den täglichen Weg zur Arbeit.
Alle, die bereits mit den normalen AirPods zufrieden waren, und auf der Suche nach einem Upgrade sind, können hier bedenkenlos zugreifen: Die AirPods Pro bieten besseren Sound, gute Geräuschunterdrückung und hohen Tragekomfort. Wer echtes Hi-Fi für unterwegs sucht, der sollte sich besser woanders umsehen.
Nicht ganz ohne Schwächen ist der Sound. Während die AirPods Pro ein klares Upgrade zu den Standard-AirPods darstellen und durch die Bank sauber und verzerrungsfrei spielen, können sie die Ansprüche von audiophilen Nutzern nicht ganz befriedigen. Dafür fehlt Auflösung in den Höhen und Volumen im Bass, insgesamt sind die Treiber auch deutlich zu hell abgestimmt – angenehm warmer Klang geht anders.
Quelle(n)
Eigene