Sind günstige Windows-10-Lizenzen legal und funktionieren sie überhaupt?
Es gibt viele Gründe sich einen eigenen PC zusammenzustellen. Mal abgesehen vom Spaß, den dies bereitet, gibt es einem vollständige Kontrolle über die Auswahl der Komponenten und führt zu einer Vertrautheit mit dem Gesamtsystem, sowohl Hardware als auch Software. Viele PC-Hersteller bündeln diverse Zusatzanwendungen mit ihren Komplett-PCs, angefangen von praktischer Update-Software bis hin zu nachweislich ressourcenfressender Bloatware. Wer also mit einem sauberen System bei null anfangen will – oder wer den Zeitraum für das kostenlose Windows-10-Upgrade verpasst hat – wird sich wohl oder übel um eine Windows-10-Lizenz bemühen müssen.
Windows-Aktivierung? Nein, Danke!
Selbst wenn man bereits lockere 1.000 Euro für schicke neue Komponenten ausgegeben hat, tut es vielen Anwendern nicht selten weh, noch zusätzliches Geld für Windows 10 auszugeben. Immerhin kostet schon die Home-Version von Windows 10 rund 120 Euro und Power-User, die Features wie Verschlüsselung, Remote-Zugang oder zusätzliche Unterstützung für VMs benötigen, brauchen das offiziell über 200 Euro teure Windows 10 Professional. Auch das Upgrade von Home auf Pro schlägt mit rund 100 Euro zu Buche. In aller Regel ist es sinnvoll eine Windows-10-Installation auch zu aktivieren, denn nicht aktivierte Versionen nerven nicht nur mit einem störenden Wasserzeichen und regelmäßigen Erinnerungen, es fehlen auch diverse Möglichkeiten, das System individuell auf seine eigenen Vorlieben anzupassen. Das Schreckgespenst, dass Sicherheitsupdates nur für aktivierte Installationen zur Verfügung stehen, ist allerdings falsch – auch der Autor dieses Artikels ist darauf reingefallen und wurde dankenswerterweise von aufmerksamen Lesern eines Besseren belehrt. Tatsächlich garantiert Microsoft für nicht aktivierte Installationen von Windows 10 ausschließlich kritische Sicherheitsupdates, in der Praxis ist der Unterschied bis dato aber gering. Wem es also nichts ausmacht, das System nicht bis ins letzte Detail anpassen zu können, der kann eine nicht aktivierte Installation von Windows 10 praktisch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag betreiben. Eine rechtlich saubere und legale Lösung stellt dies allerdings nicht dar. Wie im Video von Linus Tech Tips unten zu entnehmen ist, kann dies in manchen Fällen aber durchaus eine praktikable Lösung darstellen. Allerdings darf man an der Stelle nicht außer Acht lassen, dass auch Linus ausreichend Lizenzen besitzt, um alle seine Testsysteme abzudecken.
Sind günstige Lizenzen illigal? Nicht, unbedingt.
Wie man sich sicherlich vorstellen kann, gibt es Mittel und Wege, diese Kosten komplett zu umgehen, empfehlen würden wir dies aber niemandem.
Allerdings gibt es diverse Händler, manche mehr und manche weniger seriös, die Windows 10 Keys bereits für 30 Euro und weniger anbieten. Diese Aktivierungsschlüssel fallen in der Regel in eine Handvoll Kategorien und einige davon sind sogar tatsächlich per se erstmal nicht „illegal“. Um eines klarzustellen: jeder Aktivierungsschlüssel, der mit gestohlenen Kreditkartendaten beziehungsweise Zahlungsinformationen oder mit Hilfe einer Software generiert wurde ist illegal, egal ob es sich hier um ein Betriebssystem oder ein Spiel handelt. Aber sehr viele der günstigen Windows-10-Aktivierungsschlüssel, die online erworben werden können, stammen zunächst einmal aus seriösen Quellen.
Die zwei beliebtesten Wege, um an günstige Windows-Lizenzen zu gelangen, sind der Graumarkt und Volumenlizenzen. Graumarkt bedeutet schlichtweg, dass diese Lizenzen in Ländern erworben wurden, in denen Microsoft deutlich weniger für eine gültige Lizenz verlangt. Die andere Quelle, Volumenlizenzen oder oftmals auch OEM-Lizenzen genannt, sind überschüssige Aktivierungen von Großkunden oder gelegentlich auch MSDN-Abonnenten (Microsoft Software Developer Network), die über Reseller den Weg auf den Markt gefunden haben. Wenngleich es erstmal nicht illegal ist, solche Lizenzen auch im privaten Bereich einzusetzen, stellt dies trotzdem einen Verstoß gegen Microsofts Nutzungsbedingungen dar. Es wird zwar nicht dazu führen, dass die Polizei eines Tages mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür steht, aber ganz frei von Problemen sind diese Lizenzen trotzdem oftmals nicht.
Lizenzen, die in anderen Ländern oder auf anderen Kontinenten erworben wurden, könnten zum Beispiel über eine Lokalisierung der IP-Adresse sicherstellen, dass sie auch im Herkunftsland und nicht woanders eingesetzt werden. Erfahrene Anwender kennen Mittel und Wege, diese Geo-Lokalisierung der IP-Adresse zu umschiffen, beziehungsweise die korrekte Antwort zu liefern, ein Restrisiko bleibt aber. Im schlimmsten Fall kann es dazu führen, dass die Lizenz von Microsoft als ungültig markiert und dadurch aus der Ferne deaktiviert wird. Dies kann insbesondere dann, wenn die eigene Windows-Installation noch mit anderen Microsoft-Diensten verbunden ist, problematisch werden. Im Gegenzug dazu können Aktivierungsschlüssel aus Volumenlizenzen unter Umständen direkt von Anfang an schon nicht funktionieren. Weniger seriöse Händler verkaufen Lizenzen mehrfach und bieten häufig keine Möglichkeit an, einen nicht funktionierenden Aktivierungsschlüssel zu reklamieren. Wieder andere Schlüssel hören von einem Tag auf den anderen einfach auf zu funktionieren, ganz ohne Vorwarnung. Noch riskanter sind Angebote, die neben dem Aktivierungsschlüssel ein Windows 10 Installationsmedium in Form eines USB-Sticks enthalten. Diese Schlüssel funktionieren meist ausschließlich mit dem mitgelieferten Installationsmedium. Wer dieses also verliert, hat keine Möglichkeit mehr, die gekaufte Lizenz installiert und aktiviert zu bekommen. Dieselbe Methode wird übrigens gelegentlich verwendet, um zu verhindern, dass zum Beispiel ein Desktop-PC mit einem Aktivierungsschlüssel installiert und aktiviert wird, der ursprünglich für einen Laptop gedacht war. Und über das Risiko, Software-Aktivierungsschlüssel von fragwürdigen ausländischen Webseiten zu erwerben, brauchen wir wahrscheinlich gar nicht erst zu reden.
Im Zweifel doch das Originial?
Warum sollte man dann also überhaupt eine legale Lizenz von Windows 10 kaufen? Wenngleich man damit nur das Recht erwirbt, Windows 10 auf einem einzigen Computer zu betreiben, beinhaltet eine solche Lizenz das lebenslange Recht, die gekaufte Software zu installieren und zu betreiben, egal auf welchem PC. Wer also seinen vorhandenen PC aufrüstet oder ersetzt, verliert nicht die zugehörige Windows-10-Lizenz und kann sie jederzeit erneut in Betrieb nehmen. Auch ist die Aktivierung von auf dem Graumarkt erworbenen oder Volumenlizenzen nicht selten ein Spießrutenlauf. Bei direkt von Microsoft oder einem seriösen Händler erworbenen Lizenzen gilt dies nicht, denn hier ist die Aktivierung fast immer und jederzeit problemlos möglich.
Wer trotzdem noch immer entschlossen ist, Geld zu sparen und eine günstige Lizenz zu erwerben, muss also wissen, worauf er/sie sich einlässt. Die Webseiten, die entsprechende Graumarkt- oder Volumenlizenzen vertreiben, überzeugen in den meisten Fällen zwar durch professionelles und seriöses Auftreten. Eine Verifizierung der dahinterstehenden Person oder Firma gibt es aber so gut wie nie. Anbieter wie Kinguin und G2A bieten bei weitem nicht den Käuferschutz seriöser Plattformen. Selbst wenn es unvorhergesehenerweise mit der erworbenen Lizenz Probleme gibt, sollte ein seriöser Händler diese schnell ausräumen können. Wer sich für die günstigere und sparsame Variante entscheidet, sollte vor dem Kauf sicherstellen, dass die zum Kauf verwendete Kreditkarte auch internationale Abbuchungen zulässt und sich außerdem schon mal darauf einstellen, dass die Aktivierung nicht ganz ohne Frust ablaufen wird.
Es ist zwar also durchaus möglich, beim Kauf von Windows 10 80 bis 180 Euro zu sparen. In den meisten Fällen dürfte es aber ratsam sein, zumindest eine vollständig legale und legitime Lizenz zu erwerben und sich entspannt zurückzulehnen mit dem Wissen, dass diese Software bis zum Lebensende problemlos installierbar und aktivierbar bleibt. Wer sich dagegen für die günstigere Variante entscheidet, von der wir wie gesagt abraten würden, wird gemischte Erfahrungen machen. Und wenn es schief läuft, darf sich niemand beschweren, dass er/sie nicht rechtzeitig gewarnt wurde.
Anmerkung 25.03.2020:
Das hier geschriebene bezieht sich explizit auf die USA. Andere Regionen und Länder haben andere Gesetze und Regelungen. Es steht somit jeder Anwenderin und jedem Anwender frei, gegen Microsofts Nutzungsbedingungen zu verstoßen und günstige Volumen-Aktivierungsschlüssel einzusetzen. Jeder solche Aktivierungsschlüssel kann ganz eigene Probleme haben, die nicht auf andere Schlüssel zutreffen. Man kann durchaus Glück haben und einen funktionierenden Schlüssel erhalten, aber in sehr vielen Fällen ist die Ersparnis den Ärger schlichtweg nicht wert.
Anmerkung 07.03.2021
In diesem Zusammenhang bitte auch die aktuelle Lage beachten, die wir in dieser News beschrieben haben.