Wenn ein Anker-256-Wh-Powerhouse ohne Gefahrgutdeklaration verschickt wird
Der Autor dieser Zeilen staunte nicht schlecht, als er von seinem DHL Paketshop eine 521 Portable Power Station (Powerhouse 256Wh) von Anker abholen musste. Zum einen gab es weder eine Paketbenachrichtigung noch einen tatsächlichen Zustellversuch, noch hätte das Paket überhaupt als DHL Paket verschickt werden dürfen. Aber der Reihe nach.
Auch als Notebookcheck-Redakteur kann man sich einem gewissen Technikshoppingtrieb nicht entziehen und der Amazon Prime Day war eine gute Gelegenheit, sich einen etwas größeren Reserveakku in den Haushalt zu holen. Mit rund 270 Euro ist die Power Station von Anker deutlich reduziert angeboten worden. Dafür gibt es 256 Wattstunden Kapazität, eine Schukodose, eine Autodose, 2 x USB Typ A, 1 x USB Typ C und ein Notlicht.
Nach kurzer Überlegung wanderte das Gerät in den Warenkorb. Erste Auffälligkeit: Die Lieferung an meine Paketshops war nicht möglich. Das ist auch logisch, Gefahrgut darf dort nicht direkt hin geliefert werden und so eine Power Station ist Gefahrgut.
DHL liefert nur noch direkt an den Paketshop
Die Lieferung kam schnell. Zumindest theoretisch, denn das DHL-Lieferpersonal konnte angeblich nicht zustellen. Das ist in der Gegend des Autors nicht unüblich. Seit über einem Jahr stellt DHL direkt in die Filiale zu und liefert auch keine Paketbenachrichtigungen ab. Dem Vernehmen nach ist die Tour zu groß, sodass dem Fahrer nichts anderes übrig bleibt, um die Quote zu schaffen. Als Folge landete die Power Station in einem der Paketshops, die wie Pilze aus dem Boden sprießen und dafür sorgen, dass die großen von der Postbank betriebenen Filialen geschlossen werden.
Bei der Entgegennahme fielen dann zwei Dinge auf. Zum Einen fehlte eine Deklaration des Inhalts. Der Paketshopbetreiber war sichtlich überrascht, dass er Gefahrgut bei sich zu lagern hatte. Es handelt sich um eine Filiale, die gar nicht für den Empfang solcher Waren vorgesehen ist, doch dazu später mehr.
Anker in China versendete korrekt nach Deutschland
Der zweite Punkt war, dass das Paket in einem größeren Paket verpackt war. Das ist an sich auch nicht ungewöhnlich, doch im Inneren fand sich ein versandfähiger Umkarton, der die Herkunft offenbarte und den Umstand, dass Anker International den Versand an die deutsche Zentrale korrekt vornahm. Das Paket war als UN 3480 Gefahrgut deklariert und wurde mit einem Warnaufkleber versehen, dass der Transport im Frachtraum von Passagierflugzeugen verboten ist.
Das per UPS international verschickte Paket hat zudem einen Aufkleber von UPS, der das Gefahrgut bestätigte ("Dangerous Goods UPS Accepted"). Das Versandlabel verweist auf Gefahrgut entsprechend der International Air Transport Association (Iata) per DGD und auch die Kapazität ist auf dem Paket neben einem viereckigen Batterielogo mit der Ziffer 9 zu finden.
Versendet wurde das Paket in dieser korrekten Form an die Firma Intergo in Pfungstadt nahe Darmstadt. Diese agiert offenbar als Anker Direct, wie Amazon-Bestellungen zu entnehmen ist: "Verkauf und Versand durch AnkerDirect DE". Anker Direct sitzt allerdings in Birmingham, UK.
Versand per DHL Standardpaket ist nicht zulässig
Die Fehler wurden also erst dort begangen und sind nicht ohne, wie weitere Recherchen ergaben. Denn der Versand von über 100 Wattstunden ist per DHL Paket grundsätzlich nicht erlaubt. Wenn etwas passiert, was zugegebenermaßen unwahrscheinlich ist, zumal Anker auf LFP-Akkus setzt, haftet der Versender für alle Schäden. Die Power Station hätte also mit dieser Versandart – auch bei korrekter Deklaration – gar nicht auf den Weg gehen dürfen.
Im Bereich unter 100 Watt gibt es hingegen diverse Sondervorschriften. In der Regel gilt auch hier eine Deklarationspflicht. Wie die Konzernpressestelle DPDHL angab, gibt es aber auch hier Ausnahmen, etwa für eingebaute Knopfzellen oder geringere Mengen an eingebauten Zellen und eingesteckte Wechselbatterien etwa. Details dazu finden sich in den entsprechenden Gefahrgutregeln für DHL Paket, die allerdings nicht einfach zu verstehen sind, da man sich mit Begriffen wie ADR, UN oder zahlreichen Absätzen in diversen Regelsätzen auskennen muss.
Der Versand von mehr als 100 Wattstunden erfordert eine Schulung
Gefahrgut, wie es Anker im vorliegenden Fall verschickte, muss stattdessen per DHL Express oder einem anderen Dienstleister verschickt werden. Beim Versand bemüht sich das Versandunternehmen, das Gut möglichst schnell abzugeben. Dazu kommt, dass nicht jede Paket-Filiale von DHL Express bedient wird. Der eingangs erwähnte DHL Paketshop verwaltet keine DHL-Express-Lieferungen. Dafür ist eine ein paar hundert Meter weiter entfernte Post-Partnerfiliale zuständig. Erkennbar sind diese oft an mehr offiziell aussehendem Interieur.
Mit anderen Worten, der Filialleiter des Paketshops muss im Zweifel nicht wissen, wie Gefahrgut zu handhaben ist und muss auch keine entsprechenden Lieferungen erwarten. Trotzdem ist der Vorfall nicht zu unterschätzen. Laut DHL ist nämlich für den Versand solcher Akkupakete eine spezielle Schulung nach Personalkategorie 1 notwendig. Wer die nicht hat, darf solche Pakete nicht versandbereit machen. Solche Schulungen sind teuer, dürfen nur Schulungsanbietern durchgeführt, die vom Luftfahrtbundesamt zugelassen wurden und können mehrere Hundert Euro je Person kosten.
Da Gefahrgut zum Geschäft von DHL Express gehört, sind die Informationen auf der Webseite entsprechend umfangreich. So ist etwa auch der internationale Versand möglich, was per DHL Paket weitestgehend ausgeschlossen ist.
Das mit den Regeln nicht zu spaßen ist, zeigt auch eine Warnung der DHL: "Der Versender hat die Verpflichtung, kein "verstecktes Gefahrgut" in Umlauf zu bringen. Zuwiderhandlungen sind von DHL Express als Ordnungswidrigkeiten anzuzeigen und können bei Ahndung durch die Behörden mit Bußgeldern belegt werden." heißt es etwa auf der Webseite. Den als Gefahrgut deklarieren Karton in einen weiteren Karton ohne Deklaration zu verpacken dürfte wohl darunter fallen.
Anker: Es wurde ein Fehler beim Verpacken gemacht
Auf die Problematik angesprochen reagierte Anker bereits am Montagabend und bat um einen weiteren Tag für eine Reaktion, da auch die chinesischen Zentrale involviert wurde und Nachforschungen notwendig waren. Am Mittwoch Mittag reagierte das Unternehmen dann mit einer Stellungnahme. Das Paket wurde "irrtümlicherweise [um] eine normale Umverpackung ergänzt und daraufhin normal mit DHL verschickt."
Das Unternehmen versichert zudem, an den Prozessen zu arbeiten. "Wir entschuldigen uns für diesen Fehler und haben die Kommunikation sowie die Arbeitsweise mit den Logistik-Drittparteien noch einmal verstärkt." Hiermit ist offenbar Intergo gemeint. Eigentlich hätte das Paket über die "bewährte Versandart über UPS mit Gefahrengut-Einstufung" verschickt werden müssen, so Anker.