Test C.B.T. Italia UB77 - Ein E-Bike Leichtgewicht
E-Bikes sind zwar schwer, aber dafür haben sie einen Motor. Dass die Rechnung nicht ganz so einfach ist, möchte C.B.T Italia mit dem UB77 zeigen. Hinter dem etwas kryptischen Namen steht eine Radschmiede aus Italien, die sich auf Rennräder spezialisiert hat - und auf sportliche E-Bikes. Das UB77 soll ein sportives Alltagsrad sein, vor allem für Pendler, die schweißfrei zur Arbeit kommen wollen. Darum soll sich in erster Linie der mitgelieferte Fitnesstracker kümmern, denn die damit ermittelte Herzfrequenz kann Einfluss auf die Unterstützung des Motors haben. Wie sich das UB77 im Alltag und im Urlaub schlägt, lest ihr hier.
Ausstattung und Optik - Feines Carbon-Rennrad mit hohem Lenker
Das Highlight des Fitness- und Urban-Bikes ist der Rahmen. Lässt man den Lenker außen vor, der für eine bequeme Sitzposition sorgt und über den Vorbau sogar in der Höhe verstellbar ist, steht man vor einem schlanken Rennrad. Einige Aufkleber, die je nach Lichteinfall die Farbe wechseln, setzen Akzente. Der Rahmen selber ist schwarz lackiert, der Lack wird allerdings immer wieder von Klarlack unterbrochen, dann ist die Carbon-Struktur sichtbar. Dass das nicht nur Show ist, wird an der Waage deutlich. Mit Shimano-PDS-Klickpedalen (nicht im Lieferumfang) messen wir 14,3 Kilogramm, inklusive Antrieb, Akku und allem Drum und Dran.
Der Akku selber umschließt u-förmig das Unterrohr, er wiegt nur 2,24 Kilo. Die Zellen stammen teilweise von Samsung, teilweise von Panasonic, das System wurde von C.B.T. Italia selber entwickelt, ebenso wie das Batterie-Management. So gut sich der Akku auch an den Rahmen schmiegt, durch die abweichende Farbe und die nicht überlackierten Aufkleber wirkt er dennoch aufgesetzt. Die Kapazität geben die Italiener mit 378 Wh an.
Ausstattung | |
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Schaltung | Shimano Alfine 1x9 |
Bremsen | Shimano Sora Disc 180 mm |
Akku | 378 Wh |
Motorleistung | 250 W |
Max. Drehmoment | 25 Nm |
Gewicht Akku | 2,24 Kg |
Gesamtgewicht (mit Pedalen) | 14,3 Kg |
Shimano-Komponenten
Das UB77 kommt mit einer soliden Shimano-Ausstattung, die Schalt- und Bremskomponenten sind eine Mischung der Gruppen Sora und Alfine. Die Schaltvorgänge sind schön knackig, die Bremse hat Biss, ohne für Schockmomente zu sorgen. Für den Alltagseinsatz würden wir uns Montagepunkte für Schutzbleche wünschen, immerhin gibt es im C.B.T.-Zubehör einen passenden Gepäckträger. Außerdem bietet das Rad die Möglichkeit gleich zwei Flaschenhalter am Rahmen bzw. am Akku zu montieren. Züge und Kabel verlaufen im Rahmen, alle Verbindungen zwischen Motor und Akku sind IP65 zertifiziert.
Smarte Funktionen - C.B.T. schickt einen Fitnesstracker mit
An dieser Stelle hakt es etwas beim UB77. Eine Besonderheit des Rades ist die Kopplung mit einem Fitnesstracker, der sogar im Lieferumfang enthalten ist. In der Theorie klingt das Konzept so einfach, wie gut. Man stellt eine Pulsfrequenz ein, die nicht überschritten werden soll und das Rad bzw. der Motor passt die Unterstützung entsprechend an - nicht nur beim Start, sondern durchgängig während der ganzen Fahrt.
Das Ergebnis ist durchwachsen: Während einer gemütlichen Tour durch die Stadt und einer sehr niedrig gewählten Pulsschwelle gefällt das UB77 mit sattem Punch, der Fahrer erreicht das Ziel schweißfrei. Testfahrt 2 - mit sportlichem Anspruch - startete gleich mit einem saftigen Anstieg zu einer Passhöhe, die Pulsschwelle wurde hoch gewählt. Dabei fällt auf, dass die Übersetzung des Rades nur mit Unterstützung auch in den Bergen passt. Bis die Unterstützung einsetzt, ist der Fahrer schon einmal geschafft. Also Smartphone raus, Schwelle neu einstellen, bis zur nächsten Kurve quälen, wieder nichts, Smartphone raus (in der Zeit fällt der Puls)... Der Tester hat das Verfahren nach einigen Versuchen eingestellt und manuell die Stufen gewählt, was stets einwandfrei funktionierte. Für den angedachten Einsatz in der Stadt, etwa zum Pendeln, überzeugt die Funktion. Bei allen sportlichen Fahrten wurde jedoch nach kurzer Zeit die Automatik abgebrochen und auf manuell umgestellt. Dabei ist es ärgerlich, dass bei aktiviertem Automatik(Puls)Modus, dieser nicht vom Fahrer über die Tasten angepasst werden kann. Überhaupt könnte die Software noch etwas Feinschliff vertragen.
Die App ist bisher nur für Android-Smartphones verfügbar und nur in italienischer Sprache. C.B.T. Italia verspricht allerdings ein Update im Mai, dann soll die Software auch für iOS verfügbar sein, zudem auf Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch. Dank der beigelegten Anleitung und einem Erklärvideo auf der Website funktioniert die Kopplung auch mit der italienischen Spracheinstellung. Ist das Smartphone mit dem Rad gekoppelt, dient es als Erweiterung für das Display. Es können verschiedene Werte in drei Displaybereichen angezeigt werden, etwa die Unterstützung in Prozent, die Geschwindigkeit und die Herzfrequenz.
Fitnesstracker im Lieferumfang
Die zweite Baustelle ist der mitgelieferte Fitnesstracker. Er liegt in der Qualitätsanmutung leider einige Stufen unter dem Rad. Hauptkritikpunkte sind vor allem das Display und die Bedienung. Während der Tracker in Innenräumen noch ablesbar ist, ist dies draußen - wo er ja mit dem Rad genutzt wird - nahezu unmöglich. Die Funktionen des Bandes kann man lediglich durch den Druck einer touch-sensitiven Stelle Menüpunkt für Menüpunkt durchscrollen, in eine Richtung. Durch langes Drücken gelangt man in ein Untermenü oder bestätigt eine Auswahl, das ist mühselig und fühlt sich überhaupt nicht nach Zukunft an. Der Tracker soll neben dem Puls auch Blutdruck und Schlafqualität messen, allerdings zeigten die ermittelten Werte im Vergleich zu anderen Testgeräten große Abweichungen. Zudem ist die Übersetzung der Software, zumindest in deutscher Sprache, mangelhaft. Wirklich schade ist, dass die Kopplung des Rades und die Anpassung an die Pulswerte nur mit dem beigelegten Fitnesstracker funktioniert. Die Möglichkeit, die eigene Smartwatch, die man sowieso im Alltag trägt für diese Funktion zu nutzen, wäre ein echter Mehrwert.
Das Display des Rades wird mit zwei Schrauben am Lenker fixiert und ist nicht werkzeuglos abnehmbar. Es wird über eine Einheit am Lenker bedient und zeigt die aktuelle Geschwindigkeit, den Akkustand mit fünf Balken, die Uhrzeit, die gewählte Unterstützungsstufe und die Leistung der Unterstützung in Watt an. Durch Höchstgeschwindigkeit, Gesamtkilometerstand, Tageskilometerstand und Fahrtzeit klickt man mit der Bedieneinheit. Zwei Balken zeigen zudem grafisch an, wie schnell man unterwegs ist und wie stark der Motor unterstützt. Das Display hat zwei Helligkeitsstufen, die automatisch gewählt und manuell angepasst werden können. Ist man im vollen Sonnenschein unterwegs, ist auch die höhere Einstellung zu Dunkel, um alle Infos lesen zu können.
Praktisch ist allerdings der USB-Ausgang am Display, der kann als Ladeport für das Smartphone am Lenker genutzt werden. Der Rad-Akku muss zum Laden immer ausgebaut werden, ein Laden im eingebauten Zustand ist nicht möglich. Es kommt ein ziemlich kleiner dreipoliger Phoenix-Stecker zum Einsatz.
Fahreindruck - Das UB77 macht auf Bio-Bike
Das UB77 fährt sich ganz anders als die meisten E-Bikes auf dem Markt, das liegt vor allem am Gewicht. Große Querrille am Weg? Drüberspringen! Umdrehen? Einfach mit dem Fuß an der Pedale das Hinterrad versetzen. Da ist eine Treppe? Rad auf die Schulter und schnell hochtragen. Das Testrad verhält sich vielmehr wie ein Bio-Rennrad als ein Standard-Stromer. Der Hinterradmotor ist zudem herrlich leise, sodass kein permanentes Summen empfindliche Ohren stört. Besonders gelungen ist den Italienern der Übergang beim Erreichen der maximalen Geschwindigkeit, bis zu der unterstützt wird - 25 km/h. Tatsächlich tritt man nicht gegen eine Wand oder der Motor setzt immer wieder ein und aus, sondern der Wechsel bleibt oftmals komplett unbemerkt. Dieser sanfte Wechsel macht großen Spaß und führt dazu, dass der Tester nicht zwanghaft darauf bedacht war, bloß nicht an die Schwelle zu kommen, sondern sich einfach aufs Pedalieren bzw. Radfahren konzentrieren konnte.
Gewöhnungsbedürftig ist das späte Anspringen des Motors. Es braucht beinahe eine ganze Kurbelumdrehung aus eigener Kraft, bis die Unterstützung anspringt. Ein schneller Kick zum Losfahren oder zum Erklimmen einer Steilstelle reicht nicht aus, sondern das System wünscht homogene Bewegungen. Dafür belohnt es mit einer ebenso homogenen Leistungsabgabe. Lediglich in engen Kurven oder an Kuppen fällt auf, dass das System nachschiebt. In Serpentinen etwa schiebt das Rad noch etwa eine Sekunde weiter, obwohl das Pedalieren bereits eingestellt wurde. Nach einigen Kurven hat man sich daran allerdings gewöhnt.
Das UB77 vermittelt viel Sicherheit
Das Fahrgefühl selber ist enorm stabil, das Rad vermittelt sehr viel Sicherheit. Somit sind auch schnelle Abfahrten gar kein Problem. Das UB77 fährt sich wie ein gutes Rennrad mit einem stets trainierten Fahrer, selbst nach einem Winter ohne Trainingseinheiten. Die Übersetzung der 9-Gang-Schaltung reicht mit aktivierter Unterstützung auch für steile Anstiege. Auf der Geraden oder bergab reicht die Übersetzung aus, um auch bei 40 km/h nicht in ein Loch zu treten. Die aufgezogenen Zaffiro Pro IV Reifen bieten erstaunlich viel Grip, selbst bei nasser Fahrbahn oder auf Schneeresten. Leider ist der Rahmen am Hinterrad sehr eng geführt und schränkt damit die Reifenbreite stark ein. Denn das Rad würde mit seinem Handling auch zu einem Abstecher auf einen Waldweg locken. Gängige Cyclocross-Reifen passen aber nicht in den Rahmen.
Überzeugend ist die Reichweite des UB77. Auf einer 50 Kilometer langen Runde sprang die Akkuanzeige erst zwei Kilometer vor dem Ziel auf zwei von fünf Balken. Allerdings weicht die Akku-Anzeige am Display von der Darstellung in der Smartphone-App ab. Zudem zeigt sich die Anzeige im Test sprunghaft, die Balken verschwinden, kommen aber kurze Zeit später wieder und halten noch einige Kilometer, das schafft nicht unbedingt Vertrauen in die Aussagekraft.
Fazit - Tolles Alltagsrad verschenkt mit Software Potenzial
Das UB77 will eine Mischung aus Fitness- und Urban-Bike sein und das schafft es auch. Der E-Antrieb erleichtert den Pendleralltag und sorgt für schweißfreie Fahrten. Das geringe Gewicht nimmt Engstellen und Treppen den Schrecken. Gleichzeitig macht das Rad auch in der Freizeit richtig Spaß. Weite Strecken sind ebensowenig ein Problem wie schnelle Sprints. Hier macht die homogene Auslegung des Motors viel Freude und bei höheren Geschwindigkeiten vergisst man den Antrieb einfach.
Das Rad nimmt die Belastungsspitzen, gerade bei Anstiegen, und sorgt somit für schöne, entspannte Ausfahrten. Dabei muss man Dank der großen Reichweite keine Angst vor dem Rückweg haben.
Mit dem aktuellen Fitnesstracker verspielt C.B.T. Italia allerdings Potenzial. Die Idee ist gut, an der Umsetzung hakt es noch. Die App lässt sich sicherlich noch verbessern, der Tracker hat hingegen auf der Hardware-Seite Probleme. Zudem sind für das Rad keine Software-Updates geplant.
Preis und Verfügbarkeit
C.B.T Italia ruft für das UB77 4.535 Euro auf. Das Rad ist sofort verfügbar. Händler gibt es aktuell nur in Italien, über den Online-Shop ist aber ein Versand möglich.