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Kassenloser DB Service Store ausprobiert: Keine App, keine Begleitung aber wenig Probleme

Andrang bei der offiziellen Vorstellung am Ostbahnhof. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Andrang bei der offiziellen Vorstellung am Ostbahnhof. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Mit der Lösung von Aifi will auch die Deutsche Bahn kassenlose Snackshops ermöglichen. Notebookcheck.com hat den ersten in Berlin ausprobiert und auch gleich einen Fehler entdeckt. Trotzdem funktioniert der Store wie erwartet – sofern man seine Kinder u.ä, draußen lässt. Amazons Lösung arbeitet besser.

Da ist er nun, der erste kassenlose 24/7-Service-Store der Deutschen Bahn, der am 27. Juni 2023 um 16 Uhr als Pilotprojekt am Berliner Ostbahnhof eröffnet wurde. Die Besonderheit: Er hat keine Kasse mehr. Man geht rein, nimmt sich die Produkte und geht wieder raus. Zusammen mit dem Franchise-Partner SSB und dem Technikdienstleister Aifi wurde der erste Store dieser Art in Deutschland eröffnet.

Damit man nicht als Ladendieb durch den Service Store wandert, gibt es freilich erst einmal ein paar Hürden zu überwinden. Es braucht eine Anmeldung an das System. Dafür wird eine Bahn-ID generiert. Obacht: Ein bestehendes Deutsche-Bahn-Login kann irritierenderweise nicht genutzt werden. Und die Bahn-ID, die erstellt wird, kann auch nicht für die Anmeldung bei den Fahrdiensten der Deutschen Bahn genutzt werden, wie bei der Anmeldung unmissverständlich klargestellt wird. Die Verwaltung dieser ID ist über id.bahn.de möglich.

Da die Bahn-ID eine webbasierte Plattform ist, ist auch der Service Store nur mit einer Web-App nutzbar. Wie die Deutsche Bahn auf Nachfrage sagte, ist das einfacher in der Entwicklung. Man schaut sich aber die Nutzung an. Sollte die Kundschaft mit der Browser-basierten App nicht zurechtkommen, ist ein Nachsteuern möglich.

Das Fehlen einer App hat durchaus Vorteile, denn die einzige Hürde ist ein Browser. Damit müssten theoretisch sogar Windows Phones genutzt werden können und der Store wird auch zugänglich für Personen, die gerade nur ein Tablet zur Hand haben.

Bevor es aber zum Eingang geht, muss noch ein Zahlungsmittel hinterlegt werden. Diese verwaltet Payone als Zahlungsdienstleister. In der Web-App heißt es, dass man entweder eine Kreditkarte oder Paypal hinterlegen muss. Ersteres ist so nicht korrekt. Debit-Karten funktionieren nämlich auch. Wir haben dies sowohl mit einer Master Card (Curve) als auch einer Visa (Santander) getestet, die beide keine Kreditkarten-Funktion haben. 

Auswahl des Ladens von Außen. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Auswahl des Ladens von Außen. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Erklärungen, wie der Store zu nutzen ist. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Erklärungen, wie der Store zu nutzen ist. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)

Verwundert hat uns das Fehlen von anderen Kartentypen. Master Card und Visa sind die einzigen unterstützten Karten, obwohl Payone auch andere Kartensysteme beherrscht. Interessanterweise ist das Eingabefeld für die Sicherheitsnummer (CVC/CVV) sogar für vierstellige Sicherheitsnummern codeseitig vorbereitet und damit American Express. Da man allerdings gezwungen wird, den Kartentyp auszuwählen, können nach der Auswahl nur noch drei Stellen eingegeben werden. Den Kartentyp anzugeben ist übrigens eigentlich nicht notwendig. Die ersten Stellen einer Bezahlkarte zeigen dem System nämlich schon an, welche Karte im Einsatz ist. 

Ärgerlich: Es kann nur eine "Kreditkarte" hinterlegt werden. Will man eine weitere integrieren, wird die alte gelöscht. Das gilt auch für Paypal. Mit diesem Dienst lassen sich immerhin andere Kartensysteme indirekt in der Bahn-ID nutzen. 

Sind die Vorbereitungen abgeschlossen, kann es losgehen. Mit einem Klick zeigt die Web-App einen QR-Code an. Das mag manchen verwundern, denn die Deutschen Bahn ist einer der größten Aztec-Code-Nutzer, etwa bei Fahrkarten oder Lounge-Zugängen. 

Eingabemaske für die Kreditkarten.
Eingabemaske für die Kreditkarten.
Nur zwei Kartentypen sind möglich.
Nur zwei Kartentypen sind möglich.

Mit dem QR-Code lässt sich durch einen Scanner simpel der Laden betreten, nachdem die Schranke sich öffnet. Zwei Personen dürfen aber nicht zu schnell hintereinander mit ihren jeweiligen QR-Codes eintreten. Das mag das System nicht. Zudem gibt es laut Deutsche Bahn ein Limit von sieben Personen. Für den kleinen Laden mit 45 Quadratmetern Fläche ist das vermutlich in der Regel ausreichend. Zumal das Konzept in Deutschland noch kaum bekannt ist. 

Der Bahnhof selbst gehört zu den größeren. Pro Tag gibt es im Ostbahnhof 80.000 Fahrgäste, wie die Deutsche Bahn angab. 

Kinder, Hunde, Freunde und Partner bitte draußen bleiben

Mit dem QR-Code darf nur eine Person den Shop betreten. Das ist vielleicht die größte Schwäche des Konzepts. Wer alleine reist, den stört das sicher nicht. Familien, die mit einem späten Zug ankommen, hingegen schon eher. Da funktioniert der Einkauf nur auf Zuruf. 

Es sei denn, die anderen Personen melden sich auch an. Doch selbst das klappt nicht immer. Das Mindestalter für die Web-App liegt nämlich bei 14 Jahren. Die Deutsche Bahn sagte auf Nachfrage, dass dieses Alter einfach festgesetzt wurde und verwies auf andere App-Anbieter, die sogar erst ab 18 Jahren funktionieren. 

Doch eine Prepaid-Kreditkarte können auch kleinere Kinder bekommen. Bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken gibt es die mithilfe der Eltern schon ab 12 Jahren. Ein Kind mit 12 Jahren, dass rechtlich abgesichert eine Kreditkarte haben darf, darf sich jedoch nicht anmelden. Für ein Kind dürfte das kaum vermittelbar sein, warum es hier ausgeschlossen wird. 

Aufgrund des Verschwindens von Maestro als Co-Badging auf Girocards dürften auch mehr und mehr Kinderkonten der Sparkassen mit Master-Card- und Visa-Debitkarten im Co-Badging ausgestattet werden. Die Sparkassen geben kein Mindestalter an und bieten auf Wunsch Bezahlkarten auch für kleine Kinder. 

Test-Case: Zusammen einkaufen und Waren durchtauschen

Nach dem Ende des Eröffnungstrubels entschieden wir uns mit einem befreundeten Programmierer dazu, den Markt zu testen. Die Aufgabe: Jeder greift ein Getränk (einmal Fanta, einmal Coke Zero) und einen Snack. Da wir erst danach merkten, dass wir auch kalte Getränke kaufen konnten, stellte jeder sein Getränk wieder weg und griff nach demselben Produkt im Kühlschrank. 

Zigaretten und alkoholische Getränke sind besonders geschützt.(Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Zigaretten und alkoholische Getränke sind besonders geschützt.(Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Warenauswahl bei Getränken mit E-Paper-Displays als Preisschilder. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Warenauswahl bei Getränken mit E-Paper-Displays als Preisschilder. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)

Während die Snacks bei der jeweiligen Person blieben, wurden die Getränke untereinander ausgetauscht, um zu sehen, wie robust das System ist. Anschließend verließen wir den Shop und warteten gespannt auf die Rechnung. 

Als Hinweis erschien dabei, dass die Rechnungserstellung bis zu 60 Minuten dauern kann. Das war zum Glück nicht der Fall. Es brauchte nur wenige Minuten. 

Die Rechnung kann erfreulicherweise als PDF-Format aus der Einkaufsübersicht heruntergeladen werden. Ein Vorteil verglichen mit Snack-Automaten, falls eine Rechnung eingereicht werden muss. Beim Automaten ist das nicht möglich. 

Das Ergebnis überraschte aber. Auf beiden Rechnungen wurde eine Coke Zero abgerechnet. Die Snacks waren korrekt. Mit anderen Worten: Das System erkannte, dass Notebookcheck.com eine Coke Zero bekommen hat und die Fanta weggab. Doch beim Gegenüber versagte diese Erkennung und er behielt virtuell seine Coke Zero. Trotz des sehr unterschiedlichen Flaschendesigns versagte hier die KI von Aifi. 

Nun ist das Projekt noch als Pilotprojekt angelegt. Implikationen hat das für die Kundschaft nicht. Für die Lagerhaltung könnte das aber für Irritationen sorgen, da dem Store eine Fanta-Flasche fehlt. 

Hohes Preisniveau, weniger Auswahl

Während der Eröffnung wurde angegeben, dass auch Fachkräftemangel zu den Entscheidungsgrundlagen gehörte. Sprich Verkaufspersonal ist perspektivisch schwerer zu bekommen. Eingespartes Personal bedeutet aber keine niedrigen Preise.

Das Preisniveau ist – wie bei den Service Stores üblich – hoch. Nur einige Softdrinks wurden im Angebot gelistet und waren damit auf dem Niveau eines Supermarkts. Ansonsten sind Preisaufschläge von 50 Prozent und mehr zu erwarten. Typische Bahnhofspreise.

Das ist vor allem deswegen seltsam, da im Berliner Ostbahnhof zwei Supermärkte mit regulären Preisen zu finden sind, die sogar sonntags geöffnet haben. Sparfüchse gehen lieber ein Stockwerk weiter nach unten, wenn es nicht zu spät ist, denn die Supermärkte schließen am späten Abend.

400 Produkte verspricht die Deutsche Bahn in diesem Store. Das klingt erstmal viel. Doch man sollte bedenken, dass laut Statista selbst Discounter mehrere Tausend Produkte führen. Vollsortimenter sind schnell bei 10.000 Produkten.

Unter den 400 Produkten ist zudem einiges, was nicht jeder kaufen darf, wie etwa leichte alkoholische Getränke und Tabakwaren. An die kommt man nicht heran, wenn man sich nicht vorher samt Alter verifiziert hat, was wir nicht weiter getestet haben.

Vergleich mit Amazons Shopping-Systemen

Vorreiter der kassenlosen Systeme ist Amazon. Der Autor dieser Zeilen hatte vergangenes Jahr die Gelegenheit, drei der dortigen Systeme auszuprobieren, die mal Amazon Go, mal Amazon Go Grocery und mal Amazon Fresh heißen. Nicht jeder Store arbeitet mit derselben Technik. Es ist unübersichtlich, funktioniert aber durch die Bank fehlerfrei, sei es Dashcart oder das Pick-&-Go-Konzept wie bei der DB.

Der Service Store ist noch am ehesten mit dem System der ersten kassenlosen Stores von Amazon zu vergleichen. Kleine Auswahl und aber nur leicht überhöhte Preise machen diese kleinen Amazon-Go-Filialen aus. Im Unterschied zum Service Store ist die Auswahl aber insgesamt größer. Das liegt auch daran, dass Amazon Go Stores sich eher an typischen Convenience Stores oder Konbinis (Japan, Südkorea, Taiwan) orientieren. 

Solche Ketten gibt es in Deutschland nicht, vergleichbar sind allenfalls Tankstellen. Man findet sie aber in Nachbarländern wie etwa Żabka in Polen oder 7-Eleven in Dänemark. Man bekommt dort ein Basisangebot für den Alltag. Es sind keine reinen Snack-Shops, wenngleich diese durchaus im Fokus stehen.

Damit steht der DB Service Store zunächst einmal alleine da. Auch weil man nur alleine rein darf. In den Amazon-Go-Stores darf man nämlich Begleitungen mitnehmen und muss ein Kind nicht draußen warten lassen, während die Eltern Süßigkeiten kaufen. 

Amazon Fresh im Aurora Shopping Center … (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
Amazon Fresh im Aurora Shopping Center … (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
… gehört zu den größten Pick-&-Go-Stores. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
… gehört zu den größten Pick-&-Go-Stores. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)

Quelle(n)

Eigene Recherchen / Deutsche Bahn

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Autor: Andreas Sebayang, 27.06.2023 (Update:  8.09.2024)