Sportliche Smartwatches: Garmin fēnix 6 und Polar Vantage V im Vergleich
Smartwatches stellen eine inzwischen überaus ausdifferenzierte Produktkategorie dar. So umfasst das Angebot von günstigen Fitness-Trackern über Sportleruhren hin zu Modellen mit Mobilfunkmodem und internem Speicher ein breites Gerätespektrum - welches verschiedene Einsatzszenarien abdeckt. In diesem Test widmen wir uns zwei hochpreisigen Modellen, die sich allerdings tendenziell an eher aktivere Nutzer bzw. Sportler richten. Dies zeigt sich nicht nur in den verwendeten Sensoren, sondern auch und insbesondere in der Datenerhebung- und auswertung. An dieser Stelle wollen wir gleich offen auf einen Umstand hinweisen: Für diesen Test wurden keine Mediziner oder Sportwissenschaftler konsultiert, die Bewertungen entsprechender Trainingssysteme und Parameter kann also nur mit dem eigenen Körpergefühl erfolgen. Im Vergleich zum letzten Test fand eine deutliche Fokusverschiebung weg vom Ausdauersport hin zum Kraftsport statt, beide Uhren wurden in je zwei Kraft- und einer Ausdauereinheit getestet.
Bei der Garmin fēnix 6 handelt es sich um eine Multisport-Smartwatch mit überaus umfangreicher Ausstattung. So ist das Modell mit einem optischen System zur Messung der Sauerstoffsättigung im Blut ausgestattet. Die Funktion ist insbesondere für Alpinisten interessant, da die Sauerstoffsättigung Aufschluss über den Status der Akklimatisierung gibt und eine darauf ausgerichtete Tourenplanung potentiell das Auftreten der Höhenkrankheit verhindern kann. Dabei ist die Sauerstoffsättigung im Flachland zur absoluten Bestimmung des Trainingszustands - etwa im Gegensatz zur Herzfrequenz - nicht primär gedacht, was den tatsächlichen Mehrwert der Funktion im Flachland deutlich einschränkt. Die Polar Vantage V bringt einen Herstellerangaben zufolge, besonders leistungsfähigen Herzfrequenzsensor mit, verzichtet allerdings auf die Messung der Sauerstoffsättigung.
Verarbeitung - Metall gefällt bei Garmin und Polar
Sowohl die Garmin fēnix 6 als auch die Polar Vantage V überzeugen grundsätzlich mit einer guten Verarbeitung, was angesichts der aufgerufenen Preise allerdings auch verlangt werden darf. Insgesamt wirkt die fēnix 6 deutlich massiger, wozu bei unserem Modell auch der Kontrast zwischen der metallischen Lünette und dem schwarzen Uhrenkörper beiträgt. Die Lünette besteht aus Edelstahl, Schrauben sind sichtbar und die fünf ebenfalls aus Edelstahl gefertigten Tasten ragen aus dem schwarzen Körper der Uhr heraus.
Die Polar Vantage V hingegen wirkt deutlich unscheinbarer und fast schon filigran. Das Modell besteht ebenfalls aus Edelstahl, ist allerdings schwarz lackiert und bringt längliche, eher dezente Tasten mit. Der Tragekomfort beider Modelle ist gut, allerdings muss festgehalten werden, dass beide Geräte ein Kunststoffarmband mitbringen. Dieses ist beim Sport praktisch und sitzt gut, wird unserer Erfahrung nach aber häufig eher zu fest getragen.
Bedienung - fēnix 6 überzeugt auch ohne Touch
Die Bedienung der Polar Vantage V erfolgt auf Wunsch auch mit Berührungen, so bringt das Modell einen Touchscreen mit. Touch-Eingaben werden grundsätzlich gut erkannt, wobei Spritzwasser bei deaktivierter Tastensperre Eingaben auslösen kann. Fehlbedienungen durch ein abgeknicktes Handgelenk können ebenso wie bei der fēnix 6 vorkommen.
Auch die fēnix 6 lässt sich in den meisten Fällen selbsterklärend bedienen, verfolgt allerdings ein etwas anderes Konzept und ist deutlich stärker konfigurierbar. So können nicht nur wie üblich die Ziffernblätter, sondern auch weitere kleine Anwendungen wie etwa eine standortbasierte Anzeige des Wetterradars angezeigt werden. Sowohl die fēnix 6 als auch die Vantage V können zur Navigation benutzt werden, wobei die fēnix 6 hier im Gegensatz zu teureren Garmin-Modellen zwar keine Karten unterstützt, im Vergleich zum Polar-Konkurrenten aber mehr Möglichkeiten bietet.
Beide Displays sind sowohl im Sonnenlicht als auch im Dunkeln gut ablesbar. Dabei zeigt die Beleuchtung der Vantage V deutliche Lichthöfe, wirklich störend ist dies allerdings nicht. Bei den Displays handelt es sich nicht um klassische LCD-Modelle, sondern um MIP-Displays, wodurch auch unsere durchgeführten Messungen zum Kontrastverhältnis und der Helligkeit nur eingeschränkt aussagekräftig sind. So kann die Garmin fēnix 6 mit einer maximalen Helligkeit von 30 cd/m² gegenüber der Vantage V mit ihren 15 cd/m² theoretisch auftrumpfen, das Kontrastverhältnis ist mit 11:1 (Garmin) respektive 13:1 (Polar) vergleichbar.
Starke Sensoren bei beiden Smartwatches
Beide Modelle sind mit einem leistungsstarken Herzfrequenzsensor ausgestattet, der nicht nur die Herzfrequenz, sondern auch die Herzfrequenzvariabilität misst und anzeigt. Wie üblich sind die optischen Sensoren am Handgelenk gegenüber einem Brustgurt etwas träger, die Genauigkeit gibt allerdings keinen Grund zur Kritik. Garmin und Polar bringen jeweils ein Barometer in den Smartwatches unter, wodurch sich die Höhe auch unabhängig von einem GPS-Signal bestimmen lässt - zumindest bei konstanten Wetterbedingungen. Die fēnix 6 bringt zudem einen Kompass mit, beide Modelle erkennen, wie inzwischen auch im günstigen Preissegment üblich, die Zahl der gemachten Schritte.
Die Standortbestimmung erfolgt bei beiden Uhren unabhängig vom Smartphone. Im direkten Vergleich zum Garmin Edge 500 kann die Qualität der Aufzeichnung überzeugen, wobei die Qualität der Datenaufzeichnung bei der fēnix 6 visuell einen besseren Eindruck macht - allerdings dürfte dies auch auf eine entsprechende Glättung der Daten zurückzuführen sein.
Das Training als Kernkompetenz der fēnix 6 und Vantage V
Beim Krafttraining kann sich die Garmin fēnix 6 von der Polar Vantage V durchaus absetzen, so bietet das entsprechende Programm neben einer automatisierten Erkennung der Wiederholungen eine gute Möglichkeit zur Anzeige der Pausenzeit ohne neuen Start einer Runde. Dabei funktioniert die automatisierte Erkennung der Wiederholungen überraschend gut, bei explosiv ausgeführten Übungen allerdings zwangsläufig besser als bei Sätzen mit einer langsamen Ausführung. Die Zahl der gemeisterten Wiederholungen kann nach dem Satz angepasst werden. Die Polar Vantage V bringt einige Trainingsprogramme mit, bei denen Übungen direkt auf der Uhr angezeigt werden, was allerdings eher für Einsteiger als ambitionierte Sportler relevant sein dürfte.
Beide Modelle unterstützen die Aufzeichnung verschiedener Sportarten - und zwar auch in einer Einheit. Die Auswertung ist bei beiden System umfangreich und kann sowohl über eine App als auch entsprechende Web-Interfaces erfolgen, wobei die Auswertung unserer Einschätzung nach für Ausdauersportler im Grunde deutlich sinnvoller ist, da die Leistungsberechnung für den Kraftsport im Grunde anhand des bewältigten Gewichtes und der Wiederholungszahl erfolgen müsste. Beim Joggen oder Radfahren hingegen ist der direkte Bezug zwischen Trainingsleistung - also in erster Linie die Intensität (welche Dauer und Geschwindigkeit beschreibt) und der dabei erreichten Herzfrequenz direkt von der Uhr mess- und auswertbar. Im Kraftsport dagegen sollte die Leistung eines Sportlers nicht primär durch die Ausdauer begrenzt sein, auch führen schwere Sätze nicht zwangsläufig zu einer extrem starken Erhöhung der Herzfrequenz. Garmin und Polar errechnen neben den verbrannten Kalorien auch die Trainingsbelastung. Die Belastung ist von beiden Herstellern als recht zentrales Konzept integriert worden.
Belastung als Parameter der Sportleruhren
Nicht nur Sport belastet den Körper, sondern auch der Alltag. Die Analyse der Herzfrequenz und der Herzfrequenzvariabilität soll dabei einen Einblick in das Stressniveau geben. Garmin fasst das Konzept der Belastung unter dem Namen Body Battery zusammen. Der Wert errechnet sich Herstellerangaben zufolge aus der Herzfrequenzvariabilität, dem Stress, der Schlafqualität und den Aktivitätsdaten und ist unserer Einschätzung nach durchaus treffend. So werden kurze oder unruhige Nächte ebenso wie bei der Polar Vantage V durchaus treffend erfasst, wobei die fēnix 6 hier auch den Stresslevel der letzten Stunden anzeigt. Die fēnix 6 nutzt dabei auf Wunsch auch die Daten der Messung der Sauerstoffsättigung, um etwa die Atemfrequenz im Schlaf zu messen, wobei Garmin die Schlafparameter zwar ebenfalls aufzeichnet, allerdings nicht ganz so zentral anzeigt.
Smarte Funktionen
Während beide Modelle Benachrichtigungen vom Smartphone anzeigen können, kann die fēnix 6 auch zur Steuerung der Musikwiedergabe genutzt werden. Im Gegensatz zur Pro-Variante ist die direkte Musikwiedergabe allerdings nicht möglich. Mangels Mobilfunkmodem ist ein rein autarker Betrieb und etwa das Führen von Telefonaten nicht vorgesehen, das Modell aus dem Hause Garmin bringt allerdings immerhin ein WiFi-Modul mit.
Fazit
Beide Uhren eignen sich sowohl, um die eigenen sportlichen Aktivitäten detailliert aufzuzeichnen als auch einen Überblick über das allgemeine Aktivitätsniveau und die Schlafqualität und den Stresslevel zu erhalten. Im Vergleich zur M430 konnte Polar optisch und auch in Bezug auf die Verarbeitungsqualität große Fortschritte machen. Während die Vantage V mit einer leicht besseren Bedienung und auch einem geringeren Gewicht überzeugen kann, bringt fēnix 6 einen etwas größeren - und auch erweiterbaren - Funktionsumfang mit, womit sich die fēnix 6 nicht zuletzt aufgrund der optischen Messungen der Sauerstoffsättigung auch als Begleiter für Hochtouren anschickt. Dabei erfordert die fēnix 6 aber selbst für versierte Nutzer eine Einarbeitungszeit.
Preislich ist die Vantage V aktuell rund 200 Euro günstiger als die fēnix 6, wobei das Preis-Leistungs-Verhältnis beider Modelle unserer Einschätzung nach angemessen ist. Die konkrete Kaufentscheidung dürfte gerade bei einer Smartwatch auch vom optischen Aspekt abhängen. Hier ist die Vantage V grundsätzlich eher dezenter und massentauglicher, die fēnix 6 ist hingegen auch in mehreren Varianten erhältlich.