Heidekrautbahn bei Berlin: Der Wasserstoff ist alle und erste Züge stehen still
Die Wasserstoffversorgung ist sicher, hieß es noch vor zwei Wochen vom Anbieter Enertrag. Doch am 27. Dezember meldete der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB), per Tweet und etwas länger per Presseaussendung, dass die Wasserstoffversorgung zusammengebrochen ist.
Da die Elektrolyse-Anlage noch nicht bereitsteht – ursprünglich sollte die grüne Wasserstoffversorgung schon Ende 2023 gegeben sein – musste der Wasserstoff aufwendig angefahren werden. Neben Frankfurt am Main wurde auch grauer Wasserstoff aus Österreich angeschafft. Für den VBB und die Partner war das eine Erfolgsmeldung wert, obwohl nun in Berlin und Brandenburg CO2-Emissionen vermieden werden, die stattdessen auf dem Weg und an der Quelle entstehen.
Überraschend ist, dass Enertrag zum 15. Dezember 2024 noch nicht wusste, dass die Versorgung (Update: über die von Enertrag beauftragten Zulieferer) zusammenbrechen würde. Das deutet darauf hin, dass das Unternehmen kaum Reserven hatte. Einige der fünf nagelneue Mireo Plus H sind damit nicht mehr nutzbar.
Ein Akkuzug und zwei Dieselzüge
Da die wasserstoffelektrischen Mireo Plus H nun teilweise nicht mehr fahren können, werden stattdessen zwei Diesel-Garnituren wie auch ein neuer Mireo Plus B genutzt, wie es beim VBB hieß. Letztere sind neu gelieferte Akkuzüge, die eigentlich auf Strecken fahren sollten, bei denen stromlose Abschnitte überbrückt werden müssen.
Konsequenzen hat dies für andere Bereiche des Netzes. So wird das Platzangebot bei einzelnen Zügen einer anderen Regionalbahnlinie (RB26) deutlich reduziert. Der VBB spricht von einer nun angespannten Fahrzeugsituation.
Damit wiederholt sich ein Grundproblem, das schon im Taunus zu beobachten war. Neue Technik zur Erforschung wird ohne ausreichendes Ersatzkonzept für Problemfälle eingesetzt. Im Taunus kam es zu massiven Ausfällen der Technik, weil im Rhein-Main-Verkehrsverbund keine Dieselzüge mehr bereitstanden. Das änderte sich erst vor Kurzem. Zahlreiche Medienberichte der Region deuten aber darauf hin, dass die Bevölkerung auf andere Verkehrsmittel umgestiegen ist.
Im VBB kann immerhin zum Teil auf alte Dieseltriebwagen und die neuen Mireo Plus B setzen. Die Akkuzüge von Siemens haben allerdings nur eine Reichweite von 120 km. Das reicht nicht für den vergleichsweise autarken Betrieb auf der Heidekrautbahn. Dort gibt es keine Oberleitung. Im Fahrgasteinsatz kommen die Züge daher nur dann an den Fahrdraht, wenn sie statt nach Berlin-Karow nach Berlin-Gesundbrunnen ins Netz der DB fahren. Das passiert allerdings nur im Berufsverkehr. Die Mireo Plus B müssen also aus dem rund 60 km umfassenden Netz der Heidekrautbahn ab und an heraus und ins Netz der Deutschen Bahn fahren, um aufgeladen zu werden.
Berlin-Karow als Bahnhof der DB ist zwar elektrifiziert, allerdings nur über Stromschienen mit niedriger Spannung für die S-Bahnen. Selbst wenn die Mireo Plus B einen passenden Stromabnehmer hätten: Zum Aufladen der großen Akkus reicht das wohl kaum, zumal die Standzeiten kurz sind. Die Heidekrautbahn muss den Bahnsteig wieder schnell frei machen, damit die S-Bahnen dort durchkommen.
Wasserstoffversorgung ist wichtig
Die Wasserstoffversorgung ist also eigentlich essentiell und Enertrag sucht laut VBB nach neuen Quellen zur Überbrückung. Langfristig werden die Züge auch zur geplanten Erweiterung nach Berlin-Wilhelmsruh fahren. Ursprünglich sollte dieses Teilstück bereits Ende 2024 fertiggestellt werden, da ein Großteil der Strecke noch genutzt wird.
Doch obwohl hier ohne Fahrdraht gebaut wird, ist die Eröffnung noch nicht absehbar. Formal wurde der erste Spatenstich Ende 2020 gesetzt. Allerdings war dieser symbolischer Natur. Laut RBB wäre man in Berlin zufrieden, wenn 2026 mit dem Bau begonnen werden könnte. Derartige Probleme sind in und um Berlin nichts Besonderes. Umso mehr hätten sich die Beteiligten auf einen Ausfall der Wasserstoffversorgung für das Forschungsprojekt vorbereiten müssen.
Ein Ausweg wäre dann vielleicht eine Verlängerung von dort zum elektrifizierten Gesundbrunnen. Zu überbrücken wäre eine etwa 1,5 Kilometer lange Strecke, die nur reaktiviert werden müsste. Das ist für dieses Jahrzehnt aber unrealistisch. Zumal diese etwa 1,5 Kilometer lange Verbindung durch eine erste Nutzen-Kosten-Analyse durchfiel. Das heißt, eine derartige Redundanz für die Betriebsstabilität ist nicht wirtschaftlich und damit nicht förderfähig. Allerdings ist dies erst eine Anfangsuntersuchung. Weitere Untersuchungen laufen derzeit noch (PDF).