Display Week 2024 | Hintergrund: Warum QLED- und Micro-LED-Displays noch ein paar Jahre brauchen
Wie sieht die Zukunft der Displaytechnik aus? Abseits der weiter laufenden Forschung an bestehenden Techniken, vor allem an OLED, aber auch durchaus noch an LCD, gibt es zwei weitere Arten er Bildschirmanzeige mit enormen Potenzial: Micro-LED-Displays und QLED-Displays.
Um Missverständnisse jeglicher Art gleich von vornherein auszuschließen, verweisen wir bei der QLED-Technik auf unseren Artikel zu den (derzeit) fünf unterschiedlichen Namen, die verwendet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass QLED-Displays unter ihrem ursprünglichen Namen auf den Markt kommen, ist eher gering, da der Name als Kunstbegriff für Quantum-Dot-LC-Displays mit LED-Hintergrundbeleuchtung bereits "verbraucht" ist. Ähnlich war das schon einmal mit LED-TVs, die mit LED-Displays eigentlich nichts gemeinsam hatten.
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Unabhängig davon versprechen beide Techniken ein ziemlich gutes Bild. Beide arbeiten mit selbstleuchtenden (Sub-)Pixeln und bieten daher prinzipbedingt gute Schwarzwerte. Mit einer kleinen Einschränkung, denn Micro-LED-Displays eignen sich gut für transparente Displays. Da fehlt das Schwarz dann freilich. Selbiges gilt für OLED, wofür es mit Electrowetting-Displays aber einen Kombinationsvorschlag gibt. Einen von vielen.
Aber zurück zu QLED und Micro-LED. Die Ansätze sind derzeit recht verschieden. Die Forschung an Micro-LED konzentriert sich derzeit vor allem an die Produktion im kleinen Bereich. Wie Micro-LED-Spezialist Mojo Vision auf der Konferenz sagte, sollte das Lösen der Produktionsprobleme im Kleinen auch gleichzeitig die Produktion im Großen lösen.
Micro-LEDs und die Transferkosten
Lösen heißt hier vor allem ein Lösen der Kostenfrage, denn Micro-LED-Displays bis hin zu Fernsehern sind längst Realität – für sechsstellige Eurobeträge im Heimkino. Das liegt vor allem an der aufwendigen Produktion. Ein gängiges Mittel, um Farb-Displays zu produzieren: Zuerst werden auf drei Wafern jeweils die Grundfarben der additiven Farbmischung Rot, Grün und Blau produziert. Anschließend werden diese von den drei Wafern angehoben und zu einem Display zusammengebaut. Pick & Place nennt man das und in der Massenfertigung Mass Transfer.
Doch der Prozess ist so aufwendig, dass die Gefahr besteht, dass bei Millionen an Transfers pro Display hier und da etwas schiefgeht. Ein Aufsplitten von Displayteilen ist daher eigentlich angebracht, sei es die Zusammenführung von drei monochromen Displays über eine Optik, wie es Jade Bird Display macht, oder auch die Aufteilung in leichter handhabbare Tiles, die zusammengefügt werden. Bei genauem Hinsehen sieht man das durchaus, wenn das Display aus ist oder im Falle von transparenten Displays von der Rückseite. Aber auch das ist freilich kein simpler Prozess.
Laut Mojo sind die hohen Kosten für die Transfers auch der Grund, warum es bisher keine 8K-Fernseher mit selbstleuchtenden Micro-LED-Pixeln gibt. Die Technik ist so teuer pro Pixel, dass sich das 8K-Marketing nicht lohnt, wenn schon 4K-Fernseher locker sechsstellige Preise kosten. Der Preis für ein Display skaliert sehr stark mit der Anzahl der benötigten Pixel.
Aber es deutet sich eine weitere Lösung an: Man nutzt nur noch blaue oder ultraviolette LEDs. Denn die sind in der LED-Welt kein großes Problem. Im Gegenteil, denn sie sind hocheffizient und langlebig. Um dennoch die Farben Rot und Grün zu bekommen, braucht es nur Quantum Dots, was in verschiedenen Vorträgen auf der Display Week schon thematisiert wurde. Quantum Dot Color Conversion (QDCC) ist das Stichwort, das nebenbei das Effizienzproblem roter LEDs beseitigt.
Denn Blau oder Ultraviolett ist beim Nachmachen von Rot besser als Rot selbst. So widersprüchlich das auch erscheinen mag. Dazu kommen thermische Probleme, die insbesondere rote LEDs betreffen.
Es gibt sogar erste Hinweise, dass sich QDCC auch auf für das Erzeugen des grünen Subpixels lohnen könnte.
Die QLEDs und ihr Blau-Problem
Bei QLEDs ist die Farbe Rot kein Problem. Die selbstleuchtenden Quantenpunkte sind sehr gut im Bereich der Farben Rot und Grün. Das liegt daran, dass sich die Forschung in der letzten Zeit darauf spezialisierte, Rot und Grün zur Marktreife zu bringen und weiter zu optimieren. Blau wurde hingegen fast schon sträflich vernachlässigt, schließlich gibt es ja schon blaue LEDs oder auch OLEDs, die nicht mit Quantum Dots ausgestattet werden mussten.
Doch wenn die Quantenpunkte selbst leuchten sollen, dann braucht es nun einmal auch die Farbe Blau.
Wie schwierig die Situation ist, zeigte TCL CSOT in einem Vortrag. Während rote und grüne QLEDs längst 20.000 respektive 30.000 Stunden unter harten Bedingungen überstehen, sind es bei blauen QLEDs im Labor laut TCL CSOT nur 200 Stunden. Die Bedinungen sind allerdings sehr hart, denn die QLEDs werden nach LT95 und 1.000 Candela/qm gemessen. Nach diesen Betriebsstunden sind also noch 95 Prozent der Helligkeit zu erreichen. Üblicher sind Angaben nach LT70, was freilich einfacher ist.
Nichtsdestotrotz hat TCL CSOT einen Wettbewerb für blaue QLEDs ausgeschrieben, der auf 350 Stunden ausgelegt ist. Das reicht dann für eine Kommerzialisierung, weil in der Realität laut TCL CSOT blau nicht so stark beansprucht werden muss. Und freilich kann man mit Tricks arbeiten, wie etwa größere blaue Subpixel. Für das QLED-Notebook gab TCL übrigens nur 80 bis 100 Stunden für blaue QLEDs unter diesen schwierigen Bedingungen an.
Sharp ist hier anscheinend etwas weiter mit seinen Nano-LED genannten QLEDs. In einem Vortrag gab das Unternehmen einen Überblick zu Stand der Forschung und konzentrierte sich dabei auf blaue QLEDs. Das Besondere: Sharp braucht kein Cadmium. Die Nutzung ist in Europa stark reguliert (Restriction of Hazardous Substances in Electrical and Electronic Equipment, RoHS). Dank einiger Ausnahmen ist die Display-Industrie auch nicht besonders betroffen.
In der Industrie gibt man sich ohnehin sicher, dass es sinnvoller ist, mit Cadmium Strom zu sparen als ohne etwa über Kohlekraftwerke mehr Cadmium in die Umwelt abzugeben. Gleichzeitig ist der relative Anteil der Displaytechnik am weltweiten Strombedarf aber erheblich gestiegen. Auf der Konferenz sprach Seth Coe-Sullivan von NS Nanotech von einem Anstieg von 1 auf 5 Prozent in den letzten Jahren. Das dürfte kaum wundern, schließlich werden Displays immer größer und heller.
Trotz aller Effizienzfortschritte dürfte der Strombedarf in Haushalten massiv gestiegen sein. Insbesondere LC-Technik verliert durch die vielen Schichten auch sehr viel Licht. Laut Mojo Vision kommt bei einem typischen LCD-Stack nur fünf Prozent des Lichts einer LED letztendlich an der Bildschirmoberfläche an. Selbstleuchtende Pixel sind auch deswegen hier im Vorteil.
Trotzdem könnten die Ausnahmen für Cadmium bald vielleicht sogar unnötig werden. Zum Stand der Cadmium-freien blauen QLED gab Sharp an, sowohl bei der Effizienz als auch bei der Haltbarkeit Werte von Cadmium-basierten blauen QLEDs in diesem Jahr geschafft zu haben. In Zahlen ausgedrückt schafft eine blaue QLED nun über 2.000 Stunden bei 1.000 Candela/qm. Sharp nutzt hier aber das schwächere LT50 als Maßstab. Das lässt sich leider nicht einfach mit LT95 vergleichen.
Anhand der Präsentation von Sharp lässt sich aber erkennen, dass Sharp ungefähr auf dem Niveau von TCL CSOT arbeitet. Sharp gibt auch direkt zu, dass die Werte für die Cadmium-freien blauen QLEDs für eine industrielle Anwendung noch zu schlecht sind. Das gilt übrigens auch für Cadmium-freies Grün. Hier ist die Cadmium-Variante noch besser. Rot stellt hingegen in keinem Bereich ein Problem dar.
Das erinnert ein wenig an die Anfangszeiten der OLED-Displays, als so mancher Hersteller nur grüne Displays auf den Markt brauchte. Sony etwa mit seinem Network Walkman NW-E400, der vor fast 20 Jahren mit einem grünen OLED-Statusdisplay ausgestattet wurde.
Kleine bis sehr kleine Displays
Micro-LED und QLED haben dabei zusätzlich das Potenzial, auch in kleineren Displays eingesetzt werden zu können. Micro-LED – und die Weiterentwicklung Nano-LED alias Nanowire LED – bis hinunter zu AR/VR-Displays oder Head-Up Displays und QLED auch bis zu den Smartphones. Letzteres wäre dann wohl der erste Flächeneinsatz von Quantum Dots in kleinen Displays, da QD-Filme ein Problem mit der Dicke haben. Laut Seth Coe-Sullivan, der sich in den vergangenen Jahrzehnten intensiv mit der Kommerzialisierung von Quantenpunkten beschäftigte, gab es nur 2013 ein Tablet mit QD-Displaytechnik.
Dabei ergänzen sich Micro-LED und QLED eigentlich. Im medizinischen Bereich verspricht Micro-LED-Technik enorme Fortschritte für das Sehen. Seien es Kontaktlinsen oder gar Implantate in Augen, wie es Science Eye plant, sind die Möglichkeiten hier groß. Die enorme Helligkeit der Dioden helfen auch jenen, die ohne Hilfsmittel nur sehr schwer sehen können. Der Autor dieser Zeilen hat selbst ein betroffenes Auge und ist erstaunt, wie viel schon über direkte Strahlung ins Auge ankommen kann. Hier sind Korrekturen denkbar, die mit den bisher üblichen Mitteln undenkbar wären.
Ein paar Jahre sind es noch
Und wie lange müssen wir nun auf entsprechende großformatige Displays warten? Noch ein paar Jahre, insbesondere, wenn sie bezahlbar sein sollen. Bei Micro-LED-Fernseher oder auch Monitoren gibt sich die Branche äußerst vorsichtig, obwohl die Display Week voll von beeindruckenden Demos war. Auf einem Micro-LED-Panel wollten sich die meisten nicht äußern, wann die Technik bezahlbar wird. Nur einer wagte eine Prognose: vier bis fünf Jahre, um das Kostenproblem im Großformat zu lösen. Eine lange Zeit, die noch vergehen muss – mit sehr ungewissem Ausgang.
Kurioserweise waren QLED-Demos auf der Display Week rar, aber die Branche hier insbesondere in Vorträgen zuversichtlicher. Um die drei Jahre hieß es hier und da, bis die ersten Displays auf den Markt kommen. Gepaart mit deutlich erkennbarem Optimismus, den die Micro-LED-Branche noch missen ließ. Schnell, wenn man bedenkt, welche Probleme bis vor kurzem noch mit Blau bestanden. Zu welchem Preis, bleibt freilich offen. Die prinzipielle Machbarkeit großer wie auch kleiner Displays ist aber durch die vergangenen Ausgaben der Display Week belegt. Dazu kommt die Hoffnung, dass insbesondere gedruckte QLEDs sich kostengünstig herstellen lassen.
Quelle(n)
Display Week