Spielen am Chromebook - ist das möglich?
Einleitung
Wenn man den Begriff "Chromebook" hört, assoziiert man damit wohl in den seltensten Fällen Gaming. Chromebooks haben jedoch seit ihren bescheidenen Ursprüngen einen langen Weg zurückgelegt, und mittlerweile stehen auf Maschinen mit Chrome OS viele Optionen zum Spielen zur Verfügung. Natürlich hängt das Spielen auf einem Chromebook weitgehend davon ab, welche Hardware sich im Gehäuse befindet.
Wir haben kürzlich das Acer Chromebook 715 getestet und festgestellt, dass wir durchaus Spaß damit hatten. Durch die starke Ausstattung erledigt es die meisten Aufgaben, ohne ins Schwitzen zu geraten. Das Acer Chromebook 715 ist eines der leistungsstärksten Chromebooks auf dem Markt, immerhin verfügt es über einen Intel Core i5-8350U, 8 GB RAM und eine integrierte Intel UHD Graphics 620 GPU.
Diese Spezifikationen sind sogar im normalen Laptop-Vergleich konkurrenzfähig, aber angesichts der Tatsache, dass die meisten Chromebooks auf ARM-CPUs mit geringem Stromverbrauch oder Prozessoren der Intel-Celeron-Klasse ausgeführt werden, ist das Acer Chromebook 715 ein Biest. Dies unterstreicht die erste Einschränkung, die zu beachten ist: Viele Chromebooks verwenden nur Low-End-Hardware und können die meisten Spiele nicht flüssig darstellen. Allerdings werden die Mittelklasse-CPUs der Intel-U-Serie immer häufiger als Alternative zu den ARM-basierten Prozessoren (die mit einigen der unten aufgeführten Optionen nicht gut funktionieren) oder den Low-End-Intel-X86-CPUs mit schwacher iGPU für Chromebooks angeboten. Erstere sind die Kraftpakete der Chrome-OS-Welt und die besten Kandidaten für Spiele.
In Chrome OS gibt es drei Möglichkeiten zum Spielen: webbasiertes Spielen, Google Play Store und Linux. Wir werden auf jeden dieser Punkte näher eingehen.
Webbasierte Spiele
Die erste Möglichkeit, auf einem Chromebook zu spielen, ist gleichzeitig auch die älteste: webbasierte Spiele. Dies ist offensichtlich nicht optimal, aber einige Websites haben gut gemachte Titel, die sich für kurze Aufenthalte zwischen Meetings oder Kursen eignen. Einige Websites, wie Archive.org, bieten sogar Flaggschiff-Titel vergangener Zeiten, wie das Original Doom und Jazz Jackrabbit. Sämtliche Titel sind im Browser spielbar, ohne dass Downloads erforderlich sind.
Der größte Vorteil der webbasierten Spiele liegt in der einfachen Nutzung: Anklicken, Losspielen. Die allermeisten Web-Spiele lassen sich schnell starten und eignen sich für kurze und spontane Spielsessions. Wobei wir auch gleich bei den Nachteilen wären: Viele Web-Spiele sind eher simple gehalten und sind selten zu mehr als kurzer Ablenkung geeignet, was viele Gamer nicht befriedigt. Zudem fällt das Zocken in Umgebungen ohne Internet natürlich komplett weg. Glücklicherweise gibt es weitere Optionen, welche deutlich bessere Spielerlebnisse versprechen.
Android und der Google Play Store
Die zweite Methode zum Spielen auf einem Chromebook ergibt sich über die Implementierung von Googles Android. Android ist seit Jahren in Chrome OS integriert, obwohl das Feature beim ersten Debüt eine Reihe von Fehlern aufwies. Die meisten davon wurden jedoch beseitigt. Die neueste Version von Chrome OS (80.0.3987.162) unterstützt den Google Play Store über eine emulierte Instanz von Android 9. Soweit unsere Tests zeigen, wird jetzt der gesamte Android-Katalog unterstützt, was für Gamer eine gute Nachricht ist.
Viele Android-Spiele unterstützen Tastatur- und Mauseingaben, was sich auf einem Laptop natürlich besser anfühlt. Die meisten unterstützen auch externe Gamepads. Android-Spiele öffnen auch die Tür zur Konsolenemulation. Selbst die am wenigsten leistungsstarken Chromebooks sollten in der Lage sein, ältere Konsolen (z. B. SNES und Sega Mega Drive) ohne große Probleme zu emulieren. High-End-Titel wie Asphalt 9 und PUBG sind ausgezeichnete Spiele zum Ausprobieren, obwohl die stark unterschiedliche Hardware der Chromebooks zu unterschiedlichen Erfahrungen führen wird.
Das Android-Spielerlebnis weist einige Inkonsistenzen auf. Erstens unterstützen einige Android-Titel eben doch keine andere Steuerung als die Touchscreen-Eingabe, was bei einem Chromebook eher unangenehm ist. Zweitens bieten Spiele, die Tastatur- oder Mauseingaben unterstützen, nicht immer Optionen für die Neuzuordnung von Tasten. Sonic CD verwendet beispielsweise die Pfeiltasten für die Bewegung und die Tasten „J“ und „K“ zum Akzeptieren von Optionen "Springen" bzw. "Abbrechen". Spieler müssen daher oftmals die gesamte Tastatur abgrasen, um alle Tasten zu ermitteln, die in einem Spiel verwendet werden. Und obwohl die meisten Bugs der Android-Integration mittlerweile beseitigt wurden, treten Spielabstürze und Störungen immer noch häufiger auf als auf Standard-Android-Geräten.
Im Großen und Ganzen ist die Spielerfahrung angenehm, aber nicht perfekt. Man muss beachten, dass Android-Spiele für Android-Smartphones mit Touchscreen entwickelt wurden und daher einige Macken aufweisen können.
Linux und Steam
Schließlich öffnet die integrierte Linux-Unterstützung Chromebooks für moderne PC-Titel. Das native Linux-System von Chrome OS, das 2019 offiziell eingeführt wurde, wurde im vergangenen Jahr stark weiterentwickelt. Die Funktion befindet sich noch in der Beta-Version und einige Hardware (wie Webcams) funktionieren unter Linux noch nicht. Die GPU-Beschleunigung tut dies jedoch, was das Spielen erst ermöglicht. Sobald ein Titel mit Debian Linux kompatibel ist, kann er wahrscheinlich auch auf einem Chromebook ausgeführt werden.
Es gibt ein paar Hürden, über die man springen muss, um alles einzurichten. Die Linux-Funktion von Chrome OS muss über die Systemeinstellungen aktiviert werden. Sobald das Linux-System installiert und konfiguriert ist, haben Benutzer nur noch Zugriff auf das Terminal. Es gibt keinen dedizierten App Store.
Linux in Chrome OS basiert auf Debian und den Debian-kompatiblen Repositorys, was einschränkend sein kann. Es werden jedoch auch Repositorys von Drittanbietern (z.B. "nicht freie" Repositorys) und .deb-Dateien unterstützt. Das bedeutet, Steam ist eine Option. Um Steam zu installieren, lädt man die .deb-Installationsdatei von der Steam-Website herunter, klickt diese mit der rechten Maustaste an und wählt die Installation unter Linux. Der Prozess ist ziemlich einfach durch Plug-and-play.
Sobald Steam installiert ist, können sich Benutzer anmelden und Linux-kompatible Spiele aus ihrer Bibliothek herunterladen. Zu beachten ist, dass die Linux-Versionen von Spielen möglicherweise eine andere Leistung als die Windows-Versionen aufweisen, was hauptsächlich auf die mangelnde DirectX-Unterstützung von Linux zurückzuführen ist. Die Intel UHD Graphics 620 iGPU kann jedoch ältere oder weniger anspruchsvolle Titel flüssig darstellen.
Casual Games wie Stardew Valley laufen perfekt auf dem Acer Chromebook 715 und sollten auf den meisten anderen X86-basierten Chromebooks ebenfalls butterweich laufen. Ältere Flaggschiff-Titel wie Half-Life 2 stellen unsere Testmaschine auch vor keine Probleme.
Noch ein Hiweis: Bislang haben wir Linux noch nicht auf ARM-basierten Chromebooks getestet. Chrome OS selbst basiert auf Linux, und ARM-basierte Chromebooks können seit Jahren Linux dual booten oder eine Distribution innerhalb einer Crouton-Shell ausführen. Ohne praktische Erfahrung können wir jedoch nicht mit Sicherheit das problemlose Ausführen von Steam (oder einer ähnlichen Software) auf einem ARM-basierten Chromebook garantieren.
Spiele unter Linux und Steam haben einen großen Nachteil: den Speicherplatz. Aufgrund ihres Cloud-bezogenen Designs werden Chromebooks immer noch mit winzigen Festplatten ausgeliefert. Selbst die meisten High-End-Chromebooks werden mit 64 oder 128 GB langsamem eMMC-Speicher ausgeliefert. Dieser wird sich durch die Installation einer Handvoll Spiele schnell füllen. Die Verwendung eines externen Speicherlaufwerks zum Speichern heruntergeladener Spiele ist hier eine kluge Entscheidung.
Wenn das Spiel auf einem Linux-PC mit ähnlicher Ausstattung ausgeführt werden kann, dann sollte es auf einem Chromebook ähnlich lauffähig sein. Die Erwartungen sollten jedoch nicht allzu hoch gesteckt werden. Selbst gut optimierte Titel wie DOOM (2016) können auf Chromebooks aufgrund der begrenzt leistungsfähigen Hardware nicht abgespielt werden. Trotzdem gibt es Hunderte, wenn nicht Tausende unterhaltsamer Titel unter Steam und Linux.
Fazit
Das moderne Chromebook ist weitaus besser als seine limitierten Vorgänger. Jedes Jahr führt Google neue und aufregende Funktionen für die Geräte ein und bessert die Lücken aus, über die sich die Verbraucher beschwert haben. Während das Spielen auf einem Chromebook noch lange nicht so umfassend funktioniert wie das Spielen auf einem herkömmlichen Windows-PC, ist es dennoch praktikabel. Chromebooks wurden lange Zeit als interessante Neuheiten angesehen, aber Funktionen wie die Android- und Linux-Unterstützung führen langsam dazu, dass dieses Stereotyp abgelegt wird. Die breite Palette an Spieloptionen ist ein Beweis für die kontinuierliche Weiterentwicklung von Chrome OS.