Öffentliche Verwaltung: Abgängigkeit von Microsoft wird zur Gefahr
Einem Bericht des Rechercheverbunds Investigate Europe und dem Berliner Tagesspiegel zufolge sind europäische Regierungen und Verwaltungen inzwischen im höchsten Maße abhängig von entsprechender Software von Microsoft, ohne Zugang zum Quellcode zu besitzen.
So wird unter anderem der frühere Abteilungsleiter für Informationstechnik und Cybersicherheit im Innenministerium zitiert, dessen Auffassung nach die Verwaltungen inzwischen gar keine Wahlfreiheit in Bezug auf die verwendete Software haben. Damit drohe die „Gefahr, die Kontrolle über eigene IT-Infrastruktur zu verlieren“, so Martin Schallbruch weiter.
Ein besondere Problem stellt dabei die Verschwiegenheit Microsofts dar: Den Verwaltungen wird nicht die Möglichkeit gegeben, den Quellcode der Programme selbst zu überprüfen. So sind zum einen Sicherheitslücken nicht identifizierbar, zum anderen ist unklar, welche Daten entsprechende Programme auf welche Art und Weise verarbeiten.
Zwar hat im Jahr 2015 das EU-Parlament dazu aufgefordert, dass öffentliche Verwaltung die Offenlegung des Quelltextes verlangen sollen, sowohl die Regierung der einzelnen Mitgliedstaaten als auch die EU-Kommission haben den Beschluss des Parlaments aber noch nicht umgesetzt - woran Investigate Europa zufolge auch Microsoft Kontakte in Regierungskreise schuld sein sollen.
Michael Weidner vom Frauenhofer-Institut für sichere Informationstechnik beklagt inzwischen gar den Verlust der „digitalen Souveränität“. Als amerikanisches Unternehmen könne Microsoft so jederzeit von US-Behörden dazu gezwungen werden, Daten ausländischer Bürger zu liefern, was den unklaren, tatsächlichen Funktionsumfang von Microsoft-Software noch brisanter macht.
Der Recherche nach gibt es in der öffentlichen Verwaltung in Bezug auf die Umstellung auf Open-Source-Software die Angst, Microsoft könne die Pläne mittels gezielter Aktionen in Misskredit bringen. So hat die französische Gendarmerie nationale in einem internen Memo etwa davor gewarnt, die Wechselpläne vor der Unumkehrbarkeit des Vorgangs öffentlich zu machen und bezieht sich auf mögliche Aktionen, „um diese Politik der Gendarmerie zu diskreditieren“ - augenscheinlich zurecht, denn auch nach zwölf Jahren soll permanent Druck auf die Führung der Polizeitruppe ausgeübt werden.