Hands-On: iPad Pro Magic Keyboard mit Trackpad - Ist es das Gewicht wert?
Vorabüberlegungen
Als langjähriger iPad-Benutzer, der in den vergangenen 12 bis 24 Monaten auch anderen Tablets gegenüber nicht abgeneigt war (unter anderem ein Surface Pro X, ein Galaxy Tab S5e oder ein Galaxy Book S), hat die Vorstellung des iPad Pro Magic Keyboard mein Interesse und meine Begeisterung am iPad wieder neu erweckt. Seit Jahren hoffe ich auf eine vernünftige Mausunterstützung für das iPad, aber jeder Versuch war bis dato nicht viel mehr als eine mehr oder weniger gut gelungene Verbesserung der Touch-Eingabe zur Textmanipulation und damit nicht sonderlich befriedigend. Die Mobilität des Tablets hat mich schon immer begeistert, aber das fehlende Touchpad war sehr störend. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass ein Großteil meines tagtäglichen Workflows sich um das Verfassen oder Bearbeiten von Texten dreht. Zu behaupten, ich hätte meiner ersten Begegnung mit dem neuen Magic Keyboard ungeduldig entgegengefiebert, wäre eine starke Untertreibung.
Ein Design-Kompromiss
Zunächst ist mir beim Betrachten des freischwingenden Designs, für das sich Apple entschieden hat, aufgefallen, dass es sich ungeachtet dessen, wie cool es aussehen mag, um einen Design-Kompromiss handelt. Ein Produktdesign, welches im Kern durch einen auf Design-Entscheidungen der Vergangenheit beruhendem Kompromiss limitiert wird, ist nie eine ideale Ausgangsbasis. Das Team, das die Aufgabe bekommen hat, das Magic Keyboard zu entwickeln, stand also vor einer gewaltigen Herausforderung. Als die erste Generation des neuen iPad Pro anno 2018 veröffentlicht wurde, war klar, dass es zu diesem Zeitpunkt wie schon in der Vergangenheit keinerlei Bestrebungen seitens Apple gab, dieser Generation an iPads jemals Mausunterstützung zukommen zu lassen. Schaut man sich das Smart Keyboard Folio, den spirituellen Vorgänger des Magic Keyboards, näher an, lässt sich sofort erkennen, dass Apple weder die Notwendigkeit sah noch den Plan hatte hier jemals ein Trackpad unterzubringen.
Entsprechend ist die Tastatur des Smart Keyboard Folio deutlich näher zum Benutzer gerückt und das iPad steckt in einem direkt oberhalb der Tastatur angebrachten Slot, was keinerlei Platz für eine Maus mehr lässt. Da das Design der zweiten Generation iPad Pro unverändert geblieben ist, stellte dies für Apple ein Dilemma dar, als endgültig klar wurde, dass die Mausunterstützung für das iPad entgegen aller Ankündigungen und Pläne der Vergangenheit nun doch kommen würde. Das Trackpad musste vor die Tastatur und diese weiter nach hinten rücken. Somit gab es schlichtweg keinen Platz mehr für den Slot zum Verankern des iPads und die einzige sinnvolle Lösung war es, das iPad oberhalb der Tastatur schweben zu lassen. Diese Design-Entscheidung ist letztlich auch der Grund, warum das Magic Keyboard für das 11-Zoll-iPad-Pro 601 g wiegt und damit 128 g mehr auf die Waage bringt als das 473 g schwere iPad Pro selbst.
Vor- und Nachteile des freischwebenden Designs
Der größte Vorteil, das iPad so positioniert zu haben, wie es das freischwebende Design vorschreibt, ist die Tatsache, dass die Position geradezu dazu einlädt, den Touchscreen in die Arbeit miteinzubeziehen. Die Hände wandern ganz natürlich zwischen Bildschirm und Tastatur hin und her, zum Beispiel zum Auswählen von Wortvorschlägen. Die niedrigere Position im Smart Keyboard Folio ließ solche Aktionen weniger natürlich erscheinen. Der größte Nachteil des freischwebenden Bildschirms über der Tastatur ist, dass die Finger beim Tippen durchaus daran stoßen können. Das bedeutet, dass man gelegentlich gezwungen ist eine Position zu finden zwischen dem eigentlich gewünschten Winkel und einem Winkel, bei dem die Finger gerade so nicht mehr an der Unterseite anecken. Hätte Apple von Anfang an mit der Einführung eines Touchpads mitsamt einem freischwebenden Design geplant, wäre dieser Kompromiss nicht nötig gewesen. So handelt es sich aber am Ende um einen glücklichen Zufall.
Das Tipp-Erlebnis
Was das eigentlichen Tippen angeht, fühlt es sich um Welten besser an als das in Stoff gehüllte Smart Folio Keyboard mit Apples berühmt-berüchtigten Butterfly-Switches (ja, auch das Smart Keyboard Folio setzt auf den anfälligen Mechanismus, wodurch auch für die iPad-Tastatur ein teures Reparaturprogramm auferlegt werden musste). Der neue leicht bogenförmige Low-Profile-Scherenschalter-Mechanismus mit Tasten im Chiclet-Design fühlt sich deutlich ausgewogener an und bietet einen guten Kompromiss zwischen Feinfühligkeit und Festigkeit. Auch sind die Tasten ziemlich leise – viel leiser als die mittlerweile ersetzte Butterfly-Tastatur der MacBooks. Die Beleuchtung ist hervorragend und sehr gleichmäßig, was wir bei weitem nicht über jede uns bis dato untergekommene Tastaturbeleuchtung sagen können.
Das Trackpad
Mit dem Trackpad des iPad Magic Keyboards werden die Gebete all jener Anwender erhört, die viel und häufig mit Textverarbeitungsprogrammen wie Microsoft Word arbeiten, E-Mails schreiben, oder Anwendungen zum Verfassen von Drehbüchern nutzen. In der Vergangenheit waren diese Tätigkeiten zwar nicht unmöglich, aber die Arbeit war bei weitem nicht so angenehm und intuitiv wie man es sich gewünscht hätte. Insbesondere angesichts Apples Marketing-Hype um die selbst aufgestellte Hypothese, dass das iPad angeblich die Zukunft des Computing sein soll. In anderen Bereichen hat es diesen Anspruch durchaus unter Beweis stellen können, unter anderem dank der massiven CPU- und GPU-Power die Apples Chip-Designer aus den A-Serie-Chips kitzeln konnten. Das Trackpad ist deutlich kleiner als bei MacBooks, ein weiterer Hinweis darauf, dass es eigentlich erst im Nachgang bedacht wurde und nicht schon von Anfang an. Es ist jedoch derart willkommen, dass dieses Meckern auf hohem Niveau eigentlich keine echte Rolle spielt.
Gefertigt ist es aus demselben oder sehr ähnlichem Glas wie die Touchpads der MacBooks. Dadurch fühlt es sich sehr angenehm glatt an und ist ideal für Gesten geeignet. Der Klick ist rundherum sehr gleichmäßig, obwohl ich persönlich eher die Funktion „Tap to Click“ bevorzuge, die schon beim Antippen einen Klick auslöst. Glücklicherweise ist diese Fähigkeit vorhanden, da ich das Magic Keyboard ohne sie viel weniger mögen würde. Die Eingabe von Gesten funktioniert trotz der kleinen Größe des Touchpads ausgesprochen gut. So gut sogar, dass man einige der Gesten auf dem Touchpad häufiger verwendet als auf dem Touchscreen des iPads selbst. Kurz gesagt: Die Einführung des Touchpads ist ein überwältigender Erfolg.
USB-C und der Smart Connector
Ein weiteres cleveres Design-Feature des Magic Keyboards ist die Tatsache, dass Apple den Smart Connector an der Rückseite nutzt, um die Tastatur ohne Zuhilfenahme von Bluetooth zu koppeln. Gleichzeitig erlaubt dies nämlich den in die Tastatur integrierten USB-C-Port zum Laden des iPad Pros zu verwenden, ohne dabei den integrierten USB-C-Anschluss des iPad Pros selbst zu blockieren. Stattdessen kann dieser weiterhin genutzt werden, um zusätzliche Peripherie, wie zum Beispiel externe Laufwerke oder einen zweiten Bildschirm, anzuschließen. Die röhrenförmige Wölbung in der der USB-C-Port untergebracht ist, ist aus Aluminium statt Plastik gefertigt, was den Qualitätseindruck der gesamten Tastatur positiv beeinflusst.
Das Gewicht wert?
Der zweifelsohne größte Nachteil des neuen Magic Keyboard ist dessen hohes Gewicht. Die kleine Variante wiegt mit eingestecktem 11-Zoll-iPad-Pro 1,07 kg und damit mehr als das Samsung Galaxy Book S (960 g) - ein Laptop, das mir sehr ans Herz gewachsen ist. Gleichzeitig bietet das Galaxy Book S einen größeren Bildschirm (13,3 Zoll) sowie mehr als die doppelte Akkulaufzeit des iPad Pro. Mit 1,35 kg wiegt die Kombination der großen Tastatur und des 12,9-Zoll-iPad-Pro nochmal eine ganze Ecke mehr und ist sogar schwerer als das 13,3-Zoll-MacBook-Air, Apples derzeit leichtestes Notebook. Das hohe Gewicht führt die einem Tablet inhärenten Vorteile von Kompaktheit und Portabilität fast wieder ad absurdum.
Trotzdem hat es Apple irgendwie geschafft, gerade noch auf der guten Seite dieser Gleichung aus dem Dilemma rauszukommen, zumindest im Fall des kleineren 11-Zoll-iPad-Pro. Vieles davon hängt wahrscheinlich damit zusammen wie hervorragend die Designer das ganze Konstrukt ausbalanciert haben und wie fest und sicher das iPad Pro von den Magneten am Freischwingmechanismus fixiert wird. Auch die Einsetzbarkeit auf dem Schoß ist dadurch hervorragend und viel besser als erwartet. Und nicht zuletzt dient die Tastatur im geschlossenen Zustand auch gleich noch als Schutzhülle – ein weiterer Vorteil gegenüber Geräten wie dem Galaxy Book S.
Fazit
Alles in allem ist das Magic Keyboard tatsächlich dazu in der Lage, die Arbeit mit dem iPad zu transformieren und es zum ersten Mal seit seiner Veröffentlichung zu einer veritablen Notebook-Alternative zu machen. Apples Sturheit und das Festhalten an alten Mantras haben zu einer langen Verzögerung der Trackpad-Einführung geführt und so manchen Anwender unnötig frustriert. Wie eingangs erwähnt hatte ich mich aufgrund der fehlenden Unterstützung bereits vom iPad abgewandt. Dadurch kommt die Einführung für mich persönlich einer - wenn gleich späten - Offenbarung gleich. Schade, dass die Tastatur selbst so teuer ist und bei 339 Euro für das 11-Zoll-Pendant anfängt. Besonders interessant wird es, die 12,9-Zoll-Variante zu betrachten, um herauszufinden, ob es bei oben erwähntem Gewicht-versus-Wert-Dilemma auf der anderen Seite der Gleichung auftaucht, wovon ich zumindest spekulativ ausgehe. Ja, das Magic Keyboard ist nicht perfekt, aber Apple hat eine Menge Arbeit und Gehirnschmalz investiert, um es so gut wie möglich zu gestalten und das hohe Gewicht tatsächlich mit einem entsprechend hohen Mehrwert auszutarieren.
Quelle(n)
Eigene