Editorial: Dell XPS 13 9370 - Sexy, aber ohne Mehrwert?!
Das Update, auf das wir alle sehnsüchtig gewartet haben
Es war zuletzt kein großes Geheimnis mehr, nachdem Dell bereits vergangenen Herbst einzelnen Medien das neue XPS 13 vorab gezeigt hatte: Der Kassenschlager bekommt ein komplett neues Gehäuse und wird so dem aktuellen Trend hin zu immer dünneren Notebooks gerecht. Wovon sprechen wir hier aber genau, von wegen dünneres Gehäuse? Das XPS 13 9360 wurde bzw. wird (die Serie wird vorerst weiter verkauft) von Dell mit Abmessungen von 9 - 15 mm in der Höhe sowie 304 x 200 mm (Breite x Tiefe) gelistet. Die neue Version aus dem Jahr 2018 (9370) schrumpft auf 7,8 - 11,6 mm Höhe, bei übrigen Abmessungen von 302 x 199 Millimetern. Die schlanken Displayränder schrumpfen von 5,2 mm auf nur mehr 4 Millimeter, bei der Tiefe kann sage und schreibe ein Millimeter eingespart werden. Bei den x- und y-Dimensionen könnte man von Kosmetik sprechen, sichtbar und vor allem spürbar fällt allerdings der Unterschied bei der Bauhöhe aus. Hier haben wir es mit einer Reduktion von ehemals 9 - 15 mm auf nunmehr 7,8 bis 11,6 Millimetern zu tun, also einem Gewinn von 1 bis etwas mehr als 3 Millimetern.
Wir haben vor Ort auf der CES den direkten Vergleich gemacht. Das XPS 13 9370 sieht nicht nur optisch dünner aus als sein Vorgänger, auch beim Hantieren mit dem Laptop fällt die neu gewonnene Schlankheit durchaus positiv auf. Kaum Unterschiede tun sich allerdings beim Gewicht auf. Auf 1,2 Kilogramm Basisgewicht beim Vorgänger (1,29 kg mit Touchscreen) folgen 1,2 kg beim 9370, wobei das Gewicht auch bei Wahl des Touchscreens lt. Dell nicht ansteigen soll.
Alt vs. Neu: Dell XPS 9370 (4k Touch) im Vergleich mit seinem Vorgänger (FHD matt)
Die Kehrseite des Schlankheitswahns
Dünn mag ja durchaus sexy sein, aber wie so oft ist die Top-Figur nicht ohne Gegenleistung zu haben. Dell hat sich beim XPS 13 9370 dazu entschlossen, zugunsten eines schlankeren Chassis auf immer noch übliche und unserer Meinung nach auch wichtige Ports zu verzichten. USB Type A, um diese beim Namen zu nennen. Hatte der Vorgänger noch zwei von dieser Sorte am Gerät, so kommt man beim 9370 ohne entsprechenden Adapter nicht mehr aus. Dell zufolge will man einen USB-Adapter dem Paket beilegen, wirklich entschärft wird das Problem damit aber nicht. Ob nun eine Maus, Keyboard (auch etwaige Funk-Module für kabellose Eingabegeräte), mal schnell das Smartphone um Bilder und Videos zu übertragen oder nachzuladen, oder schlicht den geläufigen Type-A USB-Stick am Gerät andocken, das alles erfordert jetzt einen Adapter, bei gleichzeitiger Belegung sogar mehr von dieser Sorte (oder ein entsprechendes Hub). Heißt für den User: mehr Kabelsalat und mehr Kosten, aber kein Mehrwert (von der universellen Einsteckrichtung rar gesähter USB Type C Peripherie jetzt mal abgesehen).
Die von Apple initiierte Type-C-Monokultur bringt dem User keinerlei Mehrwert.
Aber nicht nur bei der Schnittstellen-Art, auch bei der Quantität gibt es eine Verschlechterung. Zwei USB 3.0 Type-A-Ports und einem Thunderbolt-3-Port beim Vorgänger 9360 stehen nun zwei Thunderbolt-Ports und ein USB 3.1 Type-C-Anschluss gegenüber. Verschlechterung daher, da nun auch über einen USB Type-C.Port geladen wird, sprich im Netzbetrieb ein Port belegt wird, während das Modell 9360 einen separaten Stromanschluss hatte. Nutzt man nun einen Type-C-Port etwa für den Anschluss eines externen Monitors, reduziert sich die Anzahl der am Laptop verfügbaren USB-Ports auf genau eine Schnittstelle.
Damit aber nich nicht genug des Übels. Auch der Full-Size SDCard Reader musste weichen und wurde durch einen Micro-SD Slot ersetzt. Schade ist das insofern, als das XPS 13 9360 über einen der schnellsten SDCard-Leser seiner Klasse verfügte (bis zu mehr als 200 MB/Sek), der insbesondere Usern die mit großen Datenmengen hantierten gute Dienste erwies. Ja, man kann hier natürlich auf MicroSD-Karten ausweichen, allerdings schränkt das die Auswahl insbesondere bei besonders leistungsstarken Speichern (Stichwort 4K) erheblich ein und ist wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden. Und ja, man kann natürlich auch per Kabel Daten übertragen, aber nur sofern am Gerät noch ein Port frei ist. Selbige wurden wie oben beschrieben ja nicht mehr, im Gegenteil. Hier gilt also wie zuvor: mehr Kabelsalat, mehr Kosten, kein Mehrwert.
What else?
Dells XPS 13 konnte in unseren vergangenen Tests zahlreicher Ausstattungsvarianten mit Dual-Core-Chips stets mit guten Leistungsdaten aufwarten. Gut insofern, als die eingesetzten Intel-CPUs auch unter andauernder Belastung ihre volle Leistung abrufen konnten. Auch die Oberflächentemperaturen in den für den Betrieb wichtigen Bereichen der Handballenablagen und der Tastatur hatte Dell in der Regel gut im Griff. Bei unseren Tests der zuletzt aktualisierten XPS 9360-Reihe mit Intel Kaby Lake R-Prozessoren (Test mit i5-8250U bzw. i7-8550U hier nachzulesen), stellte sich sowohl ein beobachtbarer Leistungsrückgang unter CPU-Last nach wenigen Minuten ein, als auch durchbrach die Oberflächentemperatur in unseren Messungen die 50-°C-Marke. Man könnte auch sagen, das Design des XPS 13 war mit dieser CPU-Generation nun an seine thermischen Grenzen gestoßen.
Die neue XPS 13 9370 Reihe nimmt nun die gleichen Prozessoren auf (Intel U-Serie Quadcore), schrumpft in ihrer Z-Dimension aber um 3 Millimeter. Dass dies nicht ohne Folgen auf das Hitzemanagement bleiben kann, zeigen die technischen Kniffe, die sich Dell beim neuen 9370 hat einfallen lassen (müssen). Die Erwärmung der Oberflächen soll im oberen Bereich (in Richtung Tastatur) mit Hilfe einer speziellen Isolationsschichte, genannt "Gore", kontrolliert werden. Gleichzeitig soll eine nunmehr aus zwei Lüftern bestehende Kühllösung die hohe, durch die zusätzliche Isolierung anzunehmend sogar schneller einsetzende Erhitzung der Kernkomponenten, in den Griff bekommen. Aus einer Heatpipe wurden nun zwei.
Wir sind überaus gespannt, wie sich das neue XPS 13 unter andauernder Last verhalten wird. Es darf erwartet werden, dass Dell mit der neuen Lösung die aktuellen Intel-CPUs nun gut im Griff hat und diese besser als im Vorgänger auch über eine längere Zeit hinweg ihre volle Leistung abliefern können. Sollte das nicht der Fall sein, wäre das extrem schade, denn dann wäre mit dem neuen aufwändigen thermischen Konzept lediglich eine Reduktion der Bauhöhe erkauft worden, ohne in Sachen Performance eine Verbesserung zum an seine Grenzen gestoßenen Vorgänger zu erwirken.
Der Super-Gau
Es gibt da ein Thema, dass darf bei einer Gedankensammlung zum XPS 13 einfach nicht fehlen. Leider. Die Rede ist hier von Coil-Whine, also einem elektronischen Störgeräusch, verursacht durch die Vibration von elektrischen Bauteilen. Wir haben diese Problematik bei etlichen unserer XPS-Testgeräte der letzten Jahre beobachtet, ebenso auch bei einzelnen Vertretern der Latitude-Produktpalette und Geräten anderer Hersteller. Da offenbar nicht alle Geräte betroffen sind und die Geräuschcharakteristik auch sehr unterschiedlich ist, oftmals also schlicht in Umgebungsgeräuschen untergeht, und außerdem überwiegend auch nur zeitweise auftritt, hat sich um das Thema Coil Whine im XPS 13 bereits ein gewisses Mysterium entwickelt. Man ist sich der Problematik allerdings bewusst, das zeigen uns zahlreiche Gespräche mit Dell-Mitarbeitern.
Das neue XPS 13 9370 verfügt über ein komplett neues Mainboard-Design und abweichende Bauteile als sein Vorgänger. Insofern darf man hoffen, dass das Thema Coil Whine mit der aktuellen Generation erledigt ist. Sollte dem nicht so sein, könnte sich diese Problematik aber auch zum Sargnagel für die aktuelle und kommende Generationen entwickeln.
Weniger ist weniger
Apropos Sargnagel: Es gibt da noch einen Punkt beim neuen XPS 13 9370, über den potentielle Käufer wenig "amused" sein könnten, und zwar den verkleinerten Akku. Dünneres Gehäuse heißt meist auch kleinerer Akku, im Falle des neuen Dell XPS 13 9370 schrumpft die Akkukapazität von 60 Wh (9360) auf 52 Wh. Das entspricht einem Rückgang von rund 13 Prozent. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Laufzeiten des neuen 9370 hinter jenen des Vorgängers bleiben werden, schließlich kommen seitens CPU und GPU als auch dem Display identische bzw. ähnliche Bauteile zum Einsatz. Mit dem neuen 4K-Display könnte der Energieverbrauch sogar nochmal über die QHD+-Variante hinausgehen. Dell selbst spricht von bis zu 19 h 46 min (Word oder Excel) beim Full-HD-Modell (9370) im Vergleich zu 22 h MobileMark 2014 beim Vorgänger 9360 als in der Praxis maximal zu erwartende Laufzeiten. Da man unterschiedliche Testszenarien nutzt, ist der direkte Vergleich dieser Werte wenig aussagekräftig.
In unserem Test schaffte die Topkonfiguration des 9360 (8550U, QHD+) rund 10 Stunden Laufzeit im Surfbetrieb, mit i5-8250U CPU sogar nochmal 1,5 h mehr. Ein Rückgang um 13 Prozent würde hier Einbußen von 1-2 Stunden bedeuten, was immer noch gut wäre, unterm Strich aber trotzdem eine Verschlechterung darstellt. Unsere kommenden Tests bei identen Szenarien werden für Aufklärung sorgen.
Alles wird gut?
Der Preis für ein dünneres Gehäuse ist augenscheinlich sehr hoch. Abstriche dürfen in puncto Anschlussausstattung und Akkulaufzeit erwartet werden, Vorteile seitens Gewicht gibt es nicht bzw. kaum und seitens Leistung und Emissionen bleibt vorerst ein Fragezeichen.
Ist all dies eine Reduktion von bereits guten 15 mm auf 13 mm wirklich wert? Wäre der Nutzen für den User nicht erheblich höher, hätte man eher am Gewicht des Gerätes geschraubt, die Akkulaufzeit noch weiter verbessert, die bewährte Anschlussausstattung um einen zusätzlichen Type C/Thunderbolt-Port erweitert (etwa statt dem Netzanschluss) und seitens Leistung durch eine verbesserte Kühlleistung sowohl Emissionen und auch Performance weiter verbessert?
Wo das neue Dell XPS 13 9370 wirklich steht, wird wie gewohnt unser ausführlicher Test klären. Wir werden den Laptop in verschiedensten Varianten durchleuchten und genauestens mit seinem Vorgänger vergleichen. Vielleicht kann das XPS 13 9370 doch noch überraschen und abermals die Referenz in Sachen Subnotebook definieren. Unsere Samples sind geordert und werden voraussichtlich in den kommenden 1-2 Wochen eintreffen. Stay tuned.