Smartwatch Mobvoi TicWatch Pro 3 GPS mit Snapdragon Wear 4100 im Test: Dual-Display und ein großer Akku sorgen für bessere Laufzeit
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Details
Ausstattung und Gehäuse
Lange hatte Mobvoi an dem älteren Snapdragon Wear 2100 aus 2016 festgehalten und ihn noch im Frühjahr 2020 in der TicWatch Pro 2020 und der TicWatch C2+ verbaut. Mit der TicWatch Pro 3 GPS überspringt Mobvoi eine SoC-Generation und verbaut als erster Hersteller den Snapdragon Wear 4100. Der Sprung ist gewaltig, denn erst jetzt ersetzt Qualcomm die Cortex-A7-Kerne der beiden Vorgänger durch Cortex-A57-Kerne; die LPDDR3-RAM-Bausteine des Snapdragon 4100 takten mit 750 MHz anstelle von 400 MHz beim Snapdragon Wear 3100.
Leistungssteigerung
Spezielle Benchmarks für Smartwatches gibt es nicht, und die bekannten Browser-Benchmarks laufen auf der Wearables-Plattform mehr schlecht als recht. Immerhin gelingt das mit dem Java Script Benchmark Octane V2. Das Ergebnis: 3580 Punkte. Das ist nicht nur deutlich besser als bei der Moto 360 mit Snapdragon Wear 3100 (1522 Punkte); bei gleich großem Arbeitsspeicher benötigte die TicWatch zudem nur die Hälfte der Zeit. Die Samsung Galaxy Watch 3 mit dem hauseigenen Exynos 9110 schnitt mit 2171 Punkten ebenfalls schlechter ab, sowohl im Ergebnis als auch in der Zeit.
Gegenüber den eingangs genannten Smartwatches TicWatch Pro 2020 und der TicWatch C2+ hat Mobvoi auch den Speicher ausgebaut und stellt jetzt 8 GB ROM bereit statt bisher 4 GB. Nach der Einrichtung waren davon allerdings nur noch 4,4 GB davon frei.
Mikrofon und NFC Gehören bei Uhren mit WearOS zum Standard; sie gewährleisten, dass man Google Pay und den Google Assistant nutzen kann. Zudem ermöglichen sie Telefonate über das verbundene Smartphone, ohne dass man dieses zur Hand nehmen muss.
Dual Display
Das Besondere der TicWatch Pro Modellreihe sind freilich ihre zwei Displays. Beim Dual-Display 2.0 liegt über einem kontrastreichen AMOLED ein FSTN-LCD, wie im Schemabild hierunter zu sehen. Das FSTN-LCD verbraucht weniger Energie und aktualisiert die Anzeige nur einmal pro Sekunde. Wechselt die TicWatch Pro 3 vom LCD zum AMOLED, wird es transparent, und das AMOLED scheint hindurch.
Always-On bedeutet bei anderen Smartwatches, dass man anstelle eines schwarzen Screens ein reduziertes Zifferblatt sieht, wenn man die Smartwatch nicht nutzt. Bei der TicWatch Pro 3 gibt es keinen schwarzen Bildschirm. Deaktiviert man den Wahlschalter „Display immer an“, der zu den Standard-Einstellungen von Googles Betriebssystem WearOS gehört, zeigt das FSTN-LCD weiterhin die Uhrzeit mit Datum und Zahl der gelaufenen Schritte, ohne dafür viel Energie zu verbrauchen. Zudem verleiht diese Anzeige der Uhr einen technischen Anstrich oder Retro-Look, der an die monochrome Segment-Anzeige älterer Uhren erinnert.
Das Gehäuse ist ein optisch gelungener Materialmix aus einem mattschwarzen verstärkten Nylon mit Glasfaser und glänzendem Edelstahl. Es ist wie der Vorgänger nach IP68 zertifiziert, aber dünner. Das Lederband früherer Modelle ersetzt Mobvoi durch ein Silikonband in Lederoptik. Ein Rückschritt, den Mobvoi durch orangefarbene Nähte abzufangen versucht, für die Illusion eines Naturproduktes.
Die Bedienung erfolgt über den Touchscreen und zwei seitliche Knöpfe. Zweimaliges Drücken der unteren Taste ruft die zuletzt verwendete App noch einmal auf. Im Test froren die Apps dabei jedoch regelmäßig ein und reagierten nicht, womit der Shortcut ohne Nutzen und nur der erneute Aufruf über das App-Menü blieb.
Software
Wie bei allen Uhren mit Google WearOS läuft die Einrichtung der Smartwatch über die gleichnamige Google-App. In der App WearOS entscheidet man unter anderem, welche Benachrichtigungen das Smartphone an die Uhr überträgt und wählt die Widgets aus, die über horizontale Gesten rechts neben dem Zifferblatt erscheinen. Die Beschränkung auf maximal fünf Widgets hat Google kürzlich aufgehoben. Von den insgesamt 14 verfügbaren Widgets ließen sich 10 installieren.
Zusätzlich gibt es im Apple Store und in Googles Play Store eine eigene App von Mobvoi: Sie stellt noch ein paar mehr Zifferblätter bereit, Übersichten zu den gesammelten Gesundheits- und Fitnessdaten und einen Player für die Audioaufnahmen der TicWatch Pro 3 GPS:
TicAufnahme erfasst ein Diktat mit Markierungen, die der Player der Mobvoi-App auf dem Smartphone direkt anspringen kann. Ein Online-Service transkribiert die Texte auf Wunsch in druckbaren Text. Im Test funktionierte das gut, allerdings nur für englische Texte. Die Audioaufnahmen synchronisiert die Watch automatisch. Generell verlor die TicWatch allerdings öfter die Verbindung zum Smartphone, und der erneute Aufbau klappte nicht immer im ersten Versuch.
Health
Neben dem Recorder und den Google-Fit-Apps, die auf jeder WearOS Uhr zum Standard gehören, packt Mobvoi 9 Apps für Gesundheit und Fitness auf die Uhr, darunter eine Lärmerfassung und geführte Atempausen.
TicGesundheit ist das Gesundheitszentrum, das alle Messwerte speichert, analysiert, und zu Diagrammen verarbeitet, sowohl als tägliche Zusammenfassung als auch im Wochenrückblick.
Damit die Smartwatch Schritte, Herzfrequenz und Blutsauerstoffsättigung erfasst, braucht sie die entsprechenden Berechtigungen, die im Werkszustand deaktiviert sind. Erst dann liefert auch das Schlafprotokoll die entsprechenden Diagramme. Alle Berechtigungen kann man in der Watch-App TicGesundheit unter dem Punkt Datenschutz jederzeit einzeln widerrufen; auch temporär, um beispielsweise durch Einschränkung der Messungen den Akku zu schonen.
Training – Umfangreiche Analysen, aber kein Höhenprofil
Auf der TicWatch Pro 3 GPS ist eine App Fitify installiert: Sie leitet mit animierten Anleitungen durch 22 Workouts mit unterschiedlichen Schwerpunkten, etwa Balance und Koordination, 7-Minuten-Training, Tabata, alles für den Po oder Schultern und oberen Rücken sowie Übungen zum Aufwärmen und für den Cool Down.
Für die normale Trainingsaufzeichnung startet man entweder Google Fit oder die Mobvoi-App Fit-Training. Infos und Screenshots zu Google Fit liefert der Test zur Moto 360; dieser Test geht vorwiegend auf die Mobvoi-App ein.
Während Google Fit knapp 100 Sportmodi offeriert, beschränkt sich TicTraining auf 13, darunter Radfahren draußen oder auf der Bahn, Pool-Schwimmen, Rudergerät und der Ellipsen-Trainer.
Dank GPS ist man beim Laufen und anderen Workouts im Freien vom Smartphone unabhängig. Im Test zeigte sich die Ortung schnell einsatzbereit. Bereitet sie Probleme, kann die TicWatch optional das GPS des Smartphones zu Hilfe nehmen, sofern man es mitnimmt. Die TicWatch Pro 3 GPS besitzt zwar ein Barometer, zeichnete im Testzeitraum aber kein Höhenprofil auf.
Die obere Taste pausiert ein Workout. Beenden kann man es nur über den Touchscreen, indem man zunächst die Trainingsanzeige zur Seite wischt und den dann auftauchenden Soft-Button für 2 s drückt.
Anders als die Gesundheitsstatistiken bleibt das Trainingsprotokoll auf der Watch rudimentär. Aufschlussreiche Analysen, beim Laufen beispielsweise zu Schrittlänge und Schrittfrequenz, liefert erst das Smartphone. Der Punkt "Tor" im nachfolgenden Nordic-Walking-Protokoll bleibt allerdings unklar. Ballsportarten wie Handball oder Fußball gehören jedenfalls nicht zum Trainings-Portfolio der TicWatch. Nordic Walking übrigens auch nicht, weshalb die Aufzeichnung als Spaziergang erfolgte.
Akkulaufzeit – Großer Akku sorgt für lange Laufzeit
In unseren Tests hielt bislang keine Smartwatch mit Googles WearOS so lange durch wie die TicWatch Pro 3 GPS: 3 Tage sind immer noch nicht viel – aber deutlich länger als die typische Laufzeit unter WearOS von etwa 1,5 bis maximal 2 Tagen. Nutzt man die TicWatch weniger intensiv oder deaktiviert einzelne Funktionen wie das regelmäßige Messen der Herzfrequenz, verlängert sich die Laufzeit, Workouts mit GPS verkürzen sie.
Die Entscheidung für das FSTN-LCD anstelle des AMOLED bringt nicht etwa Tage, sondern je nach Nutzung eher ein paar zusätzliche Stunden bis etwa einen halben Tag. Zum Vergleich: Mit dem energieschonenden Display sank der Akku bei einer durchschnittlichen Nutzung und einer Beleuchtungsdauer von 10 s (Standardeinstellung: 5 s) mit Always-On-Display, regelmäßiger Messung der Herzfrequenz und nächtlichem Tragen in 24 Stunden auf 70 %, mit OLED im Always-on-Modus auf 65 %.
Die – für eine WearOS-Smartwatch – lange Laufzeit schreiben wir vor allem dem Akku zu, dessen Nennkapazität bei 595 mAh liegt. Zum Vergleich: die TicWatch Pro 2020 hatte 415 mAh, die TicWatch C2+ 400 mAh, die Moto 360 (2020) 355 mAh und die Oppo Watch sogar nur 300 mAh, also knapp die Hälfte.
Inwieweit auch der neue SoC daran seinen Anteil hat, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht klar sagen. Laut Qualcomm benötigt er etwa ein Viertel weniger Energie im Vergleich zum Vorgänger.
Im Essential Mode, mit dem FSTN-LCD und ohne die smarten Funktionen, läuft sie laut Hersteller bis zu 45 Tage. Den Essential Mode kann man jederzeit aktivieren und später wieder umschalten. Die Rückkehr in den Smart Mode erfolgt dann mit einem Neustart.
Der Ladevorgang dauert etwa 2 Stunden.
Fazit
Vom Gros der WearOS-Smartwatches unterscheidet sich die TicWatch Pro 3 GPS durch eine längere Laufzeit und ein umfangreiches Software-Paket. Der Audiorekorder beispielsweise ist kein Killer-Feature, machte sich im Testzeitraum aber oft als schnell erreichbare Gedankenstütze nützlich.
Bei den übrigen Apps gefällt auch die Struktur der Watch-Software: TicÜbung beispielsweise startet nicht nur ein neues Workout, sondern führt über eine Geste auch zu früheren Aufzeichnungen und übergreifenden Analysen sowie mit einer weiteren Geste zu den zugehörigen Optionen.
3 Tage Akkulaufzeit ist nicht viel – aber 50 % mehr als bei den meisten anderen WearOS-Smartwatches.
Die Performance-Steigerung des neuen SoCs ist messbar, macht sich im Alltag aber weniger deutlich bemerkbar. Zeitzehrende Vorgänge wie beispielsweise der Download von Apps aus dem Play-Store hängen zu sehr auch von anderen Faktoren ab; die TicWatch Pro 3 GPS erledigt sie kaum schneller als Uhren mit Snapdragon WearOS 3100 oder 2100, die sich auch genauso flüssig bedienen lassen.
Hinsichtlich der Erweiterbarkeit über den Play Store hat die TicWatch Pro 3 GPS mit ihrem schnellen SoC und dem großen Speicher natürlich gute Voraussetzungen für leistungsfähigere Apps, liegt mit 299 Euro allerdings auch im oberen Preissegment der WearOS-Uhren.
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