Anycubic Kobra 2 3D-Drucker im Test: Der perfekte erste Layer dank LeviQ 2.0
Die Kobra-Serie von Anycubic besteht aus mehreren 3D-Druckern unterschiedlicher Größe, die alle auf dem Prusa/Mendel-Prinzip basieren. Letztes Jahr haben wir bereits den Anycubic Kobra und den Anycubic Kobra Max getestet. In diesem Jahr bekommt die Familie mit dem Anycubic Kobra 2 ein neues Mitglied, das vieles besser machen soll. Mit vielen kleinen Finessen ist es dem Hersteller gelungen, deutliche Verbesserungen zu erzielen. Das Bewegungssystem wurde gleich in allen drei Achsen verbessert und auch den Druckkopf hat Anycubic komplett überarbeitet. Die veraltete USB-Buchse wurde durch eine moderne Typ-C-Buchse ersetzt. Beim automatischen Mesh-Bed-Leveling hilft ein neuer Sensor, genauere Ergebnisse ohne Nachjustierung zu erzielen.
Technische Daten
Ein Großteil der Spezifikationen des Anycubic Kobra 2 wurde direkt vom Vorgängermodell übernommen. Die meisten Änderungen am Gerät sind daher nicht direkt aus unserem Datenblatt ersichtlich. Auf dem Mainboard wurde die USB-B-Buchse durch eine Typ-C-Buchse ersetzt. Die X- und Y-Achse laufen nicht mehr auf Delrin-Laufrollen, sondern auf Kugellagern. Die Z-Achse ist jetzt beidseitig angetrieben und federgelagert. Die beiden auffälligsten Änderungen am 3D-Drucker sind wohl der neue Druckkopf und der vom Anycubic Kobra Max übernommene Filamentrollenhalter. Mit letzterem vergrößert sich leider auch der Platzbedarf des 3D-Druckers drastisch. Ganze 30 cm mehr Breite muss man für den neuen Kobra 2 im Betrieb einplanen.
Anycubic Kobra 2 | |
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Eingesetzte Technologie | FDM, FFF |
Maximales Druckvolumen | 220 × 220 × 250 mm |
Gerätegröße ohne Kabel und Filamentrolle | 48,6 × 43,5 × 44 cm (H × T × B) |
Stellfläche mit Filamentrollenhalter im Betrieb | minimum 64 × 55 cm |
Bewegungssystem | X,Y,Z-Einzelantrieb nach Prusa/Mendel |
Extruder | Direct-Drive-Extruder mit Volcano-Style Hotend 60 Watt Heizpatrone maximal 260 °C |
Druckbett | magnetisches Federstahl-Druckbett mit PEI-Beschichtung beheizt mit 24 V Spannungsversorgung maximal 110 °C |
Automatisches Bed-Leveling | Anycubic LeviQ 2.0 mit induktivem Näherungssensor und Düsensensor |
Steuerplatine Mikrocontroller |
Trigorilla Pro B V1.0.2 Board HDSC hc32f460 |
Firmware des Testgerätes | Anycubic Kobra 2 V2.8.6C Firmware (Marlin Derivate) GCode-Kompatibel |
Schrittmotortreiber | verlötete Schrittmotortreiber mit 256-Schritt Interpolation |
Anschlüsse | microSD, USB-Typ-C |
Steuerung | Touchbildschirm, serielles Interface über USB |
Spannungsversorgung | internes 110 V - 240 V zu 24 V Netzteil |
Herstellerseite | Anycubic |
Konstruktion und Kabelmanagement
Die Basis und der Torbogen des 3D-Druckers bestehen weiterhin aus V-Slot-Aluminiumprofilen. Auch die obere Traverse besteht noch aus Kunststoff. Das Bauteil wurde anscheinend vom Kobra direkt übernommen. Die Montagemuttern für den alten Rollenhalter sind hier noch vorhanden. Neben dem deutlich veränderten Druckkopf fällt uns beim Auspacken die erste größere Neuerung an der Rückseite des Druckbetts auf. Hier befindet sich nun ein Sensor, mit dem der Düsenabstand vom Drucker genau bestimmt werden kann. Nachkalibrieren beim automatischen Mesh-Bed-Leveling gehört somit fast der Vergangenheit an. Schnell fallen dann auch die neuen Silberstahlachsen auf, auf denen der Druckkopf und das Druckbett mit entsprechenden SG15-Kugellagern laufen. Diese Änderung ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen ist die neue Konstruktion wesentlich abriebfester und sollte eine höhere Laufruhe vorweisen. Zum anderen müssen die Silberstahlachsen aber wesentlich öfter gereinigt werden und sollten immer gut geschmiert sein. Hierfür empfiehlt sich ein entsprechendes Feinmechaniköl. Für die Z-Achse sind weiterhin Delrin-V-Rollen in Verwendung. Allerdings wird sie nun auf beiden Seiten angetrieben und kommt mit der gleichen Mechanik wie beim Kobra Max. Die T8-Muttern werden hier federgelagert und können so Fertigungsungenauigkeiten ausgleichen.
Die Konstruktion des 3D-Druckers bleibt also stabil und größtenteils winklig. Eine Ausnahme bildete in unserem Fall der Befestigungswinkel des Nema 17 Schrittmotors auf der Rückseite des 3D-Druckers. Dieser war bei unserem Testgerät leicht verbogen. Dadurch konnte der Antriebsriemen der Y-Achse nicht richtig gespannt werden und rutschte immer wieder gegen die Begrenzung des Antriebsrades. Der Fehler, welcher auch ein kleiner Transportschaden sein könnte, lies sich jedoch beheben. Dazu haben wir den Riemen vollständig entspannt und anschließend die Winkel auf 90° zurückgebogen.
Leider hat sich auch am Kabelmanagement des Kobra nichts Wesentliches geändert. Allerdings verschlimmert der neue Filamentrollenhalter nun die Situation. Egal wie man ihn montiert, der Kabelstrang zum Extruder schleift immer am Filament, an der Filamentrolle oder direkt am Halter. Insgesamt kommen hier die beiden bewegten Kabelstränge zu oft mit festen Bauteilen in Berührung.
Mainboard
Das Trigroilla Pro Board ist hier in der Version B zu sehen. Es ist eine Eigenentwicklung von Anycubic und bietet durch viele proprietäre Anschlüsse leider nur wenige Aufrüstmöglichkeiten.
Die eigentliche Neuerung ist hier ein USB-C-Anschluss.
Als Mikrocontroller kommt auf dem Board ein HDSC hc32f460 zum Einsatz. Der 32-Bit-Chip mit Cortex-M4-Kern läuft mit 200 MHz. Damit verfügt Anycubic Kobra 2 über ausreichend Rechenleistung.
Enttäuschenderweise müssen wir feststellen, dass Anycubic noch immer nicht alle Kabelenden mit Kabelschuhen ausstattet. Zwei der Litzen sind weiterhin verzinnt. Mit der Zeit kann das Lötzinn fließen und somit die elektrische Verbindung schwächen.
Aufbau und Einrichtung
Für den Versand ist der 3D-Drucker in vier Baugruppen zerlegt. Der Zusammenbau stellt keine große Schwierigkeit dar. Insgesamt elf Schrauben müssen für die Montage eingedreht werden. Die benötigten Inbusschlüssel sowie weiteres Werkzeug werden von Anycubic mitgeliefert. Zuletzt haben wir beim AnkerMake M5 gesehen, wie einfach die Montage eines 3D-Druckers sein kann, wenn der Hersteller die Verpackung als Montagehilfe vorsieht. Das ist bei Anycubic nicht der Fall. Hier ist vor allem die Montage des Torbogens etwas knifflig. Die langen Schrauben müssen irgendwie von unten eingedreht werden. Dazu kann der Sockel gekippt oder über die Tischkante gelegt werden. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass auf der linken Seite des Druckers ein Kabelstrang das Loch für eine Schraube teilweise verdeckt. Ist der Bogen montiert, werden Bildschirm und Druckkopf an den entsprechenden Stellen befestigt. Alle Kabel sind beschriftet, so dass die Zuordnung zu den entsprechenden Buchsen nicht schwierig ist. Für die komplette Montage benötigten wir etwa 20 Minuten.
Nach dem Zusammenbau kann der Anycubic Kobra 2 sofort in Betrieb genommen werden. Auf der SD-Karte befinden sich bereits vier druckfertige Dateien. Außerdem befindet sich eine Kopie des Prusa Slicer 2.5 und eine entsprechende Konfigurationsdatei auf der SD-Karte. Vor dem ersten Druck sollte jedoch das Bed-Leveling Programm durchlaufen werden. Mittels Induktionssensor und Düsensensor ermittelt der Kobra 2 völlig selbständig den Abstand zwischen Düse und Druckbett über die gesamte Fläche. Ein manuelles Einstellen der 220 x 220 mm großen Druckfläche ist weder nötig noch möglich.
Wir haben uns entschieden, zunächst ein klassisches 3D-Benchy direkt aus den mitgelieferten Dateien zu drucken. Die Unterseite des fertigen Objekts zeigt hier, dass die Ergebnisse des Auto-Levelings nicht ganz perfekt waren. Vor dem nächsten Druck haben wir im Menü des Kobra 2 den Düsenabstand um 0,05 mm verringert.
Steuerung
Wie die meisten 3D-Drucker von Anycubic wird auch der Kobra 2 über einen Touchscreen gesteuert. Die Bedienoberfläche ist im Auslieferungszustand englisch und kann auf chinesisch umgestellt werden, weitere Sprachen beherrscht der 3D-Drucker nicht. Vom Startbildschirm aus gelangt man in vier klar strukturierte Untermenüs. Gespeicherte GCodes, Temperatur, Druckgeschwindigkeit, Lüftersteuerung und Mesh-Bed-Leveling sind vom Startbildschirm aus erreichbar. Wer mehr Informationen oder Steuerungsmöglichkeiten haben möchte, kommt um Programme wie Pronterface und die serielle Verbindung über USB nicht herum.
Um eine 3D-Datei in den GCode umzuwandeln, welchen der 3D-Drucker versteht, ist ein entsprechendes Programm notwendig. Bisher wurde von Anycubic der Slicer Ultimaker Cura mit entsprechenden Konfigurationsdateien ausgeliefert. Auf der SD-Karte des Kobra 2 ist jedoch eine Installationsdatei für Prusa Slicer zusammen mit einer entsprechenden Konfigurationsdatei enthalten. Wer sich mit dem Programm nicht anfreunden kann, muss wohl eine eigene Konfigurationsdatei für Cura erstellen. Der Prusa Slicer steht Ultimaker Cura jedoch in nichts nach und kann auch mit der gleichen Arachne Slice Engine aufwarten. Warum Anycubic diese in der Konfigurationsdatei nicht standardmäßig aktiviert hat, können wir nicht nachvollziehen, denn Arachne sorgt für eine wesentlich bessere Druckqualität und kürzere Druckzeiten. Auch die Geschwindigkeiten sind von Anycubic eher konservativ festgelegt, bedenkt man noch, dass der Hersteller mit einer Druckgeschwindigkeit von bis zu 250 mm/s für den 3D-Drucker wirbt.
Leistung
Anycubic weckt mit dem Werbeversprechen von 250 mm/s hohe Erwartungen. Im Praxistest erscheinen eher 150 mm/s realistisch. Während die kraftvolle Kombination aus Extruder und Hotend genügend Kunststoff fördern kann, um auch mehr als 250 mm/s zu erreichen, ist es hier das Bewegungssystem, das die Geschwindigkeit begrenzt. Selbst bei den von Anycubic empfohlenen 150 mm/s zeigen die Druckergebnisse deutliche Spuren einer zu hohen Geschwindigkeit. Hinzu kommt, dass die Einstellungen des Kobra 2 eigentlich relativ geringe Beschleunigungen von 2.500 mm/s vorsehen. Um bei diesem Beschleunigungswert 250 mm/s zu erreichen, müssten gerade Linien von mindestens 50 mm Länge vorhanden sein. Trotzdem produziert der 3D-Drucker Objekte von mehr als akzeptabler Qualität.
Druckbett
Das Druckbett der Anycubic Kobra 2 besteht ebenfalls aus einem mehrschichtigen Aufbau. Die Basis bildet hier eine ca. 2 mm dicke Aluminiumplatte. Diese wird von der Unterseite her beheizt. Auf der Oberseite ist nahezu vollflächig eine Magnetfolie aufgeklebt. Darauf ist die Magnetdruckplatte aus PEI-beschichtetem Federstahl aufgebracht. Die PEI-Beschichtung ist stark aufgeraut und sorgt für eine gute Haftung. Voraussetzung ist allerdings, dass die Oberfläche sauber und fettfrei ist, sowie über die Glasübergangstemperatur des Filamentes erwärmt wurde. Da PEI sehr chemikalienbeständig ist, kann zur Reinigung auch Natronlauge, Aceton oder Alkohol verwendet werden.
Das Druckbett ist auf der Unterseite nicht isoliert. Dies kann mit geringem Aufwand nachgerüstet werden, ohne Isolierung verbraucht der 3D-Drucker mehr Strom und das Druckbett weist größere Temperaturunterschiede auf. Das Wärmebild zeigt am Testgerät Temperaturen zwischen 53,6 °C und 58,4 °C bei einer Zieltemperatur von 60 °C. Bei einer Raumtemperatur von 22.6 °C heizt sich das der Kabelstrang zum Druckbett auf 34.6 °C auf. Die geringe Aufheizung zeugt von einem gut gewählten Kabelquerschnitt zum Druckbett. Bis zu 400 Watt muss das Kabel übertragen. Die Betriebstemperatur von 60 °C für den Druck von PLA wird damit innerhalb von rund 100 Sekunden erreicht. Maximal kann das Druckbett auf 110 °C aufgeheizt werden. Dazu werden mehr als 5 Minuten benötigt.
LeviQ 2.0 Automatisches Mesh Bed Leveling
In der Praxis des 3D-Drucks entscheidet eine gute erste Schicht oft mehr als alles andere über Erfolg oder Misserfolg eines 3D-Drucks. Mit LeviQ 2.0 nimmt der Anycubic Kobra 2 dem Anwender einen weiteren Schritt zur optimalen Einstellung des 3D-Druckers ab. Wie wir im Test feststellen konnten, muss aber auch dieser Prozess zunächst vom Anwender eingestellt werden. Es ist jedoch nur ein einziger Schritt, der hier für ein perfektes Ergebnis sorgt. Nach dem Aufbau des 3D-Druckers ist es wichtig, die Position des Sensors in der Firmware richtig einzustellen. Wenn die Filamentdüse den Sensor genau in der Mitte trifft, sind die Ergebnisse von LeviQ 2.0 nahezu perfekt. Dies haben wir anfangs nicht beachtet, wodurch der Düsenabstand zum Druckbett beim ersten 3DBenchy zu groß und beim Notebookcheck FDM-Test zu klein war. Erst gegen Ende der Testperiode wurde uns dieser Fehler bewusst.
LeviQ 2.0 vermisst das Druckbett mit einem induktiven Näherungssensor an 25 Punkten. Anschließend wird die Düse am Extruder aufgeheizt, am Silikonpad gereinigt und ebenfalls vermessen. Der Endanwender muss den Prozess nur noch über das Menü auf dem Touchscreen starten. Den Rest erledigt die Anycubic Kobra 2 selbstständig. Der Vorgang dauert etwa fünf Minuten.
Hotend und Extruder
Die wohl auffälligsten Änderungen an der neuen Kobra 2 sind das Hotend, der Extruder und die gesamte Konstruktion des Druckkopfes. Der Extruder sitzt direkt über dem Hotend, ist also nach wie vor ein Direct Drive Extruder. Aber keine Komponente bleibt, wie sie ist. Der Heizblock und die Düse sind jetzt im Volcano-Format. Von beiden Seiten wird das Filament im Extruder von einem NEMA 17 Schrittmotor angetrieben. Dieser ist so montiert, dass sein Schwerpunkt ungefähr über der X-Achse des Druckers liegt. Dadurch ist der gesamte Druckkopf deutlich besser ausbalanciert als beim Vorgängermodell.
Das Volcano Hotend wird mit bis zu 60 Watt beheizt. Damit ist es innerhalb weniger Sekunden auf Betriebstemperatur und kann diese auch bei hohen Durchflussmengen halten.
Ein 4,8-Watt-Lüfter sorgt dafür, dass das frisch gedruckte Filament schnell abkühlt. Ihm hat Anycubic eine Düse aus dem 3D-Drucker vorgeschaltet, die den Luftstrom ziemlich genau an der 0,4 mm Filamentdüse vorbeiführt.
Im Praxistest der Druckgeschwindigkeit lieferte der Extruder zuverlässig einen Volumenstrom von mehr als 24 mm³/s und wäre damit für Druckgeschwindigkeiten jenseits der 250 mm/s bestens geeignet. Leider kann das Bewegungssystem bei diesen hohen Geschwindigkeiten nicht mithalten. Trotz sauberer, frisch geschmierter Achsen kommt es bei Druckgeschwindigkeiten von über 240 mm/s zu erheblichen Vibrationen am Gerät. Diese waren so heftig, dass wir uns hier gezwungen sahen, den Praxistest der Druckgeschwindigkeit abzubrechen.
Ein kleiner Kritikpunkt am Hotend ist der PTFE-Inliner. Auch beim Kobra 2 reicht der Kunststoff, welcher nicht über 270 °C erhitzt werden sollte, bis in die Heizzone.
Druckqualität
Auf den ersten Blick sieht das, was der Anycubic Kobra 2 fabriziert, gut aus. Wir haben unsere Testdatei vom Prusa Slicer verarbeiten lassen. An den von Anycubic vorgeschlagenen Einstellungen haben wir nur eine Kleinigkeit geändert. Der Perimeter Generator wurde auf Arachne umgestellt.
Wenig Stringing, gute Überhänge bis 70°, geringe Fertigungstoleranzen und vor allem ein wiederholbar gutes Druckbild können wir so am Ergebnis feststellen. Die beiden Teile, welche sich nach dem Druck bewegen lassen sollten, lösten sich hier extrem leicht vom restlichen Objekt. Die Probleme des 3D-Druckers liegen auch hier eindeutig nicht beim Extruder. Die Werte für Beschleunigung und Ruck sind hier vom Hersteller wohl zu hoch angesetzt. Dies ist vorwiegend an den Kanten zu erkennen. Zum einen sehen wir an mehreren Stellen sogenanntes Ghosting durch Schwingungen, die nach Richtungswechseln auftreten. Deutlicher wird die übertriebene Beschleunigung jedoch an Kanten. An diesen schießt der Druckkopf beinahe immer über das Ziel hinaus. Es ergeben sich daraus Auswölbungen. An diesen Stellen werden die Fertigungstoleranzen von FDM-Druck deutlich überschritten.
Auch in der Praxis zeigen sich über alle Versuche hinweg die gleichen Stärken und Schwächen, welche wir mit unserer Testdatei feststellen konnten. Dem Anycubic Kobra 2 fehlt es etwas am Feintuning. Diese Einstellungen lassen sich vom Anwender selbst setzen oder man kann auf das erste Firmware-Update von Anycubic warten. Erfahrungsgemäß setzt der Hersteller solche Anpassungen zügig um und stellt entsprechende Updates bereit.
Sicherheit
Wie immer haben wir auch bei diesem Drucker versucht, alle möglichen Temperaturfehler auszulösen. Der Anycubic Kobra 2 reagierte auf alle Szenarien zuverlässig. Egal ob ein Temperatursensor nicht angeschlossen war, kurzgeschlossen wurde oder zu stark von den erwarteten Werten abwich, der 3D-Drucker schaltete alle Heizelemente konsequent ab. Dies ist ein wesentliches Sicherheitsmerkmal, das Schäden am 3D-Drucker und im schlimmsten Fall Brände verhindern kann. Dass der Anycubic Kobra 2 bei Temperaturabweichungen keinen höhrbaren Alarm auslöst, ist vielleicht der einzige Kritikpunkt. Es wird lediglich eine Fehlermeldung angezeigt.
Wie wir auch beim AnkerMake M5 bemängelt haben, sollte die Maximaltemperatur von Hotends mit PTFE-Inliner nicht höher als 250 °C sein. Am Anycubic Kobra 2 sind bis zu 260 °C einstellbar. PTFE, besser bekannt unter dem Markennamen Teflon, kann bei einer Temperatur von über 260 °C giftige Dämpfe ausgasen.
Zur Sicherheit trägt auch der nun durchgehende Schutzleiter bei. Alle Metallteile des Kobra 2 sind mit dem Schutzleiter verbunden. Dafür hat Anycubic teilweise zusätzliche Kabel durch den Kabelbaum bis zum Extruder gezogen.
Beim Schutz vor dem Einklemmen an bewegten Bauteilen fehlt uns jedoch ein Schritt. Das Antriebsrad der Y-Achse könnte hier mit einer Abdeckung versehen werden, um die Sicherheit des 3D-Druckers weiter zu erhöhen. Prinzipiell sollte man jedoch auch daran denken, dass es bei der offenen Bauweise des Anycubic Kobra 2 auch viele weitere Gefahrenquellen gibt. So sind beizte und bewegte Bauteile immer leicht erreichbar. Auch die eventuell schädlichen Ausdünstungen von erhitztem Plastik können sich im Raum verteilen.
Emmisionen
Bis zu 59 dB(A) wurden mit dem Voltcraft SL10 Schallpegelmessgerät in einem Meter Entfernung vom 3D-Drucker während des Betriebs gemessen. Zusammen mit den starken Vibrationen bei maximaler Geschwindigkeit des Druckers steigt dieser Wert auf bis zu 72 dB(A). Einen großen Anteil am normalen Betriebsgeräusch hat der Objektlüfter im Druckkopf. Um das Betriebsgeräusch zu reduzieren, kann der Lüfter in bestimmten Situationen gedrosselt oder ganz abgeschaltet werden. Prusa Slicer ist in der Lage, den Lüfter situationsabhängig zu steuern. So ist es möglich, die minimale Lüfterdrehzahl von 100 % auf einen niedrigeren Wert zu reduzieren. Das macht den Drucker nicht nur leiser, sondern senkt auch den Stromverbrauch. Ein Großteil der beim 3D-Druck benötigten Energie wird für das Aufheizen und Nachheizen des Druckbetts benötigt. Je weniger Luft über dem Druckbett zirkuliert, desto geringer ist der Energieverbrauch.
Durch die offene Bauweise verteilen sich auch Gerüche und Dämpfe der geschmolzenen Kunststoffe im Raum. Je nachdem, welche Kunststoffe mit dem 3D-Drucker verarbeitet werden, können die Ausdünstungen unangenehm riechen oder sogar gesundheitsschädlich sein.
Energieaufnahme
Mit einer Leistungsaufnahme von bis zu 430 Watt muss man beim Anycubic Kobra 2 rechnen. In der kurzen Aufheizphase des 3D-Druckers ermittelt das Voltcraft SEM6000 eine durchschnittliche Energieaufnahme von 380 Watt. Während des Druckens liegt die Energieaufnahme zwischen 140 und 160 Watt. Damit ist der 3D-Drucker deutlich energiehungriger als viele andere Geräte der gleichen Größe. Absoluter Spitzenreiter beim Energiesparen ist in unseren Tests noch immer der Artillery Genius Pro. Mit rund 75 Watt während des Druckens benötigt dieser 3D-Drucker nur die halbe Leistung des Kobra 2.
Aus den stark streuenden Messergebnissen lässt sich auch ableiten, dass die in der Firmware hinterlegten PID-Werte vermutlich etwas von der Realität abweichen. Durch ein PID-Tuning könnten stabilere Temperaturen und bestenfalls eine etwas geringere Leistungsaufnahme erreicht werden. Bei einem guten PID-Tuning wird nur so viel Energie zugeführt, wie zum Halten der Solltemperatur erforderlich ist.
Fazit
Ein komplett neuer Druckkopf, neue Führungsschienen auf der X- und Y-Achse und das neue Anycubic LeviQ 2.0 Bed-Leveling sind die drei wichtigsten Upgrades vom Anycubic Kobra zum Kobra 2. Damit wird der 3D-Drucker etwas schneller, aber vor allem komfortabler in der Bedienung. Das Nachjustieren am Bed-Leveling entfällt komplett. Für Einsteiger dürfte dies eine interessante Neuerung sein, denn ein 3D-Druck steht und fällt mit einer guten ersten Druckschicht. Bis zur Markteinführung des Kobra 2 sind es zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Testberichts noch einige Tage. Diese sollte Anycubic nutzen, um die letzten Feineinstellungen zu verbessern. Dann könnte der Kobra 2 zu einem Preis-Leistungs-Tipp werden. Denn mit rund 300 Euro ist der 3D-Drucker erschwinglich.
Negativ fallen jedoch die gleichen Kritikpunkte auf, die wir bisher bei allen Kobra 3D-Druckern gesehen haben. Ein nur mittelmäßiges Kabelmanagement, verzinnte Kabel und nur wenige Steuerungsmöglichkeiten über den Touchscreen. Beim Kobra 2 hat sich der Eindruck des schlechten Kabelmanagements im Zusammenspiel mit dem neuen Filamentrollenhalter noch verstärkt.
Im Vergleich zum Vorgängermodell hat Anycubic beim Kobra 2 Detailverbesserungen vorgenommen, die jedoch großen Einfluss auf die Nutzbarkeit des 3D-Druckers haben. Längere Wartungsintervalle und eine schnellere Einrichtung auch für 3D-Druck-Neulinge sind zu erwarten.
Vor allem bei der Wartung soll der neue 3D-Drucker von Anycubic deutlich weniger Aufwand erfordern als seine Vorgänger. Statt schnell verschleißender Delrin-Rollen sind SG15-Kugellager in Kombination mit Achsen aus Silberstahl wesentlich leichter zu reinigen und langlebiger. Solange die Achsen regelmäßig entstaubt und geölt werden, sollte der Wartungsaufwand gering sein. Der Umstieg vom Ultimaker Cura auf den Prusa Slicer ist dagegen sicher nicht für jeden Anwender ein einfacher Schritt. Die Ergebnisse beider Programme sind jedoch gleichwertig.
Letztlich unterscheidet sich der 3D-Drucker kaum von Konkurrenten wie Anycubic Kobra, Artillery Genius Pro oder VoxeLab Aquila. Es sind die Details, die die 3D-Drucker voneinander unterscheiden. Mittlerweile ist das Leistungsspektrum moderner 3D-Drucker sehr ähnlich.
Preise und Verfügbarkeit
Der Anycubic Kobra 2 ist ab 25. Mai 2023 direkt beim Hersteller erhältlich. Im hauseigenen Shop bietet Anycubic den 3D-Drucker für rund 300 Euro an. Beim Versand aus China können Importzölle anfallen.
Quellen
Transparenz
Die Auswahl der zu testenden Geräte erfolgt innerhalb der Redaktion. Das vorliegende Testmuster wurde dem Autor vom Hersteller unentgeltlich zu Testzwecken überlassen. Eine Einflussnahme auf den Testbericht gab es nicht, der Hersteller erhielt keine Version des Reviews vor der Veröffentlichung. Es bestand keine Verpflichtung zur Publikation. Unsere Reviews erfolgen stets ohne Gegenleistung oder Kompensationen. Als eigenständiges, unabhängiges Unternehmen unterliegt Notebookcheck keiner Diktion von Herstellern, Shops und Verlagen.
So testet Notebookcheck
Pro Jahr werden von Notebookcheck hunderte Laptops und Smartphones unabhängig in von uns standardisierten technischen Verfahren getestet, um eine Vergleichbarkeit aller Testergebnisse zu gewährleisten. Seit rund 20 Jahren entwickeln wir diese Testmethoden kontinuierlich weiter und setzen damit Branchenstandards. In unseren Testlaboren kommt ausschließlich hochwertiges Messequipment in die Hände erfahrener Techniker und Redakteure. Die Tests unterliegen einer mehrstufigen Kontrolle. Unsere komplexe Gesamtbewertung basiert auf hunderten fundierten Messergebnissen und Benchmarks, womit Ihnen Objektivität garantiert ist. Weitere Informationen zu unseren Testmethoden gibt es hier.