O2 free – surfen mit 1 Mbit/s im Praxistest
Flatrates mit begrenzten Datenvolumen gibt es jetzt schon seit einer ganzen Weile. Allerdings war es bis vor Kurzem immer so, dass wenn man dieses Datenvolumen aufgebraucht hat, man von theoretisch bis zu 300 Mbit/s auf schon fast unnutzbare 64 kbit/s gedrosselt wurde. So konnte man eigentlich bis dato nie von einer echten Flatrate sprechen, da man mit einer so langsamen Verbindung froh sein konnte, wenn Massaging-Dienste wie Whatsapp nach einiger Zeit überhaupt noch Nachrichten abgeschickt haben. Ganz zu schweigen von internetintensiveren Anwendungen wie Instagram, Snapchat, Twitter, Facebook, Maps oder gar Youtube, Netflix oder die Nutzung des Smartphones als mobilen Hotspot. Das führte dazu, dass die eigentlichen Funktionen eines Smartphones de facto nicht mehr nutzbar waren. Genau dieses Problem versucht O2 jetzt mit seinen O2-free-Verträgen anzugehen, welche seit dem 5. Oktober verfügbar sind. In diesen Tarifen wird nicht wie bisher auf 64 kbit/s gedrosselt, sondern auf 1 Mbit/s im 3G-Netz. O2 verspricht mit dieser Anhebung, dass nach der Drosselung immer noch die volle Funktionalität des Smartphones gewährleistet ist, so dass man unterwegs sogar noch Streaming-Anbieter für sowohl Musik als auch Filme nutzen kann. Deshalb wollen wir nachfolgend einen Blick darauf werfen, was mit 1 Mbit/s noch alles problemlos möglich ist, ob der Anbieter sein Versprechen halten kann, und wo es eventuell eng wird.
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Details
Tarif-Übersicht
O2 bietet insgesamt 4 verschiedene Free-Tarife an (S, M, L, XL), welche sich nur im LTE-Datenvolumen und in der Gratis-Verfügbarkeit von einer zweiten Sim-Karte unterscheiden. Ansonsten verfügen alle Tarife über die gleichen Features und Extras.
Preislich ordnen sich die Tarife im Mittelfeld des Marktes ein. So bietet die Konkurrenz, z. B. 1&1, Tarife mit ähnlich viel Datenvolumen zu teilweise wesentlich geringeren Preisen an. Allerdings wird man dann bei diesen Tarifen nach Verbrauch des Datenvolumen auf 64 kbit/s gedrosselt. Ob dieser Vorteil den Aufpreis wert ist und ob im Falle, dass O2 sein Versprechen halten kann, sich dann ein größerer Tarif als der S-Tarif überhaupt für den Durchschnittskunden lohnt, wird im weiteren Verlauf des Testes genauer geklärt.
O2 ist bisher der einzige Anbieter, der Tarife in Deutschland anbietet, die auf mehr als 64 kbit/s drosseln. Wer also unbegrenzt surfen will, kann bei der Konkurrenz alternativ nur noch zur Telekom gehen und sich da für absurde 200 Euro monatlich einen Vertrag für unbegrenztes High-Speed-Datenvolumen bestellen. Ansonsten bleibt aktuell nur noch O2 übrig. Es wird interessant zu sehen, wie die Konkurrenz auf dem deutschen Markt darauf reagiert und ob sie mitziehen oder weiterhin so stark drosseln wird wie bisher. Interessant zu wissen ist auch, dass Deutschland im internationalen Vergleich allgemein deutlich hinterherhinkt.
Dies legt die oben gezeigte Grafik nochmal sehr deutlich dar. So bekommt man in anderen Ländern zum selben Preis ein Vielfaches des Datenvolumens im Vergleich zu Deutschland. In den Spitzenländern erhält man sogar einen komplett unbegrenzten Tarif zum selben Preis. Insgesamt zeigt die Statistik, dass Deutschland großen Nachholbedarf hat. Die O2-free-Tarife sind ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch ein kleiner.
Praxistest
Speedtest
O2 gibt an, dass man mit O2 free nach Einsetzen der Drosselung immer noch mit einem 1 Mbit/s surfen kann. Dies bedeutet umgerechnet, dass man mit 128 kb/s surft, was wesentlich langsamer ist, als das, was der Durchschnittshaushalt über (V)DSL oder Glasfaser bekommt. Um allerdings die tatsächliche verfügbare Geschwindigkeit zu testen, wurden ein Reihe von Szenarios getestet: die Verfügbarkeit auf dem Land, in der Stadt und unterwegs. Zum Vergleich der Down- und Upload-Geschwindigkeit nutzen wird den Ooklar-Speedtest. Die Ergebnisse zeigen, dass die Verfügbarkeit erstaunlich gut ist. So konnten wir an allen getesteten Locations immer die vollen versprochenen 1 Mbit/s abrufen. Sogar Samstag Nachmittag in der Innenstadt, in der das 3G-Netz im Regelfall immer recht überlaufen ist, da sich da sehr viele Geräte auf einmal tummeln, konnten wir noch immer ohne großen Einschränkung auf die versprochenen 1 Mbit/s zugreifen.
Nutzbarkeit von 1 Mbit/s
Allerdings sagt ein gute Verfügbarkeit noch nichts darüber aus, für was 1 Mbit/s genau reicht, bzw. bei welchen Anwendungen die Luft ausgeht. Insgesamt weiß das Ergebnis positiv zu überraschen. Beim Sport über Spotify Musik zu hören oder einem Podcast zu lauschen, war ohne Probleme möglich, und man spürte keinen Unterschied, ob dass noch über das Datenvolumen lief oder ob schon gedrosselt wurde. Das Laden von Websites lief auch erwartungsgemäß gut. Es war zwar ein Unterschied zum LTE-Netz messbar, aber kaum spürbar. So brauchte die Homepage von Notebookcheck im LTE-Netz 3 Sekunden zum Laden und in dem auf 1 Mbit/s im 3G-Netz gedrosselten Tarif 5 Sekunden. Dies ist aber durchaus verkraftbar, da man mit den traditionellen 64 kbit/s, wenn die Seite überhaupt geladen wurde, stolze 77 Sekunden benötigt. Wenn man das im Blick hat, ist die Drosselung auf 1 Mbit/s eine wesentliche Verbesserung zu bisherigen Standards. Überraschend war, dass es auch ohne Probleme möglich ist, nach einer kurzen Ladepause Serien über Netflix oder Youtube in 480p zu streamen, ohne dass es zu störenden Ladepausen kam. So konnte im Test ganz bequem eine Folge einer Serie auf Netflix geschaut werden, während auf dem Laufband gejoggt wurde. Allerdings waren die 1 Mbit/s mit einem Video in 480p schon stark am Limit. Das führte dazu, dass, wenn man dies am Laptop über einen mobilen Hotspot tat, sobald man auch nur leichtes Multitasking am Notebook tätigte, z. B. mal eben schnell was googeln, das Video entweder stockte (Youtube) oder automatisch anfing, die Auflösung herunter zu skalieren (Netflix).
Da die 1 Mbit/s nicht nur für den Download, sondern auch für den Upload gelten, und hier nicht weiter gedrosselt wird, war auch ein Anruf mit Bild per Skype bzw. Facetime problemlos möglich, ohne dass es zu großen Einschränkungen gekommen wäre.
Auch überraschend war, wie gut man mit 1 Mbit/s sowohl auf dem Smartphone als auch auf dem Notebook, während man das Smartphone als mobilen Hotsport verwendete, auch Spiele spielen konnte. So machte es keinen Unterschied, ob man jetzt auf dem Smartphone Minecraft im Multiplayer oder Battlefield 4 oder World of Warships unterwegs auf dem Laptop spielte und derweil mit Freunden über Teamspeak kommunizierte. Beides funktionierte einwandfrei bis auf seltene Ping-Einbrüche, welche allerdings so selten und kurzzeitig auftraten, dass sie das Spielerlebnis kaum beeinträchtigten. So hatten wir im Test in WoWs immer Pings zwischen 30 und 57 ms, mit einem Durchschnitt von 47 ms und im Test mit Battlefield 4 auf einem 30-Hz-Server immer zwischen 40 und 74 ms mit einem Durchschnittswert von 61ms. Beides war nach unserem Gefühl voll ausreichend und sollte auch für die meisten Spieler vollkommen genügen. Nur wirkliche Core Gamer könnten mit solchen Latenzzeiten Probleme haben. Lediglich bei dem Versuch, Battlefield 4 auf einem 60-Hz-Server zu spielen und parallel mit Freunden zu reden, führte zu anstrengenden Lags bis hin zur Unspielbarkeit des Spiels. Was einem natürlich klar sein sollte, ist, dass ein Anschluss mit 1 Mbit/s für größere Downloads absolut ungeeignet ist. So dauert der Download von einer 1 GB großen Datei schon gut 2,5 Stunden. Wenn man ein Spiel mit einer Größe von 50 GB, z. B. GTA V, herunterladen will, darf man sich gute 4 Tage und 12 Stunden gedulden, bis man dann mal spielen darf.
Was im Test auch aufgefallen ist, ist der Fakt, dass für die Wenigsten ein größerer Tarif als der free-S-Tarif Sinn macht. Zu diesem Schluss kommen wir dadurch, dass das Wissen, dass man auch nach Verbrauch des Datenvolumen noch eine passable Geschwindigkeit hat, dazu führt, dass man derart inflationär mit seinem Datenverbrauch, z.B. durch das Anschauen von Filmen im Bus, umgeht, dass unabhängig vom verfügbaren Datenvolumen dieses schnell aufgebraucht wird. So wurden im vorangegangen Monat mit dem getesteten Tarif insgesamt 28 GB an Daten verbraucht, was bedeutet, dass es nach einer Woche keinen Unterschied mehr gemacht hätte, ob man jetzt 1 oder 8 GB Datenvolumen hat, da beides aufgebraucht gewesen wäre. So bietet mehr Datenvolumen nur einen sehr kurzfristigen Vorteil, der sich im Regelfall nicht wirklich mit den Mehrkosten rechnen würde.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass O2 mit seinen O2-free-Verträgen ein durchaus interessantes neues Tarif-Angebot geschaffen hat. Die gute Verfügbarkeit und die viele Optionen, die einem die gedrosselte Flatrate noch lassen, sind ein gelungenes Feature. Dadurch kann man sein Smartphone nicht nur noch normal, sondern auch als Hotspot nutzen und sogar unterwegs auf seinem Notebook arbeiten oder ein Spiel spielen. Dies alles sorgt für ein gelungenes Gesamtpaket, und jeder, der auf sein Smartphone unterwegs angewiesen ist und sowieso in der oben genannten Preisklasse nach Tarifen sucht, sollte sich O2 free auf jeden Fall mal anschauen, da man hier eigentlich nie in die Situation kommt, dass das Handy durch eine unverhältnismäßige Drosselung ausfällt. An der Stelle sei nochmal gesagt, dass man sich gut überlegen sollte, wie viel Datenvolumen man braucht, da das Smartphone auch nach der Drosselung auf 1 Mbit/s noch voll funktionsfähig ist. Wer allerdings hofft, dass man mit so einem Vertrag seinen heimischen DSL-Anschluss kündigen kann, muss leider enttäuscht werden. Denn auch wenn die Geschwindigkeit für den Alltag reichen mag, so wird das Herunterladen von größeren Datenpaketen zur Geduldsprobe.