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Mit 300 Kilometern Supraleiter zur Kernfusion

Noch sind es nur Schemata, aber der Bau wird realistischer - in Orange ein Mensch. (Bild: US ITER)
Noch sind es nur Schemata, aber der Bau wird realistischer - in Orange ein Mensch. (Bild: US ITER)
Neues Material, neues Design, starke Ergebnisse: Am MIT wurde ein Magnet in Betrieb genommen, der endlich leistungsstark genug für einen großen Kernfusionsreaktor ist - und unter realen Bedingungen lief.

"Das Wichtigste in den letzten 30 Jahren Kernfusionsforschung", so wird Dennis Whyte, einer der beteiligten Wissenschaftler, zitiert. Und tatsächlich zählt die Einfämmung des Plasmas zu den Herzstücken geplanter Kernfusionsreaktoren wie ITER in Südfrankreich.

Vieles ist neu und erstaunlich anders am Supermagnet, der ein dauerhaft stabiles Magnetfeld mit 20 Tesla Stärke erzeugen kann. Zum Vergleich: Ein großer Magnetresonanztomograph in der Medizin erreicht kurzzeitig 3 Tesla, wenige spezielle Modelle noch das Doppelte. Das Magnetfeld auf der Erdoberfläche hat eine Stärke von 0,00005 Tesla.

Die Leistung ist das eine. Es muss aber auch die Effizienz stimmig sein, um an irgendeinem Punkt einen Energieüberschuss durch die Kernfusion zu erhalten. Hierfür wurde als Supraleiter ein neues Material namens REBCO eingesetzt. Das steht für "rare-earth barium copper oxide", also eine Legierung aus Seltenen Erden, Barium, Kupfer und Sauerstoff.

Diese muss bei weitem nicht so kühl gehalten werden wie andere Supraleiter, um widerstandslos zu arbeiten. Statt 3 Kelvin (-270 °C) reichen schon 20 Kelvin (-253 °C). Der Wert ist natürlich weiterhin extrem niedrig, nur knapp über dem absoluten Nullpunkt, und es werden enorme Anstrengungen verlangt, diese Temperatur zu erreichen.

Vergleicht man beide Aufgaben, wäre es aber so, als müsste man von einhundert Hühnern in einem weitläufigen Wald nicht alle hundert fangen. Es reichen schon neunzig. Mit anderen Worten: Es ist um ein Vielfaches leichter, obwohl es nur 16 Grad Unterschied sind.

Außerdem kann auf aufwendige Isolierungen zwischen den Leitungen verzichtet werden. Der Supraleiter lässt auch so verwenden. Dadurch ergibt sich beispielsweise mehr Platz, um die Kühlung wiederum effektiver zu gestalten und den Magnet besser zu positionieren.

Für den Testlauf hat man sich nicht auf Modelle und Extrapolationen verlassen. Stattdessen konstruierte das Team eine 9 Tonnen schweren und ausreichend leistungsstarken Magneten mit insgesamt 300 Kilometern Supraleiter. Dieser entspricht den später tatsächlich geforderten Dimensionen.

Und siehe da: Das System funktionierte in Originalgröße genau wie gewünscht, hat allen Belastungen standgehalten. Darüber hinaus wurden kritische Situationen zwischen schwankender Stromversorgung und einem kompletten Ausfall durchgetestet.

Auch wenn das System am Ende wohl ein wenig angeschmolzen war, sollen sich alle Ergebnisse innerhalb des erwarteten Rahmens befinden. Das ist gut, weil dann die zugrundelegenden Berechnungen sowie das vermutete Verhalten des Materials zutreffend sein dürften.

Jetzt braucht es neben ganz vielen Supraleitern und neunzig Hühnern nur noch einen insgesamt stabilen Fusionsreaktor.

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Autor: Mario Petzold,  5.03.2024 (Update:  5.03.2024)