OLEDs können prinzipiell 100 Jahre überstehen – wenn da nicht eine Farbe wäre
Wenn der Mensch keine blauen Farben sehen könnte, dann wäre eines der größten Probleme der OLED-Technik schnell gelöst worden, nämlich die kurze Haltbarkeit von blauen OLE-Dioden. Würde die Notwendigkeit der blauen Dioden nicht bestehen, könnten OLED-Panel über 100 Jahre oder rund eine Million Stunden überstehen.
Das sagten die Professoren Stephen R. Forrest und Chris Giebink der University of Michigan auf der vergangenen Display Week in Los Angeles im Rahmen eines vier Stunden langen Short Courses, der den aktuellen Stand zur OLED-Technik betrachten sollte. Da die OLED-Technik aber erst etwas über 35 Jahre als ist, basieren diese Zahlen auf Alterungstests.
Das insbesondere grüne OLEDs kein Problem mit der Haltbarkeit haben, lässt sich mittlerweile durchaus in der Praxis beurteilen. Als Sony vor fast 20 Jahren grüne OLED-Displays in seinen Walkman verbaute, hätten damals wenige gedacht, dass diese noch funktionieren. Der Autor dieser Zeilen besitzt aber selbst so einen Atrac-Walkman, dessen Display immer noch in hervorragender Qualität leuchtet.
Nur grüne (oder rote) Displays wären jedoch nur für spezielle Anwendungsfälle geeignet. Dazu gehört etwa der Digital-Signage-Bereich Für ein richtiges Display geht es nicht ohne die Farbe Blau und die Probleme sind auch 35 Jahre nach dem Entstehen der Technik nicht vollständig gelöst, wenngleich sie stark reduziert werden konnten.
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Die Haltbarkeit eines Panels wird durch verschiedene Tricks erhöht. Wichtig für die blauen Pixel: Sie müssen kühl bleiben. Um das zu erreichen, erhöht man die Fläche und reduziert die Helligkeit in Abhängigkeit zur Fläche. Im Gegenzug können etwa grüne OLEDs sehr klein sein und extrem hell leuchten. Wie Forrest sagte, leuchten die grünen OLEDs in einem iPhone mit rund 10.000 Candela pro Quadratmeter.
Auf die Mischung kommt es also (derzeit) an. Zur Einordnung: Selbst das hellste iPhone Pro schafft nur 1.600 im HDR-Modus (2.000 outdoor) und das auch nur auf kleinem Raum für Spitzenlichter. Helles Licht (und damit auch hohe Temperaturen im Panel) reduziert die Nutzungsdauer enorm.
Helligkeit reduziert Haltbarkeit
In einer Präsentationsfolie zeigten das die Forscher im Detail. Ein weißes PHOLED-Panel (phosphoriszierend/PH) mit 1.000 Candela/qm erreicht beim für die Industrie wichtigen LT70-Wert (70 Prozent Helligkeit nach einer gewissen Anzahl von Stunden) 30.000 Stunden Nutzbarkeit. Es ist danach zwar nicht kaputt, aber eben deutlich dunkler. 30.000 Stunden entsprechen aber fast 3,5 Jahre Dauernutzung. Für Leuchtmittel nicht ideal, für Displays aber ausreichend, da diese normalerweise – abseits von Anwendungen wie Digital Signage – nicht im Dauerbetrieb sind.
Eine Verdreifachung der Helligkeit lässt diesen Wert drastisch abnehmen. Der LT70-Wert sinkt auf 4.000 Stunden, was auch erklärt, warum OLEDs lange vergleichsweise dunkel verkauft wurden. Das müssten sie aber eigentlich nicht, denn Helligkeit selbst macht sie nicht kaputt.
OLEDs dürfen sehr hell sein – kurzzeitig
Wie Giebink sagte, sind OLEDs durchaus "Happy", wenn sie sehr hell leuchten. Eine Million Candela je Quadratmeter sind für OLEDs kein Problem – für eine Mikrosekunde. Danach brauchen sie aber 100 Mikrosekunden Pause. Gibt man den OLEDs keine Pause, dann gehen sie kaputt, oder wie Forrest es sagte: "Alles kann ein Blitz sein".
Die Haltbarkeit insbesondere der blauen OLEDs ist also immer noch ein Problem. Doch mittlerweile gibt es immer mehr Tricks, um diese zu strecken. Eine Lösung ist etwa das vertikale Stacken von (transparenten) OLED-Komponenten. Dadurch verteilt sich die Last auf mehr Komponenten. Die Haltbarkeit kann sich bei Nutzung von zwei gestackten Komponenten mehr als Verdreifachen. Geforscht wird daran schon seit Jahrzehnten, doch erst jetzt wird die Technik langsam Realität, so die beiden Forscher.
Ein Teil der Forschung konzentriert sich zudem darauf, warum blaue OLEDs auf Molekülebene so schnell kaputt gehen. Forrest und Giebink hoffen, dass eine Lösung nicht all zu weit entfernt ist. Zwei Reaktionen sind verantwortlich für den Verlust an (blauer) Helligkeit. Für Rot und Grün sind die Reaktionen nicht mehr von Relevanz, da die Haltbarkeit so hoch ist.
Die beiden Forscher plädieren zudem, der OLED-Technik als Leuchtmittel noch eine Chance zu geben. Aktuell ist abseits von OLEDWorks am Markt kaum noch Aktivität zu sehen, nachdem LG Display das Leuchtgeschäft kurz nach der Light+Building 2018 aufgegeben hatte. Forrest erwartet bessere CRI-Werte, verglichen mit LED-Leuchtmitteln und geringere Temperaturen. Die Wirksamkeit (Efficacy) wird bei 150 lm/W erwartet, was etwa im Bereich der LED-Technik ist. Mit einer Haltbarkeit von 30.000 Stunden (LT70) ist man aber unterhalb der LEDs (50.000 Stunden@LT70).
Die OLED-Technik ist also nicht ausgereift und es muss weiter geforscht werden, um sie zu perfektionieren. Doch das sagte man auch einmal von der LCD-Technik vor 20 Jahren, die durch schlechte Farben und Schlieren bei Bewegungen bekannt wurde und trotz dieser Nachteile die Kundschaft überzeugte. Damals war die LCD-Technik so alt wie heute die OLED-Technik, nämlich 35 Jahre.
Nachtrag vom 26. Juni 2023, 20:01 Uhr: Im Artikel hieß es ursprünglich, dass grüne OLEDs des iPads sehr hell leuchten. Gemeint war das iPhone. Der Fehler wurde korrigiert.
Quelle(n)
Display Week 2023