Nvidia Optimus im Test
am 09.02.2010, von Klaus Hinum
Switchable Graphics 3.0
Mit der Optimus getauften Technologie wird die umschaltbare Grafik im Notebook erwachsen. Optimus erlaubt das automatische Umschalten der Grafikkarten je nach Einsatzzweck und ermöglicht so theoretisch den Spagat zwischen Performance und Akkulaufzeit. Außerdem ist Optimus für den Hersteller einfacher und günstiger zu implementieren. Einen detaillierten Test von Optimus auf einem Asus UL50VF finden Sie in folgendem Artikel.
Dilemma: Performance versus Akkulaufzeit
Ohne umschaltbare Grafik muss sich der Kaufinteressent bei Notebooks meistens zwischen Performance (mit starker Grafikkarte) oder langer Akkulaufzeit (in den Prozessor oder Chipsatz integrierte Grafikkarte) entscheiden. Seit 2007 gibt es zur Vereinigung beider Vorteile umschaltbare Grafiklösungen mit zwei Grafikkarten im Notebook.
Die bis jetzt erhältlichen Lösungen (von Nvidia und ATI) verwenden Multiplexer um die Ausgänge der beiden Grafikkarten auf das integrierte Display bzw. die externen Ports umzuschalten. Diese Multiplexer brauchen viel Platz auf dem Mainboard, verlängern die Signalwege und brauchen auch permanent etwas Strom. Außerdem verwenden diese Lösungen einen Proxy Treiber (ist für Windows XP und Vista notwendig) welcher die Grafiktreiber von Intel und Nvidia zusammenbringt. Er ist kompliziert in der Erstellung und wurde nach dem Erscheinen des Notebooks nicht mehr upgedated. Dadurch mussten Käufer mit dem ausgelieferten Treiber leben und profitierten nicht von Geschwindigkeitsverbesserungen und Fehlerbehebungen in neueren Treiberrevisionen.
Die Generationen der „switchable Graphics“ wurden zwar immer besser, jedoch blieben systembedingt einige gravierende Nachteile. Durch das Umschalten der Videoausgänge, produzierte der Vorgang immer ein lästiges Flackern der Darstellung. Außerdem konnte die Grafiklösung nicht umgeschaltet werden, wenn eine DirectX Anwendung lief (es reichte z.B. Solitär von Windows7).
NVidia Optimus - die Lösung?
Nvidia hat nun die dritte Generation ihrer umschaltbaren Grafiklösung vorgestellt namens Optimus. Diese erlaubt nun ein dynamisches Umschalten auf die dedizierte Grafikkarte ohne Neustart, Flackern, Beenden von Anwendungen oder manuelles Eingreiffen. Optimus funktioniert derzeit nur unter Windows 7 mit den, in 40nm hergestellten, NVidia Grafikkarten (die meisten neuen GeForce 200M und 300M Grafikkarten – siehe unseren Grafikkartenvergleich) in Verbindung mit den integrierten Intel Grafiklösungen (GMA 4500MHD, 4500M, Intel HD Graphics, GMA 3150). Die neueren GPUs von NVidia beherbergen nämlich einen eigenen kleinen Hardwareteil der für Optiums notwendig ist (daher funktioniert Optimus auch nicht mit den G92 basierenden GeForce GTX 285M, 260M, ... Modellen). Die Chipsatzgrafik ist theoretisch nicht auf Intel limitiert, unterstützt werden zum derzeitigen Stand jedoch nur die oben genannten Grafiklösungen von Intel.
Wie funktioniert es? - die Technik
Technisch ist nur die integrierte Grafikkarte mit den Displayanschlüssen (intern und extern) verbunden und liefert immer die dargestellten Bilder. Wenn nun eine Anwendung die Leistung der dedizierten Nvidia Grafikkarte benötigt, dann schaltet der Treiber diese ein und berechnet die Bilder mit dieser. Das Ergebnis wird jedoch nicht, wie üblich, direkt ausgegeben, sondern einfach per PCI-E Bus in den Ausgabespeicher der integrierten Grafikkarte kopiert. In anderen Worten rendert die integrierte Grafikkarte einfach ein Fenster mit einem Inhalt der von der dedizierten Grafikkarte stammt. Der Rückkanal des PCI-E Bus wird normalerweise wenig verwendet und soll daher leicht mit dieser Aufgabe fertig werden. Pro Frame kommt es laut Nvidia Technik zu einer Latenz von 0.2 Bildern. Dadurch soll auch die Verzögerung kein großes Problem darstellen. Sobald die stärkere Grafikkarte nicht mehr gebraucht wird, schaltet der Treiber diese einfach wieder komplett ab und überlässt der Intel Grafik wieder alle Arbeiten. In einer Demonstration zeigte uns Nvidia, das die dedizierte Grafikkarte theoretisch sogar ausgesteckt werden konnte wenn sie nicht in Benutzung war.
Eine neue Treiberarchitektur
Ein Problem, das bis jetzt bei den umschaltbaren Grafiklösungen auftauchte, war "der Benutzer". Nur Wenige waren bereit den komplizierten Umschaltvorgang durchzuführen und Einige wussten nicht einmal über die Möglichkeit bescheid. Dadurch wurde das Umschalten nur wenig benutzt und sehr oft führte es zur Unzufriedenheit von Kunden (zu langsame Ausführung da die dedizierte Grafikkarte nicht benutzt wurde oder zu kurze Akkulaufzeiten da nicht auf die integrierte umgeschaltet wurde). Um dieses Problem zu lösen und immer automatisch die richtige Grafiklösung einzuschalten, setzt Nvidia nun auf eine neue Treiberarchitektur.
Der Treiber kann intern auf eine Liste von Profilen für Anwendungen zurückgreifen in der die individuellen Grafikeinstellungen gespeichert sind (unter anderem ob die Nvidia Grafik genutzt werden soll). Bei jedem Anwendungsstart, lädt der Treiber nun die Daten aus dieser Liste und startet z.B. falls vermerkt die stärkere Grafiklösung. Dies funktioniert vollkommen automatisch, sodass sich der Benutzer theoretisch nicht mehr um das Umschalten kümmern muss. Das Listensystem funktioniert klarerweise nur dann gut, wenn die Liste immer aktuell ist. Da viele Nutzer nicht ihre Grafikkarten updaten bzw. Updates für Notebooktreiber auch weniger regelmäßig erscheinen, würde diese Liste kaum verbessert werden. Daher setzt Nvidia bei den neuen Treibern auf automatisch sich aus dem Internet ergänzende Profile. Dadurch sollte theoretisch auch ein alter Treiber die neueste Anwendung erkennen und mit der besten Grafiklösung ansteuern. Zusätzlich kann man die Profile auch manuell verändern oder per Kontextmenü, die zu benutzende Grafikkarte auswählen. Beides funktionierte in der uns zur Verfügung stehenden frühen Version jedoch noch nicht ganz zuverlässig. Die Methode über das Kontextmenü hatte zum Beispiel Probleme mit Verknüpfungen und die Profile ließen sich nicht dauerhaft ändern. Da wir jedoch noch mit Vorseriengeräten arbeiteten, kann Nvidia hier noch rechtzeitig nachbessern.
Wann kommt Optimus im Notebook?
Laut Nvidia werden im Sommer 50+ Optimus fähige Notebooks erhältlich sein. Die Palette reicht hier von kleinen Pine Trail Netbooks (mit ION 2 Grafikkarte) bis zum ausgewachsenen Desktop Replacement – Gaming Notebook (mit GTS 360M). Launchpartner wird Asus sein, welcher die Notebooks Asus UL50Vf, N82Jv, U30Jc, N71Jv, N61Jv in Kürze auf den Markt bringen wird.
Weiters zeigte uns Nvidia eine Demonstration eines funktionierenden Lenovo Thinkpad T-Modells, jedoch evaluiert Lenovo noch den Einsatz von Optimus und startet vorerst ohne diese Technik.
Auch im Desktop ist Optimus denkbar und vor allem mit den kommenden High-End Karten auf Fermi Basis durchaus sinnvoll (Stichworte – Stromsparen, Geräuschkulisse).
Praxistest mit dem Asus UL50VF
Für einen Praxistest von Optimus stellte uns Nvidia ein Asus UL50VF Notebook (praktisch baugleich zum UL50VT jedoch mit Optimus) mit dedizierter Nvidia GeForce G210M und integrierter GMA 4500MHD Chipsatzgrafik zur Verfügung. Die G210M gehört zwar zu den Einsteigergrafikkarten, bietet aber im Vergleich zur alten GMA 4500MHD eine mindestens 3x bessere Spieleperformance. Viele anspruchsvolle Spiele laufen sogar nur mit der G210M flüssig (wenn auch nur in minimalen Detailstufen). Weiters bietet die G210M Unterstützung für CUDA und DirectX Compute um die Rechenwerke der GPU für andere Rechenaufgaben (z.B. Videotranscoding) zu nutzen.
Um überprüfen zu können ob gerade die GeForce G210M läuft, hat Nvidia uns noch ein inoffizielles Tool zur Verfügung gestellt mit dem man den Status der GeForce Grafik sieht. Für die Endkunden ist dieses Tool nicht gedacht, es soll jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ein ähnliches Tool für die Benutzer zur Verfügung gestellt werden (ev. im Zuge eines neuen Treiberreleases).
Alle vom Treiber erkannten Spiele und Anwendungen funktionierten im Test wie zu erwarten. Sobald man z.B. das Spiel World in Conflict startet, wird die G210M automatisch eingeschaltet und übernimmt die Bildberechnung. Sofort nach dem Beenden wird die Grafikkarte auch wieder abgeschaltet. Bildflackern oder längere Wartezeiten konnten wir keine wahrnehmen. Nur durch das Nvidia Test Tool und die erwartete Performance konnten wir die Umschaltung wahrnehmen. Auch mit Flash 10.1 arbeitet Optimus bereits gut zusammen und schaltet die Nvidia Grafikkarte erst beim Starten eines Flash Videos ein (für andere Flash Applikationen bleibt jedoch die Intel Grafik zuständig). An diesem Beispiel sieht man auch sehr gut, dass Optimus nicht zwangsweise pro Anwendung umschaltet, sondern auch eine feinere Granularität (z.B. das Zuschalten erst beim Starten eines Videos im Fall von Flash 10.1) unterstützt.
Da Optimus auf keinem umständlichen Treiber-"Hack“ basiert, muss man auch keine ausgefallenen Fehler bei Spielen oder Applikationen erwarten. Wir haben die gängigsten 23 Spiele mit dem Asus UL50VF getestet (siehe Spieleliste) und trafen auf keinen einzigen Fehler bei der Bilddarstellung. Auch die Umschaltung lief bis auf einmal immer einwandfrei (dieser Fehler ist jedoch wahrscheinlich auf den frühen Beta Treiber zurückzuführen). Falls ein Spiel jedoch noch nicht im Treiber vermerkt war, muss man es manuell per Context Menü Eintrag oder permanent per Zuweisung im Treiber (Spiele-Profile) für die G210M vormerken. Dank der automatisch sich ständig akualisierenden Treiber Architektur sollte dies jedoch in Zukunft nur sehr selten passieren. Das einzige Problem das wir ab und zu hatten, war das Zuweisen der integrierten Grafikkarte. In manchen Fällen startete die Applikation trotzdem mit der G210M anstelle der GMA 4500MHD (die ausgelieferte Treiberversion hatte einen Bug wodurch man keine Zuordnung in den Profilen speichern konnte). Jedoch ist dieser Fehler wohl eher zu Verschmerzen da der Endanwender wohl kaum eine 3D Applikation absichtlich mit der langsamen GMA Grafik starten möchte (vor allem da es sich um leistungshungrige Spiele handelte).
Eine Besonderheit beim Asus UL50VF ist der verbaute HDMI Port. Dieser ist anscheinend nicht mit der integrierten Grafikkarte verbunden, sondern nur mit der Nvidia GeForce G210M (eventuell um den SPDIF Sound in das Signal integrieren zu können). Dadurch startete die G210M immer beim Anschluss eines HDMI Monitor / Fernsehers. Dies ist etwas ärgerlich wenn man dauerhaft einen externen Monitor per HDMI betreiben möchte. Der VGA Port wurde von Asus jedoch anscheinend von der Intel Grafikkarte angesteuert und funktionierte erwartungsgemäß mit GMA4500MHD und G210M.
Der dedizierte Umschaltknopf des UL50VT bleibt übrigens beim UL50VF ebenfalls erhalten, bleibt jedoch unter Windows ohne Funktion (da diese manuelle Umschaltung derzeit vom Treiber noch nicht unterstützt wird).
Im Akkutest bewies das UL50VF auch, dass die GeForce Grafik wirklich ausgeschaltet war und erreichte im Reader Test hervorragende 11h und 47min. Mit aktivierter G210M (welche jedoch auch nur das Textdokument renderte) waren es lediglich 8h und 20min. Unter Last war der Unterschied knapp 3h zu knapp 4h mit der GMA. Die meisten Zugewinne sind jedoch bei der täglichen Arbeit auf Akku zu erwarten. Hier kann die automatische Umschaltung ihre Stärke zeigen und den Spagat zwischen Leistung und Akkulaufzeit schaffen.
Auch beim Stromverbrauch zeigte sich der Vorteil einer umschaltbaren Lösung. Ohne Last maßen wir etwa 4 Watt Unterschied bei aktivierter GeForce 210M (10.8 Watt ohne). Unter Volllast (Furmark+Prime95) waren es dann etwa 6 Watt (max 53,7 Watt mit G210M).
Fazit
Optimus hat uns begeistert. Umschaltbare Grafiklösungen werden endlich erwachsen und bieten für den Endkunden in allen Notebookklassen deutliche Vorteile. Im Schnitt läuft ein System mit umschaltbarer Optimus Grafikkarte sparsamer, kühler, leiser und weist eine längere Akkulaufzeit auf als ein vergleichbares Notebook, welches mit nur einer dedizierten Grafikkarte ausgestattet ist. Die neue Treiberarchitektur und das Konzept der automatischen Umschaltung funktioniert bereits in den ersten Treibern erstaunlich gut und erfordert meistens kein manuelles Eingreifen.
Das Optimum wäre zwar nur eine Grafikkarte im System die unter allen Lastzuständen mit dem minimalen Stromverbrauch funktioniert, jedoch ist eine derartige Lösung derzeit nicht auf dem Markt (und auch nicht angekündigt). Bis dahin bleibt Optimus die erste Wahl für Anwender, welche mehr Grafikperformance benötigen als die integrierten Grafikkarten zur Verfügung stellen können.
Vorteile von Optimus
- Dynamisches Hinzuschalten der dedizierten GPU wenn diese benötigt wird (wenn der Treiber die Anwendung kennt)
- Kein Bildschirmflackern beim Umschalten
- Hinzuschalten der Grafikkarte auch während einer 3D Anwendung möglich
- Sehr schnelles Umschalten
- Kostengünstig zu implementieren im Vergleich zu anderen umschaltbaren Grafiklösungen
- Basierend auf Standards (kein Proxytreiber notwendig)
- Treiberupdates von Nvidia geplant
- Kein höherer Stromverbrauch bei Einsatz der integrierten Grafikkarte
- Neue Treiberarchitektur mit automatischen Profilupdates aus dem Internet
Nachteile
- Geringe Latenz wegen dem Kopieren des Bildinhalts bei Einsatz der Nvidia GPU (0.2 eines Frames)
- Treiber erkennt noch nicht alle Spiele / Demos / Applikationen (sollte sich dank neuer Treiberarchitektur deutlich bessern)
- Noch kein Hardware Switch / Anzeige implementiert bei ersten Notebooks
- Derzeit Windows 7 only
- Integrierte Grafikkarte kann nicht abgeschaltet werden - etwas höherer Stromverbrauch unter Last
- HDMI Port beim Testgerät nur mit Nvidia Grafikkarte nutzbar (kein Optimus Problem)