Mastodon: Hohe Anzahl von Neulingen und Schwierigkeiten mit dem Twitter-Backup
Seit dem heutigen Morgen steigen die Zahlen der Neulinge im Mastodon-Fediverse wieder erheblich. Dabei überstieg die Anzahl der Neuankünfte pro Stunde zwischenzeitlich die Marke von 13.000. Damit deutet sich erneut eine starke Zulaufwelle an. Viele dürfte daran interessiert sein, eine Alternative für alle Fälle zu haben, um im Zweifel keine Informationsquellen zu verlieren.
Der rapide Anstieg begann am sehr frühen Morgen, wie dem Account Mastodon Users zu entnehmen ist. An den Tagen zuvor entspannte sich die Lage erst und pendelte sich bei etwa 2.000 neuen Accounts pro Stunde ein. Aktuell liegt der Wert um die 10.000. Eine – auch im Vergleich zu früheren Wellen – sehr hohe Anzahl neuer Accounts.
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Bei dem hohen Zulauf ist die Überschreitung von sieben Millionen Accounts in Kürze zu erwarten. Im Vergleich zu Twitter ist dies natürlich eine sehr geringe Anzahl. Allein in Deutschland gibt es über sieben Millionen Twitter-Accounts. Global sind es fast 400 Millionen. Auch das ist noch relativ klein. Facebook hat etwa drei Milliarden Accounts.
Der Effekt des Zulaufs bei Mastodon dürfte mit strategischen Entscheidungen der Twitter-Führung zusammenhängen, die im Laufe des gestrigen Tages (US-Zeit) in den USA bekannt wurden. Wie die Washington Post und The Verge übereinstimmend berichten, haben Hunderte einem gesetzten Ultimatum nicht zugestimmt. Sie wollten offenbar nicht Teil eines "Extremely Hardcore"-Twitter von Elon Musk werden. Ein Thread auf Twitter sammelt zumindest einige Stimmen derer, die das Unternehmen verlassen haben. Schon zuvor gab es einige bekannte Abgänge in dem Unternehmen.
Genaue Zahlen wird es wohl sobald kaum geben. Seit Musks Führung hat Twitter keine Kommunikationsabteilung mehr, die Fragen beantworten könnte.
Mastodon-Server Ächzen aktuell unter der Last
Die Folgen dieser Entscheidungen sind deutlich zu spüren. Wer sich jetzt neu anmeldet, der braucht etwas Geduld. Einzelne Server ächzen aktuell unter der neuen Last. Bedingt durch den Aufbau des Fediverse bricht dabei aber nicht alles zusammen, es können nur einzelne Instanzen oder Server ausfallen, was sich indirekt bemerkbar macht.
Typische Probleme sind dann etwa Probleme beim Folgen anderer Personen. Beim Versuch zu folgen, erscheint es dann oft so, dass dies erst freigegeben werden muss. Tatsächlich antwortet aber die meist fremde Instanz nicht. Hier empfiehlt es sich, es einfach etwas später noch einmal zu probieren.
Auch das Auffinden von anderen kann dauern, insbesondere wenn die Accounts neu erstellt werden. Wenn die Kommunikation zwischen den einzelnen Instanzen sich verzögert, verzögert sich auch die Sichtbarkeit der Mastodon-Neulinge.
Allgemein empfiehlt sich dann etwa der schonende Umgang mit den Servern. Da die Server oft von Freiwilligen betrieben werden, stehen nicht die Ressourcen eines großen Unternehmens bereit.
Twitter-Backups sind nicht vollständig
In der Zwischenzeit dürfte der ein oder andere vielleicht auch schon auf die Idee gekommen sein, ein Backup der eigenen Twitter-Daten zu machen. Das geht unter twitter.com/settings/download_your_data. Dort kann sein eigenes Archiv angefordert werden. Allerdings gibt es einiges zu beachten.
Seit einigen Tagen funktioniert nämlich die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) per SMS nicht mehr, so auch beim Autor dieser Zeilen während einer Überprüfung der Funktion. Wer 2FA aktiviert hat, der sollte den E-Mail-Weg für 2FA nutzen, der ohne Probleme funktioniert. Der kaum noch in Erscheinung tretende Twitter-Support spricht offiziell von "wenigen Fällen" und will das Problem seit dem 15. November beheben. Beobachtungen von Notebookcheck.com lassen aber Zweifel an dieser Darstellung aufkommen. Warnungen, sich grundsätzlich nicht mehr auszuloggen, sind allerdings übertrieben, da 2FA noch per E-Mail funktioniert. Wer wissen will, ob 2FA bei sich noch funktioniert, muss sich dafür nicht abmelden. Der reine Besuch der Download-Seite reicht aus, da diese besonders geschützt wird.
Nach der Anforderung des eigenen Archivs meldet sich Twitter, sobald dieses bereitsteht. Dann ist eine erneute 2FA notwendig, um das Archiv herunterzuladen. Allzu viel sollte man allerdings nicht darauf geben. Wie Hector Martin herausgefunden hat, ist das Backup sehr unvollständig und manche Daten – ohne Twitter – gar nicht nutzbar.
So sollte man sich dessen bewusst sein, dass etwa die Bookmarks vollständig fehlen. Zudem ist die Zuordnung der Inhalte an einzelne Nutzer nur sehr schwer nachvollziehbar. Wer das Archiv im Browser öffnet, der kann nicht einmal in den Direktnachrichten die jeweiligen Kontakte zuordnen. Es gibt aber immerhin einen Link im Archiv, um sich die Kommunikation online anzuschauen, was allerdings dem Gedanken eines Archivs widerspricht.
Der Blick online ist auch notwendig, denn in unserem Fall fehlen teilweise sogar Direktnachrichten. In einer Beispielkommunikation gab es eine Lücke, die den kompletten August und große Teile des September 2022 betrifft. Davor und danach ist der Austausch von Nachrichten aber noch vorhanden. Nur online lässt sich das direkt anschauen.
HTML-Code zeigt Hinweise auf fehlende Inhalte
Die Lücken im Backup sind aber gut anhand von Weißflächen in der Nachrichtenanzeige erkennbar. Ein Blick in den HTML-Code verrät zudem, dass die div-Elemente der jeweiligen Nachrichten schlicht leer sind. Sie sind aber nicht ohne Informationen. Die Höhe der jeweiligen Nachricht wird korrekt übernommen. So lässt sich – mit HTML-Kenntnis – abschätzen, wie viele Zeilen die fehlende Nachricht hatte.
Derartig unvollständige Archive lassen sich übrigens nicht neu erzeugen, solange ein downloadbares Archiv noch bereitsteht. Wer das Backup macht, sollte sich dessen bewusst sein, dass es sehr unvollständig ist und in Teilen voraussetzt, dass Twitter reibungslos funktioniert.
Im Übrigen empfiehlt sich auch ein getrenntes Backup der Account-Namen. Zwecks Migration lässt sich mit dem Werkzeug fedifinder.glitch.me dafür der eigene Twitter-Account nach Mastodon-Accounts durchsuchen, sollten diese etwa im Profil der Twitter-Zugänge ersichtlich sein. Darüber ist auch erkennbar, welche Mastodon-Instanzen Neuregistrierungen zulassen. Wie Frank Rieger vom Chaos Computer Club schreibt, schafft man sich so ein eigenes Rettungsboot für den Fall der Fälle.
Dass dieser Eintritt, lässt sich zumindest nicht ausschließen. Medienberichten zufolge wurde ein Bankrott von Twitter bereits letzte Woche von Elon Musk nicht mehr ausgeschlossen. Fraglich ist auch, wie stabil Twitter mit zunehmend abgehendem Personal bleiben wird und ob Fehler, wie etwa im Backup-System, überhaupt noch zeitnah beseitigt werden können. Bisher funktioniert der Dienst für die meisten weiter weitestgehend Reibungslos, sieht man von Ausfällen einzelner Funktionen ab.
WARNING: Your Twitter data download DOES NOT CONTAIN YOUR SOCIAL GRAPH!
— Hector Martin (@[email protected]) (@marcan42) November 15, 2022
You get lists of followers and followees, but they are *just the user IDs*. No screen/display names. If Twitter goes down, those lists are useless! pic.twitter.com/m7WKTXR9Cs