Projekt Fuchsia: Google arbeitet am Nachfolger für Android und Chrome OS
Es sind turbulente Zeiten für Android. Zuerst verhängt die EU eine Rekordstrafe von 4,3 Milliarden Euro gegen Google wegen Missbrauchs einer Monopolstellung durch Android. Dann gibt es Gerüchte über ein mögliches Ende von Googles Praxis, Android den Herstellern kostenlos zur Verfügung zu stellen. Nun berichtet Bloomberg, dass das Unternehmen aus Mountain View unter dem Codenamen Fuchsia eifrig an einem neuartigen Betriebssystem arbeitet, das Android und Chrome OS komplett ablösen könnte und als einheitliches Betriebssystem nicht nur für Smartphones und Notebooks, sondern auch für Wearables, Autos und alle mit dem Internet der Dinge verbundenen Geräte dienen könnte. Darüber hinaus soll es regelmäßige, herstellerunabhängige Updates, eine sehr gute Integration von Sprachbefehlen und generell ein besseres Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz bieten. Ein anderer Fokus soll - analog zu Apples iOS - auf erhöhter Sicherheit und deutlich verbesserter Privatsphäre liegen.
Plattformübergreifend, quelloffen und nicht auf Linux-Basis
Google bastelt bereits seit mindestens zwei Jahren an dem nicht auf Linux basierten, quelloffenen Betriebssystem. Während anfangs nur eine kleine Gruppe Softwareentwickler zu dem Team gehörte, soll nun eine Gruppe von über hundert Personen an dem Projekt tätig sein, darunter auch viele altgediente, erfahrene Programmierer. Dies spricht dafür, dass es Google mit seinem neuen Betriebssystem durchaus ernst ist. Laut interner Quellen würden sich Mitglieder des Entwicklerteams wünschen, dass innerhalb der nächsten drei Jahre Fuchsia zunächst in intelligente Lautsprecher, andere Smart-Home-Geräte und wahrscheinlich auch Wearables integriert wird und danach auch als Notebook-OS Verwendung findet. Schließlich soll es irgendwann Android als Betriebssystem für Smartphones beerben.
Zweifel am neuen Betriebssystem
Jedoch ist es noch alles andere als sicher, ob und in welcher Größenordnung das neue OS zur Anwendung kommen wird. Laut Bloomberg gibt es in den Führungsetagen genau darüber Meinungsverschiedenheiten. Auch wenn CEO Sundar Pichai Projekt Fuchsia zu unterstützen scheint, worauf nicht zuletzt die Vergrößerung des Entwicklerteams hinweist, gibt es offenbar vielfach Zweifel, ob man Chrome OS und mehr noch Android ersetzen sollte. Dies ist nicht nur dadurch bedingt, dass man es hier mit bekannten und etablierten Marken zu tun hat, sondern auch weil sich die User an die Betriebssysteme gewöhnt haben und es schwer sein könnte, sie für ein komplett neues System zu begeistern. Mehr noch könnte es schwierig werden, sowohl die Hardwarehersteller als auch die App-Entwickler vom Sinn und Nutzen eines neuen Betriebssystems zu überzeugen, da dies wahrscheinlich mit hohem Aufwand und enormen Kosten für die betreffenden Unternehmen verbunden wäre. Schließlich gibt es bei Google Bedenken, ob sich mit dem neuen OS - insbesondere wenn es tatsächlich einen deutlich erhöhten Schutz der Privatsphäre bietet - ähnlich hohe Werbeeinnahmen realisieren lassen wie mit Android.
Aus Verbrauchersicht spannend
Auch wenn es sein kann, dass Projekt Fuchsia - wie schon andere Projekte der Mountain Viewer zuvor - nie zu einem marktreifen Produkt führen wird oder lediglich als Softwareplattform für smarte Lautsprecher oder Smart-Home-Devices enden wird, so ist die Vorstellung eines Nachfolgers für Android und Chrome OS auf jeden Fall reizvoll. Nicht nur würde ein einheitliches Betriebssystem für Smartphones und Notebooks Sinn machen. (Google ging mit der Öffnung des Playstore für Chrome OS-Devices ja bereits einen Schritt in diese Richtung.) Auch würde man sich als Verbraucher natürlich über erhöhte Sicherheit und Verbesserungen hinsichtlich der Privatsphäre freuen. Gerade auch regelmäßige und am besten zentrale, vom Gerätehersteller unabhängige Updates wären wünschenswert. Aber bei alledem stellt sich die Frage, ob dies nicht auch mit einer sukzessiven Weiterentwicklung von Android erreicht werden könnte. Selbstverständlich kann die Zukunft auch Geräte wie Datenbrillen oder Headsets bringen, die ein neues Betriebssystem notwendig machen, das mehr auf Sprachbefehle setzt, mit den Anforderungen weiterentwickelter Künstlicher Intelligenz besser zurecht kommt und Funktionen besitzt, an die man bisher noch gar nicht gedacht hat oder die noch nicht möglich waren. Schon allein deshalb könnte sich Googles Investition in das neue Betriebssystem langfristig als klug erweisen.