Digitalisierung: Deutsche Bahn gibt automatisierten, kassenlosen Service Store in Berlin auf
Vor gut einem Jahr hat Notebookcheck.com den neuen Service Store 2.0 (Pick and Go) der Deutschen Bahn ausführlich ausprobiert, der ohne eine Kasse auskommt. Wie beim gescheiterten Amazon Go ließ sich dort reingehen, einkaufen und einfach wieder rauslaufen. Bei einem zufälligen Gang durch den Berliner Ostbahnhof fiel Notebookcheck.com allerdings eine Veränderung auf: Die Zugangstore des Pick-and-Go-Stores waren einfach offen.
Beim Reingehen sahen wir dann eine Mitarbeiterin, die uns bestätigte: Das automatisierte, kassenlose System ist nicht mehr aktiv. Die Deutsche Bahn hat es schlicht aufgegeben, ohne es groß bekannt zu machen. Selbst Kunden mit einem Account für diese Stores, der etwas umständlich in der Bedienung war, wurden nicht informiert. Das Scheitern sollte offenbar niemand erfahren.
Die im ehemaligen QR-Code des Stores hinterlegte Adresse leitet mittlerweile auch direkt auf die Webseite des DB-Servicestores um. Auch Links in alten E-Mails auf die Accountverwaltung werden komplett umgeleitet. Die Inhalte von pickandgo.24-7servicestore.de und 24-7servicestore.de sind komplett aus dem Netz verschwunden. Alte Rechnungen können ohnehin nicht mehr abgerufen werden, da diese nach vier Wochen gelöscht wurden.
Offenbar seit Mai 2024 Geschichte
Recherchen über die Wayback-Maschine des Internet Archives ergeben, dass zumindest die Webseite www.servicestoredb.de/sst-de/24-7Servicestore/ bis in den April 2024 erreichbar war und weiter das bekannte Verfahren mit der Webapp beschrieb. Aber auch die dort (aktuelleren) QR-Codes haben keine Gültigkeit mehr und leiten auf den Service Store um.
Damit nimmt das Experiment in der zweiten Version ein jähes und unerwartetes Ende.
Ob der Service Store an sich Bestand haben wird, jetzt personalbedient, darf zudem angezweifelt werden. Die Deutsche Bahn entschied sich zum Start des Projekts für hohe Preise im Service Store, der zudem etwas abgelegen im Berliner Ostbahnhof liegt und kaum Laufkundschaft hat. Problematisch ist zudem, dass sich im selben Bahnhof zwei Supermärkte und eine Drogerie mit sehr langen Öffnungszeiten selbst am Sonntag befinden. Wer also schnell einen verpackten Snack oder etwas zu trinken kaufen wollte, ging lieber in die Supermärkte und kaufte dort zu regulären Supermarktpreisen ein.
Damit war der Service Store 2.0 an der gewählten Position eigentlich nur etwas für technisch interessierte Fahrgäste. Die Hürden zur Nutzung waren zudem recht hoch. Die Deutsche Bahn schaffte es nicht, das neue System vernünftig in ihr eigenes digitales Angebot zu integrieren. Es fühlte sich wie ein Fremdkörper an. Zudem erlaubte die Deutsche Bahn 12-Jährigen Kindern mit Kreditkarte, was durchaus bei einigen Banken erlaubt ist, nicht den Zugang. Man setzte das Mindestalter auf 14 Jahre.
Dazu kamen ein paar andere Eigenarten, die wir in unserem Bericht entdeckt hatten und einen Vergleich mit Amazon Go zogen. Die Hürden für einen Erfolg legte die Deutsche Bahn damit von Anfang für sich sehr hoch an. Immerhin war aber das Medieninteresse recht hoch bei der Eröffnung.
Die Deutsche Bahn hoffte natürlich anderes. "Mit dem zukunftsweisenden Konzept unseres 24/7 ServiceStores machen wir den Berliner Ostbahnhof noch attraktiver und zeigen wie Digitalisierung unseren Kund:innen bei ihrem täglichen Einkauf einen echten Nutzen bietet" sagte etwa Horst Mutsch, Bereichsleiter Vertrieb Commercial bei der DB Station&Service AG. Auch Berlin war sehr stolz auf die Errungenschaft. Martina Klement, Staatssekretärin für Digitalisierung in der Senatskanzlei Berlin, sagte etwa: "Die Eröffnung des 24/7 ServiceStores im Berliner Ostbahnhof ist ein tolles Beispiel dafür, wie digitaler Fortschritt den Alltag vereinfachen und positive Veränderungen für uns alle herbeiführen kann."
Davon ist am Ende nach nur einem Jahr nichts übrig geblieben.
Quelle(n)
Eigene Recherchen