Chipkrise: Automobil-OEMs wollen bis 2025 ihre eigenen Auto-Halbleiterchips designen
Weltweit hinterlässt die Chipkrise tiefe Spuren in allen Bereichen. Auch die Autokonzerne werden durch die Komponentenknappheit zum Umdenken gezwungen. Fehlende Backup-Strategien lassen die bis vor der Krise mit Halbleiterchips perfekt funktionierenden Versorgungs- und Lieferketten auseinanderbrechen. Jetzt arbeiten Automobilhersteller und Zulieferer wie Bosch mit Hochdruck an einer kompletten Neustrukturierung der gesamten Versorgungs- und Beschaffungskette.
Wie das Research- und Beratungsunternehmen Gartner in einer Prognose feststellt, werden die Hälfte der Top-10-Automobilhersteller (OEMs) wegen der Halbleiter-Knappheit und der schnell voranschreitenden Elektrifizierung und Autonomie von Fahrzeugen, künftig unter anderem ihre eigenen Halbleiterchips produzieren. Das Ziel der Autohersteller sei es, in zukunft die Produkt-Roadmap und Lieferketten selbst zu kontrollieren.
Bisher waren die Lieferketten für automobile Halbleiter-Chips sehr komplex, sagt Gaurav Gupta, Research Vice President bei Gartner. Üblicherweise seien die Chiphersteller in den meisten Fällen Tier-3- oder Tier-4-Zulieferer der Automobilhersteller. Das bedeute, dass es meist eine Weile dauere, bis sie sich an eine veränderte Nachfrage auf dem Automobilmarkt anpassen würden. Aufgrund dieser mangelnden Transparenz in der Lieferkette, würden sich Automobil-OEMs eine größere Kontrolle über ihre Halbleiterlieferungen wünschen.
Darüber hinaus betrifft der anhaltende Mangel an Halbleiterchips in erster Linie Chips ausgereifter Halbleitertechnologie, die auf kleineren 8-Zoll-Wafern hergestellt werden, bei denen eine Erweiterung der Produktionskapazität schwierig ist. Künftig werden die Autobauer entsprechende Chipdesigns intern übernehmen, so Gupta. Die interne Chipentwicklung, die branchenintern als "OEM-Foundry-Direct" bezeichnet wird, sei nicht nur in der Automobilindustrie üblich und werde sich bei den Technologieunternehmen noch verstärken, da sich der Halbleitermarkt in nächster Zeit massiv verändern wird.
Halbleiter-Chip-Foundries wie TSMC und Samsung ermöglichen den Zugang zu modernsten Fertigungsprozessen, andere Halbleiterhersteller gewähren Zugang zu fortschrittlichem, geistigem Eigentum (IP), was die Entwicklung kundenspezifischer Chips deutlich vereinfache, so Gartner. Das bestätigt auch ein ntv-Bericht, aus dem hervorgeht, dass sich der Druck auf die Autohersteller durch die zunehmende Elektromobilität und Autonomie künftig noch verstärken wird und eine vollständige Umstrukturierung vieler Bereiche unausweichlich ist.
Als Vorbild für die gesamte Autobranche dafür wird der Elektroautohersteller Tesla angesehen. Tesla sei es beispielsweise gelungen die Software für Steuergeräte in nur drei Monaten so umzuprogrammieren, dass Tesla-Chef Elon Musk in der Chipkrise auf weniger knappe Halbleiterchips für seine E-Autos ausweichen könne. Daher sei Tesla bislang besser durch die Chipkrise als andere Autohersteller.
Dem Bericht zufolge kündigte GM an, bevorzugt zusammen mit US-Chipherstellern wie Qualcomm, STM, aber auch Infineon, eigene Microcontroller zu entwickeln, die mehrere bisher von einzelnen Chips gesteuerte Funktionen vereinen sollen. Wie ein Konzernsprecher zitiert wird, versuche GM "ein Ökosystem zu schaffen, das widerstandsfähiger, ausbaufähiger und stets verfügbar" sei.
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