Test Thok MIG HT-R E-Bike - Überzeugender Sonderling
E-Mountainbikes sind kaum noch wegzudenken aus den Bergen. Viele aktuelle Modelle tarnen sich, setzen auf immer kleinere, versteckte Motoren und und verstauen die Akkus verschämt im Unterrohr. Unser Testbike, das Thok Mig HT-R, ist da anders. Es trägt seinen Akku ganz offen am Unterrohr, noch dazu an der "falschen" Seite, zumindest wenn man sich die Mitbewerber anschaut. Das Mig HT ist das einzige Hardtail des italienischen Herstellers, der ausschließlich E-Mountainbikes baut. Wir fahren das -R, das Topmodell der Serie.
Ausstattung und Optik - Durchdachte Komponentenwahl im Topmodell
Das Mig HT-R gibt es lediglich in einer Farbe - silber. Der Käufer kann den Rahmen mit seinem Namen auf dem Oberrohr individualisieren lassen, das ist im Kaufpreis inklusive. Der Rahmen selber besteht aus Aluminium. Der Antrieb stammt von Shimano, es kommt ein Steps E7000-Motor zum Einsatz der bis zu 60 Nm Drehmoment liefert. Das ist weit weg von aktuellen Spitzenmodellen. Doch der Antrieb soll in Verbindung mit dem relativ kleinen (504 Wh) Akku helfen, Gewicht zu sparen.
Geschaltet wird mit Sram-NX-Komponenten. Die Kettenschaltung hat 11-Gänge, die Bandbreite der Übersetzung überzeugt im Test. Sowohl steile Anstiege im Gebirge als auch schnelle Passagen in der Eben stellen für die Schaltung kein Problem dar. Die Bremse kommt ebenfalls von Sram. Die Guide T beißt vorne in 200 und hinten in 180 Millimeter Scheiben. Der Druckpunkt könnte zwar knackiger sein, dafür zeigt sich die Anlage auch bei langen Abfahrten stabil und vermittelt Sicherheit.
Gut gefällt uns die 120 Millimeter RockShox Recon RL Federgabel. Sie spricht sensibel an, zeigt sich bei langen Anstiegen relativ neutraul - auch wenn sie nicht gesperrt werden kann - und hat auf Wurzelpassagen und bei Stufen noch Reserven. Weniger überzeugend arbeitet die hydraulisch absenkbare Sattelstütze von KS. Zwar offeriert sie mit 170 Millimetern Arbeitsweg genug Platz für Gewichtsverteilung bei Abfahrten, das Arbeitstempo ist aber mäßig. Außerdem hat sie schon im Neuzustand Spiel in Querrichtung. Im Test viel zudem die Ansteuerung zweimal aus, weil sich eine Mutter löste.
Ausstattung | |
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Schaltung | Sram NX 1x11 |
Bremsen | Sram Guide T Disc 200/180 mm |
Gabel: Rockshox Recon RL Boost 120 mm | |
Akku | 504 Wh |
Motorleistung | 250 W |
Max. Drehmoment | 60 Nm |
Gewicht Akku | 2,63 Kg |
Gesamtgewicht (mit Pedalen) | 22,2 Kg |
Insgesamt gefällt der Mix der Anbauteile. Lenker, Vorbau und Griffe stammen von Thok bzw. sind entsprechend gebrandet. Die Ergonomie überzeugt auf Anhieb, der Tester ist 185 cm groß und fährt Rahmengröße L. Unser Testrad bringt fahrfertig mit Flaschenhalter und Kunststoffpedalen 22,2 Kilogramm auf die Waage.
Der Akku kann sowohl am Rad als auch ausgebaut geladen werden. Er wird von einer Hartplastik-Abdeckung gegen Stöße und Steinschläge geschützt. Die Abdeckung wird über einen Drehverschluss gesichert, der Akku selber zusätzlich über ein Schloss, das seitlich öffnet. Ein Herausfallen ist damit unmöglich.
Negativ aufgefallen ist das schwache Ladegerät, das lediglich mit 75 Watt lädt. Damit dauert es über sechs Stunden einen komplett entladenen Akku wieder vollzuladen. Viel zu lange für eine kurze Zwischenladung, um gleich wieder aufzubrechen. Auf einer 25 Kilometer langen Tour im Trailmodus über zwei Stunden mit 780 Höhenmetern entlud sich der Akku von fünf auf zwei Balken Kapazität laut Borddisplay.
Eine Besonderheit des Mig HT ist das Tourer-Kit. Für 170 Euro bietet Thok ein Set aus Schutzblechen, Gepäckträger, Seitenständer, Lichtanlage und Straßenreifen. Damit soll sich das Mig in kurzer Zeit von einem potenten Trailbike zu einem Rad für Pendler umbauen lassen. Unser Testrad kam ohne Tourer-Kit.
Smarte Funktionen - Individualisierung via Shimano-App
Der Shimano-Antrieb hat drei Unterstützungsstufen: Eco, Trail und Boost. Gestartet wird das System über eine Taste am Akku. Die Stufen können über zwei Tasten am linken Griff gesteuert werden, die gut erreichbar sind.
Über die App E-Tube Projekt können die einzelnen Unterstützungsstufen individualisiert werden, die Verbindung funktioniert via Bluetooth. Es stehen drei konfigurierbare Profile zur Auswahl. In jedem Profil können die drei Modi in drei Stufen angepasst werden - Low, Medium, High. Außerdem können über das Programm auch Firmware-Updates für alle verbauten Teile (Motor, Akku, Display, Taster) installiert werden.
Stil und Einstellungen des Displas können ebenfalls angepasst werden. Die Einheiten, die Sprache, die Schriftart und die Uhrzeit, darauf kann der Nutzer Einfluss nehmen. Ebenso können einzelne Inhalte ausgewählt werden, die angezeigt werden, etwa die Fahrzeit, die Durchschnittsgeschwindigkeit, die maximale Geschwindigkeit oder die Trittfrequenz. Gesamtstrecke, Fahrtstrecke und Reichweite werden immer angezeigt.
Selbst die Funktion der beiden Tasten am linken Lenkerende lässt sich in der App umkehren. Die Verbindung mit dem Smartphone funktioniert im Test auf Anhieb. Die Bedienung gibt keine Rätsel auf und Eingaben werden direkt umgesetzt. Für die Einrichtung der App ist ein Shimano-Konto notwendig.
Unterwegs - Mit viel Grip und Power auf dem Trail
Auf dem Trail fühlt sich das Mig HT-R wohl. Das Rad ist sicher nicht leicht und zierlich, aber der breite Lenker vermittel direkt ein Gefühl von Kontrolle. Im Test waren wir vor allem im äußerst gelungenen Trail-Modus (in mittlerer Einstellung) unterwegs. Der Antrieb überzeugt mit kraftvollem Schub und ist auch am Berg für einen Powerwheely zu haben. Dennoch vermittelt er nicht das Gefühl auf einem Motororrad unterwegs zu sein. Der Verbindung aus eigener Kraft auf den Pedalen und Zusatzschub vermittelt der Motor sehr gut.
Dabei nervt der Shimano-Motor nicht mit lauten Geräuschen. Auch der Übergang am Ende der Untzerstützung bei 25 km/h gefällt. In diesem Grenzbereich sind die Übergänge fließend und harmonisch, der Antrieb springt nicht ständig an und stirbt dann wieder ab. Auch das Ansprechverhalten überzeugt. Ein kurzer Pedal-Impuls vor einer Wurzel oder einer Stufe reicht aus, um mit dem erzeugten Schwung das Hinderniss zu überwinden. Ob die Lage des Akkus direkt erfahrbar ist, kann hier nicht geklärt werden. In jedem Fall fährt das Rad überzeugend stabil und spurtreu.
Auch wenn der Hinterbau des Mig HT nicht gefedert ist, bauen die 2,6 Zoll breiten Maxxis Dissector erstaunlich viel Grip auf. Selbst auf Schotter oder Wurzelwegen muss ein Wegrutschen beinahe erzwungen werden. Der Wunsch nach einem gefederten Heck kommt wenn dann bei ruppigen Abfahrten auf. Doch auch da gibt sich das Bike gut fahrbar. Die RockShox-Gabel arbeitet sensibel und mit Reserven, der Alu-Rahmen hat erstaunlich viel Flex und sorgt im Zusammenspiel mit den 29-Zoll-Laufrädern für einen guten Komfort.
Fazit - Überzeugende Allroundtalente
Das Thok Mig HT-R überzeugt mit seiner Vielseitigkeit. Der Motor liefert Power für anspruchsvolle Ausfahrten, drängt sich aber nicht in den Vordergrund. Schaltung und Bremse wissen ebenfalls zu gefallen, ohne das für sie ein Vermögen fällig ist. Das Gesamtkonzept und die Ausstattung des Thok sind überaus stimmig. Obendrein ist es schön, dass mit dem Tourer-Kit auch eine kostengünstige Möglichkeit für einen Umbau zum Alltagsrad besteht.
Für knapp 4.000 liefert der italienische Hersteller ein spaßiges E-Mountainbike für fast alle Einsatzszenarien.
Mit dem tiefliegenden Akku geht Thok einen Sonderweg. Das Konzept überzeugt mit toller Farhbarkeit, ohne augenscheinliche Schwächen. Mittels App-Steuerung kann der Antrieb auf persönliche Vorlieben abgestimmt werden.
Preis und Verfügbarkeit
Das Thok Mig HT-R gibt es nur in einer Ausstattungsvariante und einer Farbe. 3.950 Euro ruft der Hersteller für das Rad auf. Es kann direkt online beim Hersteller, oder bei einem teilnehmenden Händler bestellt werden. Inklusive ist eine Individualisierung des Rahmens mit Namen sowie ein Zubehörpaket mit Dämpferpumpe, Schaltauge, Flaschenhalter und Trinkflasche. Außerdem spendiert Thok dem R-Modell mit Thok-Care eine Garantieverlängerung auf vier Jahre.