Polar Grit X im Test: Robust und leicht, Multisport-Uhr mit Komoot-Integration und langer Laufzeit
Ausstattung – Sport-Uhr mit robustem Gehäuse
Der erste Eindruck ist gemischt: Während Lünette, Bandanstöße und die fünf Knöpfe aus geschmiedetem Edelstahl Wertigkeit ausdrücken, sieht das Silikonarmband mit Webmuster trotz Edelstahlschließe sehr einfach aus und wird der Top-Sportuhr nicht gerecht: Die Polar Grit X ist ausgesprochen robust und hält den Testverfahren nach US-Militärstandard MIL-STD-810G hinsichtlich Temperatur-, Stoß- und Feuchtigkeitsbeständigkeit stand. Zudem ist sie nach ISO 22810 wasserbeständig bis 100 m. Damit kann man sie auch langanhaltend im Wasser und beim Schnorcheln tragen; die Eignung zum Gerätetauchen besitzt sie jedoch nicht.
Corning Gorilla Glas schützt ein farbiges MIP-Display (Memory-In-Pixel), das durch seine reflektive Technologie wenig Energie verbraucht. Die Frage nach einem Always-on-Display stellt sich hier gar nicht erst: Es ist immer an, und bei Bedarf kann man es auch beleuchten; es benötigt aber in der Sonne kein eigenes Licht und ist auch im Gebäude oft ohne Hintergrundbeleuchtung erkennbar. Viele der Screens im Test entstanden ohne Hintergrundbeleuchtung.
Auf der Rückseite sitzen ein PPG-Sensor für die Ermittlung der Herzfrequenz und die Konnektoren für den magnetischen Ladeanschluss. Zu Prozessor und Speichergröße macht Polar keine Angaben. Polar nutzt den Speicher nur intern für die Aufzeichnung von bis zu 90 Trainingsstunden einschließlich Herzfrequenz- und GPS-Daten. Nutzerdaten, etwa für Musik, räumt Polar keinen Platz ein: Die Grit X besitzt weder einen eigenen Player, noch steuert sie den Medien-Player auf dem Smartphone.
Einrichtung und Bedienung – Kopplung mit mehr als einer Smartwatch
Nutzt man die Grit X solo, was möglich ist, verzichtet man auf Firmware-Updates, einige Planungs- und Analysefunktionen und kann die voreingestellten Sportarten nicht verändern.
Richtet man sie über einen Computer oder Smartphone ein, benötigt man die Flow-App von Polar und ein Nutzerkonto, das auch Zugang zu den Web-Services auf flow.polar.com im Browser gewährt. Das Verbinden und Einrichten über ein Google Pixel funktionierte problemlos. Es gab aber zunächst Probleme beim Synchronisieren über Android, die auch Forenbeiträge im Web wiederspiegelten.
Der Test begann daher auf dem iPhone. Mit dem nächsten Android-Update funktionierte nicht nur auch dort die Synchronisation, sondern auf beiden Plattformen auch der Wechsel zwischen zwei Polar-Uhren für den parallelen Test der Polar Unite. Dabei verbindet sich das Smartphone zu einem Zeitpunkt immer nur mit einer Uhr und leitet nur an diese die aktuellen Benachrichtigungen weiter; den Wechsel zwischen beiden vollzieht die App aber unkompliziert auf Knopfdruck. Über zwei Einrichtungsmenüs in der App richtet man die Uhr ein und verbindet sein Polar-Konto bei Bedarf mit anderen Web-Services wie Strava.
Streicht man auf der Uhr nach oben oder unten, erscheinen die Benachrichtigungen respektive ein Quickpanel für den schnellen Zugriff auf Wecker, Flug- und Nicht-Stören-Modus. Alle anderen Funktionen bedient man alternativ zum Touchscreen über die fünf Knöpfe der Polar Grit. Um zwischen den unterschiedlichen Info-Displays der Smartwatch zu blättern, streicht man horizontal über das Display oder drückt die obere oder untere Taste der rechten Seite. Antippen des Bildschirms oder der mittleren Taste öffnen weitere Details wie beispielsweise eine mehrtägige Vorausschau im Wetter-Display. Die untere Taste der linken Seite bewirkt innerhalb der Menüs einen Rückschritt, die obere schaltet die Beleuchtung ein.
Gesundheit und Fitness - Multisport-Uhr mit Gesundheits-Analysen
Die insgesamt 6 Info-Displays neben der reinen Zeitanzeige sind jeweils auch der Startbildschirm für die Funktionen der Uhr. Neben Wetter und Herzfrequenz (mit Verlauf) widmen sie sich ausnahmslos der körperlichen Fitness:
- Aktivitätsanzeige mit Schritten und Kalorienverbrauch
- Aufruf der letzten Trainingseinheiten mit den jeweiligen Details
- Cardio Load Status: Polar vergleicht das aktuelle Workout mit den vorhergehenden, um es als unterfordernd, erhaltend, aufbauend oder überfordernd einzustufen
- Nightly Recharge: Eine weitergehende Schlafanalyse mit Rückschlüssen auf die körperliche Erholung
- FitSpark: Trainingsvorschläge auf Basis des von Polar ermittelten aktuellen Fitnesslevels und unter Berücksichtigung der nächtlichen Erholung
Die Vorschläge des Programms FitSpark aus den Bereichen Cardio, Kräftigung, Mobilität und Core (Stärkung der Körperstabilität und Koordination) schlagen eine Dauer für das Workout vor, die der ermittelten körperlichen Fitness angemessen ist. Insofern es sich bei dem Workout nicht etwa um einen Lauf oder spezielles Training handelt, zeigt die Grit X vor Beginn des Workouts kleine animierte Anleitungen. Die App erfasst die tägliche Aktivität und die nächtliche Erholung in Protokollen.
Sport - Routenplanung mit Komoot und GPX-Tracks
Im eigenen Portfolio ordnet Polar die Grit X in seiner leistungsfähigsten Kategorie ein, Multisport und Triathlon. Neben der Möglichkeit, individuelle Trainingseinheiten zu erstellen und zeitlich zu planen, zählt zu den besonderen Funktionen unter anderem ein Hill Splitter. Er ermittelt nicht nur Höhendifferenzen sondern auch die Distanz der überwundenen Gefälle und Steigungen, wie hier im Protokoll einer Radtour.
Beim Schwimmen ermittelt Polar mit Hilfe der Sensoren unter anderem den Schwimmstil und die Anzahl der Schwimmzüge. In mehreren Tests an unterschiedlichen Tagen unterschlug die Uhr jedoch jeweils einige Bahnen. Im hier eingebundenen Protokoll fehlen 3 x 50 m.
Nun ist die Autorin im Schwimmbad sonst nur im Spaß-Becken zu finden und für den Test erstmalig zu den Athleten ins Becken geklettert. Laut fachkundiger Beobachter wurden die Längen aber letztlich sauber durchgeschwommen, so dass uns für die fehlenden Bahnen keine plausible Erklärung bekannt ist.
Komoot
Zum Testzeitpunkt ist die Grit X die einzige Polar-Uhr, die sich mit Komoot verbindet. Der Import einer Komoot-Route ist allerdings nur über den Browser möglich. Auch wenn man hierfür den Chrome-Browser auf dem Smartphone verwendet, bleibt der Vorgang komplex: Nach der Übernahme im Browser muss auch die App sich erst noch mit dem Web-Server synchronisieren, erst dann erfolgt die Übertragung zur Uhr.
Nach Auswahl der Komoot-Route für die Wanderung oder Radtour wählt man für die Navigation zwischen dem Routenstartpunkt oder dem räumlich nächst gelegenen Punkt der Route.
Erstaunlicherweise erschienen nach dem Import der gleichen Route als GPX-Track zwei weitere Punkte, die über das Komoot-Interface (das sich durch ein eigenes Symbol abgrenzt) nicht zur Wahl standen: Navigation in umgekehrter Richtung, auch hier entweder vom Endpunkt oder einem nahegelegenen Punkt der Route.
Je nach gewählter Einstellung verbindet sich die Grit X mit dem Satellitensystem GPS und wahlweise GLONASS, Galileo oder QZSS. Für eine schnellere Positionsbestimmung nutzt die Grit X optional auch das GPS des Smartphones (A-GPS).
Die Qualität der Navigation hängt letztendlich auch von der Vorplanung ab: Einige öffentlich bereit gestellte Routen signalisieren nur Wegpunkte mit Richtungsänderung, andere verzeichnen jeden Feldweg, auch wenn es dort weiter geradeaus geht. Die Grit X kündigt Wegpunkte rechtzeitig an und meldet, wenn man sie erreicht hat. Bei Abweichungen weist sie die Richtung zum nächstgelegenen Routenpunkt. Zwei mal hat die Grit X in einem solchen Fall zwar den Weg zurück zur Route gewiesen, sie dann aber nicht wieder aufgenommen. Das ließ sich durch Abbruch und erneutes Aufsetzen beheben; die Aufzeichnung der Tour war dann aber unterbrochen.
Akku und Laufzeit
Der 346 mAh Akku hält laut Polar bis 7 Tage einschließlich kontinuierlicher Pulsmessung und selbst bei permanent aktivem GPS bis zu 40 Stunden. Um die Laufzeit zu verlängern, kann man die Messung auf nachts beschränken oder ganz ausschalten, die Benachrichtigungen unterdrücken oder den Flugmodus aktivieren.
Im Test musste sie alle 4-5 Tage ans Netz, die GPS-Nutzung lag dabei zwischen 1 und 3 Stunden an etwa jedem zweiten Tag.
Fazit
Polar ließ uns viel Zeit für den Test. Für mehrere Wochen war die Grit X ein wertvoller Begleiter auf etlichen Wanderungen und wies, über die Smartphone-Halterung am Fahrrad befestigt, auch bei Radtouren zielsicher den Weg. Dabei war nicht ein einziges mal ein Zwischenhalt für die Orientierung erforderlich. Es gibt übrigens auch eine Radhalterung für Polar Sportuhren.
Die Grit X ist ein Allround-Talent mit hohem Nutzungspotential. Vor allem – aber nicht nur – für aktive Sportler.
Bei knapp 430 € lohnt sich der Spaß aber sehr viel mehr, wenn man als aktiver Sportler auch von den Analysen profitiert und sie für seine Trainingsplanung nutzen kann. Probleme tauchten im Test sowohl bei der Routenführung auf als auch bei der Erkennung beim Schwimmen. Sportlern empfehlen wir daher, Ergebnisse prüfend zu betrachten. Auf der anderen Seite stellt sich Polar hoch komplexen Aufgaben, die nicht viele Sportuhren überhaupt meistern können.
Alle weiteren Fotografien, Bildschirmaufnahmen und Infografiken im Test: Inge Schwabe