Ausprobiert: Amazfit Verge Lite Smartwatch im Test
Der Name Huami wird oft zusammen mit Xiaomi genannt. Die beiden Unternehmen stehen in einem engen Verhältnis zueinander: Während Xiaomis Fitnessbänder auf Huamis Entwicklungsarbeit aufbauen, stärkt die strategische Kooperationsvereinbarung mit Xiaomi wiederum die Marktposition von Huami.
Die chinesische Huami Corporation ist auf intelligente Wearable-Technologie spezialisiert. Den Kern der zugehörigen mobilen Apps von Huami, Mi Fit und Amazfit, bildet eine Datenbank mit mehrdimensionalen Benutzerdaten, darunter Herzfrequenz, Elektrokardiograph, Gewicht, Körperfettzusammensetzung, GPS-Laufbahn, Schritte und Schlafdauer. Seit 2013 sammelt und analysiert Huami Aktivitäts- und biometrische Daten von Nutzern, um ihnen aussagekräftige Analysen zurückgeben zu können. Die Zahl der registrierten Benutzer bezifferte Huami Ende 2017 auf 56,1 Millionen.
Spezifikationen Amazfit Verge Lite
- Sensoren: optischer Herzfrequenzmesser, Dreiachsiger Beschleunigungsmesser, Umgebungslichtsensor
- GNSS: GPS, GLONASS
- Weitere Komponenten: Bluetooth 5.0 LE
- Display: AMOLED, 1,3 Zoll, 360 x 360 px, verstärktes Gorilla Glas 3, Anti-Fingerprint-Beschichtung
- Akku: 390 mAh
- Sonstiges: IP68
- Lieferumfang: Amazfit Verge Lite, USB-Ladeadapter, Bedienungsanleitung
- Preis: um 89 Euro, beispielsweise bei Amazon
Inbetriebnahme
Die Huami Amazfit Verge Lite verbindet sich sowohl mit Android (ab Version 4.4) als auch mit iOS 9 oder höher. Die Uhr selbst unterstützt Bluetooth 5 LE und erwartet beim Smartphone mindestens Bluetooth 4. Zunächst wird sie über das mitgelieferte USB-Dock geladen, wofür man bei leerem Akku ca. 2,5 Stunden kalkulieren muss. Die Zeit kann man nutzen, um auf dem Smartphone schon mal die zugehörige App zu installieren: Mi Fit ist für beide Systeme verfügbar und über einen QR-Code in der beiliegenden Anleitung auch leicht zu finden.
Um die Fitnessdaten mit denen anderer Nutzer vergleichen und analysieren zu können, werden sie auf dem Server des Herstellers gespeichert. Daher muss zunächst ein Konto eingerichtet werden, das mit persönlichen Daten wie Alter, Größe und Gewicht gefüttert werden will. Möchte man Benachrichtigungen auf der Verge Lite erhalten und über eingehende Anrufe informiert werden, müssen einige Berechtigungen zugestanden werden, wie die für Kontakte und Telefonfunktionen. Was die Benachrichtigungen anbelangt, kann man im nächsten Schritt eingrenzen, welche auf der Uhr ankommen sollen, und welche nicht, und auch unterdrücken, dass sie sich über das Display schieben, während man die Uhr gerade aktiv verwendet.
Schließlich lassen sich über die App noch persönliche Fitness-Ziele definieren sowie Zeiten, innerhalb derer die Uhr sich meldet, wenn man zu lange still gesessen hat.
Gehäuse und Ausstattung
Es gibt elegantere Uhren, so viel steht mal fest. Das schlichte Design der Huami Smartwatch in dunklem Grau mit hellen Akzenten an Rückseite und Schließe dürfte aber zu vielen Outfits passen und kommt jedem entgegen, der eine unaufgeregte Funktionsuhr sucht. Die beiden 70 und 113 mm langen Seiten des Uhrenbands können abgenommen werden. Informationen über separate Bänder vom Hersteller liegen nicht vor; sofern es sich um die gleiche Bandbreite handelt wie bei der Xiaomi Amazfit Verge, finden sich bei Amazon aber zumindest ein paar farbige Alternativen von Drittanbietern.
Das Gehäuse aus Glasfaser und verstärktem Polycarbonat ist nach IP68 zertifiziert und übersteht demnach ein 30-minütiges Tauchbad in bis zu 1,5 m Tiefe, ohne Schaden zu nehmen. In der Bedienungsanleitung heißt es dennoch, dass die Uhr weder zum Duschen oder Schwimmen geeignet ist, noch für eine Verwendung unter Wasser oder in der Sauna bzw. bei Außentemperaturen von über 40 Grad. Schäden im Rahmen der Gewährleistung können ab Kauf bis zu einem Jahr beanstandet werden.
Das Display hat einen Durchmesser von 43 mm. Einmal vom Smartphone auf die Uhr übertragen, kann man direkt dort im Menü zwischen verschiedenen Zifferblättern mit und ohne Komplikationen wählen. Die Leuchtkraft ist nicht überragend aber ausreichend, um die Lesbarkeit auch bei Sonnenschein zu gewährleisten. Die Einstellung übernimmt ein Helligkeitssensor, alternativ kann man sie über einen virtuellen Schieber regulieren.
Bedienung und Software
Anders als die deutschsprachige App hat die Smartwatch selbst ein englisches Interface. Ein Update mit deutschem Sprachpaket tauchte zumindest im Testzeitraum nicht auf. Das war beim Test der Amazfit Verge anders, daher kann es durchaus sein, dass auch für die Verge Lite noch was nachkommt.
Die Gestensteuerung folgt einem einfachen Schema: Durch seitliches Wischen wechseln sich im Standardmodus Zifferblatt, Puls- und Schrittzähler ab. Letztere benötigt man allerdings nur, wenn man sich für ein schlichtes Zifferblatt entschieden hat, dass diese Infos nicht ohnehin im Display visualisiert. Im Trainingsmodus bringt der Wisch zur Seite die Uhrzeit nach vorn, auf dem Trainingsbildschirm ist sie nicht direkt sichtbar. Von oben her öffnen sich die üblichen Schnelleinstellungen wie Helligkeit, Ruhe- und Energiesparmodus sowie eine Taschenlampe, von untern her weitere Funktionen. Dazu zählen unter anderen Timer, Wecker, Wettervorausschau, Smartwatch-Finder und die Benachrichtigungen. Sie werden beim Hereinkommen kurz eingeblendet, benötigen aber mehrere Wisch- und Tippbewegungen, wenn man sie erst später lesen will. Ein Taschenrechner ist zumindest im Testzeitraum nicht an Bord.
Der einzige Knopf der Uhr führt aus den Funktionen heraus zurück zum Startbildschirm. Von dort aus, also im Startbildschirm gedrückt, startet er die Trainingsaufzeichnung.
Training und Health-Funktionen
Die Amazfit Smartwatch unterscheidet beim Training zwischen Indoor-Aktivitäten und GPS-gestützten Outdoor-Aktivitäten. Zur Wahl stehen für draußen Walking, Outdoor-Running und Outdoor-Cycling, für drinnen Treadmill (Laufband), Indoor-Cycling, Elliptical- bzw. Cross-Trainer und Exercise (Training mit Gewichten / an Geräten). Wie eingangs erwähnt, eignet sich die Amazfit Verge Lite nicht zum Schwimmen. In der App, die leider nicht werbefrei ist, fanden wir die Möglichkeit, weitere Bewegungsmuster erlernen zu lassen, die wir allerdings nicht ausprobiert haben. Welche Sportarten hier vorgesehen sind, zeigt der letzte Screen unter diesem Absatz.
Auch wenn die Route auf dem Smartphone nur rudimentär dargestellt wird (erst auf dem Smartphone wird auch das zugehörige Kartenmaterial ergänzt), ist es ein nettes Feature, direkt nach dem Training einen Blick darauf werfen zu können. Die GPX-Daten lassen sich allerdings nicht exportieren, zumindest nicht direkt. Hier kann unter Umständen die App Mi Fit Exporter für Android helfen, die allerdings Root-Rechte fordert.
GPS ja, Offline-Musik nein: Wer beim Training Musik hören will, muss trotz integriertem GPS das Smartphone mitnehmen, denn die Musikfunktionen der Uhr beschränken sich auf die Steuerung des Players auf dem Smartphone: bei Android werden der native Google-Player und Spotify unterstützt, bei Apple Spotify, Apple Music und SoundCloud.
Auch ohne explizite Aktivierung zeichnet die Verge Lite jede Bewegung auf und protokolliert auch Schlafzyklen, wenn man die Uhr nachts trägt. Das Bewegungsprotokoll liest sich nicht sehr spannend; Schlaf- und Herzrythmusprotokoll liefern aber bei Interesse viele Hinweise und können bei Verdacht auf eventuelle Störungen hilfreich sein. Das Intervall für die Pulsmessung liegt je nach gewählter Einstellung bei 1, 5, 10 oder 30 Minuten und erhöht sich im Trainingsmodus automatisch.
Akku und Laufzeit
Stromsparende Sensoren, darunter ein Ultra-Low-Power GPS-Chip in 28nm-Fertigung von Sony, und optimierte Algorithmen sollen dafür sorgen, dass der 390 mAh-starke Akku die Verge Lite bis zu 20 Tagen am Laufen hält. Und zwar nicht nur im Standby, sondern durchaus in einem praxisnahen Nutzungsszenario. In unserem Test mit mehreren getrackten Wanderungen und Läufen sowie permanenter Pulsmessung im Minutentakt stand die Batterieanzeige nach zwei Wochen immer noch auf 19 Prozent. Darum, und weil der Akku auch zu Testbeginn nicht leer war, können wir die Dauer für eine vollständige Ladung nur so weitergeben, wie Huami sie angibt: in 2,5 Stunden soll die Amazfit Verge Lite wieder für weitere 20 Tage fit sein.
Die Amazfit Verge Lite ist eine ausdauernde, vollwertige Smartwatch zum kleinen Preis (um 89 Euro, beispielsweise bei Amazon). Mit durchgängiger Pulsmessung, regelmäßigen Trainingsaufzeichnungen und typischen Funktionen wie dem Abruf von Wetterinformationen und Benachrichtigungen kann man sich über zwei Wochen auf sie verlassen; trotz generell positiver Tendenz hinsichtlich der Laufzeit smarter Uhren ist das eine hohe Hausnummer.
Eine funktionale Smartwatch mit wochenlanger Laufzeit – das darf ruhig Schule machen.
Wer einen Fitness-Tracker mit integriertem GPS sucht, tut dies allerdings in der Regel, um beim Training vom Smartphone unabhängig zu sein. Ganz rund ist das Funktionsangebot der Verge Lite daher nicht, zumindest für diejenigen, die beim Sport auch gerne Musik hören oder sich gar durch die Beats antreiben lassen. Denn an dieser Stelle fehlt für die völlige Freiheit ein integrierter Player. Sportler werden zudem unter Umständen die Wassertauglichkeit vermissen. Beide Mankos deckt die Fitbit Versa 2 ab, der aber wiederum ein GPS-Empfänger fehlt. Wer bei der Verge Lite die Freisprechfunktion vermisst, sollte sich mal die etwas teurere, ebenfalls GPS-gestützte Amazfit Verge ansehen, die aber in Sachen Laufzeit von der Verge Lite deutlich geschlagen wird.
Alle weiteren Fotos und Bildschirmaufnahmen im Test: Inge Schwabe