Meinung | Windows-10-on-ARM-Prozessoren: ein Flop?
Was angekündigt war
Als Microsoft im Dezember 2016 bei einer Veranstaltung für Windows-Hardware-Entwickler in China erstmalig vorführte, wie Win32- und UWP-Apps unter Windows 10 auf einem Qualcomm Snapdragon 820 liefen, bekam Intel vermutlich eine Panikattacke. Qualcomm benutzte eine spezialisierte Emulationsschicht, die es ARM SoCs erlaubt, x86-Codes nur bei Bedarf auszuführen. Dadurch schafften sie es, Windows PCs mit Always-Connected-Gigabit-LTE, maschinellem Lernen und Hardware-Sicherheitsfunktionen auszustatten. Im Gegensatz zum beschnittenen Windows RT, das von Microsoft mit Windows 8 auf dem Surface RT angeboten wurde, bewarben Microsoft und Qualcomm hier eine "vollständige" Windows-10-Erfahrung auf einem ARM SoC. Diese Entwicklung sorgte in der Industrie für viel Aufmerksamkeit, insbesondere bei Intel.
Der US-amerikanische Halbleiter-Riese hatte guten Grund zur Sorge: Microsoft hatte sich mit einem konkurrierenden Halbleiter-Hersteller zusammengetan, der direkt in Intels Hauptgeschäft vordrang — den mobilen PC-Markt. Schlimmer noch, Terry Myerson von Microsoft verkündete vollmundig, dass die Geräte Ende 2017 im Handel verfügbar sein würden. Im Angesicht der neuen Konkurrenz durch AMD und Qualcomm im Juni 2017 ging Intel dann zum Kampf über und drohte Microsoft und Qualcomm indirekt mit einem Rechtsstreit. In einem Blog-Eintrag zur Feier des 40-jährigen Bestehens der x86-Plattform schrieb Richard A. Uhlig von Intel:
"We do not welcome unlawful infringement of our patents, and we fully expect other companies to continue to respect Intel's intellectual property rights."
"Wir heißen keine widerrechtliche Verletzung unserer Patentrechte gut und wir erwarten, dass andere Firmen Intels geistige Eigentumsrechte weiterhin respektieren."
Woraufhin Qualcomm mit einem "sehr interessant" antwortete und dass sie sich darauf freuen würden, die Always-connected-PCs mit Windows 10, angetrieben von der Qualcomm Snapdragon 835-Mobil-PC-Plattform, zu veröffentlichen.
Während Intel zwar kein Unternehmen namentlich erwähnte und vermutlich nicht tatsächlich vorhatte zu klagen, setzten sie damit ein klares Zeichen, dass sie sich nicht kampflos der Bedrohung durch die auf Snapdragon basierenden Geräte mit Windows 10 ergeben würden. Aber hätte Intel schon damals sehen können, was heute aus den Geräten mit Windows 10 on ARM geworden ist, hätte wohl Qualcomm in San Diego noch den erleichterten Seufzer aus Santa Clara hören können.
Microsoft und Qualcomm priesen die Idee von Snapdragon PCs an, die über eine Akkulaufzeit von mehreren Tagen und eine Always-on-LTE-Funktionalität verfügen und zusätzlich noch Aufwachgeschwindigkeiten aus dem Standby haben, die denen eines Smartphones gleichkommen — und all das, ohne auf seine Lieblings-Windows-Apps verzichten zu müssen. Also schauen wir uns mal den jetzigen Stand der Geräte mit Windows 10 on ARM an.
Was versprochen wurde
Microsoft versprach bei der ersten öffentlichen Vorführung von Windows on ARM, dass die Funktionalität der von Windows 10 auf einem Desktop-PC ähneln würde. Natürlich erwartete dabei niemand, dass Microsoft in seinem ersten Werbevideo schon die Einschränkungen einer solchen Plattform schildern würde. Aber wenn es Probleme dabei gibt, das zu reproduzieren, was beworben wurde, dann stimmt eindeutig etwas nicht. Die Hauptversprechen, die Microsoft in dem Video machte, waren folgende:
- Ähnlichkeit von Windows on ARM zu Windows 10 auf Desktop-PCs und Enterprise-Funktionen wie zum Beispiel Domänen
- Mit Microsoft Edge im Internet surfen und Verwendung von Windows Ink, was sogar mit einem externen Eingabestift über USB gut funktioniert.
- Die Verwendung von 32-Bit Photoshop CC vermittelt ein Benutzererlebnis, das als "großartig" beschrieben wurde, auch bei der nahezu sofortigen Anwendung eines Weichzeichnungs-Filters auf das gesamte Bild.
- Eine Runde World of Tanks Blitz mit flüssig spielbarer Bildwiederholrate demonstriert Gaming auf Windows on ARM.
Die Vorführung wurde auf einem vom Qualcomm Snapdragon 820 angetriebenen PC mit 4 GB RAM durchgeführt, wobei angedeutet wurde, dass es mit dem damals kurz vor der Veröffentlichung stehenden Snapdragon 835 eine noch bessere Erfahrung werden würde. (Bei Veröffentlichung hat Windows on ARM nur den Snapdragon 835 und aufwärts unterstützt, nicht aber den Snapdragon 820.)
Was geliefert wurde
Leider hat Microsoft bisher viele der Versprechen nicht eingehalten. Über ein Jahr nach der Veröffentlichung hat Microsoft endlich eine Liste der Einschränkungen von Windows 10 on ARM veröffentlicht. Windows on ARM selbst ist ein 64-Bit-Betriebssystem, allerdings die ARM64-Variante. Um Apps ausführen zu können, die für die x86-Plattform ausgelegt sind, müssen diese daher in Windows on ARM emuliert werden. Das bedeutet, dass die Performance von x86-Programmen wie Photoshop definitiv nicht so "großartig" sein wird, wie im Werbevideo behauptet wurde. Die Einschränkungen von Windows 10 on ARM beinhalten:
Keine Unterstützung von nativen 64-Bit-Apps — Windows on ARM kann nur x86-Codes (32 Bit) verarbeiten, nicht aber x86-64-Bit-Codes (x64/64 Bit). Microsoft wird aber bald ein Softwareentwicklungskit herausbringen, mit dem Entwickler x64-Codes in nativen ARM64-Codes kompilieren können, die auf Windows on ARM funktionieren.
Keine Unterstützung von Shell-Erweiterungen — Apps wie zum Beispiel Dropbox, die Shell-Erweiterungen benutzen, um den Synchronisationsstatus anzeigen zu können, funktionieren nicht, außer sie wurden für ARM64 neu kompiliert.
Keine Unterstützung von x86-Treibern und Hyper-V — Windows on ARM erfordert ARM64-Treiber, die nur von Erstausrüstern direkt erhältlich sind, oder Hardware, die dazu in der Lage ist, mit mitgelieferten Treibern im Treiber-Speicher zu arbeiten. Dies bedeutet weniger Unterstützung für externe Hardware, als normalerweise möglich ist.
Keine Unterstützung von OpenGL — Windows hat eine eingebaute Unterstützung für OpenGL 1.1, wobei neuere OpenGL Versionen normalerweise zusammen mit Grafiktreiber-Updates zur Verfügung gestellt werden. Da aber Windows-on-ARM-PCs keine Nvidia-/AMD-Treiber erhalten werden, werden nur Apps und Spiele funktionieren, die für die DirectX-API konzipiert wurden. Qualcomm hat zwar schon OpenGL-Treiber für ARM, aber es scheint, als hätte Microsoft nur wenig Interesse daran, diese auf Windows on ARM zu portieren.
Natürlich gibt es bei jeder Plattform gewisse Einschränkungen, und Windows on ARM ist da keine Ausnahme. Microsoft verdeutlicht diese Einschränkungen aber nicht besonders gut für Anwender, die sich nicht überdurchschnittlich gut mit Technik auskennen. Viele werden nur der Tatsache Bedeutung schenken, dass ein Windows-on-ARM-Gerät mit Windows 10 arbeitet, und dann glauben, dass ALL ihre Apps auf dem Notebook funktionieren werden, auch wenn es sich um Legacy Apps handelt. Dass das Verkaufspersonal die Leute eines Besseren belehrt, darf man dabei auch nicht erwarten. Erst wenn man versucht, eine Legacy App auszuführen, wird man als Kunde auf die Probleme aufmerksam und fragt sich dann, ob das Notebook umgetauscht werden kann. Genau aus diesem Grund war auch Windows RT ein Fehlschlag — bei der Vermarktung wurden die Einschränkungen für den Kunden nicht gut genug verdeutlicht.
x86-Emulation
Aus der Sicht eines durchschnittlichen Kunden ist es natürlich toll, standardmäßige Win32-Apps (x86) auf Windows on ARM ausführen zu können. Die meisten Bedarfsfälle mobiler Anwender sollten damit auch schon gedeckt sein, falls eine gleichwertige App mal nicht im Microsoft Store verfügbar ist. Aus technischer Sicht führt aber jegliche Art der Emulation zu einer suboptimalen Benutzererfahrung. Natürlich hätte Microsoft gerne, dass alle Entwickler die Universelle Windows Plattform (UWP) übernehmen und ihre x86-64-Apps umstellen, sodass sie unter Berücksichtigung unterschiedlicher Formfaktoren universell funktionieren, während die Verpackung, Auslieferung und Updates der Apps über den Microsoft Store laufen. Wenn man (vorerst) Smartphones außer Acht lässt, würde diese Strategie wohl nicht sonderlich gut funktionieren, hauptsächlich weil PC-Anwender 99 % ihrer Aufgaben in einem Browser-Fenster erledigen können, ohne dafür zig Apps herunterladen zu müssen, während Nutzer von Android oder iOS ohnehin schon für alles Mögliche eine App haben. Seit Windows 10 Mobile von Microsoft abserviert wurde, sind das Konzept der Universellen Windows Plattform (UWP) und die Philosophie eines einzigen Stores für alle Lagen größtenteils irrelevant geworden, weil nicht viele Entwickler das Konzept wirklich ganzheitlich übernommen haben.
In der jetzigen Form ist die x86-Unterstützung bei Windows on ARM eher als Überbrückungsmaßnahme zu betrachten. Man kann damit vielleicht immer mal ein oder zwei Apps benutzen, aber es wäre wohl eher leichtsinnig, sich jetzt bei Windows on ARM einzukaufen, nur weil Microsoft sagt, dass Chrome und Photoshop darauf laufen. Wie in einem Test des HP Envy x2 bei TechSpot schon festgestellt wurde, ist die Performance auf einem Snapdragon 835-SoC mit x86-Emulation sogar langsamer als mit einem Celeron N3450 — Intels schwächstem x86-Chip. Der typische Einsatzbereich solcher Notebooks besteht aus Edge und einigen UWP-Apps wie zum Beispiel Mail oder vielleicht noch Groove oder Netflix, aber definitiv nicht Photoshop oder Videocodierung. Laut TechSpot ist die Einzelkern-Leistung des Snapdragon 835 bei x86-Simulationen zweimal so langsam wie der Celeron N3450 und fünfmal so langsam wie das Stromsparmodell Core i7-7Y75. Die unten aufgeführten x86-Benchmarks zeigen nicht gerade rosige Aussichten. Diese Zahlen sollte man ernst nehmen, falls man vorhat, die jetzige Auswahl an Windows-on-ARM-Geräten für irgendetwas anderes als Medienkonsumierung zu nutzen.
Als wir unsere eigenen Vergleiche der ersten Benchmark-Ergebnisse des Asus NovaGo mit anderen Einsteiger-Chips durchgeführt haben, war eine Sache sofort klar: Der Snapdragon 835 im NovaGo hat im Vergleich zu vielen Stromspar-Chips von Intel wirklich unterirdisch schlecht abgeschnitten und war nur geringfügig besser als der "Braswell" Atom x7, und sogar das nur in einigen wenigen Tests.
Cinebench R11.5 | |
CPU Single 32Bit | |
Intel Core i5-8250U, NVIDIA GeForce MX150 | |
Intel Core i7-7Y75, Intel HD Graphics 615 | |
Intel Core m3-6Y30, Intel HD Graphics 515 | |
Intel Core i7-3520M, Intel HD Graphics 4000 | |
Intel Pentium N4200, Intel HD Graphics 505 | |
Intel Celeron N3450, Intel HD Graphics 500 | |
Qualcomm Snapdragon 835 (8998), Qualcomm Adreno 540 | |
Intel Atom x7-Z8750, Intel HD Graphics 405 (Braswell) | |
Intel Celeron N3350, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Core 2 Duo SU7300, NVIDIA GeForce G210M | |
CPU Multi 32Bit | |
Intel Core i5-8250U, NVIDIA GeForce MX150 | |
Intel Core i7-7Y75, Intel HD Graphics 615 | |
Intel Pentium N4200, Intel HD Graphics 505 | |
Intel Core m3-6Y30, Intel HD Graphics 515 | |
Intel Atom x7-Z8750, Intel HD Graphics 405 (Braswell) | |
Intel Core i7-3520M, Intel HD Graphics 4000 | |
Qualcomm Snapdragon 835 (8998), Qualcomm Adreno 540 | |
Intel Celeron N3450, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Celeron N3350, Intel HD Graphics 500 | |
Intel Core 2 Duo SU7300, NVIDIA GeForce G210M |
Natürlich werden sich Käufer eines solchen Notebooks über Vergleichszahlen nicht so sehr aufregen wie normalerweise über Akkulaufzeiten oder effizientes Streaming auf YouTube und Netflix, aber dies stellt uns vor eine entscheidende Grundsatzfrage. Ist es wirklich fair, x86-Benchmarks auf einem ARM PC zu testen? Vermutlich nicht. Das Betriebssystem basiert auf einem ARM64-Code, und x86-Apps laufen über eine Emulationsschicht. Während es zwar von Vorteil ist, überhaupt eine x86-Emulation zu haben, kann man von dieser nicht die gleiche Performance erwarten wie mit nativem Code. Viele der PC-Benchmarks, die momentan verwendet werden, sind x86-Apps und machen daher nicht allzu viel Sinn für das Benchmarken von Windows-on-ARM-PCs. Ohne native ARM64-Benchmarks ist eine wahrheitsgemäße Bewertung der Performance nicht möglich. Dabei sprechen wir jetzt nicht von Browser-Benchmarks, sondern von richtigen Geekbench- oder 3DMark-Tests, die dafür optimiert wurden, nativ unter Windows on ARM64 zu laufen. Wenn allerdings Windows-on-ARM-Notebooks mit dem Versprechen verkauft werden, "großartige" Kompatibilität mit Legacy Apps zu haben, ist es schon Besorgnis erregend, dass die Performance solcher Legacy Apps diesem Versprechen nicht einmal nahekommt.
Preisgestaltung
Für einen PC, der angeblich die typische Benutzung eines Smartphones "erweitern" soll, ist der Kaufpreis des Asus NovaGo von 600 US-Dollar für 4 GB RAM und 64 GB Speicherplatz absolut nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zum iOS, Android und sogar einem Großteil der PC-Konkurrenz. Schon allein das Upgrade vom Windows-10-S-Modus zu Pro wird die Kapazitäten des Speicherplatzes nahezu erschöpfen. Die Variante mit 8 GB RAM und 256 GB Speicherplatz ist da natürlich besser, kostet dafür aber auch um die 800 US-Dollar — ein Preis, zu dem man auch schon recht leistungsfähige Notebooks der x86-Reihe bekommen kann. Das HP Envy x2 kostet mit 4 GB RAM und 128 GB Speicherplatz 1.000 US-Dollar — ganz zu schweigen davon, dass der Speicherplatz hier nicht in Form einer SSD daherkommt, sondern als UFS-Speicher, wie man ihn typischerweise in Smartphones findet. Zum Preis dazu kommen natürlich auch noch die Kosten für einen Datentarif, da die Geräte dafür vorgesehen sind, immer online zu sein. All dies zusammengenommen führt zu einem deutlich höheren Kaufpreis bei viel schlechterer Performance und Kompatibilität, als es bei Notebooks üblich ist, nur für eine (nicht unerheblich) längere Akkulaufzeit.
Was die Zukunft bringt
Microsoft hat einige wirklich hübsche Pläne für die zukünftige Gestaltung von Windows 10, und am stärksten wird man diese Veränderungen in Windows on ARM bemerken. Das bevorstehende Spring Creators Update (mit dem Codenamen Redstone 4) wird native Unterstützung von eSIMs beinhalten. Dadurch wird es möglich, Anbieter und Tarif jederzeit zu wechseln (vermutlich über den Store), statt dafür eine physikalische SIM benutzen zu müssen. Insbesondere Nutzer, die unterwegs oft Datentarife wechseln, werden sich darüber freuen.
Das Spring Creators Update nimmt sich auch des Problems der "App Gap" an, indem es die Nutzung von Progressiven Web Apps (PWAs) erlaubt. PWAs sind Webseiten, die wie ein Web Wrapper in ein App-Format verpackt wurden. Dabei sind sie aber viel mehr als nur ein Web Wrapper und können plattformspezifische Funktionen wie Live Tiles, Cortana, Benachrichtigungen und Share-Contracts verwenden. Diese Apps haben einen sehr kleinen Fußabdruck und können normalerweise über das Backend geupdated werden, statt dass ein vollständiges App-Update heruntergeladen werden muss. Sie sind auch plattformunabhängig und funktionieren genauso gut mit Windows wie mit Chrome OS. In den ersten Tagen des Spring Creators Updates werden ausgewählte PWAs im Microsoft Store Account veröffentlicht, und mehr werden in den darauf folgenden Tagen hinzukommen. Bei Windows-on-ARM-PCs, die Einschränkungen beim Datentarif, Speicher und bei ihrer Leistung unterliegen, sollen PWAs eine Erfahrung bieten, die denen von Apps gleichkommt, ohne den Overhead einer nativen UWP-App.
Microsoft will auch den traditionellen x86-Legacy-Code von den UWP-Funktionen klar getrennt halten und wird dazu bald alternative Benutzeroberflächen verfügbar machen. Es wird ein Windows-Core-Betriebssystem geben, für das Benutzeroberflächen entwickelt werden, die "Composers" genannt werden und auf verschiedene Geräteklassen abzielen. Der "Polaris"-Composer wird zum Beispiel auf Desktop-PCs und Tablets abzielen und soll frühestens mit Redstone 5 auch für Windows-on-ARM-PCs verfügbar sein. Diese anpassungsfähigen Benutzeroberflächen helfen, die vorgesehene Nutzererfahrung umzusetzen, wobei eine der möglichen Zusatzfunktionen die Remote-Ausführung von x86-Apps ist. Dies bedeutet für den Nutzer eine rundere und effizientere Erfahrung und möglicherweise mehr Akkulaufzeit.
Zwar kein guter Anfang, aber immerhin ein Anfang
Jede mobile Plattform muss vier Dinge bieten, damit sie als lohnenswerte Anschaffung wahrgenommen wird: gute Akkulaufzeiten, flüssige und stabile Performance, vernünftige Geräteunterstützung und Software Updates sowie eine ausreichende Auswahl an Apps, um den Arbeitsalltag zu bestreiten. Während Windows on ARM die ersten drei Punkte erfüllt, lässt die Auswahl an hochqualitativen Apps zu wünschen übrig. Edge und viele der Apps im Store, einschließlich Office, sollten einen Großteil des Online-Bedarfs abdecken, aber viele Nutzer sind einfach an Chrome gewöhnt. Außerdem ist es keine sonderlich angenehme Erfahrung, bei Chrome auf Windows on ARM viele Tabs offen zu haben, und der Microsoft Store kann sich immer noch nicht mit iOS oder Android messen. Man sollte sich also vorher überlegen, wofür man das Gerät einsetzen will und ob für diese Zwecke eine passende App verfügbar ist, und sich erst dann zum Kauf entscheiden. Es ist fragwürdig, warum jemand überhaupt einen Tausender für einen Windows-on-ARM-PC ausgeben sollte, wenn die Performance des Geräts sich grundsätzlich nicht von einem Einsteiger-Notebook für 300 US-Dollar oder sogar von einem iPad unterscheidet?
Damit Windows-on-ARM überhaupt Erfolg haben kann, muss es sich bei den Entwicklern durchsetzen. Dies geschieht automatisch bei steigendem Marktanteil, der jedoch wiederum von der Entwicklerakzeptanz abhängt, was zu einem Teufelskreis führt. Es ist zwar hilfreich, dass Microsoft die notwendigen Werkzeuge für Entwickler anbietet, um x64-Apps auf ARM64 zu portieren, aber bisher ist noch nicht bekannt, ob Entwickler auch auf Low-Level-Funktionen des SoC zugreifen können werden. Werden der Hexagon DSP und der Spectra ISP in den Snapdragon Chips für Entwickler direkt ansprechbar sein, um den Funktionsumfang voll ausnutzen zu können? Das wird sich noch herausstellen.
Windows-on-ARM muss auch mit der falschen Erwartungshaltung, die mit dem Namen Microsoft einhergeht, kämpfen. Das Asus NovaGo und andere Windows-on-ARM-Notebooks sind eindeutig leistungsfähiger als ein iPad oder ein Chromebook und erleichtern das Arbeiten. Aber Käufer, die sich für ein solches Gerät entscheiden, tun dies oft in dem Glauben, dass sie den vollen Windows Funktionsumfang erhalten werden. Im Auslieferungszustand ist bei Windows-on-ARM-Notebooks der Windows-10-S-Modus aktiviert, der nur Apps zulässt, die aus dem Store installiert wurden. Während Windows on ARM deutlich leistungsfähiger als RT und natürlich iOS ist, ist die Wahrnehmung der Öffentlichkeit das, was am Ende entscheidend ist. Wenn das schöne neue Notebook im Schneckentempo arbeitet, während bei Chrome 15 Tabs offen sind, werden Kunden es in den Müll werfen. Der Wahrnehmung halber sollte Microsoft diesen Notebooks und dem Betriebssystem lieber Markennamen geben, die nicht mit dem des traditionellen Windows übereinstimmen. Die Xbox One läuft mit Windows Code, der sich kaum vom PC-Code unterscheidet, aber wievielen Nutzern ist das wirklich bewusst?
Alles in allem wird Microsoft Zeit brauchen, um Windows-on-ARM verbessern zu können, einhergehend mit der Entwicklung besserer ARM Chips (vorausgesetzt Microsoft stellt die Entwicklung nicht ein). Emulation stellt für ein Unternehmen wie Microsoft kein großes Problem dar — man denke nur an die Einführung der nahtlosen Abwärtskompatibilität für Xbox-360-Spiele auf der Xbox One. Aber die Aussicht auf eine bessere Zukunft stellt im Bereich der Technik keine sofortige Kaufverpflichtung in der Gegenwart dar. Die Industrie, Entwickler und Nutzer haben viel Zeit, Geld und Aufwand in die x86-Plattform gesteckt. Sie zu einer Umstellung auf neue Plattformen zu bewegen, die auf zukünftige Mainstream-Akzeptanz ausgerichtet sind, wird eine Herausforderung. Während Windows on ARM also durchaus vielversprechende Möglichkeiten für die Zukunft bietet, ist es in seiner jetzigen Iteration noch nicht ausgereift.