Nürnberg: Stadt verzichtete bei Unwetter auf Cell Broadcast aufgrund befürchteter "Flut von Notrufen"
In Deutschland kann mittlerweile Cell Broadcast benutzt werden, um Besitzer von Mobilfunktelefonen vor Gefahren zu warnen. Beim vergangenen Unwetter in Nürnberg verzichteten die Behören jedoch bewusst auf den Einsatz dieser weltweit bewährten Technik, wie der Bayerische Rundfunk BR24 berichtet.
Die Begründungen der Stadt wirken interessant. Demnach befürchteten die Behörden das Auslösen einer "Flut von Notrufen", wie BR24 von Andreas Franke, dem Pressesprecher der Stadt, erfahren hat. Diese Notrufe wären zudem nicht nur aus einer Region innerhalb Nürnbergs, sondern aus der gesamten Stadt gekommen, da ein Cell Broadcast für die ganze Stadt gilt. Die Stadt befürchtete eine Überlastung der Netze.
Dazu verweist Franke dem Bericht zufolge darauf, dass lange unklar war, "wo und wie" die Gewitterzelle Nürnberg treffen könnte.
Gleichzeitig verwiesen die Behörden darauf, dass die Warnung per Apps wie Katwarn und Nina ausreichend gewesen sein sollen. Hier spielten die Unbekannten des Wo und Wie offenbar keine Rolle. Die Bevölkerung wurde über die Apps gewarnt.
Nachteil dieser Apps ist jedoch, dass sie im Fall einer Gefahrensituation installiert sein müssen. Das ist tendenziell eher bei technisch versierten Nutzern zu beobachten, nicht aber etwa bei älteren Menschen. Dass die Stadt darauf verweist, dass auch diese Menschen ausreichend gewarnt wurden, verwundert.
Immerhin, die Nichtnutzung von Cell Broadcast wird wohl noch einmal intern diskutiert, denn der Pressesprecher der Stadt wünscht sich laut BR24 grundsätzlich die Möglichkeit einer Auslösung der Warnung vor Ort. Bisher kann Cell Broadcast nur vom rund 90 Kilometer entfernten Regensburg oder durch das Innenministerium des Bundeslandes Bayern ausgelöst werden, wie BR24 vom Sprecher der Nürnberger Feuerwehr erfahren hat.
In Deutschland ist die Nutzung von Cell Broadcast vergleichsweise stark eingeschränkt. Die in der Bundesrepublik genutzte Technik funktioniert nur mit modernen Telefonen, wie aus der Kompatibilitätsliste des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hervorgeht. In anderen Ländern gibt es diese Einschränkungen in diesem Maße nicht. Eine Besonderheit von Cell Broadcast ist eigentlich, dass damit nahezu jedes Mobilfunktelefon erreicht werden kann, sofern es in ein Netz eingebucht ist.
In Deutschland gilt das System Cell Broadcast als vergleichsweise schwach. So müssen für die deutsche Implementierung laut BBK Voraussetzungen erfüllt werden. "Das regelmäßige Update der Betriebssysteme von Mobilfunkendgeräten ist für die Empfangsfähigkeit von Cell Broadcast-Warnmeldungen zwingend notwendig.", heißt es etwa auf der Webseite.
Außerdem listet das BBK eine weitere große Anzahl von "Schwächen und Grenzen" des Cell-Broadcast-Systems auf. Darunter etwa die Notwendigkeit eines geladenen Smartphones, eines funktionierenden Stromnetzes und eines korrekt arbeitenden Mobilfunknetzes. Diese Probleme haben die Apps Nina und Katwarn allerdings auch.